Fides Technology ist ein Softwareunternehmen aus München, das die erste Management-Governance-Plattform entwickelt hat. Die 2021 gegründete Firma ermöglicht es Unternehmen, ihre Corporate-Governance-Aufgaben weltweit zu digitalisieren und zu automatisieren. Gründerin und CEO Lisa Gradow ist studierte Juristin und hat mit Usercentrics bereits eine führende Consent-Management-Plattform erfolgreich aufgebaut. Darüber hinaus engagiert sie sich im Bundesverband Deutsche Startups e.V. und investiert in innovative Unternehmen aus den Bereichen Software und künstliche Intelligenz. Für diese Ausgabe des Deutschen AnwaltSpiegels beantwortet sie die Fragen von Prof. Dr. Thomas Wegerich.
Deutscher AnwaltSpiegel: Liebe Frau Gradow, Fides Technology ist seit 2021 im Markt. Bitte schildern Sie uns Ihre Motivation für die Unternehmensgründung.
Lisa Gradow: Die Idee zu Fides entstand aus unserer eigenen Erfahrung mit Corporate Governance. Nach meiner ersten erfolgreichen Gründung von Usercentrics habe ich in verschiedene Unternehmen investiert und war aus Sicht der Gesellschafterin und als Boardmember mit einer Vielzahl analoger Prozesse konfrontiert, im Endeffekt ein Salat aus PDF-Dokumenten. Meine Mitgründerin Philippa Peters brachte eine andere Perspektive ein: Als Anwältin bei Noerr im Insolvenzrecht war sie mit den Herausforderungen auf der anderen Seite bestens vertraut, insbesondere im Hinblick auf Haftungsrisiken für Organe bei unzureichender Dokumentation von Entscheidungen. Als wir uns die verfügbaren Tools auf dem Markt angeschaut haben, war schnell klar: Es gibt keine Lösung, die juristisch mitdenkt und dabei auch noch gut und intuitiv funktioniert. Corporate Governance basiert auf rechtlichen Prozessen, die sich hervorragend für verschiedene Gesellschaftsformen und Jurisdiktionen standardisieren lassen – genau das haben wir mit der Gründung von Fides umgesetzt. Unser Ziel: Corporate Governance so klar und effizient wie möglich zu machen.
Deutscher AnwaltSpiegel: Unternehmensziel ist es nach eigener Aussage, „Corporate Governance ins 21. Jahrhundert“ zu bringen. Wie machen Sie das?
Lisa Gradow: Die heutigen technischen Möglichkeiten und das, was in Rechtsabteilungen und insbesondere im Rahmen von Corporate-Housekeeping stattfindet, klaffen weit auseinander. Es ist immer noch üblich, dass Unterlagen für Aufsichtsratssitzungen in Papierform verteilt werden oder Unterschriftenmappen per Kurier unterwegs sind – erstaunlich, wie oft das tatsächlich passiert. Deswegen steht an erster Stelle die grundsätzliche Digitalisierung sämtlicher Prozesse rund um Corporate Governance. Für uns bedeutet „21. Jahrhundert“ aber noch mehr: smarte Automatisierung, wo immer es möglich und sinnvoll ist, um Arbeit schneller, sicherer und einfacher zu machen.
Deutscher AnwaltSpiegel: Neben Konzernen, Mittelstand, Private Equity und Aufsichtsratsgremien stehen auch Rechtsabteilungen und Wirtschaftskanzleien im Fokus von Fides Technology. Welchen Mehrwert können die letztgenannten beiden Zielgruppen von Ihrem Produkt erwarten, wo unterstützen Sie?
Lisa Gradow: Unser Tool vereint Entity- und Boardmanagement auf einer Plattform. Dieser integrierte Ansatz schafft enormen Mehrwert, da beide Bereiche eng miteinander verzahnt sind – sie getrennt in verschiedenen Tools abzubilden ergibt schlicht keinen Sinn. Oft gibt es gar keine spezialisierten Tools, und Corporate-Governance-Prozesse werden manuell in Exceltabellen verwaltet oder Organigramme mühsam in PowerPoint erstellt. Das ist nicht nur unsicher, sondern belastet ohnehin schon ausgelastete Rechtsabteilungen zusätzlich.
