Criminal Finances Act: Verschärfter Kampf gegen Steuerhinterziehung fordert auch deutsche Unternehmen zum Handeln auf
Von Victoria Wildhirt und Timo Purkott
Nach Angaben des europäischen Parlaments entgehen der EU jährlich zwischen 50 und 70 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung von Unternehmen wie Privatpersonen. Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung steht daher zunehmend im Fokus von Regulatoren. Nach der Einführung von Regelungen zum grenzüberschreitenden Austausch von Steuerinformationen wie FATCA und CRS wird mit dem UK Corporate Criminal Offence (UK CCO) nun ein neuer Unternehmensstraftatbestand im globalen Kampf gegen Steuerkriminalität eingeführt. Auch deutsche Unternehmen sind aufgrund der extraterritorialen Wirkung von den neuen Anforderungen betroffen.
Als Teil des Criminal Finances Act fordert der UK Corporate Criminal Offence, dass Unternehmen präventive Maßnahmen ergreifen, um die Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch die eigenen Mitarbeiter oder durch im Auftrag des Unternehmens handelnde Dritte zu verhindern. Eine Nichteinhaltung der Regelungen des UK CCO kann unter Umständen zu Geldstrafen in unbegrenzter Höhe und im schlimmsten Fall zum Lizenzentzug führen.
Mehr als die Hälfte der 70 größten Finanzdienstleister in Deutschland sind von den Regelungen des UK CCO betroffen. Im Folgenden werden daher die Anforderungen und Herausforderungen für Finanzinstitute im Rahmen der Umsetzung näher erläutert.
Regulatorischer Hintergrund
Mit Einführung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie im Juni 2017 wurde Steuerhinterziehung bereits auf EU-Ebene als Vortat zur Geldwäsche eingestuft. Dennoch gestaltete sich die strafrechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung im Vereinigten Königreich in der Vergangenheit schwierig. Finanzinstitute konnten nur unter bestimmten Voraussetzungen für die Steuerhinterziehung ihrer Kunden belangt werden. Die Regelungen des UK CCO definieren nun die behördlichen Durchgriffsrechte neu und ermöglichen es britischen Aufsichtsbehörden, Finanzinstitute aufgrund von Steuerhinterziehung zu belangen.
Anwendungsbereich des UK CCO
Nach den Regelungen des UK CCO wird nicht nur die Beihilfe zur Hinterziehung britischer Steuern (sogenannter UK-Offence), sondern auch die Beihilfe zur Hinterziehung ausländischer Steuern (sogenannter Foreign Offence) sanktioniert.
Der UK-Offence bezieht sich auf die Steuerhinterziehung britischer Steuern, unabhängig vom Ort der Begehung der Straftat oder der Frage, welchem Recht das betreffende Finanzinstitut unterliegt. Demnach kann auch bei deutschen Finanzinstituten mit UK-steuerpflichtigen Kunden ein UK-Offence auftreten.
Ebenso ist es irrelevant, von wo aus eine assoziierte Person des Finanzinstituts die Hinterziehung britischer Steuern ermöglicht oder gefördert hat. So kann beispielsweise ein eigener Mitarbeiter oder ein im Auftrag des Finanzinstituts handelnder Dritter von Deutschland aus Beihilfe zur Hinterziehung von UK-Steuern leisten.
Hieraus ergeben sich die folgenden Voraussetzungen zum Vorliegen des UK CCO:
Der Foreign Offence liegt vor, sofern ausländische Steuern hinterzogen werden und ein UK-Bezug (sogenannter UK-Nexus) besteht. Dieser UK-Nexus sieht vor, dass das Finanzinstitut nach britischem Recht gegründet wurde oder dort ansässig ist, einen Teil seiner Geschäftsaktivitäten im UK ausführt oder eine assoziierte Person (also Mitarbeiter oder im Auftrag des Finanzinstituts handelnde Dritte) sich zum Zeitpunkt der Begehung der Straftat im Vereinigten Königreich befindet.
Voraussetzung zum Vorliegen des Foreign Offence ist die sogenannte doppelte Strafbarkeit (Dual Criminality). Hierbei muss die zugrundeliegende Steuerhinterziehung sowohl im Vereinigten Königreich als auch im jeweiligen ausländischen Staat (also etwa in Deutschland) eine Straftat darstellen.
Auswirkungen auf deutsche Finanzinstitute
Da der UK CCO bereits am 30.09.2017 in Kraft getreten ist, sollten deutsche Finanzinstitute mit UK-steuerpflichtigen Kunden oder UK-Bezug (also Niederlassungen und Repräsentanzen im UK oder in ihrem Auftrag handelnde Dritte im UK) die Anforderungen des UK CCO zeitnah und gruppenweit umsetzen. Dabei sollten sie Sorge dafür tragen, dass jegliche Möglichkeiten der Beihilfe zur Steuerhinterziehung unterbunden werden. Dies gilt für das Finanzinstitut selbst, aber auch für dessen Niederlassungen und Repräsentanzen. Denn deren Nichtkonformität kann zur strafrechtlichen Verfolgung des Instituts selbst führen.
