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Warum Steuertransparenz für nachhaltige Unternehmen immer wichtiger wird

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Ein Aufeinandertreffen von Steuerrecht und Nachhaltigkeit wäre vor einigen Jahren kaum vorstellbar gewesen. Nun wird das Thema Nachhaltigkeit aber auch in der Welt der Steuern immer bedeutsamer. Hierbei bedarf es zunächst einmal einer Definition des Begriffs Nachhaltigkeit. Handelt es sich hierbei um ein Synonym für Umweltschutz, oder steckt viel mehr dahinter? Und wo können sich Nachhaltigkeit und Steuerrecht begegnen, welche aktuellen Regulierungen gibt es und was mag die Zukunft wohl bringen? All diese Fragen sollen im Folgenden erörtert werden, wobei selbstverständlich kein Anspruch auf Vollständigkeit bestehen kann.

Was ist Nachhaltigkeit?

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ entstand bereits im 18. Jahrhundert als Merkmal langfristig Ertrag bringender Forstwirtschaft.1 Das Bundesministerium schreibt: „Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung bedeutet, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden“ (siehe hier). Dieser Gedanke ist verfassungsrechtlich seit 2021 in Artikel 20a GG normiert. Umfasst sind hierbei soziale, ökologische und ökonomische Belange (siehe hier). Das Verlangen, Unternehmen nachhaltiger zu gestalten, zeigt sich in den drei ESG-Kriterien: Environmental (Umwelt), Social (Sozial) und Governance (Steuerung).2 Mit Hilfe der ESG-Kriterien haben Unternehmen die Möglichkeit, ihr Engagement im Bereich Nachhaltigkeit zu erfassen und nachvollziehbar darzustellen. ESG ist ein wichtiger Indikator für Qualität und wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens.

Wo treffen Steuerrecht und Nachhaltigkeit aufeinander?

Steuern sind die wichtigste Einnahmequelle des Staates und dienen unter anderem der Finanzierung von Bildung, Infrastruktur oder dem Gesundheitswesen. Dies verdeutlicht die Rolle, die Steuern im gesamtgesellschaftlichen System einnehmen. Zudem stellen die vom Gesetzgeber veranlassten umfassenden Regelungstechniken zur nachhaltigen Unternehmensführung auch eine Beeinflussung der Steuergestaltung dar. Bei den ESG-Kriterien geht es nicht nur um die Einhaltung von Gesetzen und Regulierungen, sondern auch um Risikomanagement und Unternehmensführung in einer nachhaltigen Art.3 Dies ist eine Ausprägung der allen Steuern innewohnenden sozialgestaltenden Wirkung.4 Dieser Lenkungsfunktion kommt gerade im umweltbezogenen Teil der Nachhaltigkeit eine erhöhte Bedeutung zu. Deutlich wird dies unter anderem bei Betrachtung des nationalen Emissionshandels, der materiellrechtlich als CO₂-Steuer angesehen werden kann.5 Durch die Einführung finanzieller Abgaben für bestimmtes Emissionshandeln soll ein klimaschützendes Verhalten gefördert werden. Die soziale Dimension spiegelt die Gesamtbedeutung von Steuern für eine Gesellschaft. Die Einnahmequelle des Staates muss nach dem verfassungsrechtlichen Sozialstaatsprinzip aus Artikel 20 III GG auch dem Ausgleich sozialer Ungleichheit dienen.6 Eine aktive Steuervermeidung widerspricht daher dieser sozialen Dimension. Im Bereich Governance zeigt sich die Bedeutung von Steuertransparenz in Initiativen wie dem Country-by-Country-Reporting (siehe BEPS-Aktionspunkt 13 der OECD). Grenzüberschreitende Konzernstrukturen können so von den entsprechenden Behörden vereinfacht hinsichtlich der jeweiligen Steuerquote überprüft werden. Im Ergebnis zeigt sich, dass in allen Bereichen der ESG-Kriterien Überschneidungen mit dem Steuerrecht auf nationaler und internationaler Ebene bestehen.

Aktuelle Regelungen im Bereich des nachhaltigen Steuerrechts

Ausgangspunkt europäischer und deutscher Nachhaltigkeitspolitik bildet das Pariser Klimaabkommen der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2015.7 Mit der Etablierung der CSR-Richtlinie im Sommer 2023 wurde ein weiterer Schritt in Richtung Förderung von nachhaltiger Unternehmensführung gewagt. Nun müssen Unternehmen auch ihre Steuerplanung und -strategie hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Auswirkungen untersuchen. Über die Nutzung des sogenannten Reputationsmechanismus sollen so Unternehmen bewegt werden, ihre Steuerplanung um Nachhaltigkeitsaspekte zu erweitern und gegebenenfalls anzupassen. Neben der CSR-Richtlinie ist auch der BEPS-Aktionsplan der OECD ein internationales Regelungswerk, bei dem Steuerrecht und Nachhaltigkeit verknüpft werden. In diesem stehen weniger die Umweltbelange im Vordergrund als vielmehr die Förderung von Steuertransparenz. Neben diesen Regelungswerken bestehen aber auch die Global Reporting Standards (GRI-207), die ein umfassendes Rahmenwerk zur Erstellung von freiwilligen Nachhaltigkeitsberichten darstellen. Auch hier liegt ein stärkerer Fokus auf dem Aspekt der Steuertransparenz. Doch ebenso spezialgesetzliche Regelungen, wie der nationale Emissionshandel, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die Kraftfahrzeugsteuer, sind Ausdruck aktueller Regelungen im nachhaltigen Steuerrecht.

