Einführung
Die Prozessfinanzierung durch Dritte (sogenannte Third Party Litigation Funding, TPLF) ist in Kontinentaleuropa seit Jahrzehnten verfügbar und wird von Klägern insbesondere im Zusammenhang mit dem Anstieg privater Kartellschadensersatzprozesse seit Mitte der 2000er Jahre zunehmend ernsthaft in Betracht gezogen. Bei den Kartellschadensersatzprozessen im Anschluss an das europäische Lkw-Kartell, das die Europäische Kommission 2016 und 2017 mit einer Geldbuße von rund 4 Milliarden Euro belegte, griff die Mehrzahl der größeren Kläger in verschiedener Weise auf Möglichkeiten der Prozessfinanzierung zurück. Diese Klagen stellen wohl den bisherigen Kulminationspunkt der TPLF-Aktivitäten in Kontinentaleuropa dar.
TPLF ist auch im Zusammenhang mit der europäischen Richtlinie über kollektive Rechtsdurchsetzung (siehe hier) stärker in den Fokus gerückt, welche vorsieht, dass die EU-Mitgliedstaaten TPLF in kollektiven Klagen in Bezug auf Verbraucheransprüche zulassen oder verbieten können. Die Bedeutung des Themas zeigt sich zudem in der jüngst erfolgten Gründung der European Litigation Funders Association (ELFA). Bisher sind im Zusammenhang mit Prozessfinanzierungsvorgängen in Europa keine ernstzunehmenden Probleme bekannt geworden. Dennoch hält sich teilweise die Auffassung, dass TPLF einer Regulierung bedürfe.
Entwicklungen in der Gesetzgebung
Das „European Added Value Assessment“ durch den Forschungsdienst des Europäischen Parlaments
Im März 2021 veröffentlichte der Forschungsdienst des Europäischen Parlaments seinen Bericht „Responsible private funding of litigation – European added value assessment“ (siehe hier).
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass eine verantwortungsvolle Gesetzgebung zur Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten die Kosten senken, unnötige Verfahren vereinfachen und die Vorhersehbarkeit der mit der Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten verbundenen Kosten erhöhen könnte.
Er argumentiert, dass ein Mangel an gesetzgeberischen Maßnahmen zu übermäßigen wirtschaftlichen Kosten und zur Finanzierung von opportunistischen und unberechtigten Klagen führen könnte. Die Autoren bringen diese Gefahr insbesondere mit einer Zunahme von sogenannter Portfolio-Prozessfinanzierung in Verbindung. Hierbei würden die Geldgeber ihre Prozessfinanzierungsaktivitäten diversifizieren und somit die Risiken auf mehrere Fälle verteilen, was nach Ansicht der Autoren auch zu Investitionen in zweifelhafte Fälle mit geringen Erfolgsaussichten führen könnte, die sonst nicht den Weg vor die Gerichte fänden. Dabei werden diese Befürchtungen nur hypothetisch geäußert und keinerlei Belege dafür genannt, dass solche Probleme bisher in nennenswertem Umfang aufgetreten sind.
Die Autoren erklären, dass derzeit ein Mangel an Rechtssicherheit für Gerichte, Prozessfinanzierer, Anwälte, Kläger und Beklagte bestehe. Dies führe zu Widerständen gegen TPLF seitens der Gerichte, die sich nicht sicher seien, wie sie in TPLF-Fällen verfahren sollen. Auch Anspruchsinhaber könnten sich vor TPLF scheuen aus Sorge, dabei möglicherweise die Kontrolle über ihre Ansprüche zu verlieren. Diese Widerstände führen dem Bericht zufolge dazu, dass die Anwendungsmöglichkeiten von TPLF derzeit eingeschränkt seien. Die Autoren gehen daher davon aus, dass gesondert zugelassene Prozessfinanzierer ein erhebliches Wachstum erfahren würden.
