Vorbereitung ist das A und O

Beitrag als PDF (Download)

Immobilien, Modehandel, Gesundheitswesen: In zahlreichen Branchen stehen die Zeichen auf Krise. Das deutsche Insolvenzrecht bietet viele Möglichkeiten, auf die derzeitigen Herausforderungen zu reagieren. Eine Möglichkeit: ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Das muss jedoch gut vorbereitet werden, um den Turnaround zu ermöglichen.

Für viele Unternehmen ist die derzeitige wirtschaftliche Situation schwierig. Im Gesamtjahr 2023 haben 18.100 Unternehmen Insolvenz angemeldet, so das Fazit der Credit­reform (siehe hier). Die Experten rechnen im neuen Jahr 2024 mit einem weiteren Anstieg der Zahlen; Lieferkettenprobleme sowie hohe Rohstoff- und Energiepreise beschäftigen Unternehmen auch in diesem Jahr. 2024 wird demnach für viele Betriebe herausfordernd bleiben. Im Wirtschaftsausblick beschreiben die Experten der ­Allianz Trade beispielsweise folgende Punkte: „In Zukunft dürften steigende Zinsen die Rentabilität und Liquidität weiter beeinträchtigen, während sich das Umsatzwachstum abschwächen dürfte. Einige Sektoren (…) befinden sich ­inmitten des Sturms mit hohen Verschuldungsgraden, ­abschreibbaren Vermögenswerten und einem hohen ­Finanzierungsbedarf sowohl für Betriebskosten als auch für Investitionen.“

Eine frühzeitige Restrukturierung kann Probleme erkennen und ein Unternehmen vor einer existentiellen Krise bewahren. Wichtig ist die Analyse, welches Sanierungswerkzeug passend ist. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten – wie etwa außergerichtliche Verhandlungen, eine Sanierungsmoderation oder ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.

Eigenverantwortliche Neuaufstellung

Seit der Einführung des ESUG (Gesetz zur weiteren ­Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) im Jahr 2012 ist das Sanierungsverfahren in Eigenregie ein gutes Mittel, Unternehmen zu restrukturieren und durch ­Krisen zu führen. Und dies bereits frühzeitig – im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit, also bis zu ­24 Monate vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Bei diesem Verfahren bleibt die Geschäftsführung im Amt und kann das Unternehmen selbst durch das Verfahren führen. Im Sinne der Gläubiger begleitet ein Sachwalter das ­Verfahren.

Zusammen mit Restrukturierungsexperten lassen sich ­Sanierungsmaßnahmen planen und umsetzen. Das Unter­nehmen kann sich wieder zukunftsfähig ausrichten. Der Zugang zur Eigenverwaltung ist seit Anfang 2021 strenger reglementiert, was auch aus Sicht der Gläubiger positiv zu bewerten ist. Das Verfahren ist damit zwar komplexer geworden, aber das hat das Vertrauen in der Praxis gestärkt.

Nach den geltenden Vorschriften wird die Eigenverwaltung nur angeordnet, wenn die Anordnungsvoraussetzungen für die vorläufige Eigenverwaltung nach § 270b Insolvenzordnung (InsO) vorliegen. Als Kernelement muss dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung dabei eine sogenannte vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung beigefügt werden.

Grundlage für die Restrukturierung ist eine solide Planung

Damit die Eigenverwaltung vom Gericht genehmigt wird, muss die Geschäftsführung diese belastbare Unternehmensplanung bereithalten und ein Sanierungskonzept erstellen. Neben einer fundierten Finanz- und Liquiditätsplanung sind verfahrens- und insolvenzspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Dies erfordert eine frühzeitige und intensive Vorbereitung sowie Fachkenntnisse. Es empfiehlt sich daher dringend, für die Analyse und Erstellung erfahrene Sanierungsexperten hinzuzuziehen. Für die konkreten Inhalte gibt es zudem exakte Vorgaben.

Die genauen Inhalte der Planung sind auch gesetzlich in der InsO geregelt. Die Eigenverwaltungsplanung muss nach dem Gesetz (§ 270a InsO) insbesondere folgende fünf Punkte umfassen:

  • einen fundierten Finanzplan für die nächsten sechs ­Monate
  • ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens
  • eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern
  • eine Darstellung der Vorkehrungen, um insolvenzrechtliche Pflichten zu erfüllen
  • eine Kostenübersicht im Vergleich zu einem Regel­verfahren

Der Gesetzgeber geht aber noch einen Schritt weiter. Dem Antrag müssen weitere Erklärungen hinzugefügt werden. Das schuldnerische Unternehmen hat zu erklären, ob und in welchem Umfang offene Verbindlichkeiten beispielsweise aus Arbeitsverhältnissen, Steuerschuldverhältnissen oder Lieferantenverbindlichkeiten bestehen. Außerdem muss es erklären, ob und in welchem Verfahren innerhalb der vergangenen drei Jahre Vollstreckungs- oder Verwertungssperren angeordnet worden sind und ob das Unternehmen für die vorangegangenen drei Geschäftsjahre ­seinen Offenlegungspflichten nachgekommen ist.

