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Legal Operations

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Man hört den Begriff „Legal Operations“ oder abgekürzt „Legal Ops“ seit einiger Zeit vermehrt in Diskussionen und Vorträgen. Aber was ist das genau? – Hier soll eine kleine Systematisierung zur einfacheren Einordnung erfolgen.

Legal Operations ist eine relativ junge Disziplin

Wie man das Geschäft eines Rechtsdienstleisters führt, stand bis vor kurzem noch nicht im Blickpunkt; man hat das neben dem Juristischen einfach auch noch gemacht und es als Anhängsel beziehungsweise „notwendiges Übel“ zur rechtlichen Arbeit betrachtet. Noch heute kennt man die Unterscheidung zwischen den Mitarbeitenden mit juristischer Fachexpertise und allen anderen. Erstere werden gerne auch als Berufsträger bezeichnet und als Profitcenter gesehen, weil sie über die Stundenhonorare den Umsatz der Kanzlei generieren, und Letztere werden als Costcenter wahrgenommen. Diese Unterscheidung kennen auch Rechtsabteilungen, aber etwas anders: Sie werden vom Business gerne wie andere unterstützende Funktionen auch (zum Beispiel HR, IT, Kommunikation und Finance) nur als Kostenfaktor wahrgenommen.

Richtig sichtbar zeigten sich die Aufgaben von Legal Operations erst ab den 2000er Jahren. Es wurden neue Rollen geschaffen (zum Beispiel COO) und neue Aufgaben zentralisiert (zum Beispiel Legal Billing, Spend-Management). Heute werden die beiden Rollen als (fast) gleichwertig nebeneinander und als wichtig für ein erfolgreiches Wirtschaften einer juristischen Organisation gesehen.

Treiber zugunsten von Legal Operations

Schaut man sich Umfragen von Rechtsabteilungen an, zeigt sich regelmäßig das gleiche Bild: Die Zeit, die man für die klassische Rechtsberatung einsetzt, ist zwar wichtig, macht aber nur einen kleinen Teil der Tagesarbeit aus. Ebenso wichtig für das Funktionieren sind andere Aufgaben und insbesondere das Management der Organisation. Als strategisch wichtige operative Initiativen sieht man inhouse unter anderem das effiziente Arbeiten, die Technologie, einen professionellen Einkauf von Rechtsdienstleistungen und ein optimiertes Kostenmanagement an (vgl. ACC, 2025 CLO Survey). Auch in Anwaltskanzleien stellt man fest, dass mit zunehmendem Wachstum der Kanzlei auch die nichtjuristischen Arbeiten zunehmen, und das sogar überdurchschnittlich. Diese Tätigkeiten müssen dort ebenso professionell gemanagt werden wie die klassische Mandatsarbeit direkt beim Kunden.

Wirkung auf Personal und Organisation

Dies führt nicht überraschend dazu, dass vermehrt Experten gesucht und angestellt werden, die sich ganz den nichtjuristischen und operativen Aufgaben widmen. Dieser Ausbau nimmt weiter zu, und heute machen die Juristen etwa die Hälfte des Personals aus. Je nach Denkschule schwören die einen auf ausgebildete Juristen, die sich zusätzlich in Managementfragen weitergebildet haben und wegen ihres „Stallgeruchs“ von ihren Kollegen später besser akzeptiert werden. Andere wiederum wollen bewusst Personen für diese Rollen anstellen, die ohne juristische Vorbelastung die juristische Organisation rein betriebswirtschaftlich führen. Hier wird der Unterschied zwischen „Practice of Law“ und „Business of Law“ deutlich. Da sich ausgebildete Juristen ungern von Nichtjuristen einschränken lassen wollen, versuchen sie regelmäßig, diese Entwicklung etwas einzubremsen, indem man die Kompetenzen der Legal Operations mit einem „Kontrollfilter“ der Juristen ausgleicht.