Der Voss-Bericht
Am 17.07.2021 veröffentlichte Axel Voss, Mitglied des Europäischen Parlaments für die konservative Europäische Volkspartei (EVP) und rechtspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion, den Entwurf eines Berichts mit Empfehlungen an die Kommission zur verantwortungsvollen privaten Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten (der „Voss-Bericht“, siehe hier). Voss hatte sich in der Vergangenheit bereits gegen kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für europäische Verbraucher ausgesprochen.
Der Voss-Bericht plädiert für die Schaffung eines einheitlichen europäischen Rechtsrahmens für TPLF und stützt sich dabei auf mehrere Argumente. Unter anderem befürchtet der Voss-Bericht, dass Prozessfinanzierer ihre eigenen Gewinne zum Nachteil der Kläger in den Vordergrund stellen. Die Gewinnbeteiligung der Geldgeber sei daher oft unverhältnismäßig hoch. Der Voss-Bericht verweist ferner auf Studien in anderen Ländern, insbesondere Australien, wonach Prozessfinanzierer nicht zu gerechteren Ergebnissen beigetragen hätten. Er behauptet, dass Prozessfinanzierer nach den derzeitigen Vorschriften weitgehend undurchsichtig arbeiten würden. Das Fehlen eines unionsweiten Rechtsrahmens ermögliche ein „forum shopping“ der Geldgeber und untergrabe damit den europäischen Binnenmarkt.
Der Voss-Bericht geht jedoch nicht ernsthaft auf die relevanten Argumente für die politische Daseinsberechtigung von TPLF ein (etwa die Überwindung des rationalen Desinteresses von Klägern an der Durchsetzung von Ansprüchen mit geringem Streitwert und der Beitrag zur Schaffung gleicher Bedingungen für Kläger und Beklagte). Darüber hinaus berücksichtigt der Voss-Bericht nicht, dass zwar ein gewisses Maß an Verbraucherschutz erforderlich sein mag (der indes bereits durch die Richtlinie über kollektive Rechtsdurchsetzung [hier] abgedeckt ist), eine Regulierung von TPLF-Vereinbarungen zwischen Investoren und Unternehmen aber möglicherweise gar nicht notwendig ist. In Anbetracht des Grundsatzes der Vertragsfreiheit sollten Unternehmen ungeregelt entscheiden können, ob und unter welchen Bedingungen sie TPLF nutzen wollen. Der Voss-Bericht trifft indes keinerlei Unterscheidung zwischen Verbrauchern und Unternehmen. Aufgrund dieses unausgewogenen Ansatzes gelingt es dem Voss-Bericht insgesamt nicht, die angebliche Notwendigkeit eines Schutzes vor missbräuchlichen TPLF-Praktiken einerseits und dem TPLF als Instrument für den Zugang zum Recht andererseits angemessen abzuwägen.
Die Schärfe der vorgebrachten Kritik an den angeblichen Praktiken von Prozessfinanzierern steht in Kontrast zum Mangel an angeführten Beispielen oder Erfahrungen, die eine derart restriktive Regulierung plausibel machen würden. Am Ende des Voss-Berichts wird dies deutlich, denn dort heißt es: „Die Europäische Union sollte diese Angelegenheit nutzen, um ihren Bürgern zu zeigen, dass die Organe der EU nicht nur in der Lage sind, nach einer Krise, die bereits schwere Schäden verursacht hat, eine Lösung zu finden, sondern auch vorsorglich zu einem frühen Zeitpunkt handeln zu können.“ Hier wird also zugegeben, dass es sich bei der TPLF-Regulierung um eine Lösung ohne akutes Problem handelt. Allein die Behauptung angeblicher Gefahren soll genügen, damit der europäische Gesetzgeber einem international grundsätzlich etablierten Instrument der Rechtsdurchsetzung die Flügel stutzt.
