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Fusionskontrolle in den USA: Die neue HSR-Form

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Inhaltliche Anforderungen der neuen HSR-Form

Mit der Reform der HSR-Form (siehe hierzu den 1. Teil des Beitrags in Deutscher AnwaltSpiegel, Ausgabe 08/2025) gelten nun wesentlich umfangreichere Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen und Dokumenten, die bei der Erstellung der HSR-Anmeldung berücksichtigt werden und zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung vorliegen müssen. Insbesondere verlangt die Final Rule die Offenlegung bestimmter Informationen, die nach der alten HSR-Form nicht erforderlich waren oder deren Abfrage bislang üblicherweise erst im Rahmen eines Second Request nach Ablauf der ersten Wartefrist zu erwarten war.

Die neue HSR-Form sieht zwei getrennte Formblätter mit entsprechenden Erläuterungen für die den Zusammenschluss anmeldenden Unternehmen (nachfolgend „die Parteien“) vor – eines für den Erwerber („acquiring person“) und eines für den Verkäufer bzw. die Zielgesellschaft („acquired person“).

Im Folgenden wird ein Überblick über die wichtigsten Änderungen gegeben, die mit der neuen HSR-Form eingeführt wurden und die für die Parteien die voraussichtlich spürbarsten Auswirkungen bei der Vorbereitung und Durchführung von Transaktionen haben werden:

Offenlegung von Informationen zu Minderheitsbeteiligungen

Die Final Rule enthält eine erweiterte Verpflichtung zur Offenlegung von Informationen zu Minderheitsgesellschaftern beziehungsweise -aktionären, Investmentfonds und Unternehmen, die indirekte Beteiligungen an Erwerber- oder Zielgesellschaften halten.

Die Final Rule verpflichtet Erwerber zur Offenlegung von Informationen über bestehende oder durch die Transaktion entstehende Beteiligungen von mindestens 5% an (1) der erwerbenden Gesellschaft, (2) allen Gesellschaften, die direkt oder indirekt vom Erwerber kontrolliert werden, (3) allen Gesellschaften, die direkt oder indirekt den Erwerber kontrollieren, sowie (4) allen Gesellschaften, die im Zusammenhang mit der Transaktion gegründet wurden oder gegründet werden sollen. Neben den Erwerbern müssen auch die Verkäufer bzw. Zielgesellschaften Informationen über ihre Minderheitsgesellschafter bzw. -aktionäre sowie über die von ihr kontrollierten Gesellschaften vorlegen – allerdings nur, wenn die Minderheitsbeteiligung nach der Transaktion bestehen bleibt oder eine Rückbeteiligung an einer Erwerbergesellschaft erfolgt. Diese Änderung beruht auf der Erkenntnis der FTC, dass viele Erwerber komplexe Unternehmensstrukturen aufweisen, bei denen es mehrere Gesellschaften zwischen der letztlich beherrschenden Muttergesellschaft („Ultimate Parent Entity“ – UPE) und dem Erwerber gibt, die nicht vollständig vom Erwerber gehalten werden, aber dennoch eng mit ihm verbunden sind. Der bisherige Fokus allein auf die UPE und den Erwerber habe den Behörden wichtige Informationen über Personen und Gesellschaften vorenthalten, die Einfluss auf mit der Transaktion verbundene Unternehmen haben könnten oder sogar deren Geschäftsführung operative Kontrolle ausüben und somit wettbewerbsrelevante Entscheidungen nach dem Zusammenschluss beeinflussen könnte.

