10 Jahre EUCON-Gütestelle – ein Meilenstein
Nachdem das Europäisches Institut für Conflict Management e.V. (EUCON) erst im letzten Jahr sein 25-jähriges Bestehen gefeiert hat, beging EUCON am 10.10.2024 in München ihr 10-jähriges Jubiläum als vom Präsidenten des OLG München anerkannte Gütestelle.
EUCON, die 1998 unter dem Namen Gesellschaft für Wirtschaftsmediation und Konfliktmanagement e.V. (gwmk) gegründet wurde, bietet zur Beilegung von Konflikten zwischen Unternehmen (B2B) seit dem Jahre 2014 neben erfolgreich administrierten Mediationsverfahren in Erweiterung ihres ADR-Angebots zusätzlich auch administrierte Güteverfahren an.
Das EUCON-Güteverfahren, das durch eine Konfliktpartei einseitig (das heißt ohne vertragliche Konfliktbeilegungsklausel oder sonstige Einigung auf Durchführung des Verfahrens) eingeleitet werden kann, zielt darauf ab, die Konfliktparteien bei der endgültigen Beilegung von B2B-Konflikten zu unterstützen. Die Rolle des Schlichters unterscheidet sich von der klassischen Rolle eines Mediators dadurch, dass der Schlichter den Konfliktparteien Empfehlungen unterbreiten kann und im Fall einer Nichteinigung im Rahmen der Gütesitzungen nach der EUCON-Güteverfahrensordnung einen unverbindlichen Schlichterspruch erlässt. Wie im Schiedsgerichtsverfahren bekommen die Parteien somit auch im Güteverfahren eine Drittsicht auf ihren Konfliktfall.
Bis heute betreute EUCON rund 120 Güteverfahren mit im In- und Ausland (unter anderem USA, Chile, UAE) ansässigen Verfahrensbeteiligten und überwiegend sehr hohen Gegenstandswerten von durchschnittlich 30.000.000 Euro. Gegenstand der Güteverfahren waren dabei beispielsweise Streitigkeiten mit Bezug zur Automobilbranche sowie Konflikte in komplexen IT- und Bauprojekten.
Über 80% der von EUCON durchgeführten Güteverfahren konnten innerhalb weniger Monate erfolgreich abgeschlossen werden. Wie die Erfahrung bei EUCON zeigt, ist diese hohe Erfolgsquote maßgeblich auf die nach der EUCON-Güteverfahrensordnung mögliche mediative Verfahrensgestaltung durch die beteiligten Schlichter zurückzuführen. So ist beispielsweise eine aus einem Vertrag in einem IT-Projekt resultierende Streitigkeit mit Unterstützung des im Rahmen des Güteverfahrens mediativ agierenden Schlichters durch Abschluss eines die Interessen der Konfliktparteien besser austarierenden neuen Vertragswerks zukunftsgerichtet beigelegt worden. Dies wäre in einem Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren nicht möglich gewesen.
Neben ihrer Spezialisierung auf nationale und internationale Wirtschaftskonflikte sowie ihrer Kompetenz für höhere Gegenstandswerte bietet EUCON den Konfliktparteien eines Güteverfahrens eine schnelle Reaktionszeit bei Antragseingang (in aller Regel werden Güteanträge bereits am Tag ihres Eingangs bestätigt), einen persönlichen Kontakt zur Geschäftsstelle sowie eine individuelle Betreuung der Fälle durch die von EUCON ausgewählten und bestellten qualifizierten und praxiserfahrenen Schlichter, die die Qualität der EUCON-Güteverfahren sicherstellen.
Mehr Transparenz und Flexibilität durch neue EUCON-Güteverfahrensordnung
Um den Anforderungen des Marktes noch besser gerecht zu werden trat im November 2023 die neue EUCON-Güteverfahrensordnung in Kraft, durch die das EUCON-Güteverfahren noch transparenter und flexibler ausgestaltet wurde.
Nach der neuen EUCON-Güteverfahrensordnung ist nun unter anderem eine Einreichung von Güteanträgen per E-Mail, eine vereinfachte Auslandszustellung (Kurierdienst) sowie die Durchführung von virtuellen Gütesitzungen möglich.
Wie das Güteverfahren nach der neuen EUCON-Güteverfahrensordnung abläuft, zeigt Abbildung 1.
Vorteile des Güteverfahrens
Wie auch die rege Diskussion zum Güteverfahren mit den auf der EUCON-Jubiläumsveranstaltung anwesenden Unternehmensvertretern bestätigt hat, gibt es einen wachsenden Bedarf der Unternehmen an rechtssicheren außergerichtlichen Konfliktlösungsverfahren als Alternative zu langwierigen und teuren Gerichts- und Schiedsgerichtsverfahren. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung der EUCON, dass in Unternehmen und bei Anwälten das Güteverfahren als Instrument der außergerichtlichen Konfliktlösung und seine gewichtigen Vorteile (noch) zu wenig bekannt sind und ein Güteverfahren daher – wenn dies überhaupt in Betracht gezogen wird – häufig nur zur möglichen Verjährungshemmung genutzt wird.