Einen erhellenden Einblick in diese Denkweise, die das scharfe Schwert der Gesetzgebung ohne jeden konkreten Anlass zücken möchte, gibt auch ein Artikel von Axel Voss (siehe hier) in „The Parliament“. Nachdem Voss auch hier die angeblichen Verfehlungen von Prozessfinanzierern ausführlich erwähnt, stellt er seine vorgeschlagene Regulierung als eine Initiative des Verbraucherschutzes dar. Das verschweigt nicht nur, dass eine Mehrzahl der Anspruchsinhaber bei den großen TPLF-Verfahren keine Verbraucher, sondern etwa kartellgeschädigte Unternehmen sind. Es wirft darüber hinaus auch die Frage auf, warum Voss sich zuvor entschieden gegen die Einführung des kollektiven Rechtsschutzes für europäische Verbraucher einsetzte. Es liegt nahe, dass seine TPLF-Initiative nicht primär von Verbraucherinteressen getrieben ist.
Verabschiedung durch das Europäische Parlament
Nichtsdestotrotz wurden viele der im Voss-Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen vom Europäischen Parlament in der „Resolution mit Empfehlungen an die Kommission zur verantwortungsvollen privaten Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten“ (siehe hier) am 13.09.2022 (die „Resolution“) übernommen. Die Resolution wurde mit 80% der Stimmen verabschiedet.
Im Vergleich zum Voss-Bericht zeigen die Erwägungsgründe der Resolution jedoch einen etwas ausgewogeneren Ansatz. Während der Voss-Bericht nur auf die von TPLF angeblich ausgehenden Gefahren hinweist, werden hier ausdrücklich auch die Vorteile des TPLF hervorgehoben. Bei entsprechender Regulierung könnte TPLF demnach „häufiger als Instrument zur Unterstützung des Zugangs zur Justiz eingesetzt werden“, insbesondere in Gerichtsbarkeiten mit hohen Gerichtskosten und nicht zuletzt für marginalisierte Gruppen, die systematische Barrieren bei der Finanzierung überwinden müssen. In der Resolution wird auch auf die weite Verbreitung des TPLF in Australien, den USA, Kanada, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden hingewiesen und hervorgehoben, dass TPLF ein „zentraler Aspekt kollektiver Rechtsbehelfe ist und eine wichtige grenzüberschreitende Dimension aufweist“. Nichtsdestotrotz erwähnt die Resolution das Risiko potentiell missbräuchlicher TPLF-Praktiken und zielt daher darauf ab, einen Rahmen zu schaffen, der die Beaufsichtigung und Regulierung zugelassener Prozessfinanzierer ermöglicht und gleichzeitig den Zugang der Kläger zum Recht nicht behindert.
Gemäß der Resolution soll es den Mitgliedstaaten freistehen, TPLF zuzulassen oder auszuschließen. Entscheiden sie sich für die Zulassung von TPLF, müssen sie ein System für die Registrierung und Zulassung von Prozessfinanzierern einrichten. Die Aufsichtsbehörde soll befugt sein, Prozessfinanzierern eine Erlaubnis zu erteilen oder eine solche zu verweigern, und soll mindestens einmal jährlich überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung noch erfüllt sind.
Nach den Vorschlägen der Resolution müssen die Geldgeber mehrere Anforderungen erfüllen:
– Der Investor muss seinen eingetragenen Sitz in dem Mitgliedstaat haben, in dem er die Zulassung beantragt. Außerdem muss er eine ausreichende Kapitalausstattung für die angestrebte Tätigkeit nachweisen und zeigen, dass er angemessene Compliance-Strukturen eingerichtet hat. Weiterhin soll von Prozessfinanzierern verlangt werden, dass sie die Interessen von Klägern entsprechend einer treuhänderischen Fürsorgepflicht durchsetzen. Sobald ein Prozessfinanzierer in einem Mitgliedstaat zugelassen ist, sollen die anderen Mitgliedstaaten diese Zulassung anerkennen.
