Nachhaltigkeit ist ein wichtiges gesellschaftliches Thema geworden. Die Anforderungen und Erwartungen an die Nachhaltigkeit eines Unternehmens steigen stetig an. Das erfolgt einerseits durch externe Einflüsse beispielsweise durch die Politik und der sich daraus ergebenden regulatorischen Vorgaben, andererseits auch durch selbstgesetzte Ziele durch die Geschäftsführung eines jeden Unternehmens. Die daraus resultierende Umsetzungswelle trifft auf diverse Bereiche der Unternehmen, auch auf die arbeitsrechtlichen Themen.
Erweiterte Berichterstattungspflichten aufgrund der CSRD
Brüssel hat neue Vorgaben für die Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit für Unternehmen vorgegeben. Bis zuletzt mussten nur bestimmte Unternehmen von öffentlichem Interesse in der Europäischen Union über ihre Nachhaltigkeit berichten. Regelungen ergaben sich aus der seit 2014 geltenden „Non-Financial Reporting Directive“ (NFRD). Die Pflichten aus der NFRD werden mit der „Corporate Sustainability Reporting Directive [CSRD, EUR-Lex – 32022L2464 – EN – EUR-Lex (europa.eu)]“ grundlegend erweitert. Nachdem das Europäische Parlament die CSRD angenommen hat, unterzeichneten die Präsidentin des Europäischen Parlaments sowie der Präsident des Rates die Richtlinie. Die CSRD ist anschließend im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. Die Mitgliedstaaten haben nun bis zum 06.07.2024 Zeit, die Richtlinie in nationales Recht zu transformieren. Die Standards für die Nachhaltigkeitsberichtserstattungspflichten sowie der Anwendungsbereich der Adressaten werden durch die CSRD nicht unbedeutend erweitert. Sinn und Zweck der Erweiterung ist hierbei die Steuerung in Richtung einer nachhaltigen und transparenten Wirtschaft und die Schaffung der Transparenz durch die Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten. Insbesondere sollen die Berichte dazu dienen, die Interessenträger in die Lage zu versetzen, fundierte Entscheidungen in Nachhaltigkeitsfragen zu treffen.
Die Pflichten, die der europäische Gesetzgeber vorgegeben hat, sind für Unternehmen nicht zu unterschätzen. Alle Unternehmen, die eine gewisse Größe überschreiten, haben Nachhaltigkeitsberichte zu publizieren. Die Berichterstattung nach der CSRD unterliegt auch der Prüfung durch externe Dritte. Die Prüfungsstandards werden durch die EU-Kommission festgelegt und schrittweise erweitert. In einem ersten Schritt ist eine externe Prüfung mit begrenzter Sicherheit („Limited Assurance“) vorgesehen. Mittelfristig soll eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit („Reasonable Assurance“) verlangt werden, was der Prüfungstiefe im Rahmen der bekannten Finanzberichterstattung entspricht. Durch die Prüfungspflicht wird der Druck bei der Umsetzung für die Unternehmen erhöht.
Unternehmen sind ab 2024 zum Reporting verpflichtet
Die Berichtspflichten der CSRD werden auf Unternehmen ausgeweitet, und zwar unabhängig davon, ob diese börsennotiert sind. Letztlich werden damit auch kleine und mittlere Unternehmen von den Vorgaben erfasst. Dabei erfolgt die Berichtspflicht in einem abgestuften System:
Ab 01.01.2024 gilt die Reportingpflicht für große kapitalmarktorientierte Unternehmen, die bereits der NFRD unterlagen. Grundsätzlich unterlagen der NFRD börsennotierte Unternehmen, Banken- und Versicherungsgesellschaften, die mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigten.
Ab 01.01.2025 erweitert sich die Reportingpflicht dann auch auf große Unternehmen, die zwei der drei Kriterien erfüllen:
- Bilanzsumme >20 Millionen Euro
- Nettoumsatzerlöse >40 Millionen Euro
- Mitarbeiter >250
Ab 01.01.2026 unterfallen auch börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) den neuen Vorschriften, wenn sie zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen:
- mehr als zehn Beschäftigte,
- mehr als 350.000 Euro Bilanzsumme
- oder ein Nettoumsatzerlös von über 700.000 Euro.
Ab 01.01.2028 sind auch Nicht-EU-Unternehmen mit EU-Niederlassung, also nicht nur Unternehmen in der EU, sondern auch beispielsweise in der Schweiz, betroffen.
Unternehmen haben dabei zu beachten, dass die Reportingpflicht zu diesem Zeitpunkt besteht und alle Daten und Informationen bis zum Veröffentlichungszeitpunkt gesammelt und ausgewertet sein sollten. Der Fokus auf die CSRD besteht für die meisten Unternehmen schon heute. Die Umsetzung erfolgt vorgelagert zu den oben genannten Zeitpunkten. Sinnvoll kann es für KMU daher sein, von einer Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen und sich bis 2028 von den Reportingpflichten befreien zu lassen.
