Die Pandemie hat nicht nur viele Unternehmen in ihren Grundfesten erschüttert, sondern auch eine Vielzahl von Rechtsfragen aufgeworfen. Gerade Unternehmen, deren Liquiditätssituation aufgrund der Krise schwierig ist, schrecken aber selbst dann vor Klagen zurück, wenn die Erfolgsaussichten gut sind. Die Verfahrensdauer, das Kostenrisiko und die in der Regel notwendigen Rückstellungen erweisen sich als massive Hemmnisse. Hier kann die Zusammenarbeit mit einem Prozessfinanzierer die Lösung sein.
Durch die Krise sind die Umsätze vieler Unternehmen stark eingebrochen, und die Liquidität sank teilweise rapide. Zudem erleiden die Firmen durch die Krise vielfältige weitere wirtschaftliche Schäden, beispielsweise durch den Zusammenbruch von Lieferketten, gescheiterte Unternehmenstransaktionen oder nicht eingehaltene Verträge, woraus sich Haftungsansprüche ergeben können.
Diese Rechtsfragen werden nach der Krise aufzuarbeiten sein. Da es dabei oft um erhebliche Schadenssummen geht, die Unternehmen in der jetzigen Lage schwer belasten, werden Klageverfahren wohl unvermeidbar sein. Schließlich gehört es zu den Pflichten eines Geschäftsleiters, mögliche Ansprüche seines Unternehmens rechtlich zu klären und bei überwiegenden Erfolgsaussichten Klage zu erheben, wenn die Gegenseite zu keiner angemessenen außergerichtlichen Einigung bereit ist. Die Anzahl der Commercial-Streitigkeiten wird ab dem kommenden Jahr also erheblich steigen.
Kostenrisiken und Überlastung engen Handlungsspielräume ein
Die angespannte finanzielle Lage und dringende Sanierungsmaßnahmen lassen Unternehmen dabei wenig Handlungsspielraum, um berechtigte Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Derzeit sind viele Geschäftsleitungen und Rechtsabteilungen mit der Aufrechterhaltung des operativen Geschäftsbetriebs, der Klärung dringender arbeitsrechtlicher Fragen und der Prüfung staatlicher Hilfsmaßnahmen zur Liquiditätssicherung beschäftigt; zudem müssen häufig die Geschäftsmodelle angepasst und Sanierungspläne erarbeitet werden, um die Krise bewältigen zu können. Daneben verbleibt kaum Zeit, um Haftungsansprüche rechtlich aufzuarbeiten und Klagen vorzubereiten.
Außerdem kostet eine Klage regelmäßig viel Geld, das in der gegenwärtigen Krise fehlt, und verursacht Kostenrisiken, für die Rückstellungen gebildet werden müssen. Diese belasten die Bilanz zusätzlich. Ein Unternehmen muss daher gut überlegen, ob es sich eine Klage in der aktuellen Situation finanziell erlauben kann. Hinzu kommt, dass es oft Jahre dauert, bis ein Erlös fließt, der in der Krise eigentlich sofort benötigt würde. Bereits laufende Rechtsstreitigkeiten aus der Vergangenheit strapazieren die schwierige wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen zusätzlich. Oft ist gerade bei Sanierungsprojekten erhebliche Liquidität in langwierigen und teuren Klageverfahren gebunden, die betroffenen Unternehmen dann in einer Krise fehlt.
Bei komplexen wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten liegen die Gerichtskosten sowie die Kosten für spezialisierte Rechtsanwälte und Sachverständige regelmäßig im sechsstelligen Bereich, die allesamt von dem klagenden Unternehmen verauslagt werden müssen. Mit einer Rückzahlung der Kosten ist nur dann zu rechnen, wenn die Klage nach dem Zug durch die Instanzen schließlich gewonnen wird. Dann besteht aber noch das Risiko, dass der Gegner wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die zugesprochene Forderung und die aufgelaufenen Kosten auch tatsächlich zu bezahlen. Dieses Risiko wird durch die sich infolge der Pandemie mit großer Wahrscheinlichkeit weiter verschärfende Wirtschaftskrise noch deutlich steigen.
