Im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit von Verbrauchern unterhalten Unternehmen nicht mehr nur Präsenzen im Internet beziehungsweise den sozialen Netzwerken, sondern haben ihre Strategien dahingehend weiterentwickelt, dass Werbekampagnen nunmehr mit solchen Inhalten verbunden werden, denen ihre Zielgruppen bereits „folgen“. Daraus resultiert eine Zunahme von Werbemaßnahmen in den sozialen Medien, die insbesondere auf Partnerschaften mit sogenannten Influencern beruhen.
Zuletzt war zu beobachten, dass Regulierungsbehörden in der EU und den USA, aber auch in anderen Ländern, auf Influencermarketing aufmerksam geworden sind und dieses vermehrt regulieren. Im ersten Quartal des Jahres 2020 wurden sowohl im In- als auch im Ausland zahlreiche Maßnahmen ergriffen, die Einfluss auf zukünftige Werbekampagnen mit Influencern haben könnten.
Deutschland
Gegenwärtig stellt Influencermarketing in Deutschland sowohl nach dem Telemediengesetz als auch nach dem Rundfunkstaatsvertrag „Werbung“ dar. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von den Landesmedienanstalten der einzelnen Bundesländer überwacht.
Nach deutschem Recht muss ein Influencer, der einen Social-Media-Beitrag nutzt, um im Auftrag eines Unternehmens für ein Produkt zu werben, sicherstellen, dass der kommerzielle Charakter des Beitrags für den Verbraucher deutlich erkennbar offengelegt wird. Dabei kann bereits die Einbindung eines Links zu einem Produkt eines Unternehmens in einem Social-Media-Posting eines Influencers ausreichen, um das Posting als Werbung zu kategorisieren. Dies selbst dann, wenn der Influencer in dem Posting eindeutig angibt, dass er das Produkt selbst bezahlt hat (also keine Gegenleistung für den Hinweis auf das Produkt erhalten hat).
Zusätzlich zu regulatorischen Umsetzungsmaßnahmen kann das Fehlen einer klaren und deutlich sichtbaren Angabe, dass es sich bei einem Post um Werbung handelt, die Tätigkeit eines Influencers auch in den Anwendungsbereich des deutschen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) fallen. Das UWG zielt auf den Schutz von Wettbewerbern, Verbrauchern und anderen Marktteilnehmern vor unlauteren Geschäftspraktiken, insbesondere Werbung, ab. Ein Influencer kann hierüber für Verstöße gegen die deutschen Bestimmungen zum Influencermarketing haftbar gemacht werden. Darüber hinaus kann ein Unternehmen, das einen Influencer zu Werbezwecken für seine Produkte einsetzt, auch als Mittäter oder Teilnehmer haftbar gemacht werden.
Die Bundesregierung hat am 01.04.2020 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes beschlossen. Darin ist unter anderem eine für Influencer wichtige Definition der „kommerziellen Kommunikation“ enthalten. Mit Hilfe dieser Konkretisierung sollen (zumindest Teile der) zurzeit bei der Rechtsanwendung bestehenden Unklarheiten im Bereich des Influencermarketings beseitigt werden.
Vereinigtes Königreich
Die Rechtslage im Vereinigten Königreich ähnelt jener in Deutschland. Die „Consumer Protection from Unfair Trading Regulations 2008“ verbieten irreführende Handlungen oder Unterlassungen bei der Werbung oder beim Verkauf an Verbraucher und sehen bei Verstößen strafrechtliche Konsequenzen vor. Die von der britischen „Advertising Standards Association“ (ASA) und der britischen Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde herausgegebenen Leitlinien stellen klar, wie diese „Regulations“ für die Werbung in den sozialen Medien einschließlich Influencern gelten.
Werbung muss danach klar gekennzeichnet sein. Die Verbraucher müssen über die Geschäftsbeziehung zwischen einem Influencer und dem Unternehmen, für das geworben wird, informiert werden. Beiträge müssen Kennzeichnungen wie „#ad“ enthalten.
Im Juni 2019 hat eine Entscheidung der ASA gezeigt, dass zumindest Influencermarketing für Arzneimittel besondere Probleme aufwerfen kann: Werbung für Arzneimittel durch Prominente ist verboten. Doch ab wann ist jemand prominent? Die Entscheidung wurde von dem betroffenen Unternehmen mit der Begründung angefochten, dass der Influencer (etwa 30.000 Follower) nur eine „kleine und nischenhafte Anhängerschaft“ habe. Dem widersprach die ASA. Sie kam zu dem Schluss, dass knapp 30.000 Follower der Aufmerksamkeit einer „beträchtlichen Anzahl“ von Menschen gleichkämen. Diese Entscheidung wurde deshalb als sehr streng angesehen, weil der Entschluss des werbenden Unternehmens, mit dem Influencer eine Partnerschaft einzugehen, zuvor von der „Proprietary Association of Great Britain“ (PAGB), dem britischen Fachverband für Verbrauchergesundheitspflege, gebilligt worden war.