Eine weitere wichtige Änderung betrifft Kommanditgesellschaften („limited partnerships“): Nach der bisherigen HSR-Form war es lediglich erforderlich, die Komplementäre von Kommanditgesellschaften zu benennen, während die Kommanditisten nicht offengelegt werden mussten. Die neue HSR-Form verlangt nun jedoch auch die Offenlegung von Kommanditisten, wenn diese (1) eine Beteiligung von mindestens 5% halten oder infolge der Transaktion halten werden und (2) das Recht haben, als Mitglieder der Geschäftsführung bzw. des Vorstands zu agieren, solche zu nominieren oder zu ernennen, Vetorechte auszuüben, Entscheidungen zu genehmigen oder ähnliche Verantwortlichkeiten in Gesellschaften zu übernehmen, die mit dem Erwerber verbunden sind. Mit den Neuregelungen möchte die FTC dem Umstand Rechnung tragen, dass vor zwanzig Jahren nur 10% der erwerbenden Unternehmen Fonds oder Kommanditgesellschaften waren, während dieser Anteil heute nahezu 40% beträgt. Transaktionen, die auf modernen Unternehmensstrukturen basieren, können wettbewerbsrechtliche Bedenken aufwerfen, insbesondere wenn der Erwerber Verbindungen zu anderen Unternehmen unterhält. Das Hauptanliegen der FTC besteht darin, Konstellationen zu identifizieren, in denen Minderheitsgesellschafter „die Fäden für den Erwerber ziehen“ und gleichzeitig andere Unternehmen kontrollieren, die in Wettbewerb mit der Zielgesellschaft des beabsichtigten Zusammenschlusses stehen.

Beschreibung der Eigentümerstruktur des Erwerbers

Das Bestreben der Behörden, mehr Transparenz in komplexe Unternehmensstrukturen zu bringen, spiegelt sich auch in der nächsten Anforderung wider: Mit der neuen HSR-Form wird der Erwerber aufgefordert, eine detaillierte Beschreibung seiner Eigentümerstruktur bereitzustellen. Für Transaktionen, bei denen ein Fonds oder eine Master Limited Partnership die UPE darstellt, muss ein bestehendes Organigramm vorgelegt werden, aus dem die Beziehungen zwischen der UPE und den mit ihr verbundenen Unternehmen hervorgehen.

Strategische Gründe für den Zusammenschluss

Nach der neuen HSR-Form müssen die Parteien bei allen Zusammenschlüssen – mit wenigen Ausnahmen – alle strategischen Gründe für die Transaktion angeben und erläutern, die von der den Zusammenschluss anmeldenden Partei oder ihren leitenden Angestellten, Geschäftsführern oder Mitarbeitern erörtert oder in Erwägung gezogen wurden. Zu solchen strategischen Gründen gehören beispielsweise Gründe im Zusammenhang mit dem Wettbewerb um aktuelle oder bekannte geplante Produkte und Dienstleistungen der anderen am Zusammenschluss beteiligten Partei, die Expansion in neue Märkte, die Übernahme von Mitarbeitern („acqui-hires“), der Erwerb von Rechten an geistigem Eigentum oder die Integration von Vermögenswerten in bestehende Produkte. Zur Untermauerung ihrer strategischen Gründe müssen die Parteien Dokumente vorlegen, die diese Gründe belegen. Weichen die Gründe der anmeldenden Partei von den Gründen des UPE ab, so ist für jede Abweichung eine gesonderte Erklärung abzugeben. Den Parteien wird aufgegeben, alle im Zusammenhang mit der HSR-Anmeldung erstellten Dokumente, die die angegebenen Gründe bestätigen oder erörtern, unter Angabe der betreffenden Seitenzahlen zu benennen.

Vorherige Zusammenschlüsse

Nach der neuen HSR-Form müssen beide Parteien Angaben zu früheren Transaktionen machen, die bis zu fünf Jahre vor der HSR-Anmeldung des aktuellen Zusammenschlusses stattgefunden haben, auch wenn sie nicht anmeldepflichtig waren. Bisher galt diese Verpflichtung nur für den Erwerber. Diese Anforderung ist jedoch auf Transaktionen beschränkt, bei denen eine der Parteien im letzten Jahr erstens einen Umsatz in einem sogenannten 6-digit NAICS-Code („North American Industry Classification System“) Überschneidungsbereich hatte oder zweitens ein Produkt oder eine Dienstleistung angeboten hat, für die wettbewerbliche Überschneidungen festgestellt wurden.