Im schlimmsten Fall verliert das Unternehmen nach vielen Jahren den Prozess. Dann bleibt es auf den eigenen Kosten sitzen und muss zusätzlich noch die Anwaltskosten des Gegners erstatten. Besonders hoch sind die Liquiditätsbelastung und das Kostenrisiko dabei in internationalen Schiedsverfahren. Die Verfahrenskosten liegen hier fast immer im Bereich von mehreren Millionen Euro, wobei die von den Parteien zu finanzierenden Rechtsanwaltskosten regelmäßig 85% ausmachen.
Prozessfinanzierung als Tool zur sofortigen Liquiditätsverbesserung
Eine bislang vor allem Experten bekannte Finanzierungsmöglichkeit besteht darin, dass ein Prozessfinanzierer die Kosten und Risiken der laufenden und geplanten Rechtsstreitigkeiten gegen eine erfolgsabhängige Beteiligung an dem Prozesserlös übernimmt. Dadurch erhält das Unternehmen von dem Prozessfinanzierer alle bereits bezahlten Prozesskosten sofort erstattet; die zukünftigen Kosten werden ebenfalls übernommen. Dies verbessert die Liquiditätslage unmittelbar. Darüber hinaus zahlen spezialisierte Prozessfinanzierer vorab einen Teilbetrag der Klageforderung an das Unternehmen aus (sogenannte Monetarisierung). Durch die Bündelung mehrerer Klageverfahren eines Unternehmens können so sogar auch einzelne Verfahren mit vergleichsweise hohem Prozessrisiko finanziert werden (sogenannte Portfoliofinanzierung).
Neben der Liquiditätsverbesserung können bei dem Unternehmen auch die Rückstellungen für Prozesskostenrisiken ergebniswirksam aufgelöst werden, da der Finanzierer bei Verlust der Klage sämtliche Kosten des Rechtsstreits allein trägt, wozu auch die Kostenerstattungsansprüche des Gegners zählen. Dadurch kann eine bilanzielle Überschuldung des Unternehmens verringert oder vermieden werden, was ebenfalls bei der Sanierung hilft.
Ein Praxisbeispiel
Ein mittelständischer Chemieanlagenbauer leitete ein Schiedsverfahren gegen einen Auftraggeber im Ausland wegen unbezahlter Projektnachträge ein. Der Anlagenbauer rechnete in dem Verfahren mit eigenen Anwalts- und Sachverständigenkosten in Höhe von rund 300.000 Euro. Für diese Summe wurde eine entsprechende Rückstellung gebildet. Da die Passivseite der Bilanz bereits durch Darlehensverbindlichkeiten stark belastet war, löste dies bei dem Unternehmen eine bilanzielle Überschuldung aus. Damit bestand konkrete Insolvenzgefahr. Nach Übernahme sämtlicher Verfahrenskosten durch einen Prozessfinanzierer konnten die Rückstellung wieder aufgelöst und die Überschuldung beseitigt werden. Eine insolvenzrechtliche Überschuldungsprüfung war nicht mehr erforderlich. Zudem wurde die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gestärkt, da der Prozessfinanzierer die Verfahrenskosten in Höhe von 300.000 Euro bezahlte.
Das Beispiel zeigt: Es greift in der Sanierungspraxis zu kurz, die Rechtsstreitigkeiten eines sanierungsbedürftigen Unternehmens als reinen Kostenfaktor zu bewerten, der die Liquiditätsplanung des Unternehmens belastet und die Sanierung erschwert. Bei genauer Betrachtung stellen Klageverfahren vielmehr Assets dar, die durch eine Prozessfinanzierung gehoben werden können, um sofort Liquidität zu schaffen. Die Prozessfinanzierung kann damit als kreatives Sanierungstool genutzt werden.
Kostenlose Bewertung der Erfolgsaussichten einer Klage
Außerdem kann es bei der Sanierung auch deshalb ratsam sein, mit einem Prozessfinanzierer zusammenzuarbeiten, weil dieser vor der Finanzierung von Klageverfahren die Erfolgsaussichten der Ansprüche objektiv und kostenlos prüft. Dadurch kann das Unternehmen eine schnelle Einschätzung bekommen, welches wirtschaftliche Potential in den Schadensersatzansprüchen steckt, und dies bei der Sanierungsplanung berücksichtigen.