Die doppelte Strafbarkeit bei grenzüberschreitenden Vergehen kann hierbei sogar zu einer Strafverfolgung im UK und im jeweiligen Land führen. Ein gruppenweit einheitliches Vorgehen im Hinblick auf die Einhaltung und Umsetzung der Anforderungen ist daher unerlässlich.
Sanktionen
Die Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Regelungen des UK CCO sind schwerwiegend. Sofern nachweislich die Schuld eines Finanzinstituts bei der Beihilfe zur Steuerhinterziehung festgestellt wird, kann es zu folgenden Strafmaßnahmen kommen:
- Verlust der Banklizenz – Entzug der Erlaubnis zum Betreiben des Bankgeschäfts
- Massive Reputationsschäden – negative Darstellung in der Öffentlichkeit und möglicher Verlust von Kundenaufträgen
- Einziehung von Gesellschaftsvermögen – Beschlagnahme von Einlagen sowie geldwerter Rechte und Gegenstände
- Unbegrenzte Geldstrafen – Bußgelder in unbestimmter und unbegrenzter Höhe
Strafrechtliche Verurteilung – Strafrechtliche Verfolgung der haftenden Personen eines Finanzinstituts
Die Strafverfolgung innerhalb des UK wird durch diverse Institutionen wie den Crown Prosecution Service (CPS) oder das Serious Fraud Office (SFO) durchgeführt. Doch auch eine Strafverfolgung im Ausland ist möglich. Entsprechend dem EU-Amtshilfeverfahren werden bei ausländischen Vergehen je nach Bedarf und gemäß der geltenden ausländischen Rechtsprechung undd en geltenden Gesetzen zusätzlich weitere ausländische Behörden zur Hilfe herangezogen.
Exkulpationsmöglichkeit
Schutz vor den Sanktionen können Finanzinstitute durch den Nachweis eines wirksam ausgestalteten Compliancemanagementsystems (CMS) erzielen. Hierbei ist es wesentlich, dass das Compliancemanagementsystem über die vorgeschlagenen angemessenen Maßnahmen (sogenannte Reasonable Procedures) zur Vermeidung der Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch mit dem Finanzinstitut assoziierte Personen verfügt.
Den Finanzinstituten wird empfohlen, eine kritische Durchsicht und etwaige Anpassungen hinsichtlich ihrer Prozesse, Kontrollen und Governance-Strukturen durchzuführen, um das Risiko zu minimieren, entsprechend der Straftatbestände verurteilt zu werden.
Die britische Steuerbehörde Her Majesty’s Revenue and Customs (HMRC) hat eine Leitlinie veröffentlicht, die die Anforderungen an ein CMS in Bezug auf den UK CCO erläutert. Die genannten sechs Leitprinzipien werden im folgenden Schaubild erläutert und stellen aus Sicht der HMRC angemessene Präventionsmaßnahmen dar, mittels derer Finanzinstitute Beihilfe zur Steuerhinterziehung unterbinden können.
Auf den Punkt gebracht
Was Sie als betroffenes Finanzinstitut jetzt umsetzen sollten:
- Identifizieren Sie die internen Verantwortlichen mit der fachlichen Zuständigkeit für das Thema.
- Führen Sie frühzeitig eine Betroffenheitsanalyse durch, um die erforderlichen Anpassungsbedarfe in Prozessen und der IT festzustellen.
- Setzen Sie einen „Tone from the Top“-Ansatz mit Einbindung der Geschäftsführung auf, und kommunizieren Sie diesen im Unternehmen und in der gesamten Gruppe.
- Führen Sie gezielte Risk-Assessments zum UK CCO durch, und fokussieren Sie dabei auf Geschäftsbereiche, in denen ein höheres Risiko vermutet oder festgestellt wird.
- Überprüfen Sie Ihre vertraglichen Beziehungen, und identifizieren Sie die „assoziierten Personen“, bei denen ein erhebliches Risiko zur Steuerhinterziehung bestehen könnte.
- Setzen Sie ein geeignetes Schulungsprogramm für Mitarbeiter auf. Stellen Sie dementsprechend sicher, dass ein funktionierendes Whistleblowingsystem für Verdachtsfälle der Steuerhinterziehung besteht, um unangemessenes Verhalten zu melden.
Die Folgen der anhaltenden Brexit-Verhandlungen sind nicht abzusehen. Die Anforderungen des UK CCO werden jedoch unabhängig von deren Ausgang bestehen bleiben und die nächste Stufe neben FATCA und CRS im globalen Kampf gegen grenzüberschreitende Steuerhinterziehung darstellen. Unabhängig hiervon laufen bereits in anderen europäischen Ländern Gesetzgebungsverfahren zur Etablierung nationaler Vorgaben entsprechend der britischen Regelung als Vorlage.
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