Welche rechtlichen und steuerrechtlichen Herausforderungen das Metaverse mit sich bringt

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Viele steuerliche und rechtliche Fragen zum Metaverse sind noch ungeklärt, doch gleichwohl ist es kein rechts- und steuerfreier Raum. Es gelten die ohnehin bestehenden Grundsätze, und Gerichte und Gesetzgeber dürften in den nächsten Jahren mit dem Internetrecht vergleichbare spezifische Regeln für das Metaverse etablieren. Wer das Metaverse geschäftlich nutzen möchte, sollte Geschäfts-, Produkt- und Entwicklungsteams eng mit der Steuer- und Rechtsabteilung zusammenarbeiten lassen und die aktuellen Entwicklungen verfolgen.

Das Metaverse hat das Potential, die Wirtschaftswelt auf den Kopf zu stellen. Die virtuelle Parallelwelt, in der Nutzerinnen und Nutzer sich als Avatare treffen, Konferenzen besuchen, ihre Freizeit gestalten oder gemeinsam an Projekten arbeiten, schafft eine neuartige Verbindung zwischen digitaler Welt und realem Leben – doch Vorsicht ist geboten, denn bislang ist das Metaverse ein Universum mit einer Vielzahl rechtlicher und steuerrechtlicher Hürden sowie unbeantworteter Fragen, die exemplarisch im Folgenden näher beleuchtet werden.

Steuerliche Herausforderungen

Aktuell gibt es noch keine speziellen steuerlichen Regelungen für Vorgänge im Metaverse. Bis sich der Gesetzgeber sowie die deutsche Finanzverwaltung zur Besteuerung im Metaverse äußern, ist es ratsam, auf bislang existierendes Recht und Rechtsprechung zurückzugreifen.

Demnach bleiben für das jeweils anzuwendende nationale Steuerrecht und Besteuerungsregime der Wohnsitz (§§ 8 AO) oder der gewöhnliche Aufenthalt (§ 9 AO) des Steuerpflichtigen beziehungsweise seine Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder sein Sitz (§ 11 AO) maßgeblich. Sofern beispielsweise steuerpflichtige Nutzer in Deutschland ihren Wohnsitz haben, ist deutsches Steuerrecht anzuwenden. Dieser Anknüpfungspunkt führt über den Grundsatz des sogenannten Welteinkommensprinzips zu einer Besteuerung weltweit erzielter Einkünfte in Deutschland.

Wenn nun ein Unternehmen beschließt, einen eigenen Non-fungible Token (NFT), vereinfacht dargestellt, einen digitalen, nicht reproduzierbaren und modifizierbaren Schlüssel, zu entwickeln und diesen im Metaverse zu verkaufen, zum Beispiel für Mode für Avatare, so dürfte der Gewinn, der durch eine Wertsteigerung des entsprechenden NFT erzielt wird, ebenfalls mit den Kryptowährungen mitbesteuert werden können, die das Unternehmen im Gegenzug erhält.

Beim Verkauf von kombinierten Produkten, wie beispielsweise dem Verkauf von Kleidung in der realen Welt und derselben Kleidung in Form eines NFT im Metaverse durch dasselbe Modeunternehmen, sind auch Verrechnungspreise relevant. Dabei kann die Unternehmenseinheit, die den NFT entwickelt hat, an einem anderen Ort ansässig sein als das Unternehmen, das die Kleidung analog verkauft, so dass festzulegen ist, welcher Anteil am Gewinn welcher Unternehmenseinheit zuzurechnen ist, um etwaige Gewinnverschiebungen zu vermeiden.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Frage, wann der Gewinn zu besteuern ist: in dem Moment der virtuellen Transaktion oder in dem Moment, in dem die Kryptowährung in reale Währung umgerechnet wird?

Mit dem Thema umsatzsteuerliche Behandlung virtueller Welten hatten sich das FG Köln (Az. 8 K 1565/18) und der Bundesfinanzhof (BFH, Az. V R 38/19) im Zusammenhang mit dem Spiel „Second Life“ auseinandergesetzt. Die entsprechenden Ausführungen könnten auch Rückschlüsse auf die steuerliche Würdigung von Vorgängen im Metaverse geben. Gegenstand der Entscheidungen war die Vermietung virtueller Grundstücke. Während das FG Köln die mittels Kryptowährung bezahlte Vermietung virtueller Grundstücke in einem Onlinespiel als umsatzsteuerpflichtig ansah, widersprach der BFH dieser Auffassung. Die Teilnahme an einem Spiel könne nicht mit realen wirtschaftlichen Tätigkeiten gleichgesetzt werden, so dass der Leistungsempfänger in diesem Fall keinen verbrauchsfähigen Vorteil durch seine Zahlung erhalten habe.

Allerdings stellte der BFH einen Leistungsaustausch im Sinne des Umsatzsteuerrechts im Umtausch der virtuellen Spielwährung „Linden-Dollar“ über die Börse der Spielbetreiberin fest. Bei den „Linden-Dollars“ handelt es sich nach Auffassung des BFH um beschränkte Lizenzrechte, deren Einlösung in US-Dollar eine Abtretung gegen Entgelt und damit eine Leistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstellt. Anders als die spielinterne „Vermietung“ des virtuellen Landes erfolge die Übertragung der „Linden-Dollars“ an einem realen Markt und nicht lediglich innerhalb des Spielgeschehens.

