Interviewserie: Corona und die Folgen für den Rechtsmarkt – Stimmen, Erkenntnisse, Ausblicke

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In dieser Ausgabe von IntellectualProperty starten wir die Interviewreihe LegalChampions, in der die Redaktion dieses Onlinemagazins (Managing) Partnern in Sozietäten, Unternehmensjuristen und Kooperationspartnern die immer gleichen fünf Fragen zum Umgang mit und zu den Folgen der Coronakrise stellt. Wir möchten so Transparenz schaffen in Bezug auf die wichtigen und sich schon jetzt abzeichnenden nachhaltigen Veränderungen im Rechtsmarkt. Und wir möchten Trends aufzeigen in einer schwierigen Phase, in der gutes Management entscheidend ist für den erfolgreichen Weg durch unsichere Zeiten für Sozietäten, Mandanten und Dienstleister.

Fünf Fragen an:­ Dr. H. Ulrich Dörries,Partner, df-mp Dörries Frank-Molnia & Pohlman, München

IntellectualProperty: Wie ist df-mp bisher durch die Coronakrise gekommen?

Dr. H. Ulrich Dörries: Zum Glück sehr gut. Wir nehmen zwar aktuell eine gewisse Zurückhaltung der Mandanten bei der Erteilung von Neuaufträgen wahr, verzeichnen aber momentan keine wirtschaftlichen Einbußen.
Auch organisatorisch sind wir dank unserer modernen Kanzleiinfrastruktur perfekt aufgestellt: Die Akten werden bei uns bereits seit geraumer Zeit vollständig elektronisch geführt. Eine schnelle Anbindung extern arbeitender Mitarbeiter an die Kanzleisysteme ist durch modernste Kommunikationsinfrastruktur gewährleistet. Schon vor der Krise haben wir eine neue Kollaborationssoftware eingeführt, um kanzleiinterne E-Mails durch Technologien abzulösen, die für das interne Management der Teams besser geeignet sind. Zudem haben wir in unsere IT-Infrastruktur einen Clouddienst integriert, der DSGVO-konformes und flexibles Speichern und Teilen von Daten ermöglicht. Damit haben wir die wichtigsten Digitalisierungsmaßnahmen implementiert. Dem Wunsch unserer Mitarbeiter nach höherer Flexibilität bei Arbeitszeit und Arbeitsort versuchen wir traditionell so weit wie möglich zu entsprechen. Auch hierbei hilft uns das erreichte hohe Maß an Digitalisierung sehr. Für den überwiegenden Teil unserer Mitarbeiter ist das Arbeiten von unterwegs oder von zu Hause aus seit langem Teil des Alltags. Dies hat uns die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie erheblich erleichtert. Mit nur wenigen Neuanschaffungen und einigen Anpassungen bei der Organisation der Post- und Kuriereingänge konnten die Mitarbeiter insgesamt reibungslos von zu Hause aus arbeiten. Unsere Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitarbeitern nehmen wir sehr ernst. Wir haben unsere Mitarbeiter deshalb bereits sehr frühzeitig und noch vor dem entsprechenden offiziellen Aufruf gebeten, möglichst aus dem Home-Office zu arbeiten.

IntellectualProperty: Welche Erkenntnisse haben Sie aus Managementsicht bereits gewinnen können – bezogen sowohl auf interne Strukturen der Sozietät als auch mit Blick auf den Markt?

Dr. H. Ulrich Dörries: Bezogen auf interne Strukturen hat die Krise die Wichtigkeit orts- und zeitunabhängiger Arbeitsmöglichkeiten neu beleuchtet – als Schlüssel zur uneingeschränkten Funktionsfähigkeit der Kanzlei auch in außerordentlichen Krisensituationen. Bislang haben wir orts- und zeitunabhängiges Arbeiten eher als immensen, aber dennoch optionalen Komfort betrachtet. Unsere Entscheidung, frühzeitig auf Digitalisierung zu setzen und in diesen Weg zu investieren, hat sich gerade auch in dieser nicht vorhersehbaren Krisensituation als richtig erwiesen.
Was den Markt angeht, beobachten wir branchen- und landesabhängig eine sehr unterschiedliche Betroffenheit. Wir führen es auch auf unsere branchendiverse und internationale Ausrichtung zurück, dass die Krise für uns wirtschaftlich bislang keine negativen Auswirkungen gezeitigt hat.
Wir stellen außerdem aktuell allgemein ein hohes Kommunikationsbedürfnis fest. Telefonate und Videokonferenzen finden wesentlich häufiger und zeitlich ausgeprägter statt als sonst. Dabei fällt positiv auf, dass neben der fachlichen leichter auch eine persönliche Gesprächsebene erreicht wird als in „normalen“ Zeiten.

