Das Onlinemeeting des Hamburger Betriebs steht an, doch der Kollege aus dem Münchner Homeoffice fehlt – für ihn ist Fronleichnam ein Feiertag. Gleichzeitig benötigt der Lieferdienst in Berlin dringend Unterstützung, doch die Kollegen im niedersächsischen Callcenter feiern Reformationstag. Ein anderer Mitarbeiter, der sich gerade in Japan befindet, arbeitet an Allerheiligen weiter, weil dieser Feiertag dort keine Bedeutung hat. Die uneinheitlichen Feiertagsregelungen werfen Fragen auf: Welcher Feiertag ist relevant, wenn Mitarbeiter desselben Unternehmens an verschiedenen Orten arbeiten? Welchen Handlungsspielraum haben Arbeitgeber, wenn über die Grenzen der Bundesländer zusammengearbeitet wird?
Das Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit: ein grundlegendes Prinzip
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) legt in § 9 fest, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich einem Beschäftigungsverbot unterliegen. Von diesem Verbot darf auch nicht im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer abgewichen werden. Schließlich dient die Sonn- und Feiertagsruhe auch der Allgemeinheit. Spezifische Ausnahmen von diesem Grundsatz regelt § 10 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Dies betrifft insbesondere Bereiche, in denen die Arbeit nicht aufgeschoben werden kann, wie etwa im Gesundheitswesen, in der grundlegenden Versorgung, aber auch bei kulturellen Angeboten.
Feiertagsarbeit im Homeoffice: keine Ausnahmen vom Verbot
Die Tätigkeit im Homeoffice führt (natürlich) nicht dazu, dass das Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit aufgehoben würde. Unabhängig davon, ob ein Arbeitnehmer seine Tätigkeit im heimischen Arbeitszimmer oder in einem öffentlichen Café ausübt, gilt das Arbeitszeitgesetz auch hier uneingeschränkt.
Zwar handelt es sich bei dem Begriff des „Homeoffice“ um keinen feststehenden Rechtsbegriff. Für die rechtliche Einordnung der Feiertagsarbeit spielt es aber keine Rolle, ob faktisch mobiles Arbeiten, Telearbeit, Remote Work oder Arbeit im Homeoffice vereinbart worden ist.
Der Arbeitsort als entscheidender Faktor
Für die Frage, ob eine Feiertagsarbeit vorliegt, ist allein der Arbeitsort maßgeblich (BAG, Urteil vom 16.04.2014 – 5 AZR 483/12). Gemeint ist in diesem Zusammenhang der tatsächliche Arbeitsort. Das heißt, es kommt weder auf den regelmäßigen Arbeitsort noch auf die erste Tätigkeitsstätte oder den vertraglich festgelegten Arbeitsort an. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist hierzu noch nicht ergangen. Insofern wäre auch denkbar, sich an dem regelmäßigen (das heißt überwiegenden) Arbeitsort zu orientieren. Dem stünde aber der Zweck der Feiertagsruhe entgegen – der die Allgemeinheit und nicht nur den individuellen Arbeitnehmer betrifft.
Die Folgen des Territorialprinzips
Es gilt daher stets der Grundsatz, dass der tatsächliche Arbeitsort ausschlaggebend ist (sogenanntes Territorialprinzip). Wenn ein Mitarbeiter normalerweise in Schleswig-Holstein tätig ist, aber an einem Feiertag in Thüringen arbeitet, dann gilt für ihn die Feiertagsregelung Thüringens – unabhängig von seiner üblichen Arbeitsstätte.
Im Ergebnis können Arbeitnehmer somit von lokalen Feiertagen profitieren, obwohl diese an ihrem gewöhnlichen Arbeitsort nicht gelten. Arbeitet jemand also gewöhnlich in Nordrhein-Westfalen und befindet sich auf Dienstreise in Bayern, so gilt für ihn am Buß- und Bettag ein Beschäftigungsverbot. Ebenso gilt: Arbeitet jemand im Homeoffice in Berlin, während sein Arbeitgeber in Brandenburg ansässig ist, muss er am Internationalen Frauentag nicht am Team-Meeting teilnehmen.
