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Aktuelle Ausgabe

Reform des Produktsicherheitsgesetzes und weiterer produktsicherheitsrechtlicher Vorschriften

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Der Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales verfolgt das Ziel, das Produktsicherheitsrecht in Deutschland an die seit dem 13.12.2024 unmittelbar geltende EU-Verordnung (EU) 2023/988 über die allgemeine Produktsicherheit anzupassen. Damit verbunden ist die Streichung überholter Vorschriften aus dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), die Modernisierung einzelner Bestimmungen sowie die Ergänzung von Durchführungsregelungen, um die praktische Anwendung der Verordnung in Deutschland zu sichern. Darüber hinaus werden Folgeänderungen in angrenzenden Gesetzen [zum Beispiel Lebensmittel- und Futtergesetzbuch (LFGB), Verbraucherinformationsgesetz, Digitale-Dienste-Gesetz] vorgenommen, um ein konsistentes und rechtssicheres System für Produktsicherheit zu gewährleisten.

Was ist neu?

Integration der EU-Verordnung (EU) 2023/988 in das deutsche Rechtssystem: Das ProdSG enthält künftig die für Deutschland erforderlichen Verfahrens-, Bußgeld- und Strafbestimmungen zur Durchführung der EU-Verordnung.

Streichung von Altregelungen zur Richtlinie 2001/95/EG: Da die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit aufgehoben wurde, werden alle darauf bezogenen Bestimmungen im ProdSG entfernt, um Rechtsklarheit zu schaffen.

Neue Bußgeld- und Straftatbestände: Verstöße gegen Pflichten aus der Verordnung (zum Beispiel fehlende Risikoanalysen, unzureichende Verbraucherinformationen, Pflichtverletzungen bei Rückrufen) können künftig sanktioniert werden.

Änderungen weiterer Gesetze:

  • Im Verbraucherinformationsgesetz wird der Anwendungsbereich auf Produkte nach der EU-Verordnung 2023/988 erweitert.
  • Im Digitale-Dienste-Gesetz werden neue Ordnungswidrigkeitstatbestände für Betreiber von Onlinemarktplätzen eingeführt, etwa bei der Gestaltung von Schnittstellen oder der Pflicht zur Bearbeitung von Meldungen über gefährliche Produkte.

Wesentliche Inhalte

Neufassung zentraler Vorschriften im ProdSG:

  • Der Zweck und Anwendungsbereich (§ 1) wird neu gefasst und eindeutig auf die Umsetzung spezieller EU-Richtlinien sowie auf die Durchführung der EU-Verordnung 2023/988 ausgerichtet.
  • Die Begriffsbestimmungen (§ 2) werden erweitert und präzisiert, um die Terminologie der Verordnung zu übernehmen (zum Beispiel klare Definitionen von „Rückruf“, „ernstes Risiko“, „Wirtschaftsakteur“).
  • Produktsicherheitsanforderungen (§ 3): Ein Produkt darf nur in Verkehr gebracht oder ausgestellt werden, wenn es sicher ist – bei unsicheren Produkten muss ein ausdrücklicher Hinweis erfolgen.
  • Sprachpflicht (§ 6): Sicherheitsinformationen, Anweisungen und Warnhinweise müssen in deutscher Sprache vorliegen, um Verbraucherschutz und Marktüberwachung zu sichern.
  • Marktüberwachung (§ 25): Behörden erhalten weitergehende Befugnisse, insbesondere gegenüber Onlinemarktplätzen (z.B. Entfernung gefährlicher Produkte von Plattformen, Sperrung des Zugangs, verpflichtende Warnhinweise).
  • Sanktionen (§§ 28–29): Einführung neuer Ordnungswidrigkeiten und Straftatbestände für Verstöße gegen die EU-Verordnung, etwa bei fehlenden Risikoanalysen, unvollständiger Dokumentation, mangelnden Rückrufmaßnahmen oder Verletzung von Informationspflichten gegenüber Verbrauchern und Behörden.

Änderungen in weiteren Gesetzen:

  • LFGB: Streichung des Verbots „mit Lebensmitteln verwechselbarer Produkte“, da die Rechtsgrundlage entfallen ist; Anpassungen bei der Marktüberwachung und beim Verbringungsverbot unsicherer Produkte.
  • Verbraucherinformationsgesetz: Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten künftig auch Zugang zu Informationen über Produkte im Anwendungsbereich der EU-Verordnung 2023/988.

Gesetzgeberische Notwendigkeit

Unmittelbare Geltung der EU-Verordnung seit 13.12.2024: Nationale Vorschriften müssen angepasst werden, um Doppelregelungen oder Widersprüche zu vermeiden.

Durchsetzung auf nationaler Ebene: Die EU-Verordnung sieht selbst keine detaillierten Sanktionen oder Verfahren vor – diese müssen im nationalen Recht verankert werden, damit Verstöße effektiv geahndet werden können.

Rechtssicherheit und Klarheit für Unternehmen, Behörden und Verbraucher: Nur durch Anpassung des ProdSG und der Nebengesetze entsteht ein konsistenter Rechtsrahmen für die Produktsicherheit in Deutschland.

Relevanz für die Praxis

Für Unternehmen:

  • Umfangreichere Pflichten bei Dokumentation, Risikoanalyse, Kennzeichnung und Verbraucherinformation.
  • Besonders der Onlinehandel steht im Fokus: Betreiber von Marktplätzen sind verpflichtet, gefährliche Produkte schnell zu entfernen und Nutzer zu warnen.
  • Verstöße können zu erheblichen Bußgeldern oder sogar strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Für Behörden:

  • Marktüberwachungsbehörden erhalten erweiterte Eingriffsbefugnisse, zum Beispiel Anordnungen an Onlineplattformen.
  • Einheitliche rechtliche Grundlage erleichtert die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und EU-Behörden.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher:

  • Höhere Sicherheit durch stärkere Rückruf- und Informationspflichten der Hersteller, Händler und Onlineplattformen.
  • Verbesserter Zugang zu Informationen über unsichere oder gefährliche Produkte über das Verbraucherinformationsgesetz.
  • Langfristig mehr Vertrauen in Produktsicherheit und Marktüberwachung.