Der Schutz von Produktdesigns mittels eingetragener Designs ist nicht mehr wegzudenken aus den vielfältigen Möglichkeiten des Schutzes geistigen Eigentums. In der Europäischen Union bietet sich insbesondere die Anmeldung eines EU-Designs an, das nach den einschlägigen Regelungen als „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ bezeichnet wird. Diese Schutzmöglichkeit wird von immer mehr Unternehmen und Privatpersonen in Anspruch genommen. Im vergangenen Jahr wurden beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) rund 100.000 Gemeinschaftsgeschmacksmuster zur Eintragung angemeldet.
In der täglichen Anwaltspraxis zeigt sich jedoch oftmals ein ganz anderes Bild. In vielen Unternehmen fehlt die Sensibilität dafür, welche neuen Produkte als Designs oder Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt werden könnten und warum ein solcher Schutz empfehlenswert ist. Dabei sprechen zahlreiche Argumente für die Anmeldung, welche allein oder ergänzend zu weiteren eingetragenen Schutzrechten, zum Beispiel Patenten oder Marken, getätigt werden kann.
Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist das Erscheinungsbild eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, das sich insbesondere aus dessen Form, Muster und Farben ergibt. Geschützt werden kann nahezu jeder hergestellte oder handgefertigte Gegenstand. Dementsprechend bilden Geschmacksmuster die unterschiedlichsten Produkte aus den verschiedensten Bereichen ab: Extravagante Möbeldesigns, Schmuck und Bekleidungsstücke genießen ebenso Schutz wie das Erscheinungsbild elektrischer Haushaltsgegenstände, Fahrrad- und Automobildesigns oder Behältnisse und Verpackungen. Nicht geschützt werden können Computerprogramme, dafür aber grafische Benutzeroberflächen, Web-Designs oder die Abbildungen von Bildschirmsymbolen (Icons).
Von der Anmeldung zur Registrierung
Für Anmelder in Deutschland und Europa empfiehlt sich regelmäßig die Anmeldung eines (eingetragenen) Gemeinschaftsgeschmacksmusters. Diese werden vom Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) mit Sitz in Alicante/Spanien verwaltet und sind in allen Ländern der Europäischen Union gültig. Die maßgebliche europäische Verordnung (Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung – „GGV“) verwendet dabei den Begriff des „Geschmacksmusters“ oder des „Gemeinschaftsgeschmacksmusters“, während das deutsche Geschmacksmuster vor einigen Jahren in den – der breiten Öffentlichkeit geläufigeren Begriff – des „Designs“ umbenannt worden ist.
Sofern der Anmelder ausschließlich in Deutschland tätig ist, kann alternativ auch die Anmeldung eines Deutschen Designs beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München erwogen werden. Dieses Recht gewährt nur deutschlandweit Schutz und ist kostenmäßig etwas günstiger als ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Sobald jedoch ein weiteres Land abgedeckt werden soll, ist ein Deutsches Design finanziell regelmäßig nicht länger vorteilhaft.
Auch Anmelder mit Sitz außerhalb der Europäischen Union können selbstverständlich ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster anmelden. Sie müssen jedoch einen Vertreter innerhalb der EU benennen.
Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewährt einen einheitlichen Schutz für alle derzeit 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Dabei genügt eine einzige Anmeldung, welche in einer beliebigen Amtssprache der Europäischen Union eingereicht werden kann. Auch die Gebühren für die Anmeldung sind allein beim EUIPO zu entrichten. Mehrere Geschmacksmuster können zudem in einer (kostengünstigeren) Sammelanmeldung zusammengefasst werden, sofern die einzelnen Erzeugnisse derselben Produktgruppe zuzuordnen sind. Dabei trifft das EUIPO eine abschließende Entscheidung über die Eintragbarkeit des Gemeinschaftsgeschmacksmusters für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Diese Umstände verdeutlichen, dass das Gemeinschaftsgeschmacksmuster viele Vorteile bietet: Es spart dem Anmelder Zeit, Geld und Verwaltungsaufwand, gerade im Vergleich zur Anmeldung nationaler Designs bei den zuständigen Behörden der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten.
Für die Anmeldung des Designs werden ein oder mehrere Abbildungen des zu schützenden Produkts benötigt. Hierfür eigenen sich vor allem (Computer-)Zeichnungen oder Fotografien. Diese grafische Wiedergabe soll alle Merkmale des Geschmacksmusters abbilden, damit der Schutzgegenstand des Geschmacksmusters anhand der Abbildung(en) klar und eindeutig bestimmt werden kann, um Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Die Schutzdauer von Gemeinschaftsgeschmacksmustern beträgt zunächst fünf Jahre, wobei eine Verlängerung um jeweils weitere fünf Jahre bis zu einer maximalen Dauer von 25 Jahren möglich ist.
Im Rahmen des Anmeldeverfahrens prüft das EUIPO die formellen Voraussetzungen für die Eintragbarkeit, also die Einhaltung der Begriffsbestimmung des Geschmacksmusters, nicht aber die Gültigkeit des Gemeinschaftsgeschmacksmusters. Dieser eingeschränkte Prüfungsumfang ermöglicht regelmäßig eine einfache und unkomplizierte Eintragung des angemeldeten Designs. Erfüllt die Anmeldung die Sacherfordernisse, wird das Gemeinschaftsgeschmackmuster ohne Beanstandung seitens des zuständigen Prüfers beim EUIPO registriert. Danach kann der Anmelder sich auf ein eingetragenes Recht zum Schutz seines Produkts berufen.
