Die Ermittlung und Sicherung des Kaufpreises stellt in den wirtschaftlichen und rechtlichen Verhandlungen von Unternehmenstransaktionen regelmäßig eine der zentralen Herausforderungen dar, denn der Kaufpreis ist die maßgebliche Gegenleistung, die der Verkäufer1 für den Verkauf seines Unternehmens erhält. Der dingliche Vollzug der Transaktion wird daher üblicherweise unter die aufschiebende Bedingung der Kaufpreiszahlung gestellt. So wie es für den Käufer durch umfassende verkäuferseitige Garantiekataloge und zahlreiche Ausgestaltungsformen der Kaufpreisklauseln verschiedene Mechanismen gibt (unter anderem Earn-out, Treuhand oder Hold-back), durch die er sich im Hinblick auf die Werthaltigkeit des Zielunternehmens im Kaufvertrag wirtschaftlich absichern kann, möchte der Verkäufer umgekehrt sichergestellt wissen, dass er den vereinbarten Kaufpreis vollständig und fristgerecht erhält. Durch die aufgrund der Coronapandemie wirtschaftlich herausfordernden Zeiten hat diese Absicherung des Verkäufers einen besonderen Schub bekommen.
Auf die Substanz kommt es an
Relativ unproblematisch ist dies, wenn der Käufer eine operative Gesellschaft mit hinreichend Substanz ist. Hier wird sich der Verkäufer in der Regel die Bilanz oder einen anderen Substanznachweis zeigen lassen und dies mit einer käuferseitigen Garantie flankieren. Deutlich komplexer gestaltet sich die Situation, wenn der Käufer eine Gesellschaft ohne eigene Vermögenswerte oder maßgeblichen Umsatz ist. Dies ist insbesondere bei als Vorratsgesellschaften erworbenen oder neu gegründeten Akquisitionsvehikeln der Fall. Hier besteht aus Sicht der Verkäufer zusätzlicher Regelungsbedarf zur Sicherung der Kaufpreiszahlung. Wenn es ein zeitliches Auseinanderfallen von Unterzeichnung des Unternehmenskaufvertrags (Signing) und dessen Vollzug (Closing) gibt, kann das Ausfallrisiko noch steigen, da unvorhergesehene Ereignisse auftreten können, die sich negativ auf die Liquidität des Käufers auswirken.
Üblicherweise gibt der Käufer einen begrenzten Katalog an Garantien ab, einschließlich einer Garantie in Bezug auf seine Leistungsfähigkeit. Der Käufer garantiert im Wege eines selbständigen Schuldversprechens, dass er am Vollzugstag in der Lage sein wird, den Kaufpreis vollständig zu zahlen.
Dies allein wird den Verkäufer allerdings selten zufriedenstellen. Daher ist in solchen Konstellationen häufig Gegenstand der Vertragsverhandlungen, welche Sicherungsmechanismen zu den Käufergarantien hinzutreten sollen. Hierbei gibt es grundsätzlich verschiedene Optionen, die mit unterschiedlichem Regelungsaufwand und Kosten verbunden sind.
Bankbürgschaft – der Königsweg für den Verkäufer
Den bestmöglichen Schutz bietet für den Verkäufer eine Bankbürgschaft. Zahlt der Käufer den Kaufpreis nicht, kann sich der Verkäufer an die Bank wenden. Aber die Bankbürgschaft ist regelmäßig komplex und kostenintensiv, da externe Kreditgeber neben einer Avalprovision zumeist auch Sicherungs- und Rückgriffsrechte, etwa auf die Geschäftsanteile des Unternehmens, verlangen werden. Daher wird hierauf in der Praxis eher selten zurückgegriffen.
Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über verschiedene alternative Sicherungsmechanismen gegeben werden, auf die von den Parteien in solchen Fällen üblicherweise zurückgegriffen wird.
Bürgschaft einer anderen Gruppengesellschaft
Ein denkbares Sicherungsmittel ist eine Bürgschaft durch eine andere Gruppengesellschaft. Üblicherweise wird diese eine direkte oder indirekte Muttergesellschaft des Käufers sein. Entscheidend ist hierbei, dass es sich ihrerseits um eine Gesellschaft mit Substanz beziehungsweise Umsatz handelt, damit der Verkäufer im Streitfall seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung durchsetzen kann.
Durch eine Bürgschaft wird ein eigenständiges, wenngleich streng akzessorisches Rechtsverhältnis zwischen der anderen Gruppengesellschaft und dem Verkäufer begründet. Eine dahingehende Erklärung kann entweder im Kaufvertrag abgegeben oder in einem separaten Dokument bei Unterzeichnung des Kaufvertrags übergeben werden. Wird die Bürgschaftserklärung in den Kaufvertrag integriert, muss die andere Gruppengesellschaft Partei des Kaufvertrags werden. Im Fall eines separaten Dokuments wird dieses als Anlage dem Kaufvertrag beigefügt.
