Das europäische Einheitspatent und das Einheitliche Patentgericht

Beitrag als PDF (Download)

Einleitung

Mit dem europäischen Einheitspatent und dem Einheitlichen Patentgericht werden erstmalig ein Patent und ein Gerichtssystem geschaffen, mit denen Erfindungen für viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlangt und einheitlich vor dem Einheitlichen Patentgericht behandelt werden. Es war ein langer Weg bis hierher, der nun in die Zielgerade einbiegt.

Vorgeschichte

Mit der voranschreitenden europäischen Integration nach dem 2. Weltkrieg ging auch das Bestreben einher, einen echten europäischen Binnenmarkt mit einheitlichen, für die gesamte Europäische Gemeinschaft, jetzt Europäische Union, gültigen Patenten, Marken und Designs (Geschmacksmustern) zu schaffen. Während dieses Ziel für Marken und Designs inzwischen erreicht ist, blieb dieser Wunsch für Patente bislang unerfüllt.

Zwar gibt es ein vom Europäischen Patentamt mit Sitz in München und Zweigstellen in Den Haag und Berlin erteiltes europäisches Patent (EP-Patent), das nach einem supranationalen, von der Europäischen Union völlig unabhängigen Vertrag, dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) – manchmal auch nach dem Ort seiner Verabschiedung „Münchener Übereinkommen“ genannt – erteilt (oder auch versagt) wird. Nach seiner Erteilung zerfällt dieses EP-Patent jedoch in ein Bündel nationaler Patente (daher im Jargon und nachfolgend Bündelpatent genannt), die dann vom Patentinhaber wie herkömmliche nationale Patente für jeden Mitgliedstaat einzeln geltend gemacht werden müssen. Dritte, die sich von dem EP-Bündelpatent gestört fühlen, können zwar innerhalb von 9 Monaten nach der Veröffentlichung der Erteilung das Patent zentral mit einem Einspruch beim Europäischen Patentamt angreifen. Danach sind aber auch sie auf nationale, für jeden Mitgliedstaat einzeln durchzuführende Nichtigkeitsverfahren angewiesen. Dies ist nicht nur aufwendig und kostenträchtig, sondern führt oft auch zu divergierenden Ergebnissen.

Die Bemühungen um ein echtes Unionspatent wurden daher auch nach Inkrafttreten des EPÜ fortgesetzt. Zwar konnte auch jetzt kein echtes, für die gesamte Europäische Union gültiges und durchsetzbares Unionspatent erreicht werden. Im Wege der „enhanced cooperation“ wurden aber unter Beteiligung einiger Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung („Einheitspatent“ oder neudeutsch European Patent with Unitary Effect, kurz Unitary Patent, UP) und ein Einheitliches Patentgericht (EPG oder neudeutsch Unified Patent Court, UPC) geschaffen. Diese können in Kraft treten, sobald 13 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darunter zwingend die drei anmeldestärksten Patentstaaten Deutschland, Frankreich und Italien, ratifiziert haben. Diese Hürde schien zunächst genommen, wurde dann aber aufgrund einer Verfassungsbeschwerde und später zweier weiterer Verfassungsbeschwerden in Deutschland doch verfehlt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Das Bundesverfassungsgericht hat der ersten Verfassungsbeschwerde stattgegeben, da das Ratifikationsgesetz formal nicht korrekt zustande gekommen sei. Bundestag und Bundesrat haben das Gesetz daraufhin erneut ratifiziert. Wieder wurden dagegen zwei Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, welche das Bundesverfassungsgericht im Sommer 2021 als unzulässig verworfen hat. Damit war der Weg frei und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat das Ratifikationsgesetz inzwischen unterschrieben. Die Ratifikationsurkunde wurde hinterlegt. Nun wird erwartet, dass das EPG Ende 2022 oder spätestens in der ersten Hälfte 2023 seine Arbeit aufnehmen kann.

Die Karte (S. 6) verdeutlicht, welche Staaten beim Europäischen Patentübereinkommen, dem Einheitspatent und dem Einheitlichen Patentgericht dabei sind.

Diejenigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die auch beim EPG mitmachen sind oliv dargestellt und werden im Folgenden teilnehmende Mitgliedstaaten genannt. Spanien, Kroatien und Polen (rot) sind zwar bei der Europäischen Union und auch dem Europäischen Patentübereinkommen dabei, aber nicht beim EPG-Übereinkommen. Blau sind die Staaten dargestellt, welche dem Europäischen Patentübereinkommen angehören, ohne Mitglied der Europäischen Union zu sein.

Bündelpatent versus Einheitspatent

Die traditionellen europäischen Bündelpatente werden beim Europäischen Patentamt (EPA) eingereicht. Amtssprachen beim EPA sind Deutsch, Englisch oder Französisch. Die Anmeldung muss also in einer dieser Sprachen eingereicht werden oder in eine dieser Sprachen übersetzt werden, die dann Verfahrenssprache wird. Das EPA prüft die die Anmeldung und die Erfindung auf Patentfähigkeit und erteilt nach positiv verlaufener Prüfung ein europäisches Patent. Dafür muss der Anmelder die vom EPA für die Patenterteilung vorgesehenen Patentansprüche in die beiden anderen Amtssprachen übersetzen, welche nicht Verfahrenssprache waren.

Das Patent ist zunächst für sämtliche Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens gültig, zu denen nicht nur die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehören, sondern noch einige Staaten mehr (wie dies der Karte auf S.6 zu entnehmen ist), wie z. B. Großbritannien, die Schweiz, Norwegen und die Türkei, um nur einige größere Staaten zu nennen.
Beim Bündelpatent muss der Patentinhaber sein Patent jedoch in einigen Mitgliedstaaten „validieren“. Je nach Staat sind dafür innerhalb einer Frist von drei Monaten Übersetzungen der Patentansprüche oder gar der gesamten Patentschrift in die jeweilige Landessprache einzureichen. In einigen Staaten, in denen eine Übersetzung der Ansprüche ausreicht, müssen die Beschreibung und ggf. Textangaben in Zeichnungen in englischer Sprache vorliegen, falls das Patent nicht ohnehin in Englisch veröffentlicht wurde. Will ein Patentinhaber in allen Staaten, die auch beim Einheitspatent mitmachen, validieren, muss er Übersetzungen in sehr viele Sprachen anfertigen und beim jeweiligen Amt einreichen. Ferner muss der Patentinhaber ab der Erteilung die Jahresgebühren dort, wo er sein Patent aufrechterhalten möchte, beim jeweiligen nationalen Amt einzahlen. Dieser Prozess ist entsprechend aufwendig und damit teuer.

Für die Erteilung von Einheitspatenten ist ebenfalls das Europäische Patentamt zuständig. Die Anmeldung durchläuft dasselbe oben beschriebene Erteilungsverfahren. Der Anmelder/Patentinhaber muss sich erst nach Erteilung des Patents entscheiden, ob er für die teilnehmenden Mitgliedstaaten ein Bündelpatent oder ein Einheitspatent möchte. Für die Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens erhält er weiterhin neben dem Einheitspatent das Bündelpatent (siehe Grafik S. 7).

Um nun das Einheitspatent zu erhalten, muss der Patentinhaber binnen eines Monats ab Veröffentlichung der Patenterteilung dem Europäischen Patentamt gegenüber erklären, dass er die einheitliche Wirkung wünscht und – noch für eine Übergangszeit von 6 Jahren, die durch die teilnehmenden Mitgliedstaaten auf 12 Jahre verlängert werden kann – eine Übersetzung der Beschreibung ins Englische, falls die Verfahrenssprache Deutsch oder Französisch war, oder in eine andere Sprache der Europäischen Union, falls die Verfahrenssprache Englisch war, einreichen. Jahresgebühren für die Aufrechterhaltung des Einheitspatents werden zentral beim Europäischen Patentamt eingezahlt.