Die Eintragung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters bedeutet noch nicht, dass dieses auch rechtsbeständig und gültig ist. Voraussetzung für ein gültiges Geschmacksmuster sind darüber hinaus dessen Neuheit und dessen Eigenart. Die Gültigkeit eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters wird allerdings bei der Anmeldung nicht geprüft, sondern ist erst im Rahmen eines möglichen Nichtigkeitsverfahrens maßgeblich.
Auch wenn die Neuheit und die Eigenart eines Produkts bei der Anmeldung nicht geprüft werden, muss das anzumeldende Erzeugnis diese Voraussetzungen erfüllen, um ein gültiges Geschmacksmuster zu bekommen, das im Fall eines möglichen Angriffs Bestand hat.
Fehlerquellen bei der Anmeldung
Da der Schutzumfang eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters ausschließlich nach den verwendeten Abbildungen bemessen wird, ist es sehr wichtig, diese sorgfältig auszuwählen. Hier können sich leicht Fehler einschleichen, die im Worst Case zur Ungültigkeit des Geschmacksmusters führen.
Es ist vor allem darauf zu achten, eine klare und vollständige Wiedergabe des Erzeugnisses einzureichen. Pro Anmeldung dürfen ein bis höchstens sieben verschiedene Abbildungen verwendet werden. Nicht in allen Fällen ist es jedoch empfehlenswert, diesen Rahmen auch auszuschöpfen. In manchen Fällen kann eine einzige Abbildung auch einen „besseren“ Schutz bieten als eine vollständige Wiedergabe des Produkts von allen Seiten. Oft werden vom Anmelder neben einer perspektivischen Ansicht weitere Abbildungen der Vorderansicht, Rückansicht, Draufsicht und anderes mehr ausgewählt. Dabei müssen alle Abbildungen einer Anmeldung sich auf ein und dasselbe Produkt beziehen. Nur wenn alle Ansichten übereinstimmen, kann eine korrekte Anmeldung vorliegen.
Zudem sollte ein neutraler Hintergrund gewählt werden, so dass ohne Zweifel feststeht, welches Erzeugnis Gegenstand des Schutzes sein soll. Neben dem Erzeugnis dürfen keine weiteren Gegenstände im Hintergrund dargestellt sein. Außerdem dürfen keine weiteren Elemente zur Erläuterung des Erzeugnisses ergänzt werden, wie beispielsweise Maßangaben oder Größenverhältnisse.
Um den vielen verschiedenen und verschiedenartigen Produkten gerecht zu werden, kann aber je nach Erzeugnis eine spezielle Anmeldeform gewählt werden. Wichtige Einzelteile können etwa als Teile von Produkten separat geschützt werden. Zulässig sind ferner verschieden Arten von Ansichten, unter anderem Teil- oder Schnittansichten und Explosionsdarstellungen.
Internationale Anmeldestrategien
Möchte der Anmelder das Aussehen seiner Erzeugnisse auch außerhalb der EU schützen, empfiehlt sich die Anmeldung eines sogenannten Internationalen Designs bei Internationalen Büro der World Intellectual Property Organization (WIPO). Neben der Europäischen Union können viele weitere, wirtschaftlich interessante Länder, wie zum Beispiel die USA, die Schweiz, Norwegen, Großbritannien, Japan und bald auch China, mit diesem Schutzrecht abgedeckt werden.
Anstatt einzelne Anmeldungen bei den jeweiligen nationalen Ämtern einzureichen, ist dafür – ähnlich wie bei den Gemeinschaftsgeschmacksmustern – eine einzige Anmeldung ausreichend. Die Anmeldung kann in einer Sprache eingereicht werden und die anfallenden Gebühren können einmalig in einer Währung bezahlt werden. Diese Bündelung der Rechte erleichtert dem Anmelder die Handhabung seiner Designanmeldung. Der Anmeldeprozess ist außerdem meist deutlich kostensparender als parallele Anmeldungen in mehreren Ländern.
Die WIPO prüft allein die formellen Voraussetzungen für die Eintragbarkeit des Designs, vor allem die Zahlung der Gebühren und die Qualität der eingereichten Abbildungen, nicht aber das Vorliegen der Neuheit. Anders als beim EUIPO ist der Anmeldeprozess eines Internationalen Designs mit Abschluss der Formalprüfung durch die WIPO noch nicht beendet. Es kann sich eine weitere Sachprüfung anschließen, sofern dies nach den Vorschriften der jeweiligen Länder angezeigt ist. Die Ämter aller benannten Länder prüfen, ob die Anmeldung den nationalen Anforderungen an die Eintragung im jeweiligen Land entspricht, beispielsweise ob die Muster nicht gegen die guten Sitten und die Moral verstoßen, ob Beschreibungen beigefügt sind, aber zum Teil auch, ob die Muster und Modelle neu sind. Schon bei der Anmeldung eines Internationalen Designs sollte daher darauf geachtet werden, die speziellen Anforderungen der einzelnen Länder zu berücksichtigen.
Fazit
Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster bietet einen schnellen und wirksamen Schutz des eigenen Produkts gegen mögliche Konkurrenten. Da sich grundsätzlich fast jedes neue Produkt als Designanmeldung eignen kann, sollten Unternehmer dies bereits bei der Produktentwicklung im Hinterkopf behalten.
verena.schladt@kuhnen-wacker.de