TAX CMS: Werkzeug für nachhaltige Steuerstrategien

Eine der Möglichkeiten, mit der Verbindung von Steuerrecht und Nachhaltigkeit umzugehen, ist die Implementierung eines wirksamen „Tax Compliance-Management-Systems“ (Tax CMS). Dieses hilft Unternehmen, ihre Steuerstrategien systematisch zu operationalisieren und Gesetzeskonformität zu gewährleisten. Diese Funktion kann auch auf die Konformität mit ESG-Kriterien ausgeweitet werden und spielt besonders im Bereich Governance eine tragende Rolle. Unternehmen können so ihre Steuerplanung transparent und nachvollziehbar belegen, Vertrauen aufbauen und soziale Verantwortung nachweisen. Allerdings kann ein gut etabliertes Tax CMS auch im Bereich Umwelt und Soziales zu einer nachhaltigen Unternehmensführung beitragen. Eine umfassende Beschäftigung mit den unternehmensinternen Steuerprozessen bewirkt eine Reflexion bezüglich der Unternehmensführung und ihrer Nachhaltigkeit. Es ist deutlich, dass gerade der Bereich Steuertransparenz an Bedeutung gewinnt. Denn jede Lenkungssteuer ist nur so gut wie ihre Umsetzung, und eine Vermeidung dieser steht dem staatlichen Förderinteresse entgegen. Unternehmen sollten daher ihre Steuerplanung an die entsprechenden gesetzlichen Regulierungen anpassen, um sich dem Unmut des Staates und der Öffentlichkeit zu entziehen. Auch hierbei unterstützt ein gut etabliertes Tax CMS.

Fazit: Steuerplanung und Nachhaltigkeitspolitik

Nachhaltigkeit und Steuerrecht sind so miteinander verwoben wie nie. Steuerrecht wirkt sich in allen drei jeweiligen ESG-Kriterien aus. Deshalb erfordert eine unternehmerische Steuerplanung stets einen Blick auf aktuelle Entwicklungen in der Nachhaltigkeitspolitik. Rechtliche Regelungen können hier ferner einen Einfluss auf die Grenzen der Steuerplanung haben. Zudem wird die Reputation eines Unternehmens über die Nachhaltigkeit seiner Unternehmensstrukturen und -aktivitäten bestimmt. Gerade der Bereich der Steuertransparenz gewinnt vermehrt auch im Bereich Nachhaltigkeit an Bedeutung. Unternehmen können hier mit einem wirksamen Tax CMS rechtliche und gesellschaftliche Konsequenzen reduzieren.

Hinweis der Redaktion:
Zum Thema Nachhaltigkeit und Steuerstrategie siehe auch den Beitrag der beiden Autoren in: Deutscher AnwaltSpiegel, Ausgabe 24/2024. 
Anmerkungen
1 Schön, „Nachhaltigkeit“ in der Unternehmensberichterstattung, ZfPW 2022, 207 (208).
2 Schön, ZfPW 2022, 207 (210).
3 Gabius, Das G in ESG: Herausforderungen durch die Nachhaltigkeitstransformation für den Aufsichtsrat, CCZ 2023, 51 (51 f.).
4 Kube, in: BeckOK, Grundgesetz, Artikel 105 Rn. 6.
5 Steuer, Europäischer Emissionsrechthandel, ZEuP 2024, 284 (311).
6 Rux, in: BeckOK, Grundgesetz, Art. 20 Rn. 208.
7 Schön, ZfPW 2022, 207 (211).

Autor

Andreas Brunnhübner
Rödl & Partner, Nürnberg
Diplom-Kaufmann, Steuerberater, Partner

andreas.brunnhuebner@roedl.com
www.roedl.com

Andreas Brunnhübner
Rödl & Partner, Nürnberg
Diplom-Kaufmann, Steuerberater, Partner

andreas.brunnhuebner@roedl.com
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Autor

Bianca Kolb
Rödl & Partner, Nürnberg
Steuerberaterin, Associate Partner

bianca.kolb@roedl.com
www.roedl.com

Bianca Kolb
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Steuerberaterin, Associate Partner

bianca.kolb@roedl.com
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