RestructuringBusiness ist eine Publikation der Produktfamilie Deutscher AnwaltSpiegel

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M&A-Readiness für den Mittelstand

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Die externe Unternehmensnachfolge ist eine der größten Herausforderungen für den deutschen Mittelstand. In den kommenden Jahren stehen zahlreiche Unternehmen altersbedingt vor einem Generationenwechsel. Doch längst nicht jeder Unternehmer hat eine familiäre oder interne Lösung parat. Die Nachfolge wird damit zur M&A-Transaktion. Das heißt, der Verkaufsprozess folgt wirtschaftlichen, rechtlichen und strategischen Kriterien, wie sie im klassischen Unternehmenskauf zwischen professionellen Investoren gelten. Laut dem KfW-Nachfolge-Monitoring 2025 planen bis 2027 rund 626.000 mittelständische Unternehmen in Deutschland eine Unternehmensübergabe. Davon streben etwa 43%, also etwa 270.000 Betriebe, eine externe Nachfolge an, zum Beispiel durch Verkauf, Management-Buy-In oder Investorenlösungen.

Viele dieser Unternehmen sind auf diesen Perspektivwechsel nicht vorbereitet. Was aus Inhabersicht als gewachsene Struktur erscheint, erweist sich in der Transaktionspraxis oft als hinderlich oder intransparent. Dazu zählen unklare Gesellschafterverhältnisse, steuerliche Graubereiche, nicht dokumentierte Leistungsbeziehungen, ungeklärte Eigentumsverhältnisse (insbesondere bei Grundstücken), fehlende Governancestrukturen sowie eine starke operative Abhängigkeit vom Altinhaber.

Dies bedeutet häufig in der Folge, dass Transaktionen scheitern oder der Kaufpreis niedriger ausfällt als erhofft.

Was ist M&A-Readiness und warum ist sie erfolgskritisch?

M&A-Readiness beschreibt, wie gut ein Unternehmen organisatorisch, finanziell, rechtlich, steuerlich und strategisch auf eine Transaktion vorbereitet ist. Sie ist ein strategischer Hebel zur Risikominimierung und Wertsteigerung. Als integraler Bestandteil der Nachfolgeplanung ist sie damit weitaus mehr als eine rein formale Vorstufe zum Verkauf.

Der Begriff umfasst alle Maßnahmen, die ein Unternehmen strukturell, kommunikativ und risikoseitig in die Lage versetzen, eine strukturierte Due Diligence zu durchlaufen, tragfähige Kaufpreisverhandlungen zu führen und rechtssicher abzuschließen.

Typische Schwachstellen in der Praxis lassen sich vier Bereichen zuordnen:

Strukturelle und personelle Unternehmensführung

  • Fehlende zweite Managementebene: Die Verantwortung liegt vollständig beim Altinhaber, ohne Vertretungsregelungen oder Nachfolgeplanung.
  • Personenbindung und Know-how-Konzentration: Zentrale geschäftliche Beziehungen, Wissen und Prozesse sind nicht institutionalisiert.
  • Unzureichende Governance: fehlende Kontrollsysteme, keine ESG-Strategie, keine definierten Verantwortlichkeiten.

Finanzielle Transparenz und Datenqualität

  • Intransparente Finanzdaten: keine monatliche betriebswirtschaftliche Auswertung, unklare Abgrenzung zwischen privaten und betrieblichen Ausgaben, unvollständige Jahresabschlüsse.

Rechtlich-organisatorische Grundlagen

  • Beispiele: Veraltete Gesellschaftsverträge, unklare Gesellschafterrechte, fehlende Dokumentation zu Beteiligungen und Verträgen.

Steuerliche Struktur und Risiken

  • Steuerliche Unsicherheiten: Betriebsaufspaltungen, verdeckte Gewinnausschüttungen, stille Reserven, nicht rückführbare Gesellschafterdarlehen.

Diese Schwächen beeinflussen Kaufpreis, Transaktionsdauer und Abschlusswahrscheinlichkeit. Käufer erkennen Risiken frühzeitig, verhandeln härter oder steigen aus. Zudem steigen Anforderungen an Gewährleistungen und Garantien.

Rechtliche Vorbereitung aus Sicht des M&A-Prozesses

Die rechtliche Struktur ist grundlegender Bestandteil jeder M&A-Transaktion. Damit eine externe Nachfolge gelingt, müssen zentrale Verträge, gesellschaftsrechtliche Regelungen und rechtlich relevante Rahmenbedingungen vollständig, aktuell und prüfungssicher vorliegen.

Wichtig ist zunächst die Gesellschaftsstruktur:

  • Gibt es klare Regelungen im Gesellschaftsvertrag?
  • Sind Einziehungs-, Vorkaufs- oder Mitverkaufsrechte eindeutig geregelt?
  • Bestehen Altverträge oder Sonderrechte, die die Anteilsübertragung einschränken?

Ein weiterer Punkt betrifft die Geschäftsführeranstellung. Oft fehlen klare vertragliche Regelungen zu Vergütung, Kündigung oder Nachfolge. Auch arbeitsrechtliche Aspekte, etwa bei mitarbeitenden Familienangehörigen, sollten rechtssicher geregelt sein.

Zudem ist eine professionelle Dokumentationslage entscheidend: Ein digitales Vertragsarchiv mit allen wesentlichen Kunden-, Lieferanten-, Miet-, Leasing- und Lizenzverträgen bildet die Grundlage. Dabei zählen nicht nur Vollständigkeit, sondern auch Laufzeiten, Kündigungsfristen und Change-of-Control-Klauseln.

Investoren und deren Berater prüfen sorgfältig auf bestehende Risiken, darunter anhängige Verfahren, Umweltlasten, IP-Fragen und Datenschutzthemen.