– Die vorgeschlagenen Regelungen sehen mehrere Anforderungen an Prozessfinanzierungsverträge vor. Unter anderem muss der Vertrag eine Erklärung über das Nichtvorhandensein von Interessenkonflikten enthalten. Außerdem sollen Klauseln unwirksam sein, die dem Prozessfinanzierer die Entscheidung über die Wahl der verfolgten Ansprüche, den Abschluss eines Vergleichs oder die Verwaltung der Kosten überlassen. Gleiches gilt für Klauseln, die dem Prozessfinanzierer einen Mindestanteil einräumen, bevor die Klagepartei ihren Anteil erhält. Grundsätzlich soll eine Prozessfinanzierungsvereinbarung nicht zulässig sein, nach der der Anteil der Klagepartei unter 60% des Bruttoerlöses fallen würde.
– Darüber hinaus soll das Bestehen eines Prozessfinanzierungsvertrags dem Gericht gegenüber offengelegt werden müssen und die Beklagten sollen über das Bestehen der TPLF-Vereinbarung und die Identität des Prozessfinanzierers informiert werden.
Alles in allem sind die vorgeschlagenen Regelungen ein durchwachsenes Ergebnis für Unternehmen, Finanzierer und Anspruchsinhaber. Hier wäre vor Verabschiedung der Resolution ein transparenter und öffentlicher Konsultationsprozess zu wünschen gewesen, in den die relevanten Stakeholder ihre Perspektiven hätten einbringen können. Der Text der Resolution ist jedenfalls nicht der solide Rahmen, den der Bericht des Forschungsdienstes des Europäischen Parlaments versprochen hatte und welcher alle bestehenden Zweifel bei Gerichten ausräumen, die Investitionsgelegenheiten erweitern und dem TPLF-Sektor einen Aufschwung ermöglichen sollte. Der voraussichtliche bürokratische Aufwand für die vorgeschlagenen Aufsichtsverfahren dürfte erheblich sein. Außerdem würde die vorgeschlagene Gesetzgebung entgegen der erklärten Absicht der Resolution ein „forum shopping“ ermöglichen, indem sie den Mitgliedstaaten die Wahl lässt, TPLF zuzulassen oder zu verbieten. Darüber hinaus erscheint die vorgeschlagene Gesetzgebung insofern inkonsistent, als die Mitgliedstaaten TPLF in ihrem Hoheitsgebiet verbieten können, aber offenbar unter Umständen gleichwohl Prozessfinanzierer anerkennen müssen, die in anderen, liberaleren Mitgliedstaaten zugelassen sind. Das geht aus Art. 5 Nr. 1 lit. b) der vorgeschlagenen Richtlinie hervor. Demnach sollen Prozessfinanzierer unter anderem nur dann anerkannt werden, wenn sie sich verpflichten, „Prozessfinanzierungsvereinbarungen zu schließen, die auf dem Recht des Mitgliedstaats beruhen, in dem das beabsichtigte Verfahren stattfindet, oder, in Ermangelung dessen (englische Version: „if different“), auf dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die Antragsteller oder vorgesehenen Begünstigten ihren Wohnsitz haben“. Der Wortlaut der Resolution legt also nahe, dass das Recht desjenigen Mitgliedstaats gelten soll, in dem Antragsteller oder Begünstigte residieren – auch wenn der Mitgliedstaat, in dem das Verfahren stattfinden soll, kein TPLF erlaubt.
Andererseits schlägt die Resolution aber auch nicht den prohibitiven Rechtsrahmen vor, den der Voss-Bericht ins Auge gefasst zu haben scheint. Während der Voss-Bericht ausschließlich Gefahren in der TPLF-Praxis sieht, betrachtet die Resolution des Europäischen Parlaments TPLF als ein wichtiges Instrument, um kollektiven Rechtsschutz und Zugang zur Justiz zu ermöglichen.
Nächste gesetzgeberische Schritte
Da das Europäische Parlament nicht über ein Gesetzesinitiativrecht verfügt, hat es die Europäische Kommission aufgefordert, einen eigenen Vorschlag einzubringen. Bisher ist nicht bekannt, ob die Europäische Kommission plant, den Vorschlägen des Europäischen Parlaments zu folgen oder ob sie einen alternativen Vorschlag vorlegen wird. Berichtet worden ist bisher lediglich über ein allgemeines Statement eines Sprechers der Kommission, wonach diese die Sorgen des Parlaments im Hinblick auf TPLF teile und die Marktentwicklung aufmerksam überwacht und analysiert werden müsse.