Ausnahmegenehmigungen für Sonn- und Feiertagsarbeit
Gemäß § 13 ArbZG kann eine Ausnahmegenehmigung auch für Branchen beantragt werden, die nicht bereits nach § 10 ArbZG vom Verbot ausgenommen sind.
Solche Genehmigungen können erteilt werden, wenn der Betrieb zwingend aufrechterhalten werden muss. Etwa im Handelsgewerbe, das spezifisch auch an Feiertagen tätig sein muss. Hierzu muss der Arbeitgeber darlegen, dass anderenfalls ein unzumutbarer Nachteil für das Unternehmen entstehen würde. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Konkurrenten im Ausland ohne Einschränkungen weiterarbeiten können. Gerade für Callcenter kann so häufig eine Ausnahmeregelung durchgesetzt werden.
Weisungsrecht des Arbeitgebers: Gestaltung der Arbeitsleistung
Wie können Arbeitgeber auf Ungleichgewichte reagieren? Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Weisungsrechts aus § 106 Gewerbeordnung (GewO) den Arbeitsort eines Mitarbeiters bestimmen, sofern keine anderslautenden Vereinbarungen im Arbeitsvertrag bestehen.
Zulässig ist dabei zum Beispiel der Ausschluss von Arbeit aus dem Homeoffice an bestimmten Tagen, auch wenn der Arbeitnehmer an seinem Wohnort an einem Feiertag arbeiten müsste. Die Grenze ist hier der Missbrauch des Weisungsrechts. Der Arbeitgeber muss bei der Entscheidung billiges Ermessen wahren und die Belange des Arbeitnehmers berücksichtigen.
„Feiertagshopping“: Grenzen der Flexibilität
In der Theorie könnte ein Arbeitnehmer durch sogenanntes Feiertagshopping von den Feiertagsregelungen in verschiedenen Bundesländern profitieren. Beispielsweise könnte er am Internationalen Frauentag in Berlin „arbeiten“ und an Mariä Himmelfahrt in München. In der Praxis ist ein solches Vorgehen jedoch nicht nur unpraktisch, sondern auch rechtlich problematisch. Arbeitgeber müssen es nicht hinnehmen, wenn das Hopping einzig dazu dient, möglichst viele freie Tage zu nutzen. Ebenso wenig dürfen Arbeitgeber umgekehrt versuchen, durch eine gezielte Planung von Dienstreisen Feiertage zu umgehen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (Urteil vom 11.01.2024 – 11 Sa 936/23) hat entschieden, dass eine solche Praxis treuwidrig ist.
Remote Work im Ausland an inländischen Feiertagen
Auch bei der Arbeit im Ausland greift das Territorialprinzip: Ein Arbeitnehmer, der sich während eines deutschen Feiertags im Ausland aufhält, muss dort arbeiten, wenn es am Einsatzort keinen Feiertag gibt.
Der Arbeitnehmer mit deutschem Arbeitsvertrag, der seinen Arbeitsplatz vorübergehend nach Japan verlegt, wird an Neujahr arbeiten müssen. Jedenfalls theoretisch. Wenn es sein deutscher Arbeitgeber verlangt.
Handlungsspielraum nutzen
Für Arbeitgeber ist es entscheidend, sich mit den verschiedenen Feiertagsregelungen auseinanderzusetzen und klare Vorgaben zu machen. Dazu gehören Regelungen zu Homeoffice, Arbeitsort und Entscheidungsbefugnisse, die diese spezielle Situation berücksichtigen. Gleichzeitig kann das Weisungsrecht gezielt eingesetzt werden, um den Einsatzort der Arbeitnehmer zu steuern. Sinnvoll ist zudem eine teamübergreifende Planung, um den Betrieb auch an regionalen Feiertagen aufrechtzuerhalten. Ebenso kann der Dienstsitz im Homeoffice durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag geregelt werden. Sind ganze Betriebe oder Betriebsteile betroffen, können Ausnahmegenehmigungen in Betracht gezogen werden.
Schlussendlich dürften vor allem Rechtsklarheit und Transparenz im Sinne aller Beteiligten sein. Das innerdeutsche Ungleichgewicht, dass manche Bundesländer mehr Feiertage haben als andere, werden Arbeitgeber nicht beseitigen können.
Autor
Tobias Vößing
KLIEMT.Arbeitsrecht, Düsseldorf
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Senior Associate

