Im Blickpunkt: Fallstricke im Umgang mit Schiedssprüchen in der Insolvenz des Verfahrensgegners

Von Dr. Michael Weigel und Alexander Druckenbrodt

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Einführung

Mit seinem Beschluss vom 26.04.2017 (I ZB 119/15) hat der BGH als Rechtsbeschwerdegericht geklärt, dass ein Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs gemäß §§ 1060 Abs. 2, 1059 Abs. 2 ZPO nach § 240 ZPO in der Insolvenz des Antragsgegners unterbrochen wird. Beachtenswerter erscheint allerdings – auch mit Blick auf eine mögliche Haftungsfalle – die Feststellung, dass in einem solchen Verfahren ein Antrag auf Feststellung – der im Schiedsspruch bejahten Forderung – zur Insolvenztabelle unzulässig ist.

Sachverhalt

Nachdem zwei Gesellschafter einer GmbH in einem Vergleich mit ihrer Gesellschaft vereinbart hatten, dass ihre Gesellschaftsanteile gegen Abfindung eingezogen sind und sie zusätzlich einen Anspruch auf Beteiligung am Ergebnis haben, kam es zu einem Schiedsverfahren auf Zahlung darauf. Der Schiedsspruch verpflichtete die Gesellschaft zur Zahlung jedoch nur, soweit dadurch nicht in das Stammkapital der Gesellschaft eingegriffen wird. Zudem waren die Kosten des Schiedsverfahrens und außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Die Schiedskläger haben dann einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung beim OLG Köln gestellt. Während des Verfahrens meldete die Antragsgegnerin Insolvenz an. Die Antragsteller haben ihre im Schiedsspruch zuerkannten Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet. Diese wurden vom Insolvenzverwalter jedoch bestritten.

Daraufhin beantragten die Antragsteller im anhängigen Verfahren nunmehr, die Forderungen aus dem Schiedsspruch zur Insolvenztabelle festzustellen. Erwähnenswert ist insoweit insbesondere, dass von einer Beschränkung, wie sie Gegenstand des Schiedsspruchs war, keine Rede mehr war.

Dem OLG Köln gegenüber argumentierten sie, der Vorbehalt gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG sei durch die Insolvenzeröffnung hinfällig, da das Stammkapital in der Insolvenz keines Schutzes mehr bedürfe. Der Vorbehalt im Schiedsspruch insoweit stelle keine Bedingung, sondern lediglich eine Auszahlungssperre an die Geschäftsführer dar, die in der Insolvenz durch insolvenzspezifische Regelungen ersetzt werde. Der Insolvenzverwalter habe nur zwischen Gläubigern und Beteiligten der Gesellschaft zu unterscheiden. Nach ihrem Ausscheiden seien die Antragsteller zu einfachen Gläubigern geworden. Da sie bereits mehr als ein Jahr vor Insolvenzeröffnung ausgeschieden seien, handele es sich auch nicht um ein nachrangiges Gesellschafterdarlehen im Sinne von § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die Kostenerstattungsansprüche unterlägen ohnehin keinerlei Einschränkungen (OLG Köln v. 03.12.2015 zu 19 Sch 11/14, juris-Rn. 14).

Demgegenüber wandte der Antragsgegner ein, die Anträge auf Feststellung seien bereits unzulässig, da der Streitgegenstand infolge des begehrten Wegfalls der Beschränkung nicht identisch sei und die insolvenzspezifischen Fragen (insbesondere Nachrangfragen) nur vom Landgericht geklärt werden könnten. Die Kostenansprüche seien zwar identisch, allerdings seien dieselben Nachrangfragen relevant, vor allem weil § 39 Abs. 5
InsO nicht gelte, da die Ansprüche erst durch Titulierung weniger als ein Jahr vor Insolvenzeröffnung entstanden seien (OLG Köln a.a.O., juris-Rn. 26).

Trotz Hinweises des OLG auf die mögliche Unzulässigkeit der umgestellten Anträge hielten die Antragsteller hieran fest (OLG Köln a.a.O., juris-Rn. 28). Das Gericht hat daraufhin die Anträge als unzulässig verworfen, da ein Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs jedenfalls dann nicht nach insolvenzrechtlichen Vorschriften aufgenommen werden könne, wenn eine inhaltliche Umgestaltung des Schiedsspruchs begehrt wird.

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde zwar für statthaft und zulässig erachtet, insbesondere richte sich die Aufnahme des Verfahrens zwingend nach den Vorschriften der Insolvenzordnung (§ 87 InsO). Die Antragsteller hätten auch ein rechtliches Interesse an der Aufnahme des anhängigen Verfahrens (BGH a.a.O., juris-Rn. 7–15).