Unternehmen sollten diese potentiellen Risiken frühzeitig identifizieren, bewerten und gegebenenfalls absichern. Eine saubere rechtliche Vorbereitung verbessert die Verhandlungsposition und kann den Transaktionsprozess deutlich beschleunigen.

Transaktionsstruktur und Käuferlogik

Für den Verkäufer ist entscheidend zu verstehen, wie potentielle Käufer denken. Käuferlogik und Verkäuferwahrnehmung gehen nicht nur beim Kaufpreis, sondern auch bei der Struktur, den Erwartungen und der Risikobewertung des Zielunternehmens oft weit auseinander.

Strategische Investoren suchen Synergien in Technologie, Markt oder Organisation. Sie achten auf Integrationsfähigkeit und prüfen redundante Strukturen. Finanzinvestoren hingegen konzentrieren sich auf Skalierbarkeit, Renditepotential und Exitstrategien. Hier ist eine belastbare Equity-Story entscheidend: Warum ist das Unternehmen ein attraktives Investment?

Daraus ergeben sich konkrete Fragestellungen für die Transaktionsstruktur, beispielsweise:

  • Sharedeal oder Assetdeal?
  • Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligung?
  • Earn-out oder Sofortübernahme?

Diese Fragen müssen frühzeitig geklärt werden. Dabei sind steuerliche und gesellschaftsrechtliche Auswirkungen sowie die Verhandlungsstrategie zu berücksichtigen.

Auch die Auswahl der Berater ist entscheidend: Passende Berater handeln nicht transaktionsgetrieben, sondern sind langfristig orientiert und unabhängig. Sie sind in der Lage, das Unternehmen auch jenseits des unmittelbaren Verkaufsinteresses zu begleiten. Idealerweise sind sie in interdisziplinäre Strukturen oder Netzwerke eingebunden, die rechtliche, steuerliche, finanzielle und strategische Expertise zusammenführen.

Eine belastbare Equity-Story, sowohl finanzieller als auch strategischer Natur, beeinflusst maßgeblich:

  • die Investorensuche,
  • die Kaufpreisfindung
  • und letztlich den Transaktionserfolg.

Wer die Käuferlogik versteht und sie frühzeitig in seine M&A-Readiness übersetzt, kann gezielter geeignete Investoren ansprechen, aber auch realistische Preis- und Strukturvorstellungen entwickeln. Denn nicht jeder Investor passt zu jeder Nachfolgelösung.

Dealbreaker aus der Praxis – und wie man sie vermeidet

In der Praxis scheitern Transaktionen meist nicht am Markt, sondern an internen Schwächen, die erst im Due-Diligence-Prozess sichtbar werden.

Häufige Dealbreaker sind:

  • Personenbezogene Abhängigkeit und fehlende Organisation: Wenn der Betrieb zu stark auf den Altinhaber zugeschnitten ist und es an einer zweiten Führungsebene fehlt, sinkt die Attraktivität des Unternehmens für Käufer. Der frühzeitige Aufbau einer delegationsfähigen Struktur ist daher essentiell.
  • Mangelhafte Dokumentation und Intransparenz: Fehlende oder unvollständige Verträge, unklare Eigentumsverhältnisse oder gemischte Finanzflüsse signalisieren mangelnde Professionalität und schrecken Investoren ab.
  • Steuerliche und rechtliche Risiken: Altlasten, schwebende Verfahren oder unklare Pensionszusagen können den Deal gefährden oder zu erheblichen Preisabschlägen führen.

Durch strukturierte Vorbereitung, offene Analyse und konsequente Umsetzung identifizierter Maßnahmen lassen sich diese Stolpersteine vermeiden. Entscheidend ist, das Unternehmen in einen „verkaufsreifen Zustand“ zu versetzen: strukturell, rechtlich, steuerlich und finanziell und nicht zuletzt emotional. Denn eine erfolgreiche Nachfolge erfordert neben Zahlen auch Vertrauen und Klarheit.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Eine externe Unternehmensnachfolge ist kein einfacher Verkauf, sondern ein komplexer Transformationsvorgang. M&A-Readiness steht dabei für die Fähigkeit eines Unternehmens, strategisch, strukturell und risikobewusst in eine Nachfolge einzusteigen.

Erfolgreiche Unternehmer zeichnen sich dadurch aus, dass sie:

  • eine stabile Führungsebene aufbauen,
  • eine rechtliche, steuerliche und finanzielle Ordnung schaffen und
  • eine klare Equity-Story entwickeln.

Ein professioneller M&A-Readiness-Check, der von Governance über Finanzdaten bis zur Käuferlogik reicht, legt die Grundlage für den erfolgreichen Übergang. Die Erfahrung zeigt: Wer M&A-Readiness konsequent umsetzt, erzielt bessere Ergebnisse in Bezug auf den Kaufpreis, die Prozessqualität und die erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung der Nachfolge. 

Hinweis der Redaktion:
Dieser Beitrag erschien zuerst im Online-Magazin Deutscher AnwaltSpiegel, Ausgabe 20/2025 (siehe hier). (tw)

Autor

Rainer Miller Rödl & Partner, Stuttgart Diplom Ökonom, Partner, M&A Advisory

Rainer Miller

Rödl & Partner, Stuttgart
Diplom Ökonom, Partner, M&A Advisory


rainer.miller@roedl.com
www.roedl.de


Autor

Jürgen Graf Rödl & Partner, München Manager Business Development, Corporate Finance, M&A Transaction & Valuation Services

Jürgen Graf, M.A.

Rödl & Partner, München
Manager Business Development, Corporate Finance


juergen.graf@roedl.com
www.roedl.de