Die Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse
Berichtsart und Umfang hängen von den jeweiligen Nachhaltigkeitszielen des Unternehmens ab. Derzeit gibt es noch keinen einheitlichen Standard. Die EU-Kommission möchte jedoch zukünftig einen solchen entwickeln. Ein Entwurf der noch durch die EU-Kommission zu erlassenden Standards wurden durch die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) veröffentlicht. Davon unabhängig hat sich jedes Unternehmen mit der Berichtspflicht auseinanderzusetzen und die jeweiligen Nachhaltigkeitsziele frühzeitig, also vor Eintritt der Berichtspflicht, zu identifizieren, um eine adäquate Datenerhebung sicherzustellen. Mittels einer verpflichtenden Wesentlichkeitsanalyse haben Unternehmen die Möglichkeit, individuell herauszufinden, welche Aspekte der Nachhaltigkeit von Belang sind und welche individuellen Ziele langfristig verfolgt werden sollen. Die Nachhaltigkeitsziele erstrecken sich dabei auf die ESG-Bereiche Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance). Hierbei ist die doppelte Wesentlichkeit zu betrachten. Die Berichtspflichten nach der CSRD müssen nämlich sowohl die Outside-in-Perspektive (Einflüsse der Nachhaltigkeitsaspekte auf Geschäftstätigkeit) als auch die Inside-out-Perspektive (Auswirkungen der Geschäftstätigkeiten auf Gesellschaft und Umwelt) berücksichtigen. Wesentliche Themen können hiernach auch im arbeitsrechtlichen Sektor liegen.
Die arbeitsrechtlichen Themen im Nachhaltigkeitsreport
Die Berichtspflichten aus der CSRD können Themen erfassen, die originär im Arbeitsrecht liegen. Insbesondere können sich die Anforderungen auf die nachfolgenden (arbeitsrechtlichen) ESG-Themen erstrecken:
- Gender Pay Gap (Geschlechteranteil in Führungspositionen [„Quote“], Entgeltgleichbehandlung),
- Arbeitszeiten (Work-Life-Balance [Teilzeit im Unternehmen], Anzahl der Arbeitsstunden sowie deren Aufwendungen, zum Beispiel für Fortbildungen, Betriebsratstätigkeiten),
- faire und nachhaltige Vergütung (Zielvereinbarungen, Verhältnis zwischen fixer und variabler Vergütung [„Ratio“], Angemessenheit von Vergütungssystemen),
- Mitarbeiterwohlbefinden und Gesundheitsschutz, etwa Fluktuationsquote, Krankheitsquote, Unfallzahlen, Arbeitsniederlegungen (Streiks),
- Arbeits- und Reiserichtlinien für Mitarbeiter (zum Beispiel Emissionen durch berufliche Reisen, Nutzungsmöglichkeiten von „Mobile Work“),
- Menschenrechtsthemen (unter anderem Diskriminierungsvorfälle, Verbot von Kinderarbeit),
- Diversität im Unternehmen.
Die arbeitsrechtlichen Themengebiete sind nicht abschließend und von den Unternehmen im Einzelfall zu analysieren. Inhaltliche Themen sind nachgelagert mit Standards der ESRS (European Sustainability Reporting Standards) abzugleichen.
Die Themen im Arbeitsrecht sind primär bei der Personalabteilung angesiedelt
Die Nachhaltigkeitsverantwortlichen für die arbeitsrechtlichen Themen sind in erster Linie die Mitarbeiter in der Personalabteilung (Human Resources), welche in der Praxis die Schnittstelle für die Zusammenführung der Informationen und die Erstellung der Berichtsabschnitte ist. Durch die Berichtspflicht werden durchaus eine Mehrbelastung im Personalwesen und ein erhöhter Verwaltungsaufwand entstehen.
Die erhobenen Daten entsprechen ferner nicht immer der Erwartungshaltung der Geschäftsführung oder der Stakeholder oder setzen nicht die gewünschten Signale am Markt. Daher ist eine vorgelagerte frühzeitige Analyse sinnvoll, um eine negative Publicity zu vermeiden. Nicht zuletzt wird über sensible Themen wie Gehalt, Diversität oder Fluktuation berichtet, die im Einzelfall Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Unternehmens (Stichwort Reputationsschäden) haben können. Arbeitsrechtliche Themen sollten frühzeitig beleuchtet werden, um die gewünschten Ergebnisse zu erhalten und rechtzeitig darauf zu reagieren. Bei Anpassungen von Strukturen, die Mitarbeiter betreffen, ist auch immer die Einbindung des Betriebsrats zu überprüfen. Verbesserungspotentiale können gegebenenfalls auch gemeinsam identifiziert werden; im Einzelfall kann sich die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat auch nachhaltig auswirken und die Berichtspflicht umfassen.
Fazit
Unternehmen sollten zum Start der CSRD ab dem Geschäftsjahr 2024 optimal vorbereitet sein. Eine vorgelagerte bedarfsgerechte Überprüfung der Reportingpflichten und eine zweckmäßige Datensammlung sind dabei unvermeidlich. Ein sinnvolles Nachhaltigkeitsmanagement wird die Unternehmen in den zukünftigen Jahren auf jeden Fall begleiten, so dass Schwerpunkte in der Bearbeitung gesetzt werden sollten. Letztlich bietet die Berichtspflicht auch Potential für Optimierungen und Neuerungen im Unternehmen. Um solche allerdings zu erlangen, sind vorgelagert die Handlungsfelder – auch im Arbeitsrecht – zu lokalisieren und auf Basis der Erkenntnisse bedarfsgerecht anzupassen. Denn das Reporting wird eine bewusstseinsbildende Komponente auslösen, nicht nur für den Markt, sondern auch für das Management.