Beschreibung von wettbewerblichen Überschneidungen und Lieferbeziehungen

Eine weitere Neuerung der HSR-Form betrifft die horizontalen Produkt- und Dienstleistungsüberschneidungen und vertikalen Beziehungen der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen. Sowohl der Erwerber als auch der Veräußerer beziehungsweise die Zielgesellschaft müssen nun eine Liste und eine kurze Beschreibung aller ihrer derzeitigen oder bekannten geplanten Produkte oder Dienstleistungen vorlegen, die mit einem derzeitigen oder bekannten geplanten Produkt oder einer Dienstleistung des jeweils anderen am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen im Wettbewerb stehen (oder stehen könnten). Dabei sollen sich die Parteien auf Unterlagen stützen, die im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit erstellt wurden. Für jede bestehende oder potentielle Überschneidung müssen die Parteien die Umsatzzahlen des letzten Jahres vorlegen. Darüber hinaus ist eine Beschreibung der Kundenkategorien des Erwerbers erforderlich, die das betreffende Produkt oder die betreffende Dienstleistung beziehen. Des Weiteren müssen die zehn größten Kunden des letzten Jahres (gemessen am Umsatz) sowie die zehn größten Kunden für jede der identifizierten Kundenkategorien angegeben werden.

Die Parteien sind zudem verpflichtet, bestehende oder potentielle vertikale oder Lieferbeziehungen zwischen ihnen aufzulisten und kurz zu beschreiben. Hierbei sind Produkte, Dienstleistungen oder Vermögenswerte (einschließlich Daten) mit einem Umsatz von mindestens 10 Millionen US-Dollar anzugeben, die (1) an die andere Partei verkauft oder von ihr gekauft werden oder (2) an ein Unternehmen verkauft oder von einem Unternehmen gekauft werden, das mit der anderen Partei in Wettbewerb steht, oder an ein Unternehmen, das diese Produkte als Input nutzt, um mit der anderen Partei in Wettbewerb zu treten. Anzugeben sind ferner die mit diesen Produkten erzielten Umsätze und die zehn größten Kunden, die die Produkte jeder Partei als Input nutzen, um mit der anderen Partei in Wettbewerb zu treten.

Zur Klarstellung wird in der HSR-Form abschließend darauf hingewiesen, dass die Parteien zur Beantwortung dieser Fragen keine Informationen im Zusammenhang mit der Beschreibung von wettbewerblichen Überschneidungen und Lieferbeziehungen austauschen sollen.

Erweiterte Informationen zu räumlichen Überschneidungen kontrollierter Gesellschaften

Darüber hinaus werden die bestehenden Anforderungen an die Angabe bestimmter Informationen in Bezug auf Produkte und Dienstleistungen, die sich in räumlicher Hinsicht überschneiden, erweitert. Erforderlich ist nun die systematische Ermittlung aller NAICS-Code-Überschneidungen sämtlicher vom Erwerber und dessen verbundenen Unternehmen kontrollierten Gesellschaften mit der Zielgesellschaft unter Angabe der entsprechenden räumlichen Marktinformationen. Dabei sind auch die sogenannten „Doing business as“-Namen anzugeben, die die Gesellschaften mit US-Tätigkeiten in sich überschneidenden NAICS-Codes in den letzten drei Jahren verwendet haben. Zusätzlich sind für jeden sich überschneidenden NAICS-Code Adressdaten der betroffenen Gesellschaften anzugeben, wobei je nach Branche die Angabe der Straße („Street-Level Reporting“) oder lediglich die Angabe des US-Bundesstaates („State-Level Reporting“) erforderlich ist.

Offenlegung von leitenden Angestellten und Geschäftsführern

Im Fall einer horizontalen Produkt- und Dienstleistungsüberschneidungen oder vertikaler Beziehungen zwischen den Parteien verpflichtet die neue HSR-Form den Erwerber zur Offenlegung bestimmter leitender Angestellter oder Geschäftsführer. Anzugeben sind jene Personen, die (1) innerhalb der drei Monate vor Einreichung der HSR-Anmeldung für die Entwicklung, das Marketing oder den Verkauf der sich überschneidenden Produkte oder Dienstleistungen verantwortlich waren und (2) zum Zeitpunkt der Anmeldung auch als leitende Angestellte oder Geschäftsführer in einer anderen Gesellschaft tätig sind, die Umsätze im gleichen NAICS-Code-Überschneidungsbereich wie die Zielgesellschaft erzielen.

