Einleitung
Garantieregelungen geben die Haftung des Verkäufers vor. Damit haben Verkäufer und Käufer an dieser Stelle naturgemäß widerstreitende Interessen. Der Verkäufer möchte den Garantieumfang und damit auch seinen Haftungsumfang möglichst gering halten. Der Käufer möchte sich, insbesondere für Themen, die im Rahmen der Due Diligence nicht abschließend bewertet werden konnten, bestmöglich absichern. Aufgrund des hohen Konfliktpotentials sollte daher beim Entwurf des Garantiekatalogs in den Blick genommen werden, wie sich Rechtsstreitigkeiten im Nachgang vermeiden lassen.
Ausgangssituation
Grundlage des Garantiekatalogs sind in der Regel die Ergebnisse der Due Diligence des Käufers, im Rahmen derer Risiken identifiziert werden sollen. Auch unabhängig von einer Due Diligence kommt jedoch eine Absicherung des Käufers über Garantien in Betracht. Durch Garantien sollen grundsätzlich Risiken, die sich aus unbekannten oder nicht gänzlich feststellbaren Sachverhalten ergeben, dem Garantiegeber zugewiesen werden.
Sind in einer käuferseitigen Due Diligence hingegen konkrete Risiken identifiziert worden, so ist streng genommen für dieses spezifische Risiko eine Garantie nicht erforderlich. Es bestehen verschiedene Reaktionsmöglichkeiten der Parteien:
– Der Käufer legt das Risiko offen und räumt dem Verkäufer die Möglichkeit ein, es noch vor Unterzeichnung zu beseitigen.
– Das Risiko wird durch Reduzierung des Kaufpreises abgebildet.
– Der Käufer verlangt vom Verkäufer eine umfassende Freistellung (eine Freistellung ist keine Garantie, sondern eine Haftungsübernahme des Verkäufers für den Fall, dass sich Risiken aus einem bekannten Sachverhalt realisieren).
– Der Käufer nimmt ganz von der Transaktion Abstand.
Vorgehen
Als Ausgangspunkt können Mustergarantiekataloge aus Formularen als Grundlage herangezogen werden. Gute Muster decken in der Regel alle Themenbereiche ab und können daher als Checkliste genutzt werden. Sie sollten allerdings nur als Basis für den Entwurf genutzt werden, denn es ist stets zu überlegen, welche Themen über Garantien abgebildet werden sollen. Im zweiten Schritt erfolgt dann die Formulierung der einzelnen Tatbestände. Textbausteine aus den zugrunde gelegten Mustern sollten nicht ungeprüft übernommen werden. So lassen sich Doppelungen und Widersprüche zu bereits getroffenen Regelungen vermeiden.
Garantien dürfen vom Verkäufer nicht ins Blaue hinein abgegeben werden. Sie sollten daher nur für Umstände abgegeben werden, deren Eintritt im Einflussbereich des Garantiegebers liegt, oder bei Kenntnis der entsprechenden Umstände.
Berät man die Verkäuferseite, kann entweder zunächst auf einen Garantiekatalog verzichtet werden (die Käuferseite wird dann Garantien zu denjenigen Themen formulieren, bei denen sie sich absichern möchte) oder man schlägt einen schlanken, eher verkäuferfreundlichen Garantiekatalog vor, um so auch die Rechtsfolgenklausel verkäuferfreundlich formulieren zu können und dem Käufer die Möglichkeit zu nehmen, einen stark käuferfreundlichen Garantiekatalog einzufügen. Erhält man den bearbeiteten oder neu eingefügten Entwurf des Garantiekatalogs von der Käuferseite zurück, ist dieser nicht nur rechtlich zu bewerten. Auf tatsächlicher Ebene sollte jede einzelne Garantie zwingend mit dem Mandanten durchgegangen oder rückgefragt werden, ob eine Garantie dieser Art und dieses Umfangs abgegeben werden kann.
