Der Bundesverband der Wirtschaftskanzleien in Deutschland e.V. (BWD) richtet jährlich ein BarCamp aus, das sich in den letzten Jahren zu einem festen Treffpunkt für den Austausch unter jungen Juristinnen und Juristen entwickelt hat. Eingeladen sind dabei nicht nur Anwältinnen und Anwälte aus den Mitgliedskanzleien des Verbands, sondern auch Unternehmensjuristen aus den Unternehmen, die dem Advisory Board des BWD angehören.
Ziel der Veranstaltung ist es, jungen Berufsträgerinnen und Berufsträgern eine Plattform zu bieten, auf der sie sich über die Herausforderungen des Berufsalltags austauschen, voneinander lernen und gemeinsame Ideen entwickeln können. Anders als klassische Fachkonferenzen setzt das BarCamp dabei bewusst auf ein offenes Format: Die Teilnehmenden bestimmen selbst, welche Themen diskutiert werden.
Das BarCamp 2025 in Düsseldorf
Das diesjährige BarCamp fand in der „Sturmfreien Bude“ in Düsseldorf statt – einer modernen Eventlocation hoch über den Dächern der Stadt, mit direktem Blick auf den Rhein und einem weiten Panorama der Skyline. Die Atmosphäre war geprägt von großer Offenheit und Austauschinteresse, unterstützt durch die freundliche, kreative Umgebung, die sich ideal für produktive Diskussionen eignete.
Nach der Begrüßung durch den Vorstandssprecher des Verbands Stefan Rizor, LL.M. (McGill), sowie den stellvertretenden Vorstandssprecher Prof. Dr. Thomas Wegerich wurde das Programm eröffnet. Wie für ein BarCamp üblich, stand zunächst die gemeinsame Festlegung der Themen auf der Agenda. Schnell kristallisierten sich mehrere Schwerpunkte heraus, die die Teilnehmenden in Arbeitsgruppen intensiv bearbeiteten:
- Pricing und Ausbildung in Zeiten von KI
- Akquisition und Pflege von Mandanten
- Wissensmanagement innerhalb von Kanzleien und Unternehmen
- Das Büro der Zukunft
- Teilzeit und Jobsharing – auch in Führungspositionen
- IT-Systeme und Infrastrukturen
Jede Arbeitsgruppe wählte eine Moderatorin oder einen Moderator und eine Sprecherin oder einen Sprecher, die die Ergebnisse später im Plenum präsentierten, so dass
alle Teilnehmenden von den Diskussionen profitieren konnten.
Diskussionen in den Arbeitsgruppen
Pricing und Ausbildung in Zeiten von KI
Besonders intensiv diskutiert wurde das Thema künstliche Intelligenz (KI). Die Erfahrungen aus den Mitgliedskanzleien zeigen, dass die Erwartungen der Mandanten sehr unterschiedlich sind. Während einige Mandanten den Einsatz von KI ausdrücklich wünschen und diesen in Mandatsvereinbarungen festschreiben, lehnen andere die Nutzung kategorisch ab. Was die Mandantschaft jedoch eint, ist ihr Begehren nach Transparenz von Seiten der mandatierten Kanzleien.
In der Frage der Abrechnung herrscht größtenteils eine einheitliche Linie: Nach wie vor rechnen die meisten Kanzleien die Billable Hours ab. Mandatsarbeit, die sich aufgrund von KI nun schneller durchführen lässt, führt entsprechend dazu, dass dem Mandanten weniger Stunden in Rechnung gestellt werden. Zu einem finanziellen Verlust führe dies nicht, da auf diese Weise auch mehr Mandate als zu früheren Zeiten bearbeitet werden können.
Hochkontrovers waren auch Fragen der Haftung: Was passiert, wenn ein Mandant den Einsatz von KI verlangt, die KI jedoch fehlerhafte Ergebnisse liefert? Unternehmensjuristen betonten, dass sie gerade deshalb externe Kanzleien beauftragen, um die Verantwortung nicht selbst tragen zu müssen.
Sorgen bereiten den Teilnehmenden zudem die Auswirkungen auf die Ausbildung von Associates. Wenn Partner sich zunehmend auf KI-Ausarbeitungen verlassen, droht die klassische Rolle der Berufseinsteigerinnen und -einsteiger an Bedeutung zu verlieren. Manche Mandanten könnten sich zudem weigern, die Kosten für die von Associates abgerechneten Stunden zu übernehmen, wenn dieselbe Arbeit schneller und günstiger durch KI erledigt werden kann. Diskutiert wurde die Möglichkeit, Mandanten künftig Wahloptionen zu geben: Bearbeitung durch „KI + Associate + Partner“ oder nur „KI + Partner“. Langfristig könnte eine solche Entwicklung dazu führen, dass weniger Associates eingestellt werden oder Gehaltsanpassungen erfolgen. Gleichzeitig betonten die Teilnehmer, dass Ausbildung nicht entfallen darf – schließlich braucht es auch künftig qualifizierte Partnernachfolger.
Akquisition und Mandantenpflege
Die Arbeitsgruppe Akquisition beschäftigte sich vor allem mit der Frage, wie insbesondere junge Anwältinnen und Anwälte erste eigene Mandate gewinnen können. Konsens war, dass sich der Fokus zunächst auf die eigene Peergroup richten sollte – also auf Gleichaltrige in Unternehmen und Kanzleien, mit denen sich im Lauf der Zeit eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickeln kann. Mandanten aus höheren Hierarchieebenen würden ohnehin meist direkt die Partner ansprechen, so dass junge Juristen dort eher unterstützend wirken. Darüber hinaus berichteten einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass einige Mandate sich aufgrund von Kontakten im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis ergeben hätten.