Offenlegung von Subventionen

Eine weitere bedeutende Neuerung der HSR-Form ist die Einführung der Offenlegungspflicht für Subventionen ausländischer Gesellschaften oder Regierungen. Die Parteien müssen nun angeben, ob sie in den letzten zwei Jahren vor der HSR-Anmeldung Subventionen (oder Zusagen für zukünftige Subventionen) von einer „bedenklichen ausländischen Gesellschaft oder Regierung“ erhalten haben. Im Rahmen des öffentlichen Konsultationsprozesses zur neuen HSR-Form wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass der Ausschuss für ausländische Investitionen in den USA („Committee on Foreign Investment in the United States“ – CFIUS, siehe dazu auch die Beiträge in ComplianceBusiness, Ausgaben 02/2024 und 01/2025) bereits bestimmte Transaktionen im Zusammenhang mit ausländischen Investitionen prüft und dass die neue Regelung eine zusätzliche Belastung für die Parteien darstellen könnte, ohne einen Mehrwert für die kartellrechtliche Analyse zu bieten. Zudem wurde am Beispiel der EU Foreign Subsidies Regulation (FSR) vorgeschlagen, eine De-minimis-Schwelle einzuführen. Im Ergebnis hat die Federal Trade Commission (FTC) in der Begründung zur Final Rule ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, eine De-minimis-Ausnahme von der Offenlegungspflicht zu einem späteren Zeitpunkt in Erwägung zu ziehen.

Erweiterte Anforderungen an die Vorlage von Dokumenten

Die neue HSR-Form erweitert die Palette der von den Parteien zwingend vorzulegenden wettbewerbsrelevanten Dokumente (früher bekannt als sogenannte Item-4(c)/(d)-Dokumente). Diese werden nun als Geschäftsdokumente („business documents“) bezeichnet und in zwei Kategorien unterteilt: (1) transaktionsbezogene Dokumente („transaction-related documents“) und (2) Pläne und Berichte („plans and reports“). Eine weitere Kategorie betrifft (3) sonstige (nicht transaktionsbezogene) Vereinbarungen zwischen dem Erwerber und der Zielgesellschaft („other agreements between the acquiring person and target“).

