fourword ist eine Publikation der Produktfamilie Deutscher AnwaltSpiegel & Bundesverband der Wirtschaftskanzleien

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Künstliche Intelligenz – Deutschland hat Aufholbedarf

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Die Mitglieder des Bundesverbands der Wirtschaftskanzleien in Deutschland (BWD) wollen KI-Tools im Kanzleialltag einsetzen, unter anderem, um kosteneffiziente Leistungen erbringen zu können. Der aktuelle bestehende Rechtsrahmen erlaubt dies aufgrund von unklaren Regelungen nicht eindeutig. Dies wird als Hemmnis für die deutschen Kanzleien im internationalen Wettbewerb sowie als Nachteil für ein effizientes Rechtswesen in Deutschland gesehen.

Der Einsatz von KI nimmt zwar zu, wobei der Grad der Nutzung je nach Kanzleigröße und Spezialisierung variiert (vgl. z.B. Umfrage der Bundesrechtsanwaltskammer zur ­Nutzung von KI-Tools durch Anwältinnen und Anwälte, Future Ready Lawyer Studie 2024 von Wolters Kluwer, Pressemit­teilung des Statistischen Bundesamts zur KI-Nutzung in Unternehmen). Trotz dieser Fortschritte existieren weiterhin Herausforderungen und rechtliche Unsicherheiten, insbesondere in Bezug auf Datenschutz, Datensicherheit und die rechtskonforme Integration von KI in bestehende Arbeitsabläufe. Es besteht somit Bedarf an klaren rechtlichen Rahmenbedingungen, um den effektiven und verantwortungsvollen Einsatz von KI in Kanzleien zu gewährleisten.

Problematisch aus Sicht des BWD ist dabei insbesondere, dass die Regulierung und die Auslegung der Regelung häufig durch „Edge-Cases“ geleitet ist. Die daraus resultierenden vermuteten Risiken liegen in vielen Anwendungsfällen aber überhaupt nicht vor. Für diese Anwendungsfälle braucht es jedoch eine innovationsfreundliche Auslegung bestehender Regelungen oder deren Anpassung, um den Anschluss an den Einsatz von Spitzentechnologie nicht zu verpassen.

Berufsrecht/Strafrecht

Die berufsrechtlichen Regelungen, insbesondere deren Auslegung, werden von vielen Mitgliedern des BWD als Hindernis oder Verbot für den Einsatz von KI-Tools gesehen. Beispielhaft sei auf den Leitfaden der Bundesrechts­anwaltskammer (BRAK) verwiesen, in dem es heißt: „Bei Sprachmodellen wie ChatGPT ist die Übermittlung von Mandatsgeheimnissen nach aktuellem Stand der Technik nicht erforderlich, da eine Nutzung auch ohne die Übermittlung dieser Daten möglich ist und eine Weitergabe mit unkalkulierbaren Risiken für die Mandanten verbunden wäre.“ Die Anforderung, Dienstleister auf § 203 StGB zu verpflichten, macht es schwer, kleine und innovative Lösungen einzusetzen. Es ist eine hohe Hürde für Kanzleien, testweise auf entsprechende Tools zuzugreifen. Hier braucht es klare Regelungen, die einen innovationsfreundlichen Umgang mit derartigen KI-Tools erlauben. Individuelle Vereinbarungen lassen sich oft nur schwer treffen. Hier bedarf es standardisierter Lösungen, zum Beispiel durch gesetzliche Verpflichtungen oder Musterverträge.

Datenschutzrecht

Neben den berufsrechtlichen Hindernissen ergeben sich weitere Hindernisse aus der Auslegung des Datenschutzrechts. Verweise auf die Möglichkeit einer anonymen Nutzung von KI-Tools gehen an der Wirklichkeit vorbei, wenn man sich vor Augen führt, dass rechtlich seit über 20 Jahren nicht geklärt ist, unter welchen konkreten Voraussetzungen Daten als anonym anzusehen sind. Um eigene Anbieter auf dem Markt der KI-Tools in Deutschland und Europa eta­blieren zu können, ist es zudem notwendig, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten auch mit KI-Tools möglich und zulässig ist. Hier braucht es ebenfalls deutliche Regelungen, die klarstellen, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist.

Internationalisierung

Deutschland und Europa sind aktuell kaum in der Lage, ernstzunehmende Anbieter von KI-Lösungen am Markt zu etablieren. Um Technologie nach dem Stand der Technik einsetzen zu können, ist daher der Rückgriff auf internationale Anbieter notwendig. Dieser muss unter bestimmten, klar definierten Voraussetzungen, etwa klaren vertrag­lichen Regelungen, zulässig sein, um Zugang zu dieser Technologie zu ermöglichen.

Elektronischer Rechtsverkehr

Der elektronische Rechtsverkehr im Rechtswesen sollte vereinfacht werden. Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) und die zugrundeliegende Infrastruktur sind für die Mitglieder des BWD mit einem sehr hohen Pflegeaufwand sowie Aufwand für die operative Nutzung verbunden. Handhabung und Verwendung erinnern an die Anfänge des Internets aus den frühen neunziger Jahren. Hier sollten übliche und sichere Verfahren („normale“ QES und S/MIME-Verschlüsselung) als Alternative zugelassen werden.

Transparenzpflichten

Noch unklar ist, ob und inwiefern eine berufsrechtliche Verpflichtung zur Information von Mandanten über den Einsatz von KI besteht oder ob sich eine solche Verpflichtung gegebenenfalls aus dem UWG ergibt. Diese Frage wird durch den Leitfaden der Bundesrechtsanwaltskammer mit Hinweisen zum Einsatz von KI aufgeworfen, im Ergebnis jedoch nicht beantwortet. In dem Leitfaden wird zudem in Frage gestellt, ob der Anwendungsbereich der Transparenzpflichten im Bereich der Textgenerierung gemäß Art. 50 Abs. 4 Unterabsatz 2 KI-VO überhaupt für von Rechts­anwältinnen bzw. Rechtsanwälten veröffentlichte Texte eröffnet ist. Insofern bedarf es klarer Regelungen, welche Transparenzpflichten von Kanzleien beim Einsatz von KI zu beachten sind.

Autor

Dr. Kuuya Chibanguza, LL.B. Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover Rechtsanwalt, Partner

Dr. Kuuya Chibanguza, LL.B.

Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover
Rechtsanwalt, Partner


kuuya.chibanguza@luther-lawfirm.com
www.luther-lawfirm.com


Autor

Christian Kuss, LL.M. Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Köln Rechtsanwalt, Partner

Christian Kuss, LL.M.

Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Köln
Rechtsanwalt, Partner


christian.kuss@luther-lawfirm.com
www.luther-lawfirm.com