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Die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive kommt

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Am 22.03.2024 hat das Bundesministerium der ­Justiz (BMJ) den lange erwarteten Referenten­entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD, Richtlinie (EU) 2022/2464) veröffentlicht, die die schon bestehenden Pflichten von Unternehmen zur Nachhaltigkeits­berichterstattung deutlich verschärfen und auf einen sehr viel größeren Kreis von Unternehmen anwenden wird.

Mit dem Referentenentwurf ist der erste Schritt zur Umsetzung der CSRD in nationales Recht getan, die nach den Vorgaben der CSRD bis zum 06.07.2024 erfolgen muss. Betroffene Unternehmen sollten sich unbedingt spätestens jetzt mit den neuen Regelungen vertraut machen, um die Belastungen für das eigene Unternehmen möglichst gering zu halten. Für erste Unternehmen gelten die erweiterten Berichtspflichten sogar bereits für das laufende ­Geschäftsjahr 2024.

Hintergrund und geltendes deutsches Recht

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung (oder nichtfinanziellen Berichterstattung) waren schon nach bisheriger deutscher und europäischer Rechtslage bestimmte Unternehmen verpflichtet, nachhaltigkeitsbezogene Informationen im Lagebericht oder einem separaten nichtfinanziellen Bericht offenzulegen. Die entsprechenden Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wurden durch den deutschen Gesetzgeber in den §§ 289b ff. HGB umgesetzt.

Als Teil der Umsetzung des European Green Deal wurden diese Berichtspflichten durch die CSRD erheblich erweitert. Die CSRD ist bereits am 05.01.2023 in Kraft getreten und muss nun, um in den einzelnen Mitgliedstaaten Wirkung zu entfalten, in nationales Recht umgesetzt werden.

Nach dem Referentenentwurf ist nur eine 1:1-Umsetzung der Mindestvorgaben der CSRD und keine ­überschießende Umsetzung über die europäischen Vorgaben hinaus beabsichtigt (so auch die Begründung des Referentenentwurfs, Abschnitt A, VI, Ziffer 4.2).

Die ab 2024 nach dem Referentenentwurf betroffenen Unternehmen

Im Einklang mit der CSRD sind die neuen Berichtspflichten zeitlich gestaffelt. Ab wann die Pflicht zur Bericht­erstattung nach den neuen Regelungen eintritt, hängt von der Art des betroffenen Unternehmens ab.

  • Für die ab dem 01.01.2024 beginnenden Geschäftsjahre sind diejenigen Unternehmen betroffen, die auch aktuell schon den Pflichten zur nichtfinanziellen Bericht­erstattung unterliegen, d.h. große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sowie – unabhängig von Rechtsform und der Kapitalmarktorientierung – entsprechende Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen.
  • Für die ab dem 01.01.2025 beginnenden Geschäftsjahre sind erstmals auch alle (sonstigen) großen Unternehmen sowie rechtsformunabhängig entsprechende Kredit­institute und Versicherer von der Berichtspflicht erfasst. Nach der kürzlich erfolgten, inflationsbedingten Erhöhung der Schwellenwerte des § 267 HGB tritt die Berichtspflicht daher ein, wenn zwei der folgenden drei Bedingungen erfüllt sind:
    – Bilanzsumme von über 25 Millionen Euro,
    – Umsatzerlöse von über 50 Millionen Euro und/oder
    – im Jahresdurchschnitt über 250 Mitarbeiter.
  • Für die ab dem 01.01.2026 beginnenden Geschäftsjahre sind erstmals auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie rechtsformunabhängig entsprechende Kreditinstitute und Versicherer umfasst, sofern diese kapitalmarktorientiert und keine Kleinstunternehmen i.S.d. § 267a HGB sind, d.h. grundsätzlich nur solche, die mindestens zwei der drei (kürzlich ebenfalls angepassten) Merkmale überschreiten:
    – Bilanzsumme von 450.000 Euro,
    – Umsatzerlöse von 900.000 Euro und/oder
    – im Jahresdurchschnitt über zehn Arbeitnehmer.

Der Referentenentwurf sieht eine zeitlich begrenzte Opt-out-Möglichkeit aus den Regeln der Nachhaltigkeits­berichterstattung für KMU vor. Wenn das Unternehmen beschließt, hiervon Gebrauch zu machen, ist dies im ­Lagebericht zu begründen. Für die ab dem 01.01.2028 ­beginnenden Geschäftsjahre kann von dem Opt-out kein Gebrauch mehr gemacht werden.

  • Für die ab dem 01.01.2028 beginnenden Geschäftsjahre sind zuletzt auch deutsche Tochterunternehmen und Zweigniederlassungen von Drittstaatskonzernen von der Berichtspflicht umfasst.

Das Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (PublG), welches für einige Unternehmen über das HGB hinausreichende Rechnungs­legungspflichten vorsieht, verweist in den für ­anwendbar erklärten Vorschriften des HGB bislang ausdrücklich nicht auf die Regeln zur nichtfinanziellen Berichterstattung in §§ 289b ff. HGB. Hieran ändert auch der Referenten­entwurf nichts, so dass man davon ausgehen muss, dass durch das PublG keine weiteren Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet werden.

