Mit der „Malta-Masche“ schikanieren „Reichsbürger“ nun auch Spitzenpolitiker und Unternehmer
Von Dr. Stephan Bausch, D.U., und Simon Heetkamp
Einleitung
Die sogenannten „Reichsbürger“ machen schon seit Jahren durch ihre skurrilen Aktionen Schlagzeilen und halten auch die Justiz auf Trab. So haben Anhänger dieser Bewegung etwa eigene „Reichsregierungen“ gegründet, die sogar Personalausweise im Namen des Deutschen Reichs ausstellten. „Reichsbürger“ leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und gehen vom Fortbestand des Deutschen Reichs aus. Infolgedessen erkennen sie staatliche Hoheitsakte, wie beispielsweise Steuerbescheide, aber auch Gerichtsurteile, nicht als verbindlich an.
Die „Malta-Masche“
Neben passivem Ungehorsam gegenüber staatlichen Hoheitsakten werden Reichsbürger mitunter kreativ, um ihre politischen oder privaten Interessen durchzusetzen.
Ein aktuelles Beispiel dafür ist die sogenannte „Malta-Masche“, die die „Reichsbürger“ – wie kürzlich bekannt wurde – auch gegenüber Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck angewandt haben. Bei der „Malta-Masche“ bedienen sich die Anhänger der Reichsbürgerbewegung eines juristischen Winkelzugs, um den Versuch zu unternehmen, fiktive Forderungen in horrender Höhe durchzusetzen. Die Masche richtete sich bisher vor allem gegen Landesbeamte – etwa Richter oder Finanzbeamte. Mittlerweile werden jedoch auch Unternehmen und Privatpersonen Opfer dieser Schikane. Im schlimmsten Fall droht den Betroffenen die Vollstreckung einer fiktiven Forderung.
Die „Malta-Masche“ vollzieht sich regelmäßig in vier Schritten:
- Fiktive Forderung
Zunächst machen die Initiatoren der Masche eine fiktive Forderung gegenüber ihrem Opfer geltend. Der Zahlungsanspruch wird hierbei pseudojuristisch mit Hilfe reichsbürgerlicher Thesen und ausgedachter Geschäfts- und Handelsbedingungen begründet, ohne dass tatsächlich ein materiellrechtlicher Anspruch besteht. - UCC-Registereintrag
In einem zweiten Schritt wird die angebliche Forderung in ein amerikanisches UCC-Register eingetragen. Bei den UCC-Registern handelt es sich um eine Art Pfandregister. Sie existieren in jedem US-Bundesstaat und dienen der Eintragung von Sicherungsrechten.Eine Eintragung in ein UCC-Register setzt einen entsprechenden Antrag voraus, der in der Regel online gestellt werden kann. Sodann überprüft eine Software lediglich, ob die notwendigen Angaben enthalten sind. Eine materiellrechtliche Prüfung des zugrundeliegenden Anspruchs und der zu bestellenden Sicherheit erfolgt nicht. Diesen Umstand machen sich die „Reichsbürger“ zunutze.
Die Eintragung eines Pfandrechts in ein UCC-Register hat für den in Deutschland ansässigen Unternehmer keine unmittelbaren Nachteile. Denn einer UCC-Eintragung kommt lediglich Publizitätswirkung zu. Im Fall der Insolvenz eines Schuldners führt ein entsprechender Eintrag in Verbindung mit einem bestehenden Anspruch dazu, dass der Sicherungsnehmer bevorzugte Befriedigung aus dem Sicherungsgegenstand verlangen kann.
- Abtretung
Der nächste Schritt der „Malta-Masche“ ist die Abtretung der vermeintlichen Forderung unter Bezugnahme auf den UCC-Eintrag an ein maltesisches Inkassounternehmen.Grundsätzlich ist eine Abtretung der vermeintlichen Forderung zwar auch ohne die Eintragung in ein UCC-Register möglich. Allerdings erscheint die fiktive Forderung durch die dokumentierte Eintragung in ein UCC-Register in den Augen des Abtretungsempfängers glaubhafter. Außerdem lässt die UCC-Eintragung die vermeintliche Forderung durch das vermeintlich bestehende Sicherungsrecht werthaltiger erscheinen.
Maltesisches Eilverfahren
Im vierten Schritt der Masche wird vor einem maltesischen Gericht ein beschleunigtes Verfahren angestrengt. Dieses Verfahren ermöglicht es, hinreichend bestimmte und fällige Forderungen zeitnah durchzusetzen. Um ein beschleunigtes Verfahren einzuleiten, muss der Anspruchsteller bei einem Superior Court den Antrag stellen, den Anspruchsgegner ohne Durchführung eines ordentlichen Zivilprozesses zu verurteilen. Hierfür ist darzulegen, dass dem Anspruch offensichtlich keine Einwendungen entgegenstehen und der Anspruchsteller keine Einwendungen des Anspruchsgegners erwartet. Insoweit ist eine eidesstattliche Erklärung vorzulegen.
Hat der angebliche Schuldner seinen Wohnsitz in Deutschland, ist schon die Zuständigkeit der maltesischen Gerichte fraglich. Gemäß der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (sogenannte Brüssel-Ia-Verordnung) liegt der allgemeine Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten, also regelmäßig in Deutschland. Dennoch haben maltesische Gerichte beschleunigte Verfahren im Zusammenhang mit der „Malta-Masche“ durchgeführt und somit augenscheinlich die eigene Zuständigkeit bejaht.