Dabei liegen die Vorteile eines Güteverfahrens gerade mit Blick auf die für Unternehmen relevanten Benchmarks für die Auswahl eines passenden Konfliktlösungsverfahrens (wie Ergebnisqualität, Nachhaltigkeit der Streitbeilegung, Erhalt der Geschäftsbeziehung, Liquiditäts- und Bilanzauswirkungen, Schonung der eigenen Ressourcen (sogenannte Transaktionskosten etc.) auf der Hand:
Effiziente Konfliktlösung
EUCON-Güteverfahren mit einer (durch die Konfliktparteien gemeinsam verlängerbaren) maximalen Verfahrensdauer von 90 Tagen bieten eine zeit- und kosteneffektive Alternative zu langwierigen Gerichts- und Schiedsgerichtsverfahren.
So liegt die Verfahrensgebühr der EUCON signifikant unter den gerichtlichen Verfahrensgebühren für die erste Instanz und ist bei Gegenstandswerten von mehr als 14.000.000 Euro auf maximal 15.000 Euro gedeckelt (siehe Abbildung 2).
Bei Zustandekommen des Verfahrens wird die Verfahrensgebühr wie auch die aufwandsabhängige Vergütung des Schlichters (fixer Stundensatz von netto 250 Euro (bis Gegenstandswert 100.000 Euro) beziehungsweise netto 350 Euro bei höheren Gegenstandswerten) für die Vorbereitung und Durchführung der Gütesitzung(en) sowie die Abfassung eines etwaigen Schlichterspruchs hälftig von den Parteien getragen, sofern sie nichts Abweichendes vereinbaren.
Die Gebühren des Güteverfahrens können im Fall einer Nichteinigung als Teil der Kosten eines späteren Rechtsstreits geltend gemacht werden, sofern die Klage innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Güteverfahrens erhoben wird.
Kontrolle über das Verfahren
Die Möglichkeit der direkten Beteiligung von Entscheidungsträgern am Verfahren gibt den Parteien mehr Kontrolle über den Ausgang der Streitigkeit, da sie – im Gegensatz zum Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren – mit Unterstützung des Schlichters selbst eine Lösung des Konflikts erarbeiten.
Flexibilität des Verfahren – Kreativität bei Lösungen
Güteverfahren sind flexibel und können auch nichtrechtliche beziehungsweise über den konkreten Konflikt hinausgehende Aspekte berücksichtigen.
So ermöglicht die EUCON-Güteverfahrensordnung dem Schlichter mit Einverständnis der Konfliktparteien die mediative Gestaltung des Verfahrens (zum Beispiel durch Führen von Einzelgesprächen), die nach Erfahrungen der EUCON der Schlüssel für eine erfolgreichen Konfliktbeilegung ist.
Zudem besteht die Möglichkeit, auch evaluative Verfahren im Rahmen des EUCON-Güteverfahrens einzubeziehen. So kann beispielsweise zu technischen Streitpunkten ein (unverbindliches) Gutachten von einem durch die Konfliktparteien gemeinsam ausgewählten und beauftragten Sachverständigen eingeholt werden, um auf dieser Basis dann eine Konfliktbeilegung im Güteverfahren möglich zu machen.
Vertraulichkeit
Die vertrauliche Natur des Güteverfahrens gewährleistet, dass sensible Informationen sowie Einigungsvorschläge, die während des Verfahrens offenbart beziehungsweise unterbreitet werden, geschützt bleiben und in einem nachfolgenden Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren nicht verwendet werden dürfen.
Unverbindlicher Schlichterspruch
Im Falle der Nichteinigung ergeht nach EUCON-Güteverfahrensordnung ein unverbindlicher Schlichterspruch als Entscheidungshilfe für die Konfliktparteien.
Vollstreckbares Ergebnis
Eine durch die Gütestelle protokollierte Vergleichsvereinbarung stellt einen Vollstreckungstitel dar.
Konfliktprävention durch Mediationsklauseln
Ungeachtet der ohne vertragliche Regelung einseitig möglichen Einleitung eines Güteverfahrens wirbt die EUCON bei Unternehmen und Anwälten dafür, zur effektiven Konfliktprävention bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung eine Mediationsklausel in den Vertrag aufzunehmen, da die in den vergangenen 25 Jahren von EUCON administrierten und erfolgreich abgeschlossenen Mediationsverfahren häufig aus dem Vollzug von EUCON-Mediationsklauseln resultieren.
Autor
Dr. Ulrich Hagel
Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator, Berlin
Vorstandsvorsitzender EUCON, München
Autor
Stefan Neuenhahn
Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator, München
Vorstandsmitglied EUCON, München



