Das Thema Erfolgshonorare steht in Deutschland in dieser Legislaturperiode auf der Agenda der Regierung. Es ist auch ein Thema, mit dem sich der Bundesverband der Wirtschaftskanzleien in Deutschland (BWD) beschäftigt. Wie immer lohnt ein Blick über die nationalen Grenzen hinaus. Über die Niederlande haben wir in der letzten Ausgabe dieses Online-Magazins berichtet. Weiter geht es mit Kanada, dort variieren die gesetzlichen Regelungen je nach Provinz. Als Partner einer in Toronto (Ontario) niedergelassenen Kanzlei präsentiert Ihnen unser Autor in Fragen und Antworten die dortige Rechtslage.
Ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars zulässig?
Grundsätzlich steht es Rechtsanwälten frei, in jedweder Angelegenheit, mit Ausnahme von Familien- und Strafrecht, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren.
Falls ja: Welche (gesetzlichen) Voraussetzungen sind an die Vereinbarung eines Erfolgshonorars geknüpft?
In Ontario schreibt O. Reg. 563/20 die erforderliche Form und den Inhalt von Erfolgshonorarvereinbarungen vor und legt unzulässige Klauseln fest.
Die Anforderungen an Erfolgshonorare
- erlauben es Rechtsanwälten, in bestimmten Angelegenheiten ein Erfolgshonorar zu akzeptieren,
- erlauben die Einbeziehung von Kosten in die Berechnung eines Erfolgshonorars,
- verlangen, dass Rechtsanwälte ein Standardformular für Erfolgshonorarvereinbarungen vom 18.11.2021 („Standardformular für Erfolgshonorarvereinbarungen“) verwenden, wenn Rechtsdienstleistungen ganz oder teilweise als Gegenleistung für einen Prozentsatz oder einen Anteil des Betrags oder des Wertes des durch einen Schiedsspruch oder einen Vergleich erlangten Vermögens erbracht werden.
- Rechtsanwälte sind von der Verpflichtung, das Standardformular für Erfolgshonorarvereinbarungen zu verwenden und die vorgeschriebenen Informationen in ihre Erfolgshonorarvereinbarungen aufzunehmen, dann befreit, wenn das Gericht das Erfolgshonorar oder die Erfolgshonorarvereinbarung genehmigt hat oder wenn der Mandant (oder eine andere Person oder Einrichtung, welche für die Zahlung der Anwaltskosten des Mandanten in der Angelegenheit verantwortlich ist) eine Organisation gemäß der Definition in O. Reg. 563/20 („Organisation“) ist.
- Rechtsanwälte sind verpflichtet, den Klienten die Erfolgshonorare der Law Society mitzuteilen.
- Sie sind ebenfalls dazu verpflichtet, dem potentiellen Mandanten bei der Abrechnung des Erfolgshonorars bestimmte vorgeschriebene Informationen und ihr allgemeines maximales Erfolgshonorar offenzulegen, wenn sie Rechtsdienstleistungen auf Erfolgshonorarbasis anbieten.
- Von der Offenlegungs- und Transparenzpflicht ausgenommen sind Angelegenheiten, bei denen der Mandant eine Organisation ist oder bei denen ein Rechtsanwalt beauftragt wird, eine oder mehrere Personen in einem Verfahren zu vertreten, das gemäß dem Class Proceedings Act von 1992 eingeleitet worden ist.
Gibt es gegebenenfalls darüber hinausgehende Vorgaben aus der Rechtsprechung?
Weitere Rechtsgrundlagen finden sich im Solicitors Act und in den Law Society’s Rules of Professional Conduct, den Paralegal Rules of Conduct sowie den Paralegal Professional Conduct Guidelines.
Gibt es zusätzliche Vergütungsmöglichkeiten, die dem Erfolgshonorar ähneln? Spiegelt sich der Erfolg/Misserfolg anderweitig in der Vergütung wider? Gibt es hierzu noch weitere Einschränkungen, zum Beispiel aus der Rechtsprechung?
Wird kein Erfolgshonorar vereinbart, erfolgt die Vergütung in Kanada üblicherweise nach Stundensatz. Der Rechtsanwalt wird dann für die konkrete Zeit vergütet, die er im Namen des Mandanten aufgewendet hat. Eine weitere Alternative ist das Pauschalhonorar, bei dem ein Pauschalbetrag für eine bestimmte Rechtsdienstleistung gezahlt wird. Im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten ist für den Fall, dass der Prozess verloren wird, keine Vergütung zu zahlen. Im Erfolgsfall erhält der Rechtsanwalt hingegen den vereinbarten Pauschalbetrag. Der Pauschalbetrag kann je nach Komplexität des Falles höher oder niedriger ausfallen. In den Rechtsvorschriften ist der Höchstbetrag festgelegt, den ein Rechtsanwalt verlangen kann. Das Honorar darf grundsätzlich nicht höher ausfallen als der Betrag, den der Mandant aus dem Schiedsspruch oder Vergleich erhält.
Wie ist eine vertragliche Klausel über die Vereinbarung eines Erfolgshonorars typischerweise ausgestaltet? Gibt es Formvorschriften oder Muster, zum Beispiel von Anwaltsvereinen?
Es ist das Standardformular für Erfolgshonorarvereinbarungen vom 18.11.2021 zu verwenden.
Eine Modifizierung des Standardformulars darf nur auf folgende Weise vorgenommen werden:
- durch Hinzufügen und Ausfüllen relevanter Informationen über den Fall,
- durch Streichung oder Anpassung optionaler Formulierungen, die für die jeweilige Angelegenheit angemessen sind,
- durch Anpassung des Standardformulars an das Branding der Anwaltskanzlei (z.B. Verwendung des Standardformulars mit dem Briefkopf der Kanzlei),
- durch Streichung des Hinweises „Beispiel auf der Grundlage eines Teilkostenbeschlusses“, wenn die Vereinbarung keine Teilkostenklausel enthält oder sie aus anderen Gründen nicht anwendbar ist.
Werden in der Praxis Erfolgshonorare vereinbart? Wie sind die Erfahrungen damit?
Im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten (insbesondere im Rahmen der Erstattung von Personenschäden und der Forderungseintreibung) ist die Vereinbarung von Erfolgshonoraren gängig. Der Prozentsatz beträgt zwischen 30% und 40%.
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