  • Transaktionsbezogene Dokumente umfassen „competition documents”, „confidential information memoranda“, „third-party studies, surveys, analyses, and reports“ und „synergies and efficiencies“. Sofern Dokumente wettbewerbsbezogene Themen enthalten, müssen alle Dokumente vorgelegt werden, die von den leitenden Angestellten, Geschäftsführern oder nunmehr auch dem sogenannten „supervisory deal team lead“ erstellt wurden oder die für diese erstellt wurden. Die neue HSR-Form definiert „supervisory deal team lead“ als die Person, die die Hauptverantwortung für die Überwachung der strategischen Bewertung des Deals trägt und die sich ansonsten nicht als Geschäftsführer oder leitender Angestellter qualifizieren würde. Damit wird der Kreis der Personen erweitert, die im Besitz der Dokumente sind, die für die HSR-Anmeldung relevant sind und die von den Parteien vorgelegt werden müssen.
  • Vorzulegen sind alle regelmäßig erstellten Pläne und Berichte, die innerhalb eines Jahres vor der HSR-Anmeldung erstellt oder angepasst wurden, dem Geschäftsführer („CEO“) vorgelegt wurden und wettbewerbsrelevante Themen im Zusammenhang mit sich überschneidenden Produkten oder Dienstleistungen betreffen. Wettbewerbsrelevante Themen sind insbesondere Angaben zu Wettbewerbern, Marktanteilen, Märkten im Zusammenhang mit derzeitig oder zukünftig überschneidenden Geschäftsbereichen. Die FTC hat in ihrer Begründung zur Final Rule klargestellt, dass die Regelung für alle Pläne und Berichte gilt, die jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich erstellt werden. Vorzulegen sind auch alle wettbewerbsrelevanten Pläne und Berichte, die (1) innerhalb eines Jahres vor der HSR-Anmeldung erstellt und dem Board of Directors vorgelegt wurden. Diese Pflicht bezieht sich auf alle Dokumente, die dem Vorstand vorgelegt wurden, unabhängig davon, in welchen Zeitabständen sie erstellt wurden. Die Anforderung gilt für die Geschäftsführer bzw. den Vorstand des Erwerbers, die Zielgesellschaft und alle Unternehmen, die sie direkt oder indirekt kontrollieren oder von ihnen kontrolliert werden, einschließlich derjenigen, die voraussichtlich als Geschäftsführer oder Vorstand der neu gegründeten Gesellschaften infolge des Zusammenschlusses ernannt werden.
  • Darüber hinaus gilt jedes transaktionsbezogene Dokument, das mit einem Member of the Board of Directors oder einem Mitglied eines ähnliches Gremiums geteilt wird, nicht als Entwurf und muss zusammen mit der HSR-Anmeldung eingereicht werden. Bisher mussten Entwürfe nur dann zwingend vorgelegt werden, wenn sie dem gesamten Vorstand (oder einem gesamten Unterausschuss) vorgelegt worden waren.
  • Schließlich sind auch sonstige (nicht transaktionsbezogene) Vereinbarungen zwischen dem Erwerber und der Zielgesellschaft vorzulegen. Der Erwerber ist verpflichtet anzugeben, ob es Vertragsvereinbarungen mit der Zielgesellschaft gibt oder innerhalb eines Jahres vor der HSR-Anmeldung gab. Zu den von der FTC für die Fusionskontrolle als relevant identifizierten, aber nicht abschließend aufgezählten Arten von Vereinbarungen gehören: Vereinbarungen mit Wettbewerbs- oder Abwerbeverboten, Mietverträge, Lizenz- der Rahmendienstleistungsverträge, Betriebsvereinbarungen oder Lieferverträge.

Obligatorische englische Übersetzungen fremdsprachiger Dokumente

Schließlich wird den Parteien mit der neuen HSR-Form aufgegeben, dass alle nicht englischsprachigen Dokumente oder Informationen, zum Zeitpunkt der Anmeldung bzw. zum Zeitpunkt der Antwort auf eine Rückfrage der Behörde, mit einer wörtlichen Übersetzung versehen werden müssen. Alle wörtlichen Übersetzungen müssen genau und vollständig sein.

Bewertung und praktische Hinweise

Die Final Rule und die damit eingeführte neue HSR-Form stellen einen bedeutenden Schritt in der Fortentwicklung der US-amerikanischen Fusionskontrolle dar. Mit den Änderungen setzen die FTC und das DOJ ein deutliches Signal, die Kartellrechtsdurchsetzung weiter zu intensivieren und mit den modernen wettbewerblichen Entwicklungen Schritt zu halten. Besonders hervorzuheben ist, dass der Stabilität der Kartellrechtsdurchsetzungspraxis Priorität eingeräumt wird, was sich sowohl in der planmäßigen Inkraftsetzung der HSR-Form als auch in dem Bekenntnis beider Behörden zu den 2023 Merger Guidelines zeigt. Dies ist grundsätzlich positiv zu bewerten, da die Beibehaltung von Leitlinien für mehr Klarheit und Vorhersehbarkeit sorgt und allen an einem Zusammenschluss Beteiligten Kriterien an die Hand gibt, die bei der komplexen Beurteilung und Planung von Transaktionen hilfreich sind.

Ein zentraler Aspekt der Änderungen ist der verstärkte Fokus der FTC auf Private-Equity-Transaktionen, der sich wie ein roter Faden durch die neuen Anforderungen zieht. Je komplexer die Strukturen der beteiligten Unternehmen und je größer die Anzahl der Portfoliounternehmen, desto höher sind die Anforderungen und der damit verbundene Aufwand bei der Erstellung der HSR-Anmeldungen unter der neuen HSR-Form.

