Am 01.01.2025 ist die dritte Fassung der DIS-Sportschiedsgerichtsordnung (DIS-SportSchO) in Kraft getreten. Mit ihr setzt die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) ein Zeichen für eine moderne und effiziente Streitbeilegung im Sport.
Hintergrund der DIS-Sportschiedsgerichtsbarkeit
Das Deutsche Sportschiedsgericht ist 2008 auf Initiative der DIS und der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) gegründet worden (vgl. Bredow/Klich, Eine neue Dienstleistung für den Sport, Causa Sport 2008, 45 ff.; Bechtel, Das Deutsche Sportschiedsgericht, 2019; Berninger/Theißen, Das Deutsche Sportschiedsgericht in Dopingstreitigkeiten, SpuRt 2008, 185 ff.). Die NADA verfolgte im Rahmen ihres satzungsmäßigen Auftrags das Ziel, wirksame Strukturen zur Bekämpfung von Dopingvergehen zu schaffen, wozu auch die Einrichtung eines Sportschiedsgerichts gehörte. Da ein von der NADA selbst betriebenes Schiedsgericht Zweifel an seiner Objektivität hätte aufkommen lassen können, ist die DIS als vom organisierten Sport unabhängige Institution als Partner für die Einrichtung eines deutschen Sportschiedsgerichts ausgewählt worden. Gemeinsam ist eine Schiedsgerichtsordnung entwickelt worden, die den Vorgaben des WADA- und NADA-Codes entspricht und eine effiziente Streitbeilegung in allen relevanten sportbezogenen Angelegenheiten ermöglicht.
Die DIS-SportSchO ist gezielt auf die Bedürfnisse des Sports zugeschnitten und ist für unterschiedlich gelagerte Streitigkeiten mit Sportbezug anwendbar. Dazu zählen wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten (zum Beispiel aus Sponsoringverträgen), vereins- und gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungen (zum Beispiel Erteilung oder Entzug von Lizenzen oder Teilhaberechten an Ligen) sowie klassische sportrechtliche Streitigkeiten (zum Beispiel Sanktionen bei Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen, Überprüfung verbandsrechtlicher Entscheidungen oder Nominierungsstreitigkeiten).
Im Jahr 2016 erfolgte eine erste Überarbeitung des Regelwerks, die insbesondere die Mitwirkungsrechte der Athleten stärkte und für diese unter anderem eine Verfahrenskostenhilfe einführte (siehe dazu auch Hofmann, DIS-Sportschiedsgerichtsordnung ab 01.04.2016 mit Verfahrenskostenhilfe und weiteren Neuerungen für effektivere Sportschiedsverfahren, SchiedsVZ 2016, 90).
Die nun in Kraft getretene Fassung (die Kernmitglieder der DIS-Arbeitsgruppe unter Leitung von Dr. Rouven Bodenheimer, stellvertretender Vorsitzender der DIS, waren Prof. Dr. Ulrich Haas, Dr. Karsten Hofmann, Dr. Heiner Kahlert, Annett Rombach und Prof. Dr. Martin Schimke) verfolgt einerseits eine Harmonisierung mit der DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018 und zielt andererseits darauf ab, die Effizienz der Sportschiedsverfahren zu steigern, die Transparenz der Verfahren zu erhöhen und die Rechte von Athleten und Sportverbänden unter Berücksichtigung der Anforderungen des WADA-Codes weiter zu stärken. Das neue Regelwerk berücksichtigt sowohl aktuelle Entwicklungen in der nationalen und internationalen Schiedsgerichtsbarkeit als auch praktische Erfahrungen mit den vorherigen DIS-Sportschiedsgerichtsordnungen aus den Jahren 2008 und 2016.
Wesentliche Neuerungen der DIS-SportSchO 2025
Die Dreiteilung der DIS-SportSchO bleibt erhalten. Teil 1 (Art. 1 bis 45) enthält die allgemeinen Regelungen für alle Streitigkeiten vor dem Deutschen Sportschiedsgericht. Hier sind insbesondere Anpassungen an die DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018 vorgenommen worden. Teil 2 (Art. 46 bis 50) regelt weiterhin die besonderen Vorschriften für Rechtsmittelverfahren, während Teil 3 (Art. 51 bis 60) spezifische Regelungen für Anti-Doping-Streitigkeiten enthält. Diese klare Struktur erleichtert die Anwendung der Regeln und gewährleistet eine einheitliche Verfahrenshandhabung.
