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Geografische Herkunftsangaben in der Werbung

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Geografische Bezeichnungen genießen bei Verbrauchern ein hohes Vertrauen: Sie stehen oft für besondere Qualität, handwerkliche Tradition und regionale Authentizität. Entsprechend beliebt ist es, die Herkunft eines Produkts in der Werbung hervorzuheben. Doch dabei ist Vorsicht geboten – wer mit geografischen Angaben wirbt, muss verschiedene rechtliche Vorgaben beachten, um Irreführung oder Verstöße gegen den Schutz geografischer Herkunftsangaben zu vermeiden.

Markenschutz für geografische Bezeichnungen

Die Monopolisierung einer geografischen Bezeichnung durch Markenschutz ist verlockend, aber rechtlich schwierig. Grundsätzlich sind nämlich solche Marken von der Eintragung ausgenommen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der Waren oder Dienstleistungen dienen können (Art. 7 Abs. 1 lit. c Unionsmarkenverordnung – UMV; § 8 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz – MarkenG).

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hängt nach der Rechtsprechung davon ab, ob das angesprochene Publikum die Angabe als geografischen Ort erkennt und diesen mit den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als möglichen Ursprungs- oder Bestimmungsort derzeit oder vernünftigerweise künftig in Verbindung bringt.

Die Schwelle zur Annahme einer beschreibenden Angabe ist niedrig. Zwar sind geografische Bezeichnungen – einschließlich Ländernamen – nicht von vornherein beschreibend für die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen. Gerade in bestimmten Bereichen, etwa bei Agrar- und Lebensmittelprodukten, bedarf es jedoch besonderer Umstände, um anzunehmen, dass eine Ortsangabe ausnahmsweise nicht als Hinweis auf die geografische Herkunft verstanden wird. Dies erscheint insbesondere dann fernliegend, wenn die Bezeichnung eine große Region oder gar ein ganzes Land umfasst und die betreffenden Waren oder Dienstleistungen typischerweise überall in wirtschaftlich relevanten Gebieten angeboten werden.

In diesem Sinne hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) jüngst in seinem Urteil vom 16.07.2025 (T-105/23) der Bezeichnung „Iceland“ für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen den Markenschutz versagt. Bezüglich der Waren der Klassen 7, 11 und 16 führte das Gericht aus, dass „Iceland“ einem breiten Verbraucherkreis als geografische Bezeichnung eines Landes bekannt ist, das insbesondere für Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit steht. Aus diesem Grund könnten den betreffenden Waren von den Verbrauchern umweltfreundliche oder nachhaltige Eigenschaften zugeschrieben werden. Bereits dieser Umstand genüge nach Auffassung des Gerichts, um der Bezeichnung den Markenschutz zu versagen. Angesichts dieser weiten Auslegung der Verbindung zwischen Marke und den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen stellt sich die Frage, ob Länderbezeichnungen überhaupt noch die Eintragungsvoraussetzungen für eine Marke erfüllen können.

Irreführung hinsichtlich der Herkunft

Bei der Verwendung geografischer Angaben ist darauf zu achten, dass Verbraucher nicht in Bezug auf die Herkunft eines Produkts getäuscht werden. Eine geografische Herkunft darf nur angegeben werden, wenn das Produkt tatsächlich aus dem genannten Ort stammt. So untersagte das OLG Köln in vier jüngst ergangenen Entscheidungen die Bezeichnung „Dubai-Schokolade“ (Urteile vom 27.06.2025 – 6 U 52/25, 6 U 53/25, 6 U 58/25, 6 U 60/25). Das Gericht stellte fest, dass sich der Begriff nicht zu einer Gattungsbezeichnung entwickelt habe. Eine Irreführungsgefahr bejahte das OLG, da die Verpackungen Hinweise wie die „Skyline Dubais“ oder Slogans wie „Diese Schokolade bringt den Zauber Dubais direkt zu Ihnen nach Hause“ und „mit einem Hauch Dubai“ enthielten, wodurch gezielt ein Bezug zu Dubai hergestellt wurde.