USA
Die Diskussion über Influencermarketing und dessen Regulierung wird nicht nur in Europa geführt. Auch in den USA sehen sich Unternehmen ähnlichen Bestimmungen und möglichen Änderungen des regulatorischen Rahmens ausgesetzt.
Sowohl die „U.S. Food & Drug Administration“ (FDA) als auch die „Federal Trade Commission“ (FTC) haben vor kurzem Maßnahmen angekündigt, um die behördeninternen Bewertungen zu den Auswirkungen von Influencermarketing auf Verbraucher zu überprüfen (und gegebenenfalls zu aktualisieren).
Die FDA ist befugt, Forschung im Zusammenhang mit Gesundheitsinformationen, Arzneimitteln und anderen von der FDA regulierten Produkten durchzuführen. Im Januar 2020 kündigte die FDA ihr jüngstes Forschungsvorhaben an, zwei geplante Studien zum Thema „Endorser Status und Explicitness of Payment in Direct-to-Consumer Promotion“, in denen untersucht werden soll, wie Verbraucher auf unterschiedliche Arten von Influencern und Zahlungsangaben im Zusammenhang mit der Werbung für ein Gesundheitsprodukt in Print- und sozialen Medien reagieren. Mit den Studien sollen vier Arten von Werbebotschaftern (Prominente, Ärzte, Patienten und Influencer) dahingehend untersucht werden, ob eine Offenlegung der Vergütung für ihre Werbetätigkeit die an den Studien teilnehmenden Verbraucher beeinflusst.
In den vergangenen zehn Jahren hat die FDA ihre Anstrengungen zur Überwachung von Werbung in sozialen Medien ausgeweitet. Die FDA überprüft und verweist routinemäßig in Warnschreiben auf unternehmensgenerierte Social-Media-Inhalte und hat sich auch auf Inhalte konzentriert, die von Dritten im Namen des werbenden Unternehmens generiert wurden. Dies kann so weit gehen, dass die FDA ein Posting für falsch oder irreführend erklärt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Prüfung von Werbekampagnen in den sozialen Medien, insbesondere solchen, die sich Influencern bedienen, durch die FDA in den kommenden Jahren zunehmen wird.
China
Auch in China steigen die gesetzlichen Anforderungen an das Influencermarketing. Zum Beispiel darf ein Influencer keine Produkte empfehlen oder bewerben, die er nicht selbst verwendet hat. Die Posts eines Influencers müssen deutlich mit „Werbung“ gekennzeichnet sein, wenn sie über Massenmedien veröffentlicht werden. Unternehmen ist es zudem nicht gestattet, bestimmte Influencer zu Werbezwecken einzusetzen; etwa Kinder unter zehn Jahren oder Personen, die bereits wegen irreführender Werbung aufgefallen sind. Darüber hinaus ist Influencermarketing unter anderem für medizinische Behandlung, Arzneimittel oder medizinische Geräte nicht gestattet.
Bei irreführender Werbung für Waren, die sich nicht auf das Leben und die Gesundheit von Verbrauchern beziehen, haftet der Influencer gesamtschuldnerisch mit dem werbenden Unternehmen, sofern der Influencer weiß oder wissen konnte, dass die Werbung unzutreffend ist; bei irreführender Werbung für Waren, die sich auf das Leben und die Gesundheit von Verbrauchern beziehen, haftet der Influencer immer gesamtschuldnerisch mit dem werbenden Unternehmen.
Fazit
Das Interesse der Aufsichtsbehörden an Influencermarketing und somit auch an den werbenden Unternehmen hat international zugenommen. Neben dem deutschen Vorstoß einer Annäherung an den Begriff des Influencers über die Definition der „kommerziellen Kommunikation“ sind vor allem die Entwicklungen in den USA und China weiter zu beobachten. Im Zuge dieser – teilweise sehr unterschiedlichen – internationalen Regulierungen ist es daher ratsam, die nationalen Anforderungen in Bezug auf Influencermarketing der jeweiligen Länder, in denen Produkte angeboten werden, zu kennen und gegebenenfalls dahingehend zu überprüfen, ob und in welchem Umfang Anpassungen erforderlich werden können. Dies insbesondere, um mögliche Haftungsszenarien zu vermeiden.
nicolas.dumont@arnoldporter.com