Unternehmen, deren Transaktionen (regelmäßig) der US-amerikanischen Fusionskontrolle unterliegen, sollten sich daher frühzeitig mit den neuen Anforderungen vertraut machen und ihre internen Prozesse anpassen, um auf die geänderten Bedingungen gut vorbereitet zu sein, bestenfalls noch bevor konkrete Transaktionsvorhaben begonnen werden. Dazu kann die Durchführung interner Schulungen für die zuständigen Mitarbeiter sowie die Anpassung von Richtlinien zur Erstellung, Organisation und Verwaltung von Dokumenten hilfreich sein, um später wertvolle Zeit und Ressourcen zu sparen, die während einer laufenden Transaktion häufig knapp sind. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich auch, für jede Transaktion frühzeitig eine Person zu bestimmen, die die Rolle des „supervisory deal team lead“ übernimmt.

Die Anforderungen an die Offenlegung von Informationen und Dokumenten sind erheblich höher, wenn es bei dem konkret beabsichtigten Zusammenschluss zu Überschneidungen von Produkten und Dienstleistungen oder Lieferbeziehungen zwischen den Parteien kommt. Die Parteien sollten daher frühzeitig mit ihren Kartellrechtsberatern zusammenarbeiten, um potentielle Überschneidungen von Produkten und Dienstleistungen mit den beabsichtigen Zielgesellschaften zu ermitteln und um diese einer sorgfältigen kartellrechtliche Analyse zu unterziehen und die Vorbereitung der HSR-Form einzuleiten.

In der US-amerikanischen Anwaltschaft ist man sich weitgehend einig, dass Anmeldungen unter der neuen HSR-Form mit einem erheblichen Kosten- und Zeitaufwand verbunden sein werden. Bis mehr praktische Erfahrungen mit den neuen Anforderungen gesammelt wurden, wird im Rahmen von Transaktionsverhandlungen bisweilen davon abgeraten, starre oder zu kurze Fristen für die Einreichung einer HSR-Anmeldung, das Closing-Date und das Long-Stop-Date zu vereinbaren.

Nach konkreten Schätzungen der FTC wird sich der Zeitaufwand für die Vorbereitung einer HSR-Anmeldung um durchschnittlich 68 Stunden und für Transaktionen mit horizontalen Überschneidungen oder vertikalen Beziehungen zwischen den Parteien um bis zu 121 Stunden erhöhen. US-amerikanische Kartellrechtsexperten schätzen, dass dies im Ergebnis auf einen Zeitaufwand hinauslaufen wird, der mindestens doppelt, in einigen Fällen sogar mehr als dreimal so hoch ist, wie es noch unter der alten HSR-Form der Fall war. Positiv hervorzuheben ist hingegen, dass die FTC mit der neuen HSR-Form die Rückkehr zur vorzeitigen Beendigung der 30-tägigen HSR-Wartefrist beschlossen hat. Diese Änderung ermöglicht eine Verkürzung des Prüfverfahrens – eine Option, die noch bis vor Inkrafttreten der Final Rule seit 2021 ausgesetzt war.

Wie wichtig die Einhaltung der neuen und komplexen Vorschriften der HSR-Form ist, zeigt schließlich die vom DOJ am 14.01.2025 eingereichte zivilprozessuale Klage gegen das Private-Equity-Unternehmen KKR & Co. und eine Reihe seiner Investmentberater und Fonds (zusammen KKR). Das Unternehmen soll bei HSR-Anmeldungen systematisch erforderliche Dokumente zurückgehalten und verändert sowie wiederholt Anmeldeerfordernisse missachtet haben. Für diese und andere angebliche Verstöße droht KKR jetzt ein Bußgeld von bis zu 650 Millionen US-Dollar. Die Klage des DOJ ist eine deutliche Mahnung, die Anmeldepflichten der US-amerikanischen Fusionskontrolle ernst zu nehmen, die Anforderungen der HSR-Form sorgfältig zu befolgen und sich bei beabsichtigten Transaktionen frühzeitig kartellrechtlich beraten zu lassen. 

Autor

Elisabeth S. Wyrembek, LL.M. (London) Haver & Mailänder, Stuttgart Rechtsanwältin, Partnerin

Elisabeth S. Wyrembek, LL.M. (London)

Haver & Mailänder, Stuttgart
Rechtsanwältin, Partnerin


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