Frühere Entscheidungen verschiedener Landgerichte haben hingegen die Verwendung der Bezeichnung „Dubai-Schokolade“ als zulässig angesehen. Nach deren Auffassung erwartet das Publikum nicht, dass die Zutaten der Schokolade aus Dubai stammen oder das Produkt dort hergestellt worden ist, sondern versteht die Angabe vielmehr als Hinweis auf eine aus Dubai stammende Zubereitungsart oder Rezeptur. Teilweise sind diese Entscheidungen jedoch durch die oben zitierten Urteile des OLG Köln aufgehoben worden. Entscheidungen weiterer Oberlandesgerichte zu diesem Thema stehen noch aus.

Geografische Herkunftsangaben und traditionelle Spezialitäten: EU-Schutz für Agrar- und Lebensmittelprodukte

Schließlich können geografische Angaben und garantiert traditionelle Spezialitäten für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel unionsrechtlich geschützt werden (Verordnung [EU] 2024/1143, vormals 1151/2012). Die EU hat 1992 mit den Gütesiegeln „g.U.“ (geschützte Ursprungsbezeichnung), „g.g.A.“ (geschützte geografische Angabe) und „g.t.S.“ (garantiert traditionelle Spezialität) ein System geschaffen, um traditionelle und regionale Lebensmittel zu schützen und zu fördern. Diese Siegel stehen für geprüfte Herkunft und Qualität – und bieten Verbrauchern eine verlässliche Orientierung beim Einkauf.

Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)

Das g.U.-Siegel stellt die höchsten Anforderungen: Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung müssen vollständig in einem genau definierten geografischen Gebiet erfolgen – und nach einem anerkannten Verfahren. Sämtliche Produktionsschritte müssen also in dem betreffenden Gebiet stattfinden. Die besondere Qualität oder Eigenschaft des Produkts muss wesentlich auf die geografischen Bedingungen, einschließlich natürlicher und menschlicher Faktoren, zurückzuführen sein. Die geschützte Ursprungsbezeichnung kann für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Lebensmittel und Weine beantragt werden.

Beispiele für Produkte aus Deutschland mit dem g.U.-Siegel sind: Allgäuer Bergkäse, Allgäuer Sennalpkäse, Allgäuer Emmentaler, Fränkischer Grünkern, Allgäuer Weißlacker, Stromberger Pflaume, Weideochse vom Limpurger Rind, Diepholzer Moorschnucke, Lüneburger Heidschnucke, Odenwälder Frühstückskäse.

Geschützte geografische Angabe (g.g.A.)

Die Anforderungen an das g.g.A.-Siegel sind weniger streng als bei dem g.U.-Siegel: Es genügt, wenn ein einzelner Herstellungsschritt – also Erzeugung, Verarbeitung oder Zubereitung – in der betreffenden Region erfolgt. Die Rohstoffe dürfen auch aus anderen Gebieten stammen. Das Siegel kann ebenfalls für landwirtschaftliche Erzeugnisse, einschließlich Lebensmittel und Weine, beantragt werden.

Beispiele hierfür aus Deutschland sind: Aachener Printen, Abensberger Spargel, Bamberger Hörnla, Bayerische Brezn, Blutwurz, Dithmarscher Gans, Dresdner Christstollen, Frankfurter Grüne Soße, Fränkischer Obstler, Hessischer Apfelwein, Holsteiner Tilsiter, Lübecker Marzipan, Münchener Bier, Nürnberger Glühwein, Nürnberger Lebkuchen, Nürnberger Rostbratwürste, Oktoberfestbier, Salzwedeler Baumkuchen, Schwarzwälder Schinken, Schwäbische Maultaschen, Schwäbische Spätzle, Thüringer Glühwein, Thüringer Rostbratwurst, Westfälischer Pumpernickel.