Rechtsträger, die bislang freiwillig einen Jahresabschluss und Lagebericht nach handelsrechtlichen Grundsätzen erstellen (z.B. viele Vereine, Stiftungen), sollten ihre entsprechenden (Satzungs-)Regeln prüfen und ggf. anpassen, falls diese andernfalls so verstanden werden könnten, dass auch die Abgabe eines Nachhaltigkeitsberichts geschuldet sei. Dies wird meist nicht gewollt sein.

Form des Nachhaltigkeitsberichts

Nach dem Referentenentwurf tritt der Begriff des „Nachhaltigkeitsberichts“ an die Stelle der bisherigen „nicht­finanziellen Erklärung“ (§§ 289b ff. HGB-E, §§ 315b ff. HGB-E). Der Nachhaltigkeitsbericht ist nunmehr zwingender Bestandteil des Lageberichts und kann nicht mehr als gesonderter Bericht erfolgen.

Der Nachhaltigkeitsbericht muss in einem einheitlichen elektronischen Format (European Single Electronic ­Format, ESEF) aufgestellt werden (§ 289g HGB-E). Von der in der CSRD vorgesehenen Möglichkeit des nationalen Gesetzgebers, die betroffenen Unternehmen zu verpflichten, den Nachhaltigkeitsbericht der Öffentlichkeit auf ihrer Website zur Verfügung zu stellen, macht der ­Referentenentwurf keinen Gebrauch.

Inhalt des Nachhaltigkeitsberichts und Verhältnis zum Lieferketten­sorgfalts­pflichtengesetz

Betroffene Unternehmen müssen zukünftig ein umfangreiches Spektrum an ESG-Informationen offen­legen. Der Kreis der Reportingpflichten wird noch einmal gegenüber den aktuell bestehenden deutlich erweitert. Die zu berichtenden Informationen umfassen ­unter anderem eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells, der Strategie und der Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen des Unternehmens. Daneben müssen die Unternehmen eindeutige ESG-Ziele definieren (§ 289c Abs. 2 HGB-E). KMU dürfen den Umfang ihres Nachhaltigkeitsberichts um gewisse Angaben reduzieren (§ 289d HGB-E).

Die Unternehmen müssen nicht nur über die eigene ­Geschäftstätigkeit berichten, sondern auch Informationen zur Wertschöpfungskette ihrer Produkte und Dienstleistungen einschließlich Angaben zu Geschäftsbeziehungen und Lieferketten bereitstellen (§ 289 Abs. 4 HGB-E).

Unternehmen, die freiwillig oder verpflichtend einen Nachhaltigkeitsbericht abgeben, sollen nach dem Referentenentwurf von der zusätzlichen Berichtspflicht nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) befreit werden, das entsprechend geändert wird (§ 10 Abs. 5, 6 LkSG-E). Hierdurch soll eine Doppelbelastung der ­betroffenen Unternehmen vermieden werden. Als Reaktion hat das für die Kontrolle und Durchsetzung des LkSG zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle am 29.04.2024 angekündigt, das Vorliegen der Berichte und deren Veröffentlichung bzw. etwaige Verspätungen erst ab dem 01.01.2025 zu prüfen bzw. zu sanktionieren.

Die Berichtspflichten im Einzelnen werden durch einheitliche und verbindliche EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung konkretisiert, deren Ausarbeitung auf die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) übertragen wurde. Der erste Satz der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) trat bereits im letzten Jahr in Kraft und ist ab dem 01.01.2024 anzuwenden.

Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts

Der Nachhaltigkeitsbericht wird in Zukunft als Bestandteil des Lageberichts Gegenstand einer inhaltlichen Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer sein (§§ 324b, 324c HGB-E, § 324e HGB-E). Der Referentenentwurf enthält entsprechend auch Änderungen der Wirtschaftsprüferordnung, um die angemessene Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts zu gewährleisten.

Fazit und Ausblick

Die Umsetzung der CSRD wird einen beispiellosen ­Anstieg der zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung verpflichteten Unternehmen sehen. Bislang waren nur ca. 500 Unternehmen nachhaltigkeitsberichtspflichtig. Nach dem Referentenentwurf wird davon ausgegangen, dass künftig rund 13.200 Unternehmen erfasst werden (Begründung des Referentenentwurfs, Abschnitt A, VI, Ziffer 4.2).

Mittelbar werden sogar noch sehr viel mehr Unternehmen betroffen sein, für die die neuen Berichtspflichten zwar (noch) nicht selbst gelten, die aber Vertragspartner von verpflichteten Unternehmen sind und von diesen in Anspruch genommen werden, bestimmte Nachhaltigkeitsinformationen zu liefern.

Da damit zu rechnen ist, dass das Gesetzgebungsverfahren in Kürze beendet und die neuen Regelungen wie ­geplant bis zum 06.07.2024 umgesetzt werden, sollten betroffene Unternehmen unbedingt mit ausreichendem zeitlichem Abstand vor ihrem ersten Berichtsjahr ihre entsprechenden Pflichten prüfen, um noch rechtzeitig die notwendigen Prozesse und Verfahren für ein Reporting schaffen zu können.

 

Hinweis der Redaktion:
Den Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive und eine ­Synopse mit den Änderungen finden Sie hier.

 

Autor

David Falkowski Oppenhoff & Partner, Köln Junior Partner david.falkowski@oppenhoff.eu www.oppenhoff.eu

David Falkowski
Oppenhoff & Partner, Köln
Junior Partner
david.falkowski@oppenhoff.eu
www.oppenhoff.eu