Die Nachfrage nach digitalen Vertragsmanagementsystemen und insbesondere auch nach Beratungsleistungen in diesem Kontext ist extrem gestiegen. Wie lässt sich dieser Trend erklären? Ursächlich sind zum einen der steigende Aufwand für das gesamte Thema Vertragsmanagement, zum anderen die Leistungsfähigkeit und Nutzerfreundlichkeit der verfügbaren Marktlösungen. Mit Blick nach vorn lässt sich sagen, dass ein digitales Vertragsmanagement eine Vielzahl an Chancen für die Rechtsabteilung der Zukunft eröffnet, die wir in diesem Artikel skizzieren.
Herausforderungen für Rechtsabteilungen im Bereich Vertragsmanagement
Wohl jede Rechtsabteilung würde zustimmen, dass Arbeitsaufkommen und Arbeitsverdichtung sie in den letzten Jahren vor erhebliche Herausforderungen stellen, insbesondere im Bereich Vertragsmanagement. Die Aufwandssteigerung wird hervorgerufen durch eine stetig steigende Anzahl von Verträgen (etwa Cloud- vs. On-Premise-Verträge im Softwarebereich) und die steigende Komplexität in der Betreuung. Neue Geschäftsmodelle und insbesondere auch zusätzliche regulatorische Anforderungen führen zu höherem Arbeitsaufkommen sowohl bei Neu- als auch Bestandsverträgen. Zusätzlich steigen auch die Anforderungen an die Transparenz von Vertragsinhalten – teils durch Anforderungen der Fachbereiche oder aus Querschnittsfunktionen zu Zwecken der Steuerung, teils durch Anfragen aus Richtung interner oder externer Compliance-/Audit-Verantwortlicher.
Die verfügbaren Ressourcen für diese Aufgaben wachsen nicht annähernd im gleichen Maß mit den Anforderungen, so dass die Notwendigkeit entsteht, effizienter in der Vertragsbearbeitung zu werden, wenn man der Arbeitsverdichtung Herr werden will.
Als weitere Anforderung kommt die Schnelligkeit in der Vertragsbearbeitung hinzu – jede Woche, jeder Tag, der zwischen Beginn der Vertragserstellung und Unterschrift vergeht, kostet effektiv Geld, da die Abschlusswahrscheinlichkeit sinkt, je länger es bis zum Vertragsschluss dauert, und Umsätze später anfangen zu fließen. Je schneller die Phase der Vertragserstellung und der internen Freigaben abgeschlossen werden kann, desto besser.
Eine weitere Anforderung: Transparenz und Datenverfügbarkeit. Diese sind mit manuellen Mitteln angesichts der hohen Zahl an Verträgen kaum zu bewältigen, hinzu kommt eine nicht hinnehmbare Fehleranfälligkeit bei fehlender digitaler Unterstützung.
All diese mit den Herausforderungen einhergehenden Anforderungen bedürfen einer gesamtheitlichen und digitalen Unterstützung der Rechtsabteilung über die verschiedenen Phasen des Vertragslebenszyklus hinweg.
Digitales Vertragsmanagement entlang des gesamten Vertragslebenszyklus
In den vergangenen Jahren haben Unternehmen ihr Augenmerk stärker auf die aktive und systemgestützte Erstellung, Prüfung und Steuerung von Verträgen gerichtet. Die Gründe hierfür sind multidimensional: Zum einen hat die Komplexität von internationalen Geschäftsmodellen zugenommen. Dazu kommen neue und potentiell strengere regulatorische Vorgaben – und damit der Druck, Risiken zu reduzieren. Nicht zuletzt hat sich aber auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich durch ein ganzheitliches und digital unterstütztes Vertragsmanagement ein signifikanter monetärer Mehrwert erzielen lässt.
Um Verträge und die damit verbundenen Chancen und Risiken aktiv steuern zu können, ist eine systemische Betrachtung des gesamten Ende-zu-Ende-Prozesses, also des Lebenszyklus, notwendig. Moderne Contract-Lifecycle-Management-Systeme („CLM“) ermöglichen genau dies: eine voll integrierte, transparente, digitale und jedenfalls teilweise auch automatisierte Vertragsabwicklung.
Die Implementierung einer solchen Lösung ermöglicht es Unternehmen, Risikofaktoren zu reduzieren und von einer größeren Transparenz über alle hinterlegten Verträge im Sinne einer „Single-Source-of-Truth“ zu profitieren. Darüber hinaus kann das Unternehmen durch die Nutzung eines CLM seine Vertragsprozesse effizienter gestalten und damit Verwaltungskosten senken.