Berät man die Käuferseite, sollte jeder Aspekt, der bislang unklar geblieben ist oder im Rahmen der Due Diligence als Risiko eingestuft worden ist, über einen Garantietatbestand abgebildet werden. Erhält man das erste Feedback von Verkäuferseite, sollte insbesondere auf Streichungen oder erhebliche Einschränkungen geachtet werden. Unter Umständen müssen bestimmte Risiken, vorausgesetzt, dass es sich nicht um einen Dealbreaker handelt, auf anderem Wege abgebildet werden. Beispielsweise durch Reduzierung des Kaufpreises.
Die widerstreitenden Interessen und das Erfordernis, die Interessen des eigenen Mandanten im Blick zu behalten, lassen sich am Beispiel von einigen Standardthemen darstellen:
Zeitpunkt
Zwischen Signing und Closing liegt oftmals ein längerer Zeitraum. Daher ist festzulegen, zu welchem Zeitpunkt die jeweilige Garantie abgegeben worden ist.
In der Regel liegt es im Interesse des Verkäufers, dass die Garantien ausschließlich auf den Zeitpunkt des Signings bezogen werden. Ist der Zeitpunkt des Closings maßgeblich, gibt der Verkäufer Garantieerklärungen für die Zukunft ab. Es besteht das Risiko, dass im Zeitraum zwischen Signing und Closing Garantietatbestände erfüllt werden, welche der Verkäufer zum Zeitpunkt des Signings nicht einschätzen oder erkennen konnte.
Im Interesse des Käufers liegt es, dass Garantien für beide Zeitpunkte abgegeben werden. Immerhin hat der Verkäufer bis zum Closing die Kontrolle über die Zielgesellschaft.
In der Praxis wird dieser Konflikt aufgelöst, indem der Verkäufer Ausnahmen zu Garantien nachschieben kann („true up“). Die Ausnahmen werden in den Vertragsanhängen zum Closing aktualisiert. Auf diese Weise werden neue Tatbestände, die sich zwischen Signing und Closing ergeben haben erfasst, ohne dass dies eine Haftung des Verkäufers begründet. Der Käufer sollte bei dieser Lösung genau prüfen, dass die Tatbestände erst nach Signing erfüllt worden sind. Auch ist zu beachten, dass der Wert der Garantien für den Käufer durch das Nachschieben nicht ausgehöhlt werden darf.
Finanzielle Verhältnisse
Werden Garantien für Jahresabschlüsse abgegeben, wird der Verkäufer eine Begrenzung der Garantie zu den Jahresabschlüssen der Zielgesellschaft auf die Übereinstimmung mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung sowie den zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen bzw. IAS-Regeln („weiche Bilanzgarantie“) anstreben.
Der Käufer wird versuchen, sich zusichern zu lassen, dass es außerhalb der in den Jahresabschlüssen niedergelegten Verbindlichkeiten keine weiteren Verpflichtungen der Zielgesellschaft zum Closing gibt („harte Bilanzgarantie“). Als Ergänzung hierzu wird dann nämlich im Grunde nur noch eine Garantie für Rechtsstreitigkeiten benötigt. Andere unternehmensbezogene Garantien werden durch diese Kombination obsolet.
Informationstechnologie
Der Käufer hat Interesse daran, sich die Inhaberschaft von gewerblichen Schutzrechten, das verkäuferseitige Know-how und Informationstechnologien („geistiges Eigentum“) garantieren zu lassen. Dadurch kann sichergestellt werden, dass das für den Geschäftsbetrieb erforderliche geistige Eigentum existiert und uneingeschränkt genutzt werden kann, und zum Beispiel auch dem Verlust von Lizenzen durch einen Change of Control entgegengewirkt werden kann. Keine Garantieerklärung im Bereich IP/IT abzugeben, wird in der Regel aufgrund der hohen Wichtigkeit für den Käufer nicht zu realisieren sein. Daher wird im Interesse des Verkäufers die Garantie auf die Kenntnis des Verkäufers oder eines bestimmten Personenkreises bei dem Verkäufer beschränkt (Knowledge/Best-Knowledge-Klauseln).
