Aus der Praxis für die Praxis

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Mit unserer Rubrik „Lawyers-Top-5“ wollen wir zu einer verbesserten Transparenz im deutschen Rechtsmarkt beitragen, bei Unternehmen, Rechtsabteilungen, Sozietäten und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie Dienstleistern. Und weil der Faktor Zeit Geld (wert) ist, haben wir die Beiträge in eine möglichst kompakte Form gebracht – „in a Nutshell“.

Disruption und Veränderung wird uns in den nächsten Monaten und Jahren sicherlich weiterhin stark begleiten. Auslöser sind oftmals weltweite Ereignisse wie die COVID-Pandemie, die Suezkanal-Blockade, geopolitische Konflikte, Naturkatastrophen, die politischen Reaktionen auf den Klimawandel und starke internationale Verflechtungen.

Hier die Top 5 aus der Expertensicht von Guido Althaus, Partner bei der Accuracy GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main:

(1) Bewertungen in Zeiten erhöhter Unsicherheiten

Einflüsse auf Umsatz- und Ergebnisgrößen durch Disruption sind oftmals die Ursache für veränderte Risikoprofile und Bewertungen von Unternehmen oder Geschäftsbereichen. An den Kapitalmärkten konnten nach dem exogenen Schock der COVID-Pandemie kurzfristig veränderte Bewertungsparameter (beispielsweise Markt- und Eigenkapitalrisikoprämien bzw. risikolose Zinssätze) beobachtet werden. Diese haben sich jedoch relativ schnell wieder normalisiert. Insofern ist der Einfluss von Disruption auf die Bewertung von Unternehmen nicht zwingend wesentlich. Auch für die Zukunft erwarten wir eher kurzfristige und damit nicht zwingend signifikante Auswirkungen auf Bewertungen.

Auf der anderen Seite bleibt die Planung von Cashflows als Grundlage der Unternehmensbewertung weiterhin herausfordernd: Mittel- bis langfristige Effekte auf die Ertrags- und Liquiditätssituation werden erst mit Ablauf und/oder Rückführung staatlicher Beihilfen deutlich, ebenso wie die durch COVID verursachte oder beschleunigte Anpassung von Geschäftsmodellen. Beide Aspekte haben einen wesentlichen Einfluss auf die Verlässlichkeit des Terminal Values und damit auf den überwiegenden Teil eines Unternehmenswerts.

(2) Trends aus dem Transaktionsumfeld

Der Transaktionsmarkt ist aktuell sehr belebt. Dies wird unter anderem durch strategische Neuausrichtungen und die Anpassung von technologischen Entwicklungen getrieben. Im Rahmen der Kaufpreisfindung zwischen den Parteien beobachten wir derzeit vermehrt die Vereinbarung von Earn-out-Klauseln zur Überbrückung von Bewertungsdifferenzen zwischen Käufer und Verkäufer mit signifikanten Auswirkungen auf die Kaufpreise. Besonders im aktuell durch Unsicherheiten geprägten Konjunkturumfeld können sich Earn-outs jedoch auch als toxisch erweisen, da die Höhe dieser zusätzlichen Kaufpreiskomponente durch veränderte Rahmenbedingungen möglicherweise signifikant beeinträchtigt wird. Das kann das Risiko von Streitigkeiten im Nachgang einer Transaktion deutlich erhöhen.

(3) Virtuelle Realität in Unternehmen und Schiedsverfahren

Die vergangenen Monate waren weltweit durch einen wahren Digitalisierungsschub geprägt. Sowohl in Schiedsverfahren als auch im Rahmen staatlicher Gerichtsverfahren ist der erhöhte Einsatz von Technologie auch für die Zukunft nicht mehr wegzudenken. Dabei führt der Technologieeinsatz zu einer deutlich höheren Effizienz und ist zudem umweltfreundlich. Gleichwohl müssen Fragen zur Unabhängigkeit sowie zur IT-Sicherheit geklärt werden.

Auch auf die Ermittlung von finanziellen Schäden hat die zunehmende Digitalisierung von Geschäftsmodellen einen signifikanten Einfluss. So wird technologische Expertise und der verstärkte Einsatz unterschiedlicher Technologien bei der Schadensquantifizierung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Das umfasst insbesondere auch die Vermittlung der Informationsgrundlagen und der Herangehensweise gegenüber den beteiligten Parteien und dem (Schieds-)Gericht. Hier werden die Sachverständigen weiterhin stark gefordert.

(4) Krise, Insolvenz und Streitpotential

Unternehmenskrisen und Insolvenzgefahr waren und werden auch künftig wesentliche Auslöser von Konfliktsituationen zwischen unterschiedlichen Stakeholdern sein. Das gilt insbesondere im aktuellen Spannungsfeld zwischen Konjunkturzyklus, Lieferengpässen, COVID und Klimawandel. Es bleibt abzuwarten, wie besonnen Entscheider mit diesen Herausforderungen umgehen, um die Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen zu erhalten und Krisensituationen zu deeskalieren.

(5) Risiken in globalen Lieferketten

Störungen in globalen Lieferketten werden auch für die nächsten Monate eine große Herausforderung bleiben. Ob durch globale Ereignisse oder strategische Neuausrichtungen der Vertragspartnerunternehmen, das Streitpotential aus der Störung von „Commercial Contracts“ wird sicherlich nicht geringer.

guido.althaus@accuracy.com

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