Interviewserie: Corona und die Folgen für den Rechtsmarkt – Stimmen, Erkenntnisse, Ausblicke

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In dieser Ausgabe des Deutschen AnwaltSpiegels setzen wir die Interviewreihe LegalChampions fort, in der die Redaktion dieses Onlinemagazins (Managing) Partnern in Sozietäten, Unternehmensjuristen und ­Kooperationspartnern die immer gleichen fünf Fragen zum Umgang mit und zu den Folgen der Coronakrise stellt. Wir möchten so Transparenz schaffen in Bezug auf die wichtigen und sich schon jetzt abzeichnenden nachhaltigen Veränderungen im Rechtsmarkt. Und wir möchten Trends aufzeigen in einer schwierigen Phase, in der gutes Management entscheidend ist für den erfolgreichen Weg durch unsichere Zeiten für Sozietäten, Mandanten und Dienstleister. Über die positive Resonanz aus dem Markt freuen wir uns sehr.

Fünf Fragen an: Stefan Beßling, Managing Partner, Rechtsassessor, reThinkLegal GmbH, Frankfurt am Main

Deutscher AnwaltSpiegel: Wie ist reThinkLegal bisher durch die Coronakrise gekommen?

Beßling: Sehr gut! Wir konnten die Zeit des Stillstands gerade am Anfang der Krise gut nutzen, unsere Produkte an das, was uns in der zweiten Jahreshälfte erwarten wird, anpassen und schärfen. Neue Kooperationen konnten eingegangen werden, wir haben aber auch ein wenig die Ruhe genießen können in diesem sommerlichen Frühling.

Deutscher AnwaltSpiegel: Welche Erkenntnisse haben Sie aus Managementsicht bereits gewinnen können – ­bezogen sowohl auf interne Strukturen als auch mit Blick auf den Markt?

Beßling: Es ist viel mehr möglich, als man bisher gedacht hat; flexibles Arbeiten kann tatsächlich funktionieren. Auch das Remote-Arbeiten im Home-Office scheint für viele Arbeitgeber zu funktionieren. Wir sind ja noch nie die „Nine-to-Five-Worker“ gewesen, und gerade jetzt zeichnet sich ab, dass es primär um die Flexibilität der Arbeitsgestaltung geht, so dass die Betreuung von Kindern, Hunden und anderen Familienmitgliedern unter einen Hut gebracht werden kann. Ich denke, es wird dem Markt guttun, dass sich die Sicht auf die Arbeitsweise verändert, Prioritäten anders gesetzt werden und das Thema Work-Life-Balance wieder einmal ein Stückchen wichtiger wird.

Deutscher AnwaltSpiegel: Home-Office und das Arbeiten in virtuellen Teams scheinen ganz überwiegend zu funktionieren. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die Zeit nach der Krise – insbesondere im Hinblick auf Präsenzzeiten im Office, Dienstreisen und die zukünftige Planung der Büroflächen?

Beßling: Diese besondere Situation zeigt genau unsere Herausforderung. Wir haben sämtliche technischen Möglichkeiten und das Potential, vieles zu digitalisieren, und müssen die Anwender daran heranführen, dabei dürfen wir aber den zwischenmenschlichen Aspekt nicht aus den Augen lassen. Nun sind wir in der hervorragenden Situation, digital und flexibel zusammenarbeiten zu können, und stehen vor der Herausforderung, „Mitarbeiterführung“, „Teamzusammenhalt“, „Kundenbindung“ und Vertrauen im Allgemeinen zu transportieren.
Dienstreisen werden sich sicher verändern und zunächst auf das Nötigste heruntergefahren. Viele Arbeitgeber werden sich in Zukunft die Position Reisekosten in ihrer BWA ganz genau anschauen und feststellen, dass es doch auch ohne geht … Ja, es ist viel digital und flexibel möglich, aber die zwischenmenschliche Komponente ist nicht ersetzbar. Es lässt sich einfach viel besser im Vorgarten des Lokals „Herr Franz“ im Frankfurter Westend in einer netten Gruppe ein Weinchen trinken als vor dem eigenen Bildschirm zu Hause mit den anderen Beteiligten, die ebenfalls allein zu Hause ihren Wein trinken.
Es gibt Arbeiten, die man von zu Hause oder anderswo remote sehr gut erledigen kann – vielleicht viel besser als im Büro. Auch kann man so in einem Team sehr erfolgreich zusammenarbeiten. Andererseits gibt es Tätigkeiten, die man am besten in einem Team zeitgleich in denselben Räumlichkeiten erledigt. Für diesen Fall wird es auch in absehbarer Zeit keine Alternative geben. Ich denke, ein guter Mix aus Präsenz im Büro und flexiblem Arbeiten wird unsere Arbeitskultur in Zukunft prägen. Bis dahin wird es aber noch viel auszuprobieren geben …