Steigerung der Effizienz
Eine der zentralen Neuerungen der DIS-SportSchO 2025 ist die Optimierung der Verfahrenseffizienz.
Beschleunigung der Verfahren: Der Sport erfordert auch im Streitfall schnelle Entscheidungen. Die überarbeitete DIS-SportSchO 2025 enthält daher zahlreiche Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung. Ein wesentliches Element ist die Verkürzung von Fristen: Die Frist zur Einreichung der Klageerwiderung beträgt nun 21 statt 45 Tage (Art. 7.2 DIS-SportSchO 2025), ein Antrag auf Ablehnung eines Schiedsrichters muss nun innerhalb von 7 statt 14 Tagen gestellt werden(Art. 15.2 DIS-SportSchO 2025), und die Frist für die Übermittlung des Schiedsspruchs zur Durchsicht an die DIS ist von drei auf in der Regel zwei Monate nach der letzten mündlichen Verhandlung verkürzt worden (Art. 37.1 DIS-SportSchO 2025).
Verfahrenskonferenz: Ein weiteres zentrales Element ist die Einführung einer frühen Verfahrenskonferenz, die sich an der DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018 orientiert (siehe dazu auch Schardt, Neue Regelungen der DIS-Schiedsgerichtsordnung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz, SchiedsVZ 2019, 28). Gemäß Art. 27 DIS-SportSchO 2025 muss diese innerhalb von 14 Tagen nach Konstituierung des Schiedsgerichts stattfinden. Ziel ist es, eine effiziente Verfahrensführung sicherzustellen, frühzeitig Verfahrensfragen zu klären, einen Zeitplan zu erstellen und eine einvernehmliche Streitbeilegung zu erörtern. Zudem soll geprüft werden, inwieweit die in Anlage 3 der DIS-SportSchO aufgeführten Maßnahmen zur Verfahrensstraffung angewendet werden. Dazu zählen unter anderem die Begrenzung von Schriftsätzen und die Beschränkung auf eine einzige mündliche Verhandlung. Ferner kann das Schiedsgericht, sofern alle Parteien zustimmen, eine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage abgeben.
Elektronische Verfahrensführung: Die DIS-SportSchO 2025 setzt verstärkt auf digitale Verfahren. Dokumente können elektronisch übermittelt werden und die optionale Nutzung der digitalen Verfahrensakte „DIS eFile“ erleichtert die Aktenführung für Schiedsgericht und Parteien. Zudem können mündliche Verhandlungen per Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden.
Vorabübermittlung des Tenors: Eine bedeutende Neuerung ist die Möglichkeit der Vorabübermittlung des Tenors. Da die Erstellung eines ausführlich begründeten Schiedsspruchs zeitaufwendig sein kann, erlaubt Art. 37.2 DIS-SportSchO 2025 auf Antrag einer Partei die Vorabübermittlung des Tenors. Dieser entfaltet zwar keine Rechtskraft, wird jedoch durch eine verpflichtende Anerkennung der Parteien verbindlich. Dies ermöglicht der obsiegenden Partei eine unmittelbare Umsetzung der Entscheidung, ohne dass die unterlegene Partei Rechte verliert, da Rechtsmittelfristen erst mit Zustellung des begründeten Schiedsspruchs zu laufen beginnen.
Vertraulichkeit und Veröffentlichung von Schiedssprüchen
Die Vertraulichkeit ist ein wesentlicher Vorteil der Schiedsgerichtsbarkeit. Eine zentrale Neuerung der DIS-SportSchO 2025 ist das Recht der Athleten, gleichwohl eine öffentliche Verhandlung zu beantragen, sofern das Verfahren disziplinarischer Natur ist (Art. 29.3 DIS-SportSchO 2025). Zudem werden Schiedssprüche künftig grundsätzlich in anonymisierter Form veröffentlicht, sofern die Parteien nicht innerhalb von 30 Tagen widersprechen (Art. 44.3. DIS-SportSchO 2025). Dies dient der Rechtsfortbildung und erhöht die Transparenz schiedsgerichtlicher Entscheidungen.
Änderungen bei Anti-Doping-Streitigkeiten
Die Regelungen für Anti-Doping-Streitigkeiten sind umfassend überarbeitet worden, um den Vorgaben des WADA-Codes gerecht zu werden, die Rechte der Athleten zu stärken und das Verfahren effizienter zu gestalten.
