Das Pariser 1,5-Grad-Ziel ist in weite Ferne gerückt, der Verlust der biologischen Vielfalt ist bereits jetzt immens, und die wirtschaftliche Ungleichheit nimmt stetig zu. Das Thema Nachhaltigkeit ist allgegenwärtig. Unternehmen weltweit überschlagen sich seit einigen Jahren dabei, sich zu ESG-Standards („Environmental, Social, Governance“) zu verpflichten. Doch die Entwicklungen sind nicht schnell und entschlossen genug. Ein Grund: Es fehlen Informationen, die zum Handeln anregen, es mangelt an Transparenz über den Status quo und an Lösungsansätzen, um die Klimaziele effektiv und effizient zu erreichen.
Eine große Herausforderung ist in diesem Zusammenhang der Mangel an qualitativ hochwertigen Nachhaltigkeitsdaten, die die Ambitionen der Regulierungsbehörden weltweit unterstützen und dazu beitragen, geeignete Maßnahmen voranzutreiben. Dies zeigt sich eindrucksvoll am Beispiel der europäischen Taxonomie-Verordnung. Die Problematik ist jedoch auf zahlreiche Regulierungsstandards übertragbar. Denn im Kern geht es darum, Daten nicht als Berichtslast zu verstehen, sondern sie zu einem Managementinstrument zu entwickeln.
Die EU-Taxonomie ist ein wissenschaftlich fundiertes Transparenzinstrument für Unternehmen und Investoren. Sie schafft eine gemeinsame Sprache für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten und führt Offenlegungspflichten für Unternehmen und Finanzmarktteilnehmende ein. Das Ziel: „Greenwashing“ verhindern und Investitionen in nachhaltige Technologien und Unternehmen lenken, denn laut dem European Green Deal soll in der EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral gewirtschaftet werden. Als Resultat finden sich die Finanzmarktteilnehmenden derzeit in folgender Situation wieder: Auf der einen Seite stehen die Banken. Sie benötigen Daten von Unternehmen, um die Taxonomieanforderungen an ihre Berichterstattung zu erfüllen. Die aktuelle Studie „EU-Taxonomie 2022“ von PwC Deutschland zeigt jedoch, dass Banken dabei mit einer Reihe von Problemen konfrontiert sind:
- Die benötigten Daten sind entweder nicht zugänglich, weil die Unternehmen sie nicht wie gewünscht zur Verfügung stellen;
- die Daten sind zu teuer, weil sie von derzeit wenigen dominierenden Datenaggregatoren profitorientiert verkauft werden;
- oder die Daten sind von geringer Qualität, da sie in der Regel nicht direkt von den Dateneigentümern stammen.
Auf der anderen Seite stehen die Dateneigentümer, die Unternehmen, die nicht nur von einer Bank, sondern von vielen Banken gleichzeitig aufgefordert werden, Daten bereitzustellen. Auch sie stehen vor Problemen:
- Ihnen fehlen die Ressourcen, um jede Anfrage nach Daten zu beantworten und
- sie verlieren die Kontrolle darüber, was mit ihren Daten geschieht.