Umfang
Wie bereits erwähnt hat der Verkäufer Interesse an einem möglichst knappen Garantiekatalog. Dem Käufer ist an einem möglichst umfassenden Garantiekatalog gelegen. Möglichkeiten, den Umfang einzuschränken, sind vor allem Wissensklauseln („subjektive Garantien“) und Wesentlichkeitsschwellen. Wissensklauseln und Einschränkungen der Wesentlichkeit bestimmter Eigenschaften sind in der Praxis üblich und angemessen und bilden damit eine klassische Kompromisslösung.
Begrifflichkeiten
Wer einen Garantiekatalog schreibt, sollte darauf achten, dass Auslegungsspielräume vermieden werden. Begrifflichkeiten, die für den Garantiegeber eine klare Bedeutung oder einen bestimmten Umfang haben, können ohne exakte Definition vom Garantienehmer anders verstanden oder interpretiert werden. Ungenauigkeiten bilden ein Einfallstor für Streitigkeiten. Daher sollte auf beiden Seiten auf eine möglichst genaue Definition der einzelnen Garantietatbestände geachtet werden.
Beispielsweise kann eine Garantie bezogen auf Streitigkeiten abgegeben werden. Bei Streitigkeiten kann man wiederum unterteilen in außergerichtliche und gerichtliche Streitigkeiten. Gerichtliche Streitigkeiten kann man wieder weiter eingrenzen. Sollen nur rechtshängige Verfahren abgesichert werden oder auch anhängige? Lediglich Verfahren vor den ordentlichen Gerichten oder auch Verwaltungsverfahren und Schiedsverfahren?
Nichts anderes gilt für außergerichtliche Streitigkeiten. Ist mit außergerichtlicher Streitigkeit jede Art von Anwaltsschreiben oder Forderungsschreiben gemeint, die an die Gesellschaft gerichtet worden sind, oder sollen Vorgänge abgedeckt werden, bei denen bereits die Erhebung einer Klage (ordentliches Gericht, Verwaltungsgericht, Schiedsgericht) angedroht worden ist?
Je nach Art und Branche des Unternehmens können mit dem Betrieb und seinen Erzeugnissen Umweltrisiken verbunden sein. Die Risiken aus zukünftigen Umweltschäden sind dann oft Gegenstand von Garantien. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob gegen Bestimmungen des Umweltrechts oder des Umweltschutzrechts verstoßen wird. Dabei sollte sich jedoch die Frage stellen, was alles unter Umweltrecht beziehungsweise Umweltschutzrecht fällt. Je nachdem, ob man das Verständnis nach Artikel 20a GG oder § 1 BNatSchG zugrunde legt, kann sich bereits ein unterschiedlich weiter Anwendungsbereich ergeben. Ist an der Transaktion eine US-amerikanische Partei beteiligt, kann das Verständnis des Haftungsumfangs unter Umständen noch viel weiter sein und auch eine Haftung nach den Arbeitsschutzgesetzen miteinschließen.
Fazit
Die Praxis im Bereich von Unternehmensverkäufen lässt eine in Ansätzen standardisierte Skizzierung von Regelungsbereichen und Sachverhalten zu. Standardgarantiekataloge sind ein hilfreicher Ausgangspunkt für eine effiziente Vertragsgestaltung. Der Bearbeiter sollte immer genau im Blick haben, welche Seite er berät und wie deren Interessen gelagert sind. Auf Verkäuferseite sollte der Garantiekatalog knapp gehalten und eng mit dem Verkäufer abgestimmt werden, um eine Haftung für Sachverhalte, deren Risiken auch der Verkäufer nicht genau abschätzen kann, zu vermeiden. Zudem ist darauf zu achten, dass so wenig Auslegungsspielräume wie möglich gelassen werden und möglicherweise unklare Begriffe genau definiert werden.