Das Einheitspatent bietet damit den Vorteil, dass es nicht in jedem teilnehmenden Mitgliedstaat einzeln aufrechterhalten werden muss und keine Vielzahl von Übersetzungen erforderlich ist. Damit wird der Verwaltungsaufwand erheblich reduziert, wenn das Patent in mehreren teilnehmenden Mitgliedstaaten aufrechterhalten werden soll. Da die Jahresgebühren für das einheitliche Patent nach den Jahresgebühren der vier meistgewählten Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens kalkuliert sind, tritt bei einer entsprechenden Fülle von teilnehmenden Mitgliedstaaten, in denen das Patent aufrechterhalten werden soll, zudem eine kleine oder auch immense Gebührenersparnis ein.

Jedoch geht Flexibilität verloren, da das einheitliche Patent nur ganz oder gar nicht aufrechterhalten werden kann. Es ist ja durchaus üblich, dass ein Patentinhaber sein europäisches Bündelpatent zunächst in sehr vielen Mitgliedstaaten weiterverfolgt. Im Lauf der maximal 20-jährigen Lebensdauer des Patents wird der Patentschutz dann aber für mehr und mehr Mitgliedstaaten aufgegeben, bis zum Ende hin oft nur noch zwei Staaten oder gar nur ein einziger Staat übrig bleiben. In einem solchen Fall wird das Einheitspatent zum Ende hin unter Umständen sehr viel teurer als ein Bündelpatent.

Ferner ist bei der Entscheidung Einheitspatent oder Bündelpatent zu berücksichtigen, dass das Einheitspatent immer nur beim EPG geltend gemacht bzw. sein Rechtsbestand angegriffen werden kann. Der Weg zu den nationalen Gerichten ist dann verwehrt. Der Inhaber eines Einheitspatents setzt also immer „alles auf eine Karte“.

Das Einheitliche Patentgericht (EPG)

Das EPG wird nicht nur für die Einheitspatente, sondern auch für die traditionellen, schon bisher vom Europäischen Patentamt erteilten europäischen Bündelpatente zuständig sein. Damit sollte sichergestellt werden, dass das EPG auch von Anfang an Arbeit bekommt, indem es auch für bereits vor Inkrafttreten des EPG-Übereinkommens erteilte Bündelpatente zuständig ist. Patentinhaber von traditionellen europäischen Bündelpatenten können ihre Verletzungsklage also beim EPG einreichen. Ebenso können Dritte, die sich durch ein solches Patent gestört fühlen, ihre Nichtigkeitsklage beim EPG anhängig machen. Für eine Übergangszeit von 7 Jahren, welche durch die teilnehmenden Mitgliedstaaten um weitere 7 Jahre auf insgesamt 14 Jahre verlängerbar ist, können solche Klagen aber auch bei den gewohnten und vertrauten nationalen Gerichten eingereicht werden (Art. 83 EPG-Übereinkommen).
Möchte ein Patentinhaber verhindern, dass eine Nichtigkeitsklage gegen sein europäisches Bündelpatent beim EPG anhängig gemacht wird, kann er ein „Opt-out“ erklären (Art. 83 Abs. 3 EPG-Übereinkommen). Dritte können das Patent dann nicht zentral vor dem EPG angreifen, sondern sind auf nationale Nichtigkeitsverfahren in jedem einzelnen teilnehmenden Mitgliedstaat, in dem das Patent in Kraft ist und in welchem sie die Nichtigerklärung begehren, angewiesen.