Der Weg zur gemeinsamen Dateninfrastruktur
Stellen Sie sich vor, jedes Unternehmen würde ein eigenes Wasserwerk mit eigenen Leitungssystemen bauen, um das Wasser, das für den eigenen Geschäftsbetrieb und die Verfolgung der kommerziellen Interessen zwingend notwendig ist, zu beschaffen. Ein Szenario, das volkswirtschaftlich unsinnig ist. Unternehmen greifen deshalb in der Regel auf die bestehende Wasserinfrastruktur zurück. Im Falle von Daten, die wie oben skizziert beispielsweise für die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der EU-Taxonomie zwingend nötig sind, agiert die Wirtschaft jedoch nach genau diesem volkswirtschaftlich unsinnigen Muster: Jede Bank errichtet eine eigene, teure Datenpipeline, obwohl alle dieselben Informationen benötigen. Dafür greifen sie meistens auf wenige dominierende externe Anbieter zurück, deren Geschäftsmodell es ist, den Zugang zu den benötigten Daten zu beschränken und teuer zu verkaufen. Deutlich effizienter wäre es, diese regulatorischen Daten über eine gemeinschaftlich organisierte Infrastruktur, vergleichbar mit unserer Wasserinfrastruktur, öffentlich zugänglich zu machen. So könnten der Zeit- und Kostenaufwand für Banken und Unternehmen reduziert werden. Für die Transformation der globalen Volkswirtschaften, die nötig ist, um die Klimaziele zu erreichen und Menschenrechte in Lieferketten zu überwachen, ist es essentiell, den bestehenden Datenmonopolen und -oligopolen eine Alternative entgegenzustellen. Der vor diesem Hintergrund von der Europäischen Union geplante European Single Access Point (ESAP) wird jedoch nicht ausreichen, um dieses Problem zu lösen. Denn: Er konzentriert sich lediglich auf europäische Unternehmen, umfasst keine maschinenlesbaren Daten und wird erst im Jahr 2026 zugänglich sein. Eine privatwirtschaftliche Lösung ist erforderlich, um die gemeinsamen Nachhaltigkeitsziele der Weltgemeinschaft zu erreichen.
Dataland: Die kritische Infrastruktur für (ESG-)Daten
PwC Deutschland und d-fine haben genau hier angesetzt und eine solche Alternative entwickelt: Dataland. Durch eine gemeinnützige Stiftung kontrolliert, soll Dataland die kritische Infrastruktur für Daten auf globaler Ebene bereitstellen, die die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft unterstützt.
Die skizzierten Probleme der Banken, die Daten benötigen, um Regulierungen und ESG-Standards gerecht zu werden, sowie der Unternehmen, welche die Daten zur Verfügung stellen sollen, machen die Idee greifbar: Dataland wird als Herzstück des globalen ESG-Ökosystems der Marktplatz zwischen beiden Akteursgruppen sein. Je mehr Akteure sich beteiligen, desto umfangreicher, kostengünstiger und von höherer Qualität wird der benötigte Datensatz für die Finanzmarktteilnehmenden auf der einen Seite sein. Für die Unternehmen auf der anderen Seite wird die Bereitstellung der Daten effizienter, da diese nur noch über eine Quelle geschieht, und fairer, da sie die Souveränität über ihre Daten behalten sowie einen gerechten Preis dafür erhalten. Das Resultat ist ein Datensatz, den niemand alleine erstellen könnte, den aber alle Akteure benötigen. Um die Sicherheit der Daten zu gewährleisten, werden diese bei einem unabhängigen Datentreuhänder (EuroDaT) gespeichert, der von der Bundesregierung gefördert wird. Zusammenfassend lässt sich sagen: Dataland wird es Organisationen künftig ermöglichen, alle Daten, die sie benötigen, aber nicht selbst beschaffen können, direkt von den Dateneigentümern anzufordern und ihnen dafür eine faire Vergütung zu zahlen.
Ausblick
Derzeit befindet sich die Dataland GmbH in der Aufbauphase und wird die Datenplattform im Laufe des Jahres 2023 an den Markt bringen. Bis zur Markteinführung werden durch Pilot- bzw. Testnutzer relevante Datenmengen für verschiedene Anwendungsfälle und Regulierungen aufgebaut – beginnend mit verschiedenen ESG-Regulierungen wie der EU-Taxonomie, der Sustainable Finance Disclosure Regulation oder dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz bis hin zu komplexeren Daten wie Satellitenbildern. PwC Deutschland wird als Gründerin der Initiative ab dem Marktstart keinen Einfluss auf das Management und die Steuerung der GmbH haben. Das Unternehmen agiert dann, durch eine gemeinnützige Stiftung gehalten, eigenständig. Die Gründungsparteien PwC und d-fine setzen damit die Basis für eine föderale Datenstruktur sowie den einfacheren und günstigeren Zugang zu dringend benötigten (Nachhaltigkeits-)Daten.