Deutscher AnwaltSpiegel: Führt Corona nach Ihrer ­Einschätzung zu einem Digitalisierungsschub im Rechtsmarkt?

Beßling: Lasst uns bitte nicht vergessen, dass es bei der Digitalisierung nicht nur um „digitales Arbeiten“ geht, genauso, wie es nicht darum geht, unbedingt „Legal-Tech“ und „Blockchain“ einzusetzen, sondern es geht um verbesserte Prozesse und das effizientere Erreichen gewisser Ergebnisse. Dem Kunden geht es am Ende doch um das geschaffene Werk und weniger um den Weg dahin. Vielmehr ist der Schub in der Reduzierung der Skepsis, der Vorbehalte und vielleicht auch der Angst zu sehen, die Menschen vor dem großen Wort „Digitalisierung“ haben.
Sicherlich wird der zunehmende Einsatz von Technologie helfen, auch Prozesse einmal zu überdenken und neu zu strukturieren. Dies ergibt sich allein aus der Situation, dass vielleicht zu Hause nicht gedruckt werden kann. Was nun? Genau – lasst es einfach digital. Auch eine Unterschrift ist mittlerweile weitestgehend digital möglich und anerkannt. Und der Stempel? Nun ja …
Corona gilt, wenn man auf die Titelseiten diverser Zeitschriften schaut, als der Treiber der Digitalisierung des Rechtsmarkts. Davon sind wir weit entfernt. Die Unternehmen hatten in den vergangenen Monaten genug mit sich selbst zu tun und haben nicht das große Ganze sehen können – und das soll keinesfalls ein Vorwurf sein. Hoffen wir, dass die Zeit nach der Krise dazu führt, dass nun die Prozesse einmal angepackt, aufgedröselt und neu sortiert werden. Ich bin guter Dinge!

Deutscher AnwaltSpiegel: Schließlich – der Blick in die Glaskugel: Wagen Sie eine Prognose für den weiteren ­Verlauf des Jahres 2020?

Beßling: Das Jahr 2020 wird uns noch die ein oder andere Überraschung bescheren – ich denke, sowohl gute als auch weniger gute. Eine Prognose wage ich nicht abzugeben. Dazu sind wir viel zu früh in dieser Phase der Pandemie. Die Auswirkungen sind immens, sowohl für große DAX-Unternehmen als auch für kleine Start-ups, die normalerweise den Markt aufmischen. Es werden sich in jedem Fall neue Möglichkeiten für alle Beteiligten ergeben. Lasst uns schauen, wie wir alle weiterhin gut durch die Krise kommen.

 

Fünf Fragen an: Dr. Michael Zollner, Managing Partner, Lawyers On Demand (LOD), München

Deutscher AnwaltSpiegel: Wie ist LOD bisher durch die Coronakrise gekommen?

Dr. Zollner: So weit zum Glück gut. Das Wichtigste: Sowohl unter den mehr als 150 Anwälten*, mit denen wir in Deutschland zusammenarbeiten, als auch unter unseren Mitarbeitern gab es bislang insgesamt nur zwei Fälle einer Coronainfektion, die beide glimpflich verliefen. Auf das Thema Home-Office/Remote-Work sind LOD-Anwälte und unser Team ohnehin gut eingestellt und konnten daher in allen laufenden Projekten problemlos weiterarbeiten.
Die Anzahl der Neuanfragen und Neustarts von Projekten ist in den vergangenen Wochen natürlich zurückgegangen. Viele Mandanten hatten vor Ostern nach eigenem Bekunden entschieden, zunächst abzuwarten, wie sich die Lage weiterentwickelt, und neue Projekte „on hold“ zu setzen. Seit ein, zwei Wochen steigen die Anfragen jedoch wieder spürbar an, und die Rechtsabteilungen scheinen sich zunehmend mit der neuen Situation zu arrangieren.