Auf den ersten Blick legt das Urteil den Schluss nahe, „Umsätze“ ausschließlich zwischen den Nutzern und innerhalb der virtuellen Welt unterlägen nur in Ausnahmefällen der Umsatzbesteuerung. Wie ist es also, wenn NFTs im Metaverse an Nutzer veräußert werden, die in der realen Welt keinen Anknüpfungspunkt haben? Die Umsatzsteuerfreiheit des Metaverse als Fazit aus dem obengenannten Urteil des BFH zu ziehen wäre unseres Erachtens vorschnell. Zu sehr kann die jeweilige Sachverhaltsgestaltung Möglichkeiten bieten, eine andere Würdigung vorzunehmen, als der BFH es in der entschiedenen Konstellation getan hat. Darüber hinaus wird man sich fragen müssen, wie lange angesichts der schnellen Entwicklung des Metaverse die vorgenommene Trennung zwischen „analogem“ und „virtuellem“ Marktgeschehen als Abgrenzungskriterium aufrechterhalten werden kann. Unternehmen sollten sich daher grundsätzlich bewusst sein, dass sich physische Großhandelsgeschäfte in einem Metaversum in digitale Einzelhandelsgeschäfte verwandeln können, und je nach Ausgestaltung des NFT ist die Verwirklichung eines umsatzsteuerbaren Sachverhalts denkbar.

Rechtliche Herausforderungen

Seit dem Aufkommen der Bedeutung des Internets in den 1980/1990er Jahren hat sich im Lauf der Zeit eine Art Internetrecht entwickelt. Für das Metaverse bestehen in Deutschland noch keine gesonderten Regelungen. Die europäische Gesetzgebung schreitet im Rahmen der EU-Digitalstrategie mit verschiedenen Rechtsakten, beispielsweise mit dem Erlass des „Digital Services Act“ oder dem Entwurf des „EU Data Act“ und des „Artificial Intelligence Act“ voran. Die neuen EU-Vorschriften enthalten jedoch keine speziellen Regeln im Hinblick auf das Metaverse. Im ersten Schritt stellt sich immer die Frage, welches nationale Recht überhaupt zur Anwendung kommt und welches Gericht in welchem Land zuständig ist. Aufgrund fehlender Gesetze und einschlägiger Rechtsprechung wird man zunächst ausschließlich auf existierende Regelungen zurückgreifen müssen.

Inhaltlich ist eine Vielzahl von Rechtsgebieten relevant, ähnlich wie bei Geschäftsvorgängen im Internet. Die unterschiedlichen Nutzungsarten des Metaverse berühren beispielsweise den Daten- und Jugendschutz, Persönlichkeitsrechte, den Schutz der digitalen Identität sowie das Wettbewerbsrecht, das Urheberrecht und den gewerblichen Rechtsschutz. Darüber hinaus sind Vertragsrecht, IT-Recht, Handelsrecht und das allgemeine Zivilrecht relevant. Ein weiteres Thema stellen die finanzrechtlichen Regelungen dar, wenn es um Kryptowährung und den Handel damit geht.

Wegen der Bedeutung der digitalen Mode im Metaverse und der Modebranche als einem der Hauptprofiteure spielen gewerbliche Schutzrechte, insbesondere Marken und Designs, eine entscheidende Rolle. Dabei ist insbesondere der Schutzumfang von Marken wichtig: Sind virtuelle Güter vom jeweiligen Schutzumfang erfasst, wenn die Marke lediglich für körperliche Gegenstände geschützt ist? Um diese Frage zu beantworten, wird es auf den konkreten Fall ankommen, nämlich darauf, ob im Geschäftsverkehr angenommen wird, dass ein bestimmtes virtuelles Produkt aus demselben Unternehmen stammt wie die realen Produkte. Dies kann durchaus sehr unterschiedlich zu beurteilen sein, je nachdem, um was für eine Art von Produkt es sich handelt. Markeninhaber sind daher gut beraten, den Schutz ihrer Marken auch für virtuelle Produkte zu beantragen.

Gewerbliche Schutzrechte bieten grundsätzlich einen territorial beschränkten Schutz. So sind beispielsweise eine deutsche Marke nur in Deutschland und eine Unionsmarke nur innerhalb der EU geschützt. Möchte der Markeninhaber den Schutz auf weitere Länder ausdehnen, muss er seine Marke dort anmelden. Bei Markenverletzungen im Metaverse wird man sich fragen müssen, ob der territoriale Schutzumfang der betroffenen Marke ausreicht, denn die Zuordnung von Vorgängen im Metaverse zu einem bestimmten Land wird nicht immer eindeutig sein.

Auch Designs für Möbel und Mode, für Oberflächen, Grafiken oder Figuren werden eine wichtige Rolle im Meta-verse spielen. Das Design schützt die äußere Gestaltung unabhängig von bestimmten Produktgruppen. Damit erstreckt sich der Schutz eines Designs auf jede – und damit auch die digitale – Wiedergabe, aber auch der Designschutz ist territorial begrenzt.

Urheberrechtlich geschützte Werke können von Dritten rechtswidrig ohne Zustimmung des Rechteinhabers im Metaverse verwertet werden. Hier wird potentiellen Urheberrechtsverletzungen die Tür geöffnet. Selbstverständlich entstehen aber auch legale Verwertungsmethoden für die Rechteinhaber. Zum Beispiel kann für ein Gemälde ein NFT erzeugt werden, um mit dem Gemälde im Metaverse handeln zu können. Dann stellt sich die Frage, ob mit dem Verkauf des NFT zugleich auch bestimmte Nutzungs- und Verwertungsrechte übertragen werden oder nicht – und wenn ja, welche? Dies wird – genau wie in der realen Welt – von der zugrundeliegenden Vereinbarung abhängen. In den meisten Rechtsordnungen entsteht das Urheberrecht von allein und ohne Eintragung in ein Register. Künstler und andere Urheber und Inhaber von Rechten an urheberrechtlich geschützten Werken sollten deshalb dokumentieren, wann, durch wen und wo ein Werk entstanden ist, um sich gegen Rechtsverletzungen zur Wehr setzen zu können.

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