Corporate-Governance-Themen sind in vielen Fällen keine „Nice-to-have“-Prozesse, sondern müssen rechtlich einwandfrei abgebildet werden. Mit Fides gelingt es Rechtsabteilungen, ein oft lästiges Thema in eine positive User-Experience zu verwandeln. Wirtschaftskanzleien profitieren ebenfalls: Sie nutzen Fides in der Zusammenarbeit mit Mandanten, um zeitraubende Adminaufgaben, die oft nicht abrechenbar sind, effizient zu lösen und sich auf komplexe Rechtsfragen zu konzentrieren.
Dank Fides können mehrere Stakeholder auf einer zentralen Plattform nahtlos zusammenarbeiten – effizient, sicher und einfach.
Deutscher AnwaltSpiegel: Themen rund um Corporate Governance sind im Hinblick auf Datenschutz und Cybersecurity immer sensibel und kritisch. Wie sichert und schützt Fides insoweit die Kundeninteressen?
Lisa Gradow: Für uns als deutsches Unternehmen und mit meinem Background im Datenschutz hat das Thema natürlich höchste Priorität. Unsere Server befinden sich primär in Frankfurt am Main, und alle Kundendatenbanken sind strikt voneinander isoliert, um höchste Sicherheit zu gewährleisten.
Die Einbindung von künstlicher Intelligenz (KI) ist für unsere Kunden 100% optional. Mit einem einfachen Schalter können Kunden entscheiden, ob sie KI nutzen möchten oder nicht. Wichtiger noch: Wir trainieren unsere KI nicht mit Kundendaten, und alle Anfragen bleiben auf der jeweiligen Kundeninstanz. Es erfolgt keine Weiterleitung der Daten. So ist es möglich, dass auch höchst vertrauliche Dokumente, die im Aufsichtsrat geteilt und diskutiert werden, mit KI durchsucht und zusammengefasst werden können. Das macht uns zum Pionier im Bereich KI und Corporate Governance.
Deutscher AnwaltSpiegel: Fides ist in einem für die Unternehmens- und Kanzleipraxis sehr wichtigen Bereich positioniert. Die Verbindung zu und den Nutzen für Rechtsabteilungen und Sozietäten haben Sie uns erläutert. Lassen Sie uns in die Glaskugel schauen und dabei den Bogen etwas weiter spannen: Welche Trends im Bereich der Digitalisierung und insbesondere der künstlichen Intelligenz erwarten Sie im Rechtsmarkt kurz-, mittel- und langfristig – und was bedeutet das für die weitere Entwicklung Ihres Unternehmens?
Lisa Gradow: Wir stecken mitten im Umbruch, und dieser Wandel wird weiter an Tempo zunehmen: Schon heute können KI-Tools juristische Texte schneller durchsuchen, analysieren und zusammenfassen, auch das Drafting lässt sich sehen. Mittelfristig kommen wir jetzt ins Zeitalter der KI-Agenten, die eine Abfolge von komplexen Schritten ausführen und ganze Prozesse automatisieren werden. Langfristig wird KI in allen Vorgängen und sämtlichen Tools mitlaufen und genug Kontext haben, um quasi wie ein Jurist, der überall zuhört und dabei ist, Vorgänge und juristische Risiken in Echtzeit bewerten und Ratschläge geben zu können. Das wird in den USA und anderen Ländern einfacher umsetzbar sein als in Europa wegen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), aber langfristig glaube ich, dass das Argument für eine effektivere Compliance und Einsparung von Ressourcen auch hier überwiegen wird.
Diese Entwicklungen bieten enorme Chancen, bergen aber auch Risiken. Eine leichtfertige Nutzung, etwa durch die Zusammenfassung vertraulicher Dokumente in nicht geschützten KI-Umgebungen, könnte erhebliche Datenschutzprobleme nach sich ziehen. Gerade im sensiblen Bereich der Corporate Governance ist daher eine sichere und verantwortungsvolle Integration von KI unverzichtbar. Mit Fides haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, nicht nur die Effizienz zu steigern, sondern auch Standards für eine verantwortungsvolle und sichere Nutzung von KI zu setzen.
Deutscher AnwaltSpiegel: Vielen Dank, liebe Frau Gradow, für Ihre spannenden Ausführungen. Wir sind sicher, dass diese von großem Interesse für unsere Leserinnen und Leser sind.
Autor

Fides Technology, München
Gründerin, CEO