Stärkung der Athletenrechte: Athleten erhalten mit der neuen DIS-SportSchO 2025 weitergehende Rechte bei der Konstituierung des Schiedsgerichts (Art. 54 DIS-SportSchO 2025). Sie allein können den Vorsitzenden oder Einzelschiedsrichter aus einem spezialisierten Pool wählen. Die NADA hat lediglich ein Widerspruchsrecht, das, falls nicht ausgeübt, zur Ernennung des vom Athleten vorgeschlagenen Schiedsrichters führt. Andernfalls entscheidet der Sporternennungsausschuss.
Anzahl der Schiedsrichter: Während Schiedsgerichtsordnungen üblicherweise grundsätzlich Dreier-Schiedsgerichte vorsehen, sieht die DIS-SportSchO 2025 den Einzelschiedsrichter als Regelfall vor (Art. 53.1 DIS-SportSchO). Die Parteien können jedoch abweichend ein Dreier-Schiedsgericht vereinbaren.
Spezialisierter Schiedsrichter-Pool: Zur Sicherung der Integrität und Fachkompetenz in Anti-Doping-Schiedsverfahren ist die Auswahl der Schiedsrichter auf einen spezialisierten Kreis von Entscheidern beschränkt. Die Schiedsrichter müssen über vertiefte Kenntnisse im Antidopingrecht sowie einschlägige Erfahrung in der Schiedsgerichtsbarkeit verfügen. Zudem ist ihre Unabhängigkeit zwingend erforderlich; enge Verbindungen zur NADA, beispielsweise durch frühere Vorstandstätigkeiten oder Beratungsmandate, sind ausgeschlossen.
Klagebefugnis der NADA: Die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) erhält nach Art. 57 DIS-SportSchO 2025 eine originäre Klagebefugnis, auch wenn sie eine Schiedsvereinbarung nicht unterzeichnet hat. Entscheidend ist allein, dass sie in der Vereinbarung, die der Athlet unterzeichnet hat, als mögliche Schiedsklägerin benannt ist.
Weitergehende Verfahrensbeschleunigung: Die Verfahrensbeschleunigung ist auch in Anti-Doping-Streitigkeiten von zentraler Bedeutung. Daher ist nunmehr festgelegt worden, dass der Schiedsspruch bereits innerhalb von 21 Tagen nach der letzten mündlichen Verhandlung oder dem letzten zugelassenen Schriftsatz zur Durchsicht durch die DIS übermittelt werden muss (Art. 59.1 DIS-SportSchO 2025).
Beibehaltung der Verfahrenskostenhilfe: Die bereits in der DIS-SportSchO 2016 eingeführte Verfahrenskostenhilfe (Anlage 4 DIS-SportSchO 2025) für einkommensschwache Athleten bleibt erhalten. Sie soll sicherstellen, dass finanzielle Hürden die Wahrnehmung von Athletenrechten nicht beeinträchtigen.
Neue Zuständigkeit des DIS-Rats für Verfahren nach der DIS-SportSchO 2025
Zur weiteren Stärkung der Akzeptanz der Sportschiedsgerichtsbarkeit sind an den DIS-Rat für Schiedsgerichtsbarkeit auch Zuständigkeiten nach der DIS-SportSchO 2025 übertragen (Art. 2 und 3 Anlage 1 – Sportgeschäftsordnung). Er ist unter anderem zuständig für die Ablehnung von Schiedsrichtern, die vorzeitige Beendigung eines Schiedsrichtermandats und die Festsetzung von Honoraren und Sicherheitsleistungen.
Einstweiliger Rechtsschutz
Der einstweilige Rechtsschutz nach Art. 25 DIS-SportSchO 2025 bleibt ein zentraler Bestandteil. Ist das Schiedsgericht bereits konstituiert, entscheidet es über Eilanträge. Falls das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist, entscheidet ein gemäß Geschäftsverteilungsplan zuständiger Eilschiedsrichter. Diese Regelung hat sich insbesondere in Nominierungsstreitigkeiten mehrfach bewährt.
Fazit
Mit der DIS-SportSchO 2025 wird ein modernes und effizientes Regelwerk geschaffen, das den aktuellen Entwicklungen im Sportrecht und in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Rechnung trägt. Die Reform stärkt die Verfahrenseffizienz, die Transparenz sowie die Rechte der Athleten. Die DIS stellt die DIS-SportSchO 2025 in der Erwartung zur Verfügung, dass sich die neuen Regelungen in der Praxis positiv auswirken und so auf breite Akzeptanz im Bereich des Sports stoßen.