Sofern der Kläger einen zulässigen Antrag gestellt hat, wird der Beklagte schriftlich aufgefordert, binnen 15 bis 30 Tagen vor dem maltesischen Gericht zu erscheinen und zu dem geltend gemachten Anspruch Stellung zu nehmen. Die gerichtliche Ladung wird nach Maßgabe der Europäischen Zustellungsverordnung (EuZVO) zugestellt.
Sofern der Anspruchsgegner vor dem jeweiligen Gericht nicht erscheint oder sich dort nicht hinreichend verteidigt, erlässt das Gericht ein Urteil im Sinne des Antragstellers. Dabei findet keine Schlüssigkeitsprüfung hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs statt. Verteidigt sich der Anspruchsgegner hingegen ausreichend, so wird ein reguläres zivilgerichtliches Verfahren eingeleitet.
Die Initiatoren der „Malta-Masche“ spekulieren darauf, dass der Schuldner der angeblichen Forderung der gerichtlichen Ladung nicht nachkommt mit der Folge, dass ohne eine inhaltliche Prüfung ein vollstreckbares Urteil ergeht.
Vollstreckung und Zustellung
Sobald ein „Reichsbürger“ bzw. ein (maltesisches) Inkassounternehmen vor einem maltesischen Gericht einen Titel erwirkt hat, droht dessen Vollstreckung in Deutschland gegenüber dem vermeintlichen Schuldner nach den Regeln der Brüssel-Ia-Verordnung.
Gegenmaßnahmen
Wird ein Opfer mit der „Malta-Masche“ konfrontiert, kommen verschiedene Gegenmaßnahmen in Betracht. Dabei kann es wichtig sein, schnell zu handeln.
Verhinderung missbräuchlicher UCC-Einträge in den USA
Es besteht bei einem rechtzeitigen Tätigwerden die Möglichkeit, schon die Eintragung eines Pfandrechts in ein UCC-Register zu verhindern. So sehen einzelne US-Bundesstaaten ein sogenanntes Pre-Filing Administrative Remedy vor, in dessen Rahmen dem zuständigen Registerbüro schriftlich die betrügerische Absicht eines künftigen Eintragungsbegehrens darzulegen ist, damit die Behörde verdächtigte Anträge abweisen kann. Andere Bundesstaaten setzen einen entsprechenden Gerichtsbeschluss voraus.
Allerdings würde die Verhinderung eines Eintrags in ein UCC-Register weder die Abtretung der vermeintlichen Ansprüche noch die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens verhindern.
Sofern schon ein UCC-Eintrag zu Lasten des Betroffenen erfolgt ist, kann ein Antrag auf Löschung bei dem jeweiligen UCC-Register und einem Gericht gestellt werden.
Verteidigung vor einem maltesischen Gericht
Des Weiteren können die Betroffenen der Klage in einem beschleunigten Verfahren vor dem maltesischen Gericht entgegentreten. Dabei ist die Vertretung durch einen in Malta zugelassenen Anwalt notwendig. Auch die persönliche Anwesenheit des Beklagten ist in der Regel erforderlich. Zudem bleibt dem Betroffenen durch die engen zeitlichen Vorgaben der gerichtlichen Ladung wenig Zeit, seine Verteidigung in Malta vorzubereiten. Dieses Vorgehen ist daher mit Kosten und Risiken verbunden, aber der sicherste Weg.
Verhinderung der Anerkennung oder Vollstreckung in Deutschland
Sollte nicht verhindert werden können, dass ein (maltesisches) Inkassounternehmen einen vollstreckbaren Titel erwirkt, könnte auch noch dessen Anerkennung und Vollstreckung in Deutschland verhindert werden. Doch sind für eine Versagung der Anerkennung oder Voll-streckung bzw. zur Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung hohe Hürden zu nehmen.
Beantragung einer einstweiligen Verfügung
Es könnte weiterhin der Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935 ff. ZPO gegenüber dem Initiator der Masche angestrebt werden, durch die ihm verboten wird, sich weiterhin etwaiger Forderungen zu berühmen und/oder diese vermeintlichen Forderungen an Dritte abzutreten.
Dabei könnte ein Gericht ohne mündliche Verhandlung auf der Basis einer Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs und des Verfügungsgrunds entscheiden, §§ 945, 921, 922 ZPO.
Fazit
Trotz der skurrilen Ideologie von „Reichsbürgern“ darf die Gefahr, die von der „Malta-Masche“ für natürliche und juristische Personen ausgeht, nicht unterschätzt werden. Das geschilderte Vorgehen kann tatsächlich dazu führen, dass ein in Deutschland vollstreckbarer Titel erworben wird. In der Praxis scheiterte die Vollstreckung solcher Urteile in Deutschland bisher augenscheinlich nur an Formfehlern. Um sich wirksam gegen die „Malta-Masche“ zu verteidigen, müssen rechtzeitig geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Insbesondere eine Vereitelung missbräuchlicher UCC-Registereinträge, eine einstweilige Verfügung sowie eine geeignete Verteidigung vor maltesischen Gerichten kommen hierfür in Betracht; gegebenenfalls können auch strafrechtliche Schritte eingeleitet werden. Nur auf diese Weise können die Betroffenen den Risiken der „Malta-Masche“ wirksam begegnen. Denn nicht jeder kann sich – wie etwa die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident – darauf verlassen, dass die entsprechenden Einträge in den UCC-Registern auf Druck der Bundesregierung unbürokratisch gelöscht werden.
stephan.bausch@luther-lawfirm.com
simon.heetkamp@luther-lawfirm.com