Grundsätzlich ist der in der Anordnung der Eigenverwaltung liegende Vertrauensvorschuss nur dann gerechtfertigt, wenn das Eigenverwaltungsverfahren rechtzeitig und akkurat vorbereitet worden ist. Im vorläufigen Verfahren werden dann die Weichen für den weiteren Verlauf ­gestellt. Es können dabei die zur Verfügung stehenden ­Liquiditätseffekte ausgeschöpft werden, unter anderem ­erhalten die Mitarbeiter für bis zu drei Monate Insolvenzgeld. Das entlastet Unternehmen von den Personalkosten und verschafft finanziell Luft, um notwendige Sanierungsmaßnahmen umzusetzen. Weitere Aspekte sind die Vorschriften über die zeitnahe Beendigung von ungünstigen Verträgen (§§ 103 ff. InsO), wie etwa Verträge mit Kunden und Lieferanten oder Mietverträge.

Juristisches und betriebswirtschaftliches Know-how nötig

Für die Beurteilung des richtigen Weges ist juristisches und betriebswirtschaftliches Know-how gefragt. Befindet sich der Betrieb in Liquiditätsproblemen, ist in einem ersten Schritt zu klären, ob die Zahlungsunfähigkeit droht oder ob die Insolvenzgründe Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung bereits eingetreten sind. Dann wäre ein Insolvenzantrag zwingend. Die Geschäftsführung ist verpflichtet, schnellstmöglich zu handeln, um sich nicht haft- beziehungsweise strafbar zu machen.

Viele Unternehmer und Unternehmerinnen fürchten ­jedoch den Schritt zum Amtsgericht. Immer noch herrscht das Vorurteil, mit dem Antrag auf ein Insolvenzverfahren ginge der Makel für das eigene Image einher. Sie sorgen sich zudem über einen möglichen Kontrollverlust. Doch selbst in der Insolvenz können die Firmenlenker das Heft in der Hand behalten.

Die vielfältigen Anforderungen an das Verfahren belegen, dass eine Eigenverwaltung in jedem Fall erhebliche Vorbereitung benötigt. Im Ergebnis profitieren in den Verfahren nicht nur die Unternehmen, sondern meist auch die Gläubiger. Als Lösung für das Unternehmen gibt es zwei Möglichkeiten: Der Betrieb kann sich mit den Gläubigern im Rahmen eines Insolvenzplans einigen oder einen ­Investorenprozess einleiten. Im Zuge solch eines Prozesses werden die Vermögensgegenstände und der Geschäftsbetrieb an einen neuen Eigentümer verkauft. Sanierungsexperten prüfen beide Vorgehensweisen und verfolgen diese parallel im Zuge eines Dual-Track-Verfahrens. ­Gelingt die Lösung, kann das Unternehmen gestärkt in die Zukunft starten.

Fazit: Nachhaltiger Turnaround möglich

Die Eigenverwaltung ist als Sanierungsinstrument oft der passende Weg für Krisenunternehmen, weil sie dem ­Unternehmen sämtliche Sanierungsinstrumente des ­Insolvenzrechts – nicht nur finanzwirtschaftlicher, sondern auch leistungswirtschaftlicher Art – bietet. Diese gibt es so nur innerhalb eines Insolvenzverfahrens. Und damit kann frühzeitig der Grundstein für den nachhaltigen Turn­around gelegt werden. Die Erfahrung aus vielen Mandaten zeigt, dass der Erfolg einer Sanierung entscheidend von einer frühzeitigen professionellen Unterstützung abhängt. Eine gut vorbereitete Eigenverwaltung ­eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, die unter einem kurzfristigen, starken Handlungsdruck nicht mehr möglich sind. Die Prüfung von Maßnahmen sollte lieber zu früh als zu spät erfolgen.

 

Autor

Maximilian PlutaDr. Maximilian Pluta
PLUTA Management GmbH, München
Geschäftsführer, Rechtsanwalt, Diplom-Kaufmann und Steuerberater

sanierung@pluta.net
www.pluta.net

Aktuelle Beiträge