Garantiert traditionelle Spezialitäten (g.t.S.)

Bei dem Unionszeichen „g.t.S.“ handelt es sich der Sache nach nicht um eine geografische Herkunftsangabe, sondern um einen Namen für traditionelle Herstellungs- oder Verarbeitungsmethoden. Der Produktionsort ist dabei nicht entscheidend – maßgeblich ist allein die Einhaltung eines historisch belegten Herstellungsprozesses. Als „traditionell“ gilt eine Praxis, wenn sie nachweislich seit mindestens 30 Jahren innerhalb einer Gemeinschaft angewendet und über Generationen weitergegeben worden ist. Das Siegel kann für landwirtschaftliche Erzeugnisse einschließlich Lebensmitteln beantragt werden.

Für Deutschland als g.t.S. beantragt ist lediglich Kräuterhefe. Als g.t.S. eingetragen ist in anderen Ländern unter anderem Pizza Napoletana (Italien), Mozzarella Tradizionale (Italien), Heumilch (Österreich), Suikerstroop (Niederlande), Basterdsuiker (Niederlande), Slovenska potica (Slowenien).

Rechte und Schutzumfang

Ein eingetragener Name darf von allen Marktteilnehmern verwendet werden, die Agrarerzeugnisse, Lebensmittel oder Weine vertreiben, die der jeweiligen Produktspezifikation entsprechen. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird durch Kontrollstellen in den Mitgliedstaaten überwacht.

Eingetragene geografische Angaben und garantiert traditionelle Spezialitäten sind nicht nur vor der Verwendung für Produkte geschützt, die nicht der jeweiligen Produktspezifikation entsprechen. Der Schutz erstreckt sich auch auf jede direkte oder indirekte kommerzielle Nutzung sowie auf unzulässige Aneignungen, Nachahmungen oder Anspielungen. Unzulässig ist insbesondere die Verwendung von Zusätzen wie „à la“, „Typ“, „nach Art“, „hergestellt wie in“, „Nachahmung“, „Geschmack“, „wie“ oder ähnlichen Formulierungen, wenn das geschützte Erzeugnis tatsächlich nicht vorliegt.

Markenschutz ist für derartige Angaben nicht möglich (Art. 7 Abs. 1 lit. j – l UMV; § 8 Abs. 2 Nr. 9 –11 MarkenG).

Künftiger Schutz auch für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse

Die Verordnung (EU) 2023/2411 dehnt den Schutz geografischer Angaben auf EU-Ebene erstmals auch auf industrielle und handwerkliche Erzeugnisse aus. Sie tritt am 01.12.2025 in allen Mitgliedstaaten in Kraft. Mit der Verordnung wird ein unionsweit einheitliches Registrierungs- und Schutzsystem für nicht landwirtschaftliche Produkte geschaffen – etwa für Schmuck, Textilien, Besteck, Glas, Porzellan, Naturstein oder Möbel. Damit wird der Schutz traditionsreicher europäischer Erzeugnisse wie Limoges-Porzellan, Solinger Messer, Carrara-Marmor oder Madeira-Stickerei harmonisiert und gestärkt.

Fazit

Geografische Angaben repräsentieren weit mehr als reine Herkunftshinweise – sie symbolisieren Qualität, Authentizität und traditionelle Herstellungsmethoden. Ihre werbliche Nutzung erfordert besondere rechtliche Sorgfalt, da sowohl geschützte als auch nicht geschützte Bezeichnungen dem Irreführungsverbot unterliegen. Unternehmen sollten ihre Werbeaussagen daher stets einer genauen rechtlichen Prüfung unterziehen, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

Autor

Margret Knitter, LL.M. SKW Schwarz, München Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz, Partnerin

Margret Knitter, LL.M.

SKW Schwarz, München
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz, Partnerin


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