Deutscher AnwaltSpiegel: Welche Erkenntnisse haben Sie aus Managementsicht bereits gewinnen können – ­bezogen sowohl auf interne Strukturen als auch mit Blick auf den Markt?

Dr. Zollner: Zunächst zum Markt: Marc Cohen hat im Forbes-Magazine geschrieben, „COVID-19 Will Turbocharge (the) Legal Industry Transformation (siehe hier). Dafür könnten unseres Erachtens tatsächlich einige Argumente sprechen: Die während der Lockdown-Phase verstärkte Gewöhnung von Rechtsabteilungen an die virtuelle Zusammenarbeit im Team und der wohl weiter steigende Kostendruck werden sicherlich zu einem vermehrten Interesse an flexibleren und kosteneffizienteren Wegen des Legal-Sourcings und der Zusammenarbeit mit Alternative-Legal-Service-Providern führen. Dieses verstärkte Interesse spüren wir bereits jetzt in den Gesprächen mit Mandanten und Anwälten.
Was interne Strukturen angeht: Wir arbeiten bei LOD schon immer sehr gut virtuell im Team mit allen Standorten weltweit zusammen. Dies hat sich in den vergangenen Wochen bewährt. Es war dabei sehr spannend mitzubekommen, wie Anwälte, Mandanten und Mitarbeiter an den verschiedenen LOD-Standorten weltweit mit den Herausforderungen, die durch Covid-19 entstanden sind, umgegangen sind. Die Krise traf die verschiedenen Standorte mit Zeitversatz, aber es gab überall eine große Solidaritätswelle, engen Austausch und sehr kreative Ideen, das neue (Arbeits-)Leben für alle so angenehm wie möglich zu gestalten. Mich persönlich hat die äußerst positive und motivierende Art des Krisenmanagements bei LOD weltweit sehr beeindruckt.

Deutscher AnwaltSpiegel: Home-Office und das Arbeiten in virtuellen Teams scheinen ganz überwiegend zu funktionieren. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die Zeit nach der Krise – insbesondere im Hinblick auf Präsenzzeiten im Office, Dienstreisen und die zukünftige Planung der Büroflächen?

Dr. Zollner: Hierzu gibt es eine nette Geschichte: Ein LOD-Anwalt, der einen unserer Kunden seit vergangenem Jahr dauerhaft bei einem längeren Projekt unterstützt, hatte zu Beginn des Projekts nach den Möglichkeiten der Remote-Unterstützung gefragt. Damals wurde ihm von der Mandantin mitgeteilt, dass dies nicht ginge, da die technischen Voraussetzungen für Remote-Arbeit intern noch nicht gegeben seien. Als es dann zum Lockdown kam, stellte sich heraus, dass das Unternehmen tatsächlich schon seit langem hervorragend für Remote-Work ausgestattet war – nach Aussage des LOD-Anwalts sogar deutlich besser und sicherer als andere Mandanten. Dies wusste und nutzte nur intern bislang kaum jemand. Das mag ein Einzelfall gewesen sein, aber insgesamt glaube ich auch, dass viele Unternehmen, die bislang fast ausschließlich auf Präsenztätigkeit vor Ort gesetzt haben, nach den Erfahrungen mit Remote-Work während der Coronazeit zukünftig offener für Remote-Arbeit, Videokonferenzen und Open-Space-Lösungen sein werden als bisher.

Deutscher AnwaltSpiegel: Führt Corona nach Ihrer Einschätzung zu einem Digitalisierungsschub im Rechtsmarkt?

