An Traditionen anknüpfen, aber zugleich neue Wege gehen – das kennzeichnet die Arbeit des Bundesverbands der Wirtschaftskanzleien in Deutschland (BWD). Regelmäßig greifen wir in unserem Online-Magazin fourword die Idee des berühmten Proustschen Fragebogens auf. Der französische Schriftsteller war es, der einem um die Wende zum 20. Jahrhundert beliebten Gesellschaftsspiel in Pariser Salons seinen Namen gab. Wir haben das Format und die Auswahl der Fragen auf die heutige Zeit (und hier und da auch auf den Rechtsmarkt) übertragen.
Fourword: Angenommen, Sie müssten von heute auf morgen in ein Tiny House ziehen – von welchem Gegenstand trennen Sie sich auf keinen Fall?
Dr. Ulrich Wastl: Von meinen (Original-)Slalom-Weltcup-Ski, darunter auch die Sonderedition „Marcel Hirscher“ (ein Alte–Männer-Ding?). Auch für meine Hardrock- und Heavy-Metal-Plattensammlung müsste ich noch einen Platz finden, selbst wenn die Couch daran glauben muss.
Welche Person inspiriert Sie?
Ich bewundere Menschen wie Nelson Mandela, der nicht nur bereit war, für seine Sache alles zu geben, sondern selbst nach seinem nicht mehr für möglich gehaltenen Sieg über die Ungerechtigkeit vergeben konnte und vor allem wollte. Solche authentischen Menschen gibt es nicht allzu oft, manchmal aber auch im „ganz normalen“ Leben.
Was muss in Ihrem Vorratsschrank/Kühlschrank immer vorhanden sein?
Guanciale, Pecorino Romano, Eier und frische, handgemachte Spaghetti. Denn ohne (original!) Spaghetti Carbonara ist für einen italophilen Menschen das Glück auf Erden nicht vollendet. Aber wenn ich es mir recht überlege, gilt das für eine nahezu endlose Menge mediterraner Köstlichkeiten.
Wenn X + Y = Glück ist, was sind dann X und Y?
X = Freiheit und Y = Geborgenheit. Gibt es etwas Erfüllenderes, als die Freiheit und Neugierde zu haben, ohne Grenzen alles erkunden und erleben zu können und dürfen, was einen fasziniert? … Und gleichzeitig Geborgenheit bei all denjenigen zu finden, die man liebt und schätzt?
Gehören Sie zum Team Organisations- oder zum Team Improvisationstalent?
Ob es mir immer gelingt, können nur andere beurteilen, aber ich lebe nach dem Motto „Improvisation, what else?“ … Auch wenn ein wenig Organisationstalent als Mokkaböhnchen auf der Sahnehaube nicht das Schlechteste ist. So bleibe ich hoffentlich für alle schönen und interessanten Dinge offen und vermag sie vor allem auch zu erkennen.
Cristiano Ronaldo betritt das Fußballfeld vor jedem Spiel mit dem rechten Fuß zuerst. Haben Sie ein „Pre-Game-Ritual“ vor wichtigen Terminen?
So spielt er auch Fußball, blasiert! Mein Eindruck ist es, dass Rituale mich einengen und keineswegs frei machen – im Gegenteil! Und wenn gar nichts mehr hilft, hat eine entsprechende paradoxe Intervention ja zumeist auch eine befreiende und erfolgreiche Wirkung.
In welchem Aspekt unterscheidet sich Ihr Leben heute am meisten von dem, das Sie vor zehn Jahren geführt haben?
Die größte Veränderung in meinem Leben ist die endgültige Abnabelung meines Sohnes, über die ich mich riesig freue, wobei ich gleichzeitig erleben muss, aber insbesondere auch darf, wie sich dadurch auch das gemeinsame Leben mit meiner Frau verändert.
Welche Charaktereigenschaft schätzen Sie besonders an anderen Menschen?
Ich liebe offene und selbstbewusste Menschen, die sich mit Selbstironie und Humor betrachten können. Kurz gesagt: authentische Menschen! Solche Menschen achten das Gegenüber und lassen ihm den Raum, sich zu entfalten und damit Interesse zu wecken. Was für ein Geschenk für beide.
Zurück in die Zukunft: Marty McFly leiht Ihnen für ein Wochenende seinen DeLorean – wohin reisen Sie zuerst?
Eigentlich fühle ich mich am wohlsten im Hier und Jetzt. Die Vergangenheit habe ich genossen und hoffentlich ein wenig aus ihr gelernt. Das Hier und Jetzt ist der Beginn der spannenden Zukunft.
Mit welcher realen Person oder welchem fiktiven Charakter identifizieren Sie sich morgens um 8:00 Uhr und abends um 20:00 Uhr?
In der Früh, nun ja, da fällt mir eine Bandbreite von Quasimodo bis zu „Also sprach Bellavista“ ein. Und am Abend: eine Mischung aus James Bond für Arme und Epikur (light).
Wenn Sie die Chance hätten, eine Woche bei einer Boulevardzeitung als Blattmacher zu arbeiten, welche Schlagzeile würden Sie produzieren?
„Beam me up Scotti – there is no intelligent life on earth, or nearly no!“
Spielen Sie gelegentlich privat den Advocatus Diaboli – oder lassen Sie den Juristen im Büro zurück?
NIEMALS! – Aber ehrlich: Das ist ein wunder Punkt; da ertappe ich mich ab und an dabei, dass ich den Advokaten nicht an der Garderobe abgebe. Zumindest aber verfüge ich im privaten Leben nicht auch noch über ein perfektes Compliance-Management-System.
Wenn Sie erfahren würden, dass Sie vermutlich nur noch 365 Tage zu leben haben, was stünde ganz oben auf Ihrer Bucket-List?
Einfach nur Zeit mit meiner Familie und meinen Freundinnen und Freunden verbringen, und dies an wechselnden Orten, wie beispielsweise Sardinien, Mongolei, Tirol, München etc. Und in den letzten zwei Wochen dann ab nach Kamtschatka zum Heliskiing (da is es dann eh scho wurscht, was ois passieren ko!).
Sie treffen die Göttin Justitia zu Nektar und Ambrosia auf dem Olymp, worüber unterhalten Sie sich, während Sie zu Tische liegen?
Zunächst einmal zapfe ich uns als Münchner ein wunderbar erfrischendes Bier und wir verzichten auf Nektar und Ambrosia, weil die ewige Jugend wäre auch nicht gerecht. Ja, und dann frage ich sie, was sie alles so in ihrer Freizeit macht und wie sie es privat mit dem Recht oder gar der Gerechtigkeit hält. Frei nach Radbruch: „Recht ist Wille zur Gerechtigkeit.“
Wie unterscheiden sich heutige Berufseinsteiger von Ihnen, als Sie in dieser Situation waren?
Die heutigen Berufseinsteiger haben nach meinem Eindruck bei weitem konkretere Vorstellungen vom Beruf, von ihrer zukünftigen Karriere und den sonstigen aus ihrer Sicht wünschenswerten Rahmenbedingungen, als ich sie zum damaligen Zeitpunkt hatte. Einerseits beeindruckt mich das, andererseits aber frage ich mich, wo bleiben die Neugierde, die Spontaneität und vor allem die Offenheit für Neues. – NIX FÜR UNGUAT!