Die Vorgehensweise der Europäischen Kommission könnte von der Umsetzung der Richtlinie über kollektive Rechtsdurchsetzung (siehe hier) durch die EU-Mitgliedstaaten beeinflusst werden, die zwangsläufig Aspekte des TPLF in kollektiven Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher berühren wird. Die Europäische Kommission könnte daher zunächst abwarten wollen, wie sich diese Richtlinie auf den TPLF-Markt auswirkt, bevor sie eine mögliche ganzheitliche Regulierung von TPLF über die Welt der Verbraucheransprüche hinaus in Angriff nimmt.
Ausblick
Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht abzusehen, ob Prozessfinanzierer in Zukunft in der Lage sein werden, unter einem vernünftigen EU-weiten Rahmen Zugang zu einem wachsenden Markt zu erhalten, oder ob eine zu strenge Regulierung das weitere Wachstum behindern wird. Eine unausgewogene Regulierung von TPLF wird sich nicht nur auf Fragen des Verbraucherschutzes, sondern auch auf TPLF für Unternehmen auswirken. Sie kann insbesondere die Möglichkeiten privater Kartellschadensersatzklagen und damit die Wirksamkeit der europäischen Kartellschadensersatzrichtlinie (siehe hier) beeinträchtigen, die auf dem Grundsatz beruht, dass sowohl die öffentliche als auch die private Durchsetzung notwendig ist, damit das europäische Wettbewerbsrecht seine volle Wirksamkeit entfalten kann.
Eine voreilige Einschränkung der Prozessfinanzierung kann auch dazu führen, dass Kläger und Investoren auf andere Gerichtsbarkeiten ausweichen. Es gilt, den Rechts- und Gerichtsstandort Europa und Deutschland zu stärken und nicht durch übermäßige Regulierung unattraktiv zu machen.
Doch nicht nur in der Europäischen Union sehen Prozessfinanzierer derzeit einer ungewissen Zukunft entgegen. Im Vereinigten Königreich sind Prozessfinanzierungsverträge im Rahmen einer Schadensersatzklage infolge des Lkw-Kartells als „Damages-Based Agreements“ gerügt worden. Diese sind nach britischem Recht in bestimmten Sammelklage-Konstellationen unzulässig. Nachdem der Court of Appeal diese Ansicht zurückgewiesen hat, wird nun der Supreme Court (Fall UKSC-2021/0078 R) zu entscheiden haben.
Die Alternative zum TPLF ist die Abtretung von (zum Beispiel Verbraucher- oder Kartell-) Schadensersatzansprüchen an ein Inkassounternehmen oder der Verkauf solcher Ansprüche an Investoren und die Eigenfinanzierung des Rechtsstreits durch diese Investoren. Denn eine Finanzierung gilt nur dann als TPLF, wenn der Geldgeber nicht selbst Partei des Rechtsstreits ist. Die Option des sogenannten Echten Forderungskaufs hat in den letzten Jahren insbesondere bei Kartellschadensersatzprozessen an Bedeutung gewonnen, erfordert jedoch eine wesentlich höhere Vorabinvestition und Risikobereitschaft als traditionelles TPLF. Ein vollständiger Ankauf von Ansprüchen der Geschädigten ist daher aus Sicht eines Investors möglicherweise nicht in allen Fällen geeignet, in denen eine Finanzierung für die Geschädigten erforderlich wäre.
Mit Blick auf das traditionelle europäische Prinzip, wonach der im Rechtsstreit Unterliegende die Kosten zu tragen hat, kann eine zu strenge Regulierung des TPLF das rationale Desinteresse von Geschädigten an der Erhebung von Klagen ohne Finanzierung erhöhen, die volle Wirksamkeit des europäischen Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrechts verringern und den Zugang zum Recht erheblich einschränken.
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