Dr. Zollner: Einige Mandanten berichten uns, dass sie die Coronazeit unter anderem dafür genutzt hätten, sich verstärkt mit dem Thema Digitalisierung in der Rechtsabteilung zu beschäftigen. Meist aus einem einfachen Grund: weil nun endlich etwas Zeit dafür da war, während es das Tagesgeschäft bislang nicht zugelassen hatte. Ob dies auch dazu führt, dass es bereits kurz- oder mittelfristig zu einem Digitalisierungsschub im Rechtsmarkt kommen wird und Unternehmen tatsächlich auch entsprechendes Budget für die Einführung neuer digitaler Lösungen in der Rechtsabteilung bereitstellen werden, wird sich zeigen. Zu hoffen wäre es natürlich.

Deutscher AnwaltSpiegel: Schließlich – der Blick in die Glaskugel: Wagen Sie eine Prognose für den weiteren ­Verlauf des Jahres 2020?

Dr. Zollner: Zukunftsprognosen sind schon in normalen Zeiten schwierig, jetzt natürlich noch mehr. Aktuell werden in vielen Ländern die Corona-bedingten Beschränkungen ja bereits Stück für Stück zurückgenommen, und es beginnt langsam eine Rückkehr zur Normalität. Wirtschaftlich wird die Lage aber sicherlich in vielen Branchen noch deutlich länger sehr angespannt bleiben. In Bezug auf das Flexible Lawyering Business gehen wir bei LOD – mit dem oben zitierten Marc Cohen – jedenfalls mittelfristig von einem „Boost“ für alternative Rechtsberatungsmodelle aus. Die Möglichkeit zur flexiblen Hinzuziehung von gut qualifizierten Interims- und Projektanwälten bietet gerade in Zeiten von Kostendruck und Planungsunsicherheit sicherlich eine attraktive Sourcing-Alternative für Rechtsabteilungen. Daher blicken wir optimistisch in die Zukunft. Was ungeachtet dessen aber natürlich am wichtigsten ist: Wir hoffen und drücken die Daumen, dass es zu keiner zweiten Coronawelle kommen wird.

 

Fünf Fragen an: Carsten Knoll, COO, GSK Stockmann, Berlin

Deutscher AnwaltSpiegel: Wie ist GSK bisher durch die Coronakrise gekommen?

Knoll: Wir sind bisher gut durch die Krise gekommen. Dies betrifft sowohl die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die aktuelle Geschäftslage. Wir haben sehr schnell eine interdisziplinäre Corona-Task-Force gegründet, die von einem Kollegen mit Erfahrungen im Katastrophenschutz geleitet wurde. So konnten in kürzester Zeit wesentliche Entscheidungen getroffen und in die Kanzlei kommuniziert werden. Unseren Kanzleibetrieb haben wir an nur einem Wochenende nahezu vollständig ins Home-Office verlagert. Grundlage hierfür war eine Entscheidung aus den Vorjahren, alle unserer Kolleginnen und Kollegen (Office, Businessservices und Anwälte) mit mobilen Arbeitsplätzen auszustatten. Durch unsere sechs Standorte konnten wir bereits auf vielfältige Erfahrungen in der Führung von virtuellen Teams zurückgreifen, und auch Präsenzmeetings, wie etwa unser Managementboardmeeting, wurden über die vergangenen Jahre sukzessive durch Videokonferenzen ersetzt. Erfolgsfaktoren waren für uns: klare und schnelle Entscheidungswege, eine regelmäßige und transparente Kommunikation, die Involvierung von Experten aus allen Bereichen der Kanzlei sowie der ständige Austausch mit den Gremien unserer Kanzlei.

Deutscher AnwaltSpiegel: Welche Erkenntnisse haben Sie aus Managementsicht bereits gewinnen können – bezogen sowohl auf interne Strukturen der Sozietät als auch mit Blick auf den Markt?