Auch in der inhaltlichen Ausgestaltung erlaubt eine Bürgschaft diverse Spielarten: So kann es sein, dass der Gesellschafter lediglich eine Höchstbetragsbürgschaft abgeben und/oder hierbei einer separaten Verjährung unterliegen möchte. Umgekehrt wird es aus Sicht des Käufers vorteilhaft sein, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern und/oder einen (teilweisen) Verzicht auf Einreden zu verlangen. Dies gilt insbesondere für die Einrede der Vorausklage, nach der der Bürge die Zahlung verweigern darf, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat.
Selbständige Garantie einer anderen Konzerngesellschaft
Ebenfalls denkbar ist die Aufnahme einer eigenständigen Garantie, die etwa durch den Gesellschafter (oder eine andere Gruppengesellschaft) abgegeben wird und sich auf die Zahlungsfähigkeit des Käufers am Vollzugstag bezieht. Auch hierfür muss die jeweilige Gesellschaft Partei des Kaufvertrags werden. Der Verkäufer kann dann bei einer Garantieverletzung direkt gegen den Gesellschafter vorgehen und Schadensersatz verlangen. Es ist ihm hingegen nicht möglich, den Vollzug der Transaktion durchzusetzen.
Übernahme einer Gesamtschuldnerschaft
Alternativ kann eine andere Gruppengesellschaft auch eine gesamtschuldnerische Haftung im Kaufvertrag für die Leistungs- und etwaigen Schadensersatzpflichten des Käufers übernehmen. Das hat zur Folge, dass der Verkäufer wahlweise vom Käufer oder der anderen Gruppengesellschaft die gesamte Kaufpreiszahlung verlangen kann. Eine solche unmittelbare Leistungspflicht ist vom Gesellschafter allerdings häufig nicht gewollt.
Ausstattungsverpflichtung: Equity- und/oder Debt-Commitment-Letter
Ein weiterer Sicherungsmechanismus, auf den insbesondere bei Private-Equity-Transaktionen regelmäßig zurückgegriffen wird, ist die Abgabe einer Ausstattungsverpflichtung durch eine oder mehrere Gruppenobergesellschaften und/oder Fremdkapitalgeber. Üblicherweise erfolgt dies im Wege eines separaten Equity- und/oder Debt-Commitment-Letters. Im Equity-Commitment-Letter verpflichtet sich die Gruppen(ober)gesellschaft, den Käufer einmalig zum Vollzug mit einem bestimmten Eigenkapital auszustatten. Wird die Transaktion auch mit Fremdkapital finanziert, kann zusätzlich ein Debt-Commitment-Letter vorgelegt werden. Es handelt sich um schriftliche Zusagen, die in der Regel lediglich gegenüber dem Käufer abgegeben werden und diesem ermöglichen, dass er am Vollzugstag mit hinreichend Eigen- oder Fremdmitteln ausgestattet sein wird, um seiner Kaufpreiszahlungsverpflichtung gegenüber dem Verkäufer nachzukommen. Die Finanzierungszusage wird dem Verkäufer bei Unterzeichnung des Kaufvertrags vorgelegt und wird üblicherweise dem Kaufvertrag als Anlage beigefügt. Dadurch erhält dieser einen verlässlichen Einblick in die Finanzierungsstruktur auf Käuferseite. Zu beachten ist, dass der Verkäufer aus einer solchen Verpflichtungserklärung nur dann eigene Rechte ableiten kann, wenn diese ausdrücklich als Vertrag zugunsten Dritter ausgestaltet ist. Üblicherweise wird die Finanzierungszusage so ausgestaltet, dass der Verkäufer lediglich verlangen kann, dass dem Käufer die in der Finanzierungszusage benannten finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, und er keinen direkten Zahlungsanspruch gegenüber dem/den jeweiligen Finanzierungsgeber/n haben wird. Für die genaue Ausgestaltung einer solchen Ausstattungszusage bestehen indes zahlreiche Optionen, die auch darüber hinaus eine Anpassung an die jeweilige Interessenlage ermöglichen.
Fazit
Zur Sicherung der Kaufpreiszahlung in Unternehmenstransaktionen sind verschiedene Mechanismen mit unterschiedlichem Regelungscharakter und -aufwand denkbar. Verkäufer und Käufer sind gut beraten, die Regelungen einmal bis zum Ende zu durchdenken. Ist auf Käuferseite beispielsweise tatsächlich gewollt, dass die Gruppen(ober)gesellschaft eine Bürgschaft abgibt und so auf den vollen Kaufpreis haftet? Häufig will man solche Haftungsrisiken von dieser Gesellschaft fernhalten.
Um die für alle Parteien passende Lösung zu finden, hat stets eine genaue Abwägung zwischen dem individuellen Sicherheitsbedürfnis des Verkäufers und dem Schutzbedürfnis des Finanzierungsgebers zu erfolgen. Die beschriebenen Regelungsmöglichkeiten zeigen, dass für jede Situation eine interessengerechte Lösung gefunden werden kann.
Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt.Angehörige aller Geschlechter sind einbezogen.