IntellectualProperty: Home-Office und das Arbeiten in virtuellen Teams scheinen ganz überwiegend zu funktionieren. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die Zeit nach der Krise – insbesondere mit Blick auf Präsenzzeiten im Office, Dienstreisen und die zukünftige Planung der Büroflächen?

Dr. H. Ulrich Dörries: Ja, Home-Office und Arbeiten in virtuellen Teams haben dem Coronabelastungstest ausgezeichnet standgehalten. Die Krise könnte deshalb längerfristig tatsächlich zu einer Aufweichung der Präsenzzeiten in der Kanzlei führen. Bei uns wird bislang meist lediglich ein Home-Office-Tag pro Woche in Anspruch genommen. Eventuell führt die Krise vereinzelt zu einer Aufstockung der Home-Office-Tage. Allerdings sind auch in diesem Bereich die Mitarbeiterwünsche nicht homogen. Einige Mitarbeiter hatten nie den Wunsch, von zu Hause aus zu arbeiten. Für diese Gruppe wird sich auch nach der Krise nichts an der regelmäßigen Arbeit vor Ort in der Kanzlei ändern. Anderen Mitarbeitern, die grundsätzlich gerne tageweise im Home-Office arbeiten, fehlt beim jetzigen permanenten Arbeiten von zu Hause aus der Kanzleibetrieb mit dem damit verbundenen sozialen Austausch. Wir pflegen bei df-mp eine Kanzleikultur, in der das Miteinander, die persönliche Begegnung und das Zugehörigkeitsgefühl jedes Einzelnen zu einem Ganzen einen besonderen Stellenwert haben. All dies erfordert auch ein gewisses Maß an Präsenz. Unsere Aufgabe nach der Krise wird es sein, die individuell unterschiedlichen Arbeitsmodelle so in unsere Kanzleikultur zu integrieren, dass diese keinen Werteverlust erleidet.
Was Dienstreisen angeht, so lässt die Einführung der Verhandlungsteilnahme per Videokonferenz bei den Ämtern und Gerichten auf eine künftige Reduzierung der Geschäftsreisen hoffen – sofern diese Neuerungen beibehalten werden. Wir würden das sehr begrüßen, zumal damit nicht nur ein erheblicher Zeitgewinn, sondern auch eine relevante Kostenersparnis für die Mandanten einherginge. Selbst wichtige internationale Konferenzen werden nun virtuell aufgesetzt. Hier wird sich das Format allerdings sicher nicht über die Krise hinaus halten, so dass insofern auf Dauer keine Reduzierung der Reisetätigkeit zu erwarten ist.
Wir gehen nicht davon aus, dass die Krise auf die künftige Planung unserer Büroflächen Einfluss haben wird.

IntellectualProperty: Führt Corona nach Ihrer Einschätzung zu einem Digitalisierungsschub im Rechtsmarkt?

Dr. H. Ulrich Dörries: Vermutlich wird die Krise die Digitalisierung dort beschleunigen, wo sie ohnehin bereits angegangen wurde. Im Übrigen dürfte die Krise flächig zumindest für ein Mindestmaß an Digitalisierung sorgen, da jede Kanzlei kurzfristig ein für die Aufrechterhaltung des Betriebs in Ausnahmesituationen notwendiges Digitalisierungsmaß anstreben wird.

IntellectualProperty: Schließlich – der Blick in die Glaskugel: Wagen Sie eine Prognose für den weiteren Verlauf des Jahres 2020?
Dr. H. Ulrich Dörries: Sicher wird das Virus unseren privaten und beruflichen Alltag noch für den Rest des Jahres 2020 und darüber hinaus begleiten. Wie sich der weitere Verlauf genau gestalten wird, ist angesichts der vielen Unbekannten – Entwicklung des Virus und der Neuinfektionszahlen, Reaktionen in Politik und Wirtschaft im In- und Ausland – nicht prognostizierbar. Wir blicken trotz der verbleibenden Unsicherheit zuversichtlich in die nächsten Monate und werden unsere Leistungen unabhängig von den äußeren Rahmenbedingungen in gewohnt hoher Qualität und Effizienz erbringen.

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