Zunächst soll aber das EPG kurz vorgestellt werden: Das EPG ist ein Gericht der Europäischen Union mit zwei Instanzen. In der ersten Instanz gibt es Zentralkammern sowie in teilnehmenden Mitgliedstaaten Lokal- oder Regionalkammern (dezentrale Kammern). Die dezentralen Kammern dürfen aber nicht mit den nationalen Gerichten verwechselt werden. Es sind Kammern des EPG, deren Urteile immer für sämtliche teilnehmenden Mitgliedstaaten wirksam und vollstreckbar sind. Die dezentralen Kammern sind, grob vereinfacht, für Verletzungsklagen von Patentinhabern gegen Beklagte aus der Europäischen Union zuständig, die in dem teilnehmenden Mitgliedstaat, in dem die Lokal- oder Regionalkammer angesiedelt ist oder in welchem die Verletzungshandlung stattgefunden hat, ihren Sitz haben, sowie für Nichtigkeitswiderklagen durch die beklagte Partei. Die Zentralkammer ist, grob vereinfacht, für isolierte Nichtigkeitsklagen und Beklagte, die ihren Sitz nicht in einem teilnehmenden Mitgliedstaat haben, zuständig. Regionalkammern und Lokalkammern unterscheiden sich dabei nur dadurch, dass Regionalkammern für mehrere Staaten zuständig sind, während die Lokalkammern immer nur für Ihren gastgebenden Staat zuständig sind. Dies verdeutlicht die Grafik auf S. 9.

Die dezentralen Kammern sind immer mit drei juristisch vorgebildeten Richtern besetzt, von denen mindestens ein Richter aus einem anderen Staat als dem gastgebenden Staat stammen muss. Reicht der Beklagte eine Nichtigkeitswiderklage ein, so kann die Regional- oder Lokalkammer diese mitentscheiden, hat dann aber einen technisch (auf dem Technikgebiet des Patentes) vorgebildeten Richter als vierten Richter mit hinzuzunehmen. Alternativ kann sie das Nichtigkeitsverfahren abtrennen und an die Zentralkammer verweisen. Der Autor hält es für nicht wahrscheinlich, dass die dezentralen Kammern von der letztgenannten Möglichkeit in großem Umfang Gebrauch machen werden. Vielmehr dürften sie auch über die Nichtigkeitswiderklage mitentscheiden.

Hält die dezentrale Kammer den Sachverhalt für technisch schwierig, kann sie ebenfalls – und auch ohne eine Nichtigkeitswiderklage – einen technisch vorgebildeten Richter als vierten Richter mit dazu holen. Dies können die Parteien anregen.

Die Zentralkammern sind bei Verletzungsklagen mit drei juristisch vorgebildeten Richtern besetzt, von denen jedoch ein Richter durch einen technisch vorgebildeten Richter ersetzt werden kann oder muss. Die Voraussetzungen dafür sind wie bei den Regional- oder Lokalkammern: Bei Nichtigkeitsklagen oder Nichtigkeitswiderklagen muss und bei technisch schwierigem Sachverhalt kann ein juristisch vorgebildeter Richter durch einen technisch vorgebildeten Richter ersetzt werden.

Berufungen gegen Urteile der ersten Instanz gehen an ein Berufungsgericht mit Sitz in Luxemburg. Dieses Gericht ist unabhängig vom Streitgegenstand immer mit drei juristisch vorgebildeten Richtern und zwei technisch vorgebildeten Richtern besetzt.

Der Weg einer Rechtsbeschwerde zum Gerichtshof der Europäischen Union ist in der Regel abgeschnitten, solange nicht anderweitiges Unionsrecht eine Rolle spielt. In der Regel ist also mit der zweiten Instanz Schluss.

Einheitliches Patentgericht versus nationale Gerichtsbarkeit – Opt-out or not Opt-out?

Anmelder einer europäischen Patentanmeldung stehen also nach der Patenterteilung vor der Wahl, ob sie sich auch für die teilnehmenden Mitgliedstaaten für das Einheitspatent oder das traditionelle Bündelpatent entscheiden sollen. Inhaber der traditionellen europäischen Bündelpatente stehen vor der Frage, ob ein Opt-out erklärt werden soll.
Im Folgenden äußert der Autor einige Gedanken, ob und wann ein Patentinhaber ein Opt-out erklären sollte. Diese Gedanken sind nicht abschließend und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Autor würde sich freuen, wenn sie eine Diskussion und weitere Überlegungen zu diesem Thema anstoßen würden.

