Ein Handbuch aus der Praxis für die Praxis

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Das Buch „Chefsache Anwaltscoaching“ behandelt anschaulich, sprachgewandt und teilweise provokativ 24 Coachingfälle in Kanzleien verschiedener Größenordnungen. Ein Buch, das eine Vielzahl von Situationen beschreibt, analysiert und zur Selbstreflexion einlädt.

Anwaltscoaching – was ist das eigentlich?

Das Buch ist wortgewordenes „Businesscoaching“ für die Kanzlei. Es handelt sich um eine Mischung aus Methoden, Hintergründen, Analysen von Situationen und Problemfeldern im Kanzleialltag – mit Lösungen. Anhand von 24 Beispielen wird der Leser eingeladen, eigene Strukturen und Verhaltensweisen zu hinterfragen, zu bewerten und gegebenenfalls zu überdenken. Der Leser erhält dabei Einblicke in effiziente (und manchmal auch von Laien anwendbare) Methoden des Businesscoachings und wird so in die Lage versetzt, für sich selbst Rückschlüsse zu ziehen. Die thematisch breite Aufstellung auf etwas mehr als 700 Seiten und 24 Kapiteln dürfte es dabei ermöglichen, dass vom „Einzelkämpfer“ bis zum Partner einer Wirtschaftskanzlei jeder „sein“ Thema findet. Die in sich abgeschlossenen Kapitel ermöglichen es, direkt da anzufangen, wo „es drückt“ oder schon die Überschrift das Interesse weckt oder einfach nur Unterhaltung verspricht. Erkenntnisse und Fazits werden am Ende der Kapitel „knackig“ zusammengefasst.

Provokante Überschriften, (Selbst-)Erkenntnisse und Schmunzeln

Das doch umfangreiche Buch ist weder langweilig noch langatmig. Die Autorin weckt Aufmerksamkeit und Interesse durch überraschende Schlussfolgerungen und durch provokante sowie plakative Überschriften wie „Hierarchiefurcht macht handlungsunfähig“ (im Kapitel „Hierarchie“) oder „Frau Weber dreht durch – Die Chronologie eines Kanzleikonflikts“ (im Kapitel „Konflikt“) oder „Drei Strategie-Deppen ziehen am getrennten Strang“ (im Kapitel „Vision. Innovation. Strategie“).

Ideen und Erkenntnisse werden zum Teil durch Situationsanalysen vermittelt: Wodurch gerät etwa eine seit Jahren erfolgreiche Anwältin einer Großkanzlei in eine Problemlage, ausgedrückt durch Kündigungen ihrer Mitarbeiter? Sie stellt im Coaching fest, dass sie „über sich selbst keine Macht“ hat und deshalb Macht über ihre Mitarbeiter ausübt: Sie ist sich in der Führungsrolle selbst unsicher („inkongruent“, würde der Coach sagen) und neigt daher zu eingleisigen Befehlen an ihre Mitarbeiter.

Buchgewordene Erfahrung

Johanna Busmann coacht Anwälte und Anwältinnen sowie ihre Kanzleien seit fast 30 Jahren; sie kennt also die Adressaten des Buchs, ihre Probleme, Besonderheiten, Alltagsthemen und sich stellende Konfliktsituationen. Sie ist deshalb in der Lage, einen Perspektivwechsel zu vollziehen und „den Nerv zu treffen“. Wer wiederholt „in seinem Einflussbereich“ (Busmann) unerwünschte Entwicklungen feststellt, ermittelt im Coaching seinen – oft unbewussten und selten allein steuerbaren – Anteil an der Entstehung dieses Symptoms. Erst durch dieses Erkennen kann er positive Entwicklungen einleiten. Wer Frau Busmann kennt, vergisst sie nicht. So verhält es sich auch mit ihrem Buch.

Fazit
Die fünf Kapitel haben mich zur Neubewertung einiger Situationen bewogen und mich dabei auch unterhalten; das Buch ist eine Einladung, die beschriebenen Situationen und Bewertungen mit eigenen Erfahrungen abzugleichen. Spätestens durch konkrete „Hausaufgaben“ in jedem Kapitel kann der Leser „sich selbst auf die Schliche kommen“ (Busmann) und Änderungen einleiten.

juerschik@oppenlaender.de

Hinweis der Redaktion:
Chefsache Anwaltscoaching, Johanna Busmann, Berliner Wissenschaftsverlag, 2022, etwa 700 Seiten, 89 Euro, ISBN 978-3830551287. (tw)

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