Ergänzend wurden klassische Methoden wie Urteilsbesprechungen, Blogbeiträge, Fachartikel und Veröffentlichungen zu Gesetzesentwürfen genannt. Außerdem erfreuten sich Seminare physischen wie digitalen Formats einer wachsenden Beliebtheit, da auf diese Weise Kanzleien die Möglichkeit haben, sich einer Gruppe zu präsentieren, die sich in den meisten Fällen aufgrund von eigener Betroffenheit ohnehin für das Seminarthema interessiert und dadurch die Möglichkeit hat, sich ein Bild von den vortragenden Berufsträgern zu machen. Auf die Frage, wie viel Zeit sich die Teilnehmenden für die Vorbereitung von Veranstaltungen und die Erstellung von Beiträgen nähmen, empfahl eine Teilnehmerin, erfahrene wissenschaftliche Mitarbeitende sowie Referendare einzubeziehen, damit weiterhin genug Zeit für die Mandatsarbeit verbleibe. Sie selbst habe damit hervorragende Erfahrungen gemacht.
Wichtig sei es zudem, eine eigene Nische zu finden und diese mit Begeisterung zu vertreten – Authentizität wirke dabei stärker als jede Marketingmaßnahme. Dabei ist es nützlich und ratsam, vorhandene Business-Development-Strukturen einer Kanzlei eng einzubinden.
Ein weiterer Diskussionspunkt war die Nachbetreuung von Mandaten. Uneinigkeit bestand darüber, ob es ratsam sei, Mandanten nach Abschluss eines Projekts erneut zu kontaktieren, um nach der weiteren Entwicklung zu fragen. Während einige dies als wertvolle Möglichkeit sahen, den Kontakt zu vertiefen und möglicherweise ein Folgemandat zu gewinnen, hielten andere es für potentiell aufdringlich. Klar war jedoch: Die beste Akquisitionsmethode bleibt, exzellente Arbeit zu leisten – und diese auch selbstbewusst sichtbar zu machen.
Wissensmanagement
Ein weiteres zentrales Thema war das Wissensmanagement. Die Diskussion zeigte, wie unterschiedlich die Kanzleien mit diesem Aspekt umgehen. Während internationale Standorte teilweise Spezialistinnen und Spezialisten ausschließlich für den jeweiligen Bereich beschäftigen, arbeiten andere Kanzleien mit eher rudimentären Systemen.
Ein häufiges Problem ist die Fragmentierung von Wissen: Viele Informationen verbleiben auf persönlichen Laufwerken oder werden ungern mit anderen Teams geteilt. Dies führt nicht nur zu Doppelarbeit, sondern kann auch wirtschaftliche Chancen verhindern. Dem stehen Kanzleien gegenüber, die bereits auf fortschrittliche Systeme mit Bots und leistungsfähigen Suchfunktionen setzen. Einigkeit bestand darin, dass eine offene Wissenskultur und der systematische Austausch enorme Effizienzgewinne ermöglichen könnten.
Büro der Zukunft
Die Arbeitsgruppe Büro der Zukunft beschäftigte sich mit den veränderten Erwartungen an den Arbeitsplatz. Besonders im Vordergrund stand der Wunsch nach mehr Flexibilität, beispielsweise durch die Möglichkeit von „Workations“. Gleichzeitig erkannten die Diskutanten, dass weniger physische Präsenz auch neue Herausforderungen schafft – etwa für den Zusammenhalt im Team oder die Betreuung von Nachwuchskräften.
Wichtig sei eine zuverlässige technische Infrastruktur: In Shared-Office-Modellen müsse gewährleistet sein, dass Arbeitsplätze sofort einsatzbereit sind. Kleine, aber prägende Details wie „Office Dogs“ wurden als positiv hervorgehoben – in vielen Kanzleien sind solche Wohlfühlfaktoren bereits gelebte Praxis.
Weitere Themen
Auch Teilzeitmodelle und Jobsharing – insbesondere in Führungspositionen – sowie Fragen zu IT-Systemen und Infrastrukturen wurden diskutiert. Hierbei zeigte sich ein wachsendes Bedürfnis nach flexiblen Strukturen, die Beruf und Privatleben besser vereinbar machen, ohne dass die Qualität der Arbeit leidet.
Gemeinsamer Ausklang
Den Abschluss bildete ein geselliges Beisammensein bei Häppchen und Drinks. In entspannter Atmosphäre nutzten die Teilnehmenden die Gelegenheit, die zuvor begonnenen Gespräche fortzuführen und neue Kontakte zu knüpfen.
Fazit
Das BarCamp des Bundesverbands der Wirtschaftskanzleien in Deutschland hat auch in diesem Jahr eindrucksvoll gezeigt, wie wertvoll der offene Austausch zwischen jungen Anwältinnen, Anwälten und Unternehmensjuristen ist. Die Mischung aus praxisnahen Diskussionen und persönlicher Begegnung macht die Veranstaltung zu einem wichtigen Forum für die nächste Generation von Juristinnen und Juristen. Der BWD freut sich bereits jetzt auf das BarCamp im nächsten Jahr!