Chancen für die Rechtsabteilung durch digitales Vertragsmanagement
Inhouse-Rechtsabteilungen sind gezwungen, sich schnell an immer neue Geschäftsmodelle anzupassen, um mit der Innovationskraft des Unternehmens Schritt zu halten. Dabei kommt der Inhouse-Rechtsabteilung neben ihrer Beratungsfunktion für das operative Geschäft auch eine umfassende Governance-Rolle zu, die ohne Systemunterstützung kaum darstellbar ist. Die Einführung eines digitalen Contract-Lifecycle-Management-Systems bietet hierfür einen Lösungsansatz und zusätzlich diverse weitere Chancen:
Transparenz
„Transparenz schafft Objektivität“ – das CLM-System als „Single-Source-of-Truth“ ermöglicht es Rechtsabteilungen erstmals, verlässlich auszuwerten, welche Vertragsarten und Vertragsklauseln besonders häufig verwendet und insbesondere auch verhandelt werden. Wenn bestimmte Klauseln immer wieder hohe Aufwände in der Verhandlungsphase verursachen, sollten sie möglicherweise überarbeitet werden. Ferner sind Trends leichter zu erkennen, zum Beispiel die Analyse, welche Vertragsarten verstärkt verwendet und daher zukünftig an Bedeutung gewinnen werden. Auch die Frage, in welchen Bereichen die Verwendung vorgefertigter Templates gegenüber der Gegenseite typischerweise durchgesetzt werden kann, lässt sich anhand von Auswertungen des Systems beantworten. Dies kann in mehrerlei Hinsicht helfen, in die werthaltigsten Vertragstemplates Aufwände zu investieren bzw. an anderer Stelle Aufwände einzusparen.
Governance-Rolle
Die Einhaltung von unternehmensinternen Regelungen, die in Richtlinien und Anweisungen niedergelegt sind, dient der Risiko-Mitigation für Unternehmen. Rechtsabteilungen haben die wichtige Aufgabe, die Einhaltung der im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Rechtsabteilung definierten Vorgaben zu überwachen. Um diese Funktion gewährleisten zu können, ist die verpflichtende Einbindung der Rechtsabteilung und damit die Möglichkeit der Kenntnisnahme essentiell. Durch die Einführung eines CLM-Systems kann dies erreicht werden: Mittels automatisierter Workflows, die im System hinterlegt sind, kann die Einbindung der Rechtsabteilung sichergestellt und nachgewiesen bzw. ausgewertet werden. So wird die Voraussetzung dafür geschaffen, dass Kontrollen wirksam durchgeführt werden können.
Ferner ermöglicht die Implementierung von Workflows auch die Umsetzung von Best Practices entlang aller Prozessschritte des Vertragslebenszyklus. Durch die Workflows wird gesteuert, wer wann was tut – es wird also Einfluss auf das Verhalten der beteiligten Personengruppen genommen. Dies führt zu Verbesserungen in Bezug auf Effizienz im Vertragsmanagement. Viel entscheidender aber: Auch die materiellen Ergebnisse, die in den einzelnen Phasen des Vertragslebenszyklus (insbesondere der Drafting- und Verhandlungsphase) erzielt werden, sind nachweislich besser im Vergleich zum Status quo.
Zentrale Templateverwaltung und Automatisierung der Vertragserstellung
Ein CLM-System ermöglicht es seinen Nutzern, in Echtzeit Vertragsentwürfe zur Verfügung zu stellen, die genau auf den jeweiligen Sachverhalt passen und alle entscheidenden Klauseln in der letztaktuellen Fassung beinhalten. Das System stellt den Nutzern die für die Vertragserstellung entscheidenden Fragen und wählt dann aus einer Klauseldatenbank anhand von definierten Regeln die passenden Klauseln aus und fügt diese zu einem konsistenten Vertragsdokument zusammen. Die Regeln und die Klauseldatenbank werden zentral angelegt und gepflegt. So kann die Rechtsabteilung eine hohe Qualität und Effizienz in der Vertragserstellung sicherstellen. Bei aller Digitalisierung ist jedoch nicht zu leugnen, dass der Aufwand, der für den Aufbau einer Regel- und Klauseldatenbank anfällt, hoch ist. Idealerweise nutzen Unternehmen die Chance zur Verschlankung und Standardisierung ihres Portfolios an Vertragstemplates und Klauseln.
Fazit
CLM-Systeme bieten als zentrale Vertragsmanagement-Tools die Möglichkeit, die Pflege von Klauseln und Vertragstemplates zu standardisieren und zu zentralisieren und damit Ergebnisse zu verbessern sowie Aufwände zu minimieren. Ferner ermöglichen CLM-Systeme eine jederzeit verfügbare, automatisierte und transaktionsspezifische Erstellung von Vertragstemplates. Dies beschleunigt den Erstellungsprozess und erhöht die Qualität der Vertragstemplates. Der Prozess wird insgesamt beschleunigt und der Workload der Rechtsabteilung verringert. Schließlich können auch Risiken einer unvorteilhaften Vertragsgestaltung in Bezug zur angestrebten Vertragsbeziehung erheblich minimiert werden.
christoph.ehemann@schaeffler.com
alexander.graf.v.d.schulenburg@pwc.com