Die konkret gestellten Anträge seien allerdings im anhängigen Verfahren bereits unzulässig. Ein Rechtsstreit gemäß § 180 Abs. 2 InsO sei nur noch insoweit anhängig, als es darum gehe, einen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, nur dieses Verfahren könnten die Antragsteller aufnehmen (BGH a.a.O., juris-Rn. 18). Darin gehe es allein um die Prüfung von Aufhebungsgründen gem. § 1059 Abs. 2 ZPO und gerade nicht darum, ob die Voraussetzungen für eine Aufnahme der durch Schiedsspruch titulierten Forderung in die Insolvenztabelle vorlägen, zumal das OLG zu einer solchen Prüfung gar nicht befugt sei (BGH a.a.O., juris-Rn. 19). Eine Prüfung insolvenzspezifischer Voraussetzungen sei im Zusammenhang mit dem Auszahlungsverbot, der Einstufung der Forderung als Mitgliedschaftsrecht oder als Insolvenzforderung und schließlich mit Blick auf den etwaigen Rang als Insolvenzforderung auch erforderlich (BGH a.a.O., juris-Rn. 20). Es könne dahinstehen, ob im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ausnahmsweise sachlich-rechtliche Einwendungen geltend gemacht werden dürften, da die Antragsteller nicht nur die Vollstreckbarerklärung ohne Einschränkungen begehrten, sondern darüber hinaus die Feststellung der titulierten Forderungen zur Tabelle. Da dieser Antrag nicht die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs betreffe, sei er in diesem Verfahren unzulässig (BGH a.a.O., juris-Rn. 21). Darüber hinaus sprächen weder die Gesichtspunkte effektiven Rechtsschutzes noch der Prozesswirtschaftlichkeit für die Ermöglichung der Umstellung, da die Antragsteller bei einer Klage im ordentlichen Verfahren gemäß § 180 Abs. 1 InsO hinsichtlich Grund und Höhe der Forderung von einer Bindung an die vor Eröffnung ergangene Entscheidung des Schiedsgerichts profitieren (BGH a.a.O., juris-Rn. 22). Mit dem Verfahren könne nur auf eine Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs als solchem hingewirkt werden, woraufhin dann dem Insolvenzverwalter obliege, seinen Widerspruch zu verfolgen (BGH a.a.O., juris-Rn. 23).

Praxishinweise

Die Entscheidung des BGH zeigt, dass auch die Grundsätze des effektiven Rechtsschutzes und der Prozesswirtschaftlichkeit eine Grenze haben, so dass vor einem allzu kreativen Umgang mit den Regelungen der ZPO nur gewarnt werden kann. Selbst wenn der BGH sich in der Vergangenheit in Verfahren, die die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen zum Gegenstand hatten, auch nach Inkrafttreten des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes weiter recht hemdsärmelig zeigte, etwa was die Berücksichtigung sachlich-rechtlicher Einwendungen gegen den Schiedsspruch betrifft (vgl. etwa BGH vom 30.09.2010 zu III ZB 57/10, SchiedsVZ 2010, 330 zur Möglichkeit der Aufrechnung im Verfahren nach § 1060 Abs. 2 ZPO bei Nichtberücksichtigung der Aufrechnung durch das Schiedsgericht), ist er gerade an der Schnittstelle zwischen Prozess- und Insolvenzrecht nicht gewillt, die Regeln über Gebühr zu dehnen.

Mit Blick auf die Ausgangsentscheidung des OLG Köln ist allerdings nicht nachvollziehbar, warum die Antragsteller trotz Hinweises an ihrem ursprünglichen Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht zumindest hilfsweise – gegebenenfalls gestuft um einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung ohne Einschränkung – festgehalten, sondern nur die unbeschränkte Feststellung zur Tabelle begehrt haben. In Ansehung von § 179 Abs. 2 InsO und der hieraus folgenden Verpflichtung des Insolvenzverwalters, bei Vorliegen eines Titels seinen Widerspruch zu verfolgen, wäre den Antragstellern bereits mit einer Vollstreckbarerklärung des ursprünglichen Schiedsspruchs gedient gewesen – dies insbesondere mit einer solchen, die die Einschränkungen im Schiedsspruch hätte entfallen lassen. Ob Letzteres möglich gewesen wäre, hat der BGH offengelassen (a.a.O., Rn. 21; anders wohl das OLG a.a.O., Rn. 29f.), da sich die Antragsteller eben nicht auf eine Vollstreckbarerklärung beschränken wollten. Jetzt haben die Antragsteller gar nichts in der Hand und tragen auch noch die Verfahrenskosten.

michael.weigel@apks.com

alexander.druckenbrodt@apks.com

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