Einordnung von Legal Ops

Viel wichtiger als die Verteilung von Kompetenzen ist jedoch zu verstehen, wie Legal Operations in der Kanzlei beziehungsweise in der Rechtsabteilung positioniert wird. Diese Funktion führt kein Inselleben und kann deshalb auch nicht frei agieren. Die Ausgangslage bildet stets die Unternehmensstrategie. Die Rechtsfunktion muss wiederum ihre eigene Strategie an dieser ausrichten und kann keine isolierte Strategie definieren. Die beiden müssen Hand in Hand gehen. Und Legal Operations, als Teil der Rechtsfunktion verstanden, muss ihre Aufgaben an diesen Zielen ein- und unterordnen. Wenn man also von einem Target Operating Model (TOM) spricht, muss dieses auch erklären können, wie es sich in die Strategien einordnet und wie es deren Zielerreichung dient. Damit kann Legal Operations als eine Art nachgelagerte Funktion angesehen werden. In Kanzleien ist das genauso, nur dass dort die Mittelebene (Strategie der Rechtsabteilung) wegfällt.

Aufgaben von Legal Ops

Was macht Legal Operations eigentlich? Negativ ausgedrückt könnte man sagen: Alles, was nicht direkt die juristische Fachauskunft betrifft, aber für das Funktionieren des Rechtsdienstleisters erforderlich ist. Für Rechtsabteilungen kann zum Beispiel auf die hierfür von CLOC oder ACC erstellten Modelle und Übersichten verwiesen werden, die ihren Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Dann haben mittlerweile auch die vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die sogenannten Big Four (Deloitte, Ernst & Young, KPMG, PricewaterhouseCoopers), Geschäftsbereiche aufgebaut, die sich der Beratung von Rechtsabteilungen und Anwaltskanzleien widmen. Neben vielen anderen wichtigen Themen erachte ich insbesondere die folgenden vier Themen künftig als etwas relevanter: strategische Themen, Ressourcenmanagement, das heißt vor allem, was die Mitarbeitenden betrifft, natürlich die Technologie einschließlich KI und das finanzielle Management. Diese Themen sind nach innen gerichtet.

Ein Spezialthema, das vor allem nach außen wirkt, bildet die Beziehung zwischen Kunden und Anwaltskanzleien. Aus Sicht von Rechtsabteilungen geht es hier unter anderem um folgende Themen: wie die Beschaffung von externen Rechtsdienstleistungen erfolgt, wie externe Kanzleien ausgewählt und mandatiert werden, welche Vergütungsmodelle zum Einsatz kommen und wer intern die Kosten für die gesamte Rechtsberatung tragen muss. Sowohl auf Seiten der Rechtsabteilungen als auch der Anwaltskanzleien hat seit Jahren laufend eine weitere Professionalisierung der Organisationen stattgefunden. So wie zum Beispiel bei Großkunden immer mehr die Beschaffungsabteilung und Spend-Manager mit am Verhandlungstisch sitzen, holt man sich bei Kanzleien Unterstützung von Pricing-Managern.

Fazit

Legal Operations hat sich heute seinen berechtigten Platz in der Wertschöpfungskette von Rechtsdienstleistern erkämpft, sowohl in Rechtsabteilungen als auch in Anwaltskanzleien. Heute wird kaum mehr in Frage gestellt, dass eine professionell aufgestellte Legal-Operations-Funktion die Schlagkraft des Rechtsdienstleisters verbessert und gar stark erhöhen kann. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass man seine Position realistisch einordnen kann, die Rahmenbedingungen richtig analysiert, angemessene Maßnahmen trifft und diese konsequent und mit Weitsicht implementiert. Im schlechtesten Fall akzeptieren sich die Juristen und die Legal-Operations-Leute einfach nur als Kollegen und verstehen sich als zwei Seiten der gleichen Medaille. Im besten Fall jedoch verstehen sie sich als Ökosystem, das nur miteinander erfolgreich sein kann, nach innen und außen, und wovon letzten Endes alle mehr profitieren werden. 

Hinweis der Redaktion:
Dieser Beitrag greift das Thema eines Webinars auf, das am 28.10.2025 im Rahmen der Weiterbildungsreihe „Vom Rechtsberater zum Business Partner“ an der Universität St. Gallen (ES-HSG) angeboten wurde. Weitere Details siehe hier. (tw)

Autor

Prof. Dr. Bruno Mascello, LL.M., EMBA HSG Universität St. Gallen (HSG) Rechtsanwalt, Direktor Law & Management, Executive School of Management, Technology and Law (ES-HSG)

Prof. Dr. Bruno Mascello, LL.M., EMBA HSG

Universität St. Gallen (HSG)
Rechtsanwalt, Direktor Law & Management, Executive School of Management, Technology and Law (ES-HSG)


bruno.mascello@unisg.ch
www.lam.unisg.ch