Knoll: Wir können für uns feststellen, dass wir die zurückliegenden Jahre die richtigen unternehmerischen (Investitions-)Entscheidungen getroffen haben, denn nur so war es uns möglich, in kürzester Zeit weiter besonnen zu handeln. Neben Investitionen in unsere IT und IT-Infrastruktur haben sich hier vor allem die Einführung einer Mitarbeiter-App für einen standortübergreifenden Ad-hoc-Austausch sowie die Etablierung von Risiko-, Organisations- und Prozesskompetenzen bewährt.
Auch die stärkere Diversifizierung unseres Geschäfts mit starkem Sektorenbezug in unseren Kernbereichen des öffentlichen Sektors, der Immobilie und des Finanzrechts zum einen und der Etablierung und Stärkung neuer Wachstumsfelder wie den Sektoren Mobility, Energiewirtschaft, Healthcare und Kapitalmarkt zum anderen bewährt sich in der Krise. Trotz mancher Schwankungen im Transaktionsgeschäft profitieren wir aktuell von einem stabilen Beratungsgeschäft in den verschiedenen Disziplinen. Mit Blick auf diese unterschiedlichen Märkte haben wir getreu unserem Leitsatz „Your Perspective“ zahlreiche Gespräche mit unseren Mandanten geführt, die dann aufgearbeitet wurden und die Grundlage für passgenaue Beratungsansätze in der Krise bildeten. Hier erhalten wir eine sehr positive Resonanz, die wir für die Weiterentwicklung unserer Dienstleistungen in Bezug auf unsere fokussierten Branchen und Rechtskompetenzen weiter nutzen werden.
Auch die Entscheidung, ein eigenes Competence-Center Digitalisierung aufzubauen und daraus digitale Beratungsprodukte für die Herausforderungen unserer Mandanten zu entwickeln, war sicherlich die richtige unternehmerische Entscheidung, um Effizienzpotentiale auf allen Seiten zu heben. Ansonsten spüren wir eine gewisse Verunsicherung in einzelnen Branchen, wobei hier die finalen Auswirkungen abzuwarten sind.

Deutscher AnwaltSpiegel: Home-Office und das Arbeiten in virtuellen Teams scheinen ganz überwiegend zu funktionieren. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die Zeit nach der Krise – insbesondere im Hinblick auf Präsenzzeiten im Office, Dienstreisen und die zukünftige Planung der Büroflächen?

Knoll: Die Frage, wie wir in Zukunft, vielleicht schon in der näheren Zukunft, zusammenarbeiten werden, stellt sich in der Tat. Corona hat die Diskussion auch in unserer Kanzlei beschleunigt, und aus diesem Grund haben wir managementseitig das Projekt „New Work“ initiiert, das sich mit flexibleren Modellen der Arbeits- und Büroorganisation, insbesondere auch zukunftsoffenen Raumkonzepten, beschäftigen wird. Einen entsprechenden Pilot­standort haben wir ebenfalls schon identifiziert, und die ersten Umsetzungsschritte hierzu werden sicherlich noch dieses Jahr sichtbar.

Deutscher AnwaltSpiegel: Führt Corona nach Ihrer ­Einschätzung zu einem Digitalisierungsschub im Rechtsmarkt?

Knoll: Die Coronakrise wird die Digitalisierung im Rechtsmarkt beschleunigen. Zunächst machen digitale Erfolgserlebnisse, unter anderem mit Event- und Konferenzsoftware, den Mehrwert digitaler Kollaboration in Teams wie auch mit Mandanten direkt spürbar und führen zu einer Sogwirkung von innovativen Kollaborationsplattformen. Zudem werden Legal-Tech-B2C-Geschäftsmodelle von Kanzleien aufgegriffen und im Zuge der Coronagesetze durch „Navigatoren für Förderungshilfen“ oder „Coronamietvertragsgeneratoren“ im B2B-Marketing verankert. Insbesondere aber erhöht die wirtschaftliche Ungewissheit der Post-Covid-19-Zeit den Druck auf Rechtsabteilungen und Wirtschaftskanzleien, ihre softwaregestützte Prozessoptimierung zu priorisieren. Die Verlangsamung der M&A- und Real-Estate-Dealzyklen sowie der durch Mandanten weitergegebene Kostendruck machen spätestens jetzt eine Digitalstrategie für Wirtschaftskanzleien zu einem zukünftigen Erfolgsfaktor.

