Um dem stetig wachsenden Umweltbewusstsein ihrer Kunden zu entsprechen, werben Unternehmen vermehrt mit der „Nachhaltigkeit“ ihrer Produkte oder des gesamten Unternehmens. Marketingstrategien fußen schnell auf der Verwendung von Eco-Labels, Selbstverpflichtungen oder vermeintlich aussagekräftigen und positiv konnotierten Schlagwörtern wie „öko“, „klimaneutral“, „ressourcenschonend“, „umweltfreundlich“. Die Vielfalt sogenannter „Sustainability-Claims“ in der Werbung und auf Verpackungen ist groß und kaum noch überschaubar. Handelt es sich dabei um irreführende oder nicht belegbare Sustainability-Claims, wird im Allgemeinen von „Greenwashing“ – dem nicht der Realität entsprechenden ökologischen „Reinwaschen“ der unternehmerischen Tätigkeit – gesprochen. Neben der Verurteilung von „Greenwashing“ in der öffentlichen Meinung kommen auch greifbare rechtliche Konsequenzen in Betracht. Medienwirksam sind vor allem strafrechtliche Ermittlungen, wie etwa im Fall der Deutsche-Bank-Tochter DWS, die dazu geführt haben, dass die DWS nicht länger die von ihr verwalteten Vermögenswerte mit dem ESG-Label für „Environment, Social, Governance“ bewirbt. Aber auch unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit drohen im Fall von „Greenwashing“ Konsequenzen – insbesondere wettbewerbsrechtliche. Sowohl die Verwendung von Sustainability-Logos oder -Labels als auch allgemeine Sustainability-Claims können irreführend und damit wettbewerbswidrig sein.
Unerlaubte Verwendung von Logos oder Labels
Die Anbringung und Nutzung von Sustainability-Logos oder -Labels, etwa des staatlichen EU-Bio-Logos, des Blauen Engels oder von Labels deutscher Bioverbände wie beispielsweise demeter, Bioland oder Naturland, ist an die Erfüllung ganz konkreter ökologischer Anforderungen geknüpft. Diese Logos dürfen erst nach erfolgter Zertifizierung verwendet werden. Damit geht in der Regel auch der Abschluss von Lizenzverträgen für die Nutzung der Logos und Labels einher.
Werden die Anforderungen nicht (oder nicht mehr) erfüllt oder fehlt es an einer Nutzungsgenehmigung, stellt die Anbringung des jeweiligen Logos oder Labels neben einer Irreführung auch einen Rechtsbruch dar und ist damit eine unzulässige wettbewerbliche Handlung und damit ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Einzelfallprüfung – Irreführung durch sonstige „Sustainability-Claims“
Im Bereich der Sustainability-Claims ist die Frage, wann eine Aussage irreführend ist, in Abgrenzung zu den festen Kriterien von Logos und Labels, ungleich schwieriger. Gerade die allgemeinen Sustainability-Claims sind aus wettbewerbsrechtlicher Sicht besonders relevant, da Verbraucher immer häufiger an Informationen über die Umweltverträglichkeit eines Produkts interessiert sind und sie für ihre Kaufentscheidung zunehmend maßgeblich wird.
Die Beurteilung, wann ein Sustainability-Claim eine irreführende Werbeaussage darstellt, ist zugleich umso schwieriger, je weniger klar definiert und feststehend die verwendeten Begriffe werden. Allein anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls kann ermittelt werden, ob eine Werbeaussage unlauter ist.
Die werbende Aussage muss zutreffend sein, wobei hier stets auf das Verständnis der adressierten Verkehrskreise abzustellen ist. Beispielsweise ist die Nutzung von Sustainability-Claims wie „klimaneutral“ oder „umweltfreundlich“ grundsätzlich erlaubt, soweit sie „wahr“, also richtig und nach dem maßgeblichen Verkehrsverständnis zutreffend sind. Wird beispielsweise ein Produkt für Verbraucher damit beworben, dass dieses „aus 100% recyceltem Meeresplastik“ besteht, geht der maßgebliche Verkehrskreis davon aus, dass sämtliche Teile des Produkts (100%) aus Meeresplastik bestehen. Sofern nur Teile des Produkts aus recyceltem Meeresplastik hergestellt werden, ist die Werbeaussage unzutreffend und aus Verbrauchersicht irreführend. Was also ist zum Beispiel mit Plastik, das im Mündungsgebiet eines großen Flusses aus dem Wasser gefischt wird?
