Antworten von Inhouse-Juristen erwünscht!

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Einleitung

Als Kaiser Justinian im Jahre 528 nach Christus im heutigen Istanbul den Corpus Iuris Civilis in Auftrag gab, spielte der Schutz geistigen Eigentums – soweit man weiß – noch keine Rolle. Allerdings wird Istanbul im Jahr 2023 für die Diskussion und Harmonisierung des geistigen Eigentums größte Bedeutung erlangen. Denn vom 22. bis 25.10.2023 wird dort der AIPPI-Weltkongress stattfinden, dessen Vorbereitung zahlreiche aktuelle und fundierte Berichte zum geltenden Recht in zahlreichen Ländern hervorbringen wird.

Wie in jedem Jahr hat die AIPPI ihre mehr als 65 Landesgruppen aufgefordert, zu vier international aktuellen Themen, genannt „Study Questions“, Berichte zu erstellen.

In diesem Jahr sind dies:

  • Doctrine of equivalents in patent law;
  • Proving Trade Mark Use;
  • Collecting societies;
  • Responsibility of online marketplaces for online infringement of Industrial Property Rights

Zu jeder Study Question gibt es ausführliche „Study

Guidelines“, die den Hintergrund der Fragen und die bisherigen Arbeiten der AIPPI zu diesen Themen darstellen. Bei der Study Question „Doctrine of equivalents” beispielsweise soll es um Fragen gehen, die durch jüngere Entscheidungen nationaler Gerichte aufgekommen sind, insbesondere im Vereinigten Königreich (Apple/Optis), in den Niederlanden (Fresenius Kabi/Eli Lilly) und in Deutschland („Okklusionsvorrichtung“). Ein zu diskutierender Punkt wird sein, ob Äquivalente als Teil des Schutzbereichs bei der Prüfung der Frage zur Rechtsbeständigkeit des Patents berücksichtigt werden sollen.

Das Ergebnis in Form von Berichten aus zahlreichen Ländern wird unter www.aippi.org veröffentlicht und kostenlos zugänglich sein.

Arbeit der deutschen Landesgruppe

Auch die deutsche Landesgruppe wird Berichte zu den Study Questions ausarbeiten. Die Berichte werden üblicherweise jeweils von Teams aus fünf bis 15 erfahrenen Anwälten, Richtern, Inhouse-Juristen und Wissenschaftlern verfasst. Wie durch die Fragekataloge vorgegeben, wird in den Berichten das geltende deutsche und europäische Recht dargestellt; darüber hinaus werden Vorschläge für Verbesserungen des nationalen Rechts und Vorschläge für eine internationale Harmonisierung formuliert. Die Berichte werden in englischer Sprache verfasst und können daher für jeden deutschen IP-Rechtler, der Eigenheiten des deutschen Rechts wie beispielsweise die Störerhaftung auf Englisch darstellen muss, auch eine nützliche „Übersetzungshilfe“ sein.

Die Study Questions und weitere aktuelle Themen werden auch bei dem Jahresseminar der deutschen Landesgruppe diskutiert werden, das voraussichtlich Anfang Juni 2023 in Düsseldorf stattfindet.

Auf der Grundlage der von den Landesgruppen erstellten Berichte wird auf dem Kongress in Istanbul zu jeder einzelnen Study Question intensiv diskutiert werden, welche Prinzipien weltweit Gültigkeit haben sollten. Ziel dieser Diskussionen ist jeweils die Verabschiedung einer Resolution, in der die Position der AIPPI, also die Position der Mehrheit ihrer weltweit mehr als 9.000 Mitglieder, festgehalten ist.

Bei diesen Diskussionen um internationale „Standards“ sind wir als deutsche Landesgruppe gefordert, die deutsche Sichtweise, wie Dinge geregelt sein sollten, verständlich darzustellen und dafür Überzeugungsarbeit zu leisten. Um „die deutsche Sichtweise“ aber überhaupt zutreffend darstellen zu können, braucht die deutsche Landesgruppe natürlich repräsentativen Input, insbesondere auch direkt aus der Industrie. Die aktive Mitwirkung von Inhouse-Juristen ist daher äußerst willkommen. Eine solche Mitwirkung dürfte nicht nur insofern im Interesse des Industrieunternehmens liegen, als es seiner IP-politischen Position auf diese Weise international Gehör verschaffen kann. Durch die aktive Beteiligung und internationale Diskussion lernt man als Teilnehmer nach unserer Einschätzung auch mehr als bei so mancher Fortbildung.

Premiere: AIPPI-Kongress-Förderpreis

Für jüngere IP-Rechtler kommt noch ein Anreiz hinzu: Die deutsche Landesgruppe wird in diesem Jahr erstmalig den AIPPI-Kongress-Förderpreis an ein junges Mitglied (jünger als 37 Jahre) vergeben, das durch exzellente Mitarbeit bei der Beantwortung der Arbeitsfragen auf sich aufmerksam gemacht hat. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert und soll die Teilnahme am AIPPI-Kongress erleichtern.

 

koeniger@harmsen.utescher.com

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