Deutscher AnwaltSpiegel: Schließlich – der Blick in die Glaskugel: Wagen Sie eine Prognose für den weiteren ­Verlauf des Jahres 2020?

Knoll: Aus unserer Sicht werden wir nicht so schnell zur Normalität zurückkehren, sondern noch mit den Corona-bedingten Beschränkungen weiterleben müssen. Unsere Kanzlei hat sich diesen Umständen sehr gut angepasst und reagiert, soweit das möglich ist, flexibel auf jegliche Veränderungen. So setzen wir weiter auf das Monitoring der identifizierten Risiken und definierten Maßnahmen sowie auf ein schnelles Handeln im Krisenstab. Die Auswirkungen der Coronakrise auf die Real- und Finanzwirtschaft bereiten uns natürlich Sorge, aber die entsprechenden Effekte werden sich vermutlich erst in Q3 und Q4 zeigen. Trotzdem sind wir als Kanzlei mit unserem fokussierten, aber auch diversifizierten Beratungsportfolio sehr zuversichtlich für das laufende Geschäftsjahr.

 

Fünf Fragen an: Dr. Gilbert Wurth, Kanzleisprecher, Oppenhoff, Köln

Deutscher AnwaltSpiegel: Wie ist Oppenhoff bisher durch die Coronakrise gekommen?

Dr. Wurth: Wir sind bislang sehr gut durch die Krise gekommen. Der schnelle Wechsel ins Home-Office hat reibungslos funktioniert, und unsere Auslastung ist nur in geringem Maße gesunken.

Deutscher AnwaltSpiegel: Welche Erkenntnisse haben Sie aus Managementsicht bereits gewinnen können – bezogen sowohl auf interne Strukturen der Sozietät als auch mit Blick auf den Markt?

Dr. Wurth: In solchen Situationen ist eine klare und transparente interne Kommunikation wichtig, um Vertrauen zu schaffen. Unsere Mitarbeiter haben wieder einmal gezeigt, dass wir ihrer Flexibilität und ihrem Einsatz vertrauen können.
In der Beratung waren wir eng an der Seite unserer Mandanten – dabei hat uns auch sehr geholfen, dass wir Service in Topqualität über die komplette Bandbreite des Wirtschaftsrechts liefern können.

Deutscher AnwaltSpiegel: Home-Office und das Arbeiten in virtuellen Teams scheinen ganz überwiegend zu funktionieren. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die Zeit nach der Krise – insbesondere im Hinblick auf Präsenzzeiten im Office, Dienstreisen und die zukünftige Planung der Büroflächen?

Dr. Wurth: Wir sehen, dass das Arbeiten und die Kommunikation auch remote prima funktionieren. Allerdings ist der persönliche Austausch – mit Kollegen und Mandanten – nicht zu ersetzen. Insofern wird sich das Pendel nach dem erzwungenen extremen Ausschlag auch wieder etwas zurückbewegen. Mittelfristig werden wir entspannter mit Präsenz, Reisen und Bürofläche umgehen.

Deutscher AnwaltSpiegel: Führt Corona nach Ihrer ­Einschätzung zu einem Digitalisierungsschub im Rechtsmarkt?

Dr. Wurth: Das Arbeiten aus dem Home-Office ist ja kein Novum für viele Anwälte – aber die Krise hat sicherlich eine weitergehende Normalisierung und Ausweitung digitaler Möglichkeiten zur Folge, auch für Businessservices und Sekretariate. Generell werden die nächsten Jahre einen deutlich digitaleren Rechtsmarkt sehen.

Deutscher AnwaltSpiegel: Schließlich – der Blick in die Glaskugel: Wagen Sie eine Prognose für den weiteren ­Verlauf des Jahres 2020?

Dr. Wurth: Das ist im Augenblick sehr schwer einzu­schätzen und hängt natürlich davon ab, wie sich die Pandemie entwickelt. Die Folgen der vergangenen Monate werden wir noch langfristig spüren, aber ich hoffe sehr, dass die Wirtschaft im dritten oder vierten Quartal wieder anzieht.

 

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