Besonderes Augenmerk sollte daher auf die exakte – oder gegebenenfalls vage – Formulierung der Werbeaussage gelegt werden. Wer die Umweltfreundlichkeit oder bestimmte Eigenschaften nicht auf einzelne Teile des beworbenen Produkts eingrenzt, suggeriert womöglich eine allumfassende Umweltfreundlichkeit des Produkts oder des gesamten Unternehmens.
Ebenfalls irreführend ist etwa die Behauptung, ein Unternehmen engagiere sich mit besonderen Aktivitäten oder nachhaltigen Testpraktiken für den Umweltschutz, wenn diese nicht existieren. Unternehmen müssen deshalb genau darauf achten, wie sie ihre Sustainability-Claims fassen und welche Erwartungen sie damit insbesondere bei Verbrauchern wecken.
Wirbt ein Unternehmen mit Versprechen zur Umweltförderung, beispielsweise damit, dass der Kauf des Produkts zum Schutz des Regenwalds beitrage, so folgt daraus aber keine Pflicht des Unternehmens, den Verbraucher über konkrete Maßnahmen des Regenwaldschutzes aufzuklären. Nichtsdestoweniger muss das Unternehmen im Fall einer Beanstandung durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände sein beworbenes Engagement belegen können.
Rechtliche Konsequenzen von „Greenwashing“
„Greenwashing“ kann damit nicht nur zu Verstimmungen bei den Verbrauchern führen, sondern auch tiefgreifende rechtliche Konsequenzen mit sich bringen: Die unberechtigte Verwendung von geschützten Begriffen oder Eco-Labels und -Logos kann je nach den Umständen eine Ordnungswidrigkeit oder gar eine Straftat nach dem Öko-Kennzeichengesetz (ÖkoKennzG) darstellen.
Unterhalb und losgelöst von dieser Schwelle drohen insbesondere wirtschaftliche und potentiell weitreichende Konsequenzen. Bei Wettbewerbsverstößen kommen zunächst Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche in Betracht, die durch Mitbewerber oder durch qualifizierte Einrichtungen, typischerweise Verbraucherzentralen, geltend gemacht werden können. Die typische Vorgehensweise ist dabei zunächst die Abmahnung mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung, bleibt diese aus, kommt oft prompt eine einstweilige Verfügung oder eben später die Klage. Bei irreführenden Aussagen, die nicht nur in der Werbung, sondern auf Verpackungen oder dem Produkt selbst Niederschlag gefunden haben, droht zudem der Rückruf von Produkten.
Ferner können Mitbewerber, die durch die irreführende Werbung eines Konkurrenten einen Schaden erlitten haben, Ersatz dieses Schadens verlangen – das führt oft nicht zu großen Summen, kann aber unangenehme und aufwendige Auskunftsansprüche nach sich ziehen. Daneben besteht die Gefahr der Gewinnabschöpfung: Dabei muss der wettbewerbswidrig Handelnde diejenigen Gewinne an den Bundeshaushalt herausgeben, die er durch sein wettbewerbswidriges Verhalten erzielt hat. Die Geltendmachung ist eingetragenen Verbraucherschutzverbänden oder besonders legitimierten öffentlichen Stellen vorbehalten. Seit Mai 2022 sind außerdem auch Verbraucher grundsätzlich unmittelbar berechtigt, individuellen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern sie von der wettbewerbswidrigen Handlung direkt betroffen sind.
Fazit
Im Ergebnis ist Unternehmen bei der Werbung mit Sustainability-Claims zur Vorsicht und Einzelfallprüfung zu raten. Nachhaltigkeitsaussagen sollten nicht unbedacht getroffen werden, sondern möglichst den Tatsachen entsprechen und belegbar sein. Anderenfalls drohen kostspielige und rufschädigende (rechtliche) Konsequenzen, die von Schäden in der Außendarstellung über Schadensersatzverpflichtungen bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung reichen.