Die Kammern werden in der Praxis immer mit Richtern unterschiedlicher Nationalität aus Ländern unterschiedlicher Rechtstraditionen zusammengesetzt sein. Selbst für die dezentralen Kammern ist vorgesehen, dass wenigstens ein Richter nicht aus dem gastgebenden Staat stammt. Damit wird das EPG unterschiedliche Rechtstraditionen zusammenführen und sicher auch für eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung nationaler Gerichte sorgen. Zumindest zwei der Richter in der ersten Instanz und erst recht die Richter der Berufungsinstanz werden sehr erfahrene Patentrichter sein. Der Autor erwartet daher eine hohe Qualität der Entscheidungen. Dennoch sind Zweifel und anfängliche Vorbehalte gegen das EPG durchaus verständlich.
Das EPG bietet den Vorteil, dass der Patentinhaber sein Patent mit einem einzigen Verfahren für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten durchsetzen kann. Es hat aber auch den Nachteil, dass das Patent in einem einzigen Verfahren mit Wirkung für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten vernichtet werden kann. Ein Patentinhaber kann daher geneigt sein, immer ein Opt-out zu erklären, um dieser Gefahr zu entgehen. Aber ist das immer sinnvoll?

Bei „Kronjuwelen“, also besonders wichtigen Patenten, ist ein Opt-out sicher ratsam. Dies gilt umso mehr, wenn das Patent noch kein Bestandsverfahren, wie ein Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt, überstanden hat.

Bei Patenten, die bereits ein solches Einspruchsverfahren überstanden haben, ist zwar immer noch nicht sicher, dass sie auch ein Nichtigkeitsverfahren (sei es national oder vor dem EPG) überstehen werden. Jedes Schutzrecht ist Zeit seines Lebens mit dem Risiko der Nichtigkeit behaftet Die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Angriff auf ein Patent wird aber mit einem bereits zuvor überstandenen Einspruchsverfahren deutlich geringer. Kein Patentprüfer dieser Welt wird mit so viel Eifer und Eigeninteresse nach erfolgversprechenden Nichtigkeitsgründen gegen ein Patent recherchieren wie ein Wettbewerber, der sich in seinen wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten gestört fühlt.

In einem solchen Fall und bei wirtschaftlich vielleicht weniger wichtigen Patenten wäre daher ein Verzicht auf ein Opt-out angezeigt.

Zu überlegen ist aber auch Folgendes: Ein Opt-out kann nicht mehr erklärt werden, sobald gegen das oder aus dem Patent ein Verfahren vor dem EPG anhängig gemacht worden ist. Es wird durchaus überzeugend vertreten, dass ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kein Verfahren ist, das ein Opt-out ausschließt. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, das EPG mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auszuprobieren. Gelingt dies nicht oder zumindest nicht, ohne dass der angegriffene vermeintliche Verletzer von dem Antrag erfährt, kann der Antrag wieder zurückgenommen werden. Dieser „Test“ kann jedoch nur durchgeführt werden, wenn kein Opt-out erklärt worden ist.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass nach einem Opt-out auch die Möglichkeit eines Widerrufs des Opt-out, ein sogenanntes Opt-back-in möglich ist. Dies ist jedoch nur so lange möglich, wie noch kein Verfahren aus oder gegen einen nationalen Teil des betreffenden Bündelpatents anhängig geworden ist.

Fazit

Mit dem europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung, dem sogenannten Einheitspatent, und dem Einheitlichen Patentgericht werden erstmals für weite Teile der Europäischen Union ein einheitliches Patent und ein Gerichtssystem zu dessen Durchsetzung geschaffen. Die Nutzer des Patentsystems sind daher bald, wenn nicht schon jetzt, gefordert zu überlegen, ob sie die bisherigen nationalen Systeme oder das neue europäische einheitliche System nutzen wollen. Vor- und Nachteile dieses Systems wurden in diesem Artikel vorgestellt und einige Gedanke zur Entscheidungsfindung geäußert. Letztlich ist als Ergebnis festzustellen, dass es keine generelle Regel gibt, welches System das geeignetere ist. Vielmehr ist dies immer eine Einzelfallentscheidung, die jeder Patentanmelder/-inhaber für jedes seiner Patente gesondert treffen muss.

detlef.vonahsen@kuhnen-wacker.com

Aktuelle Beiträge