Fünf Fragen an: Dr. Daniel Biene, LL.M. (New York), Geschäftsführer/General Manager,
Germany & Switzerland von Axiom, Frankfurt am Main
Der Rechtsmarkt in Deutschland wird flexibler. Neben Kanzleien etablieren sich zunehmend auch alternative Dienstleister, die Rechtsabteilungen Unterstützung in Projekten durch den Interimseinsatz qualifizierter Juristen anbieten. Weltweit einer der großen Player in diesem Marktsegment ist das US-Unternehmen Axiom, das nun im dritten Jahr auch in Deutschland aktiv ist. Über die bisherige Entwicklung und die Perspektiven sprach Thomas Wegerich mit Dr. Daniel Biene.
Deutscher AnwaltSpiegel: Herr Dr. Biene, seit etwa zweieinhalb Jahren ist Axiom im deutschen Rechtsmarkt aktiv. Wie war die Entwicklung bisher?
Dr. Daniel Biene: Axiom hat sich in Deutschland sehr gut entwickelt. Wir sind hier auf der grünen Wiese gestartet, zu einer Zeit, als Innovation im Rechtsmarkt noch ein eher akademisches Thema war. Inzwischen verstehen immer mehr Unternehmen, dass die hergebrachte binäre Arbeitsteilung zwischen Inhouse-Counsel und externen Kanzleien nicht in Stein gemeißelt sein muss – und dass eine Flexibilisierung nicht nur große wirtschaftliche Vorteile für das Unternehmen bringt, sondern auch die Ergebnisqualität und die Wertschätzung der Rechtsabteilung im Unternehmen verbessert.
In den vergangenen zweieinhalb Jahren konnten wir zahlreiche sehr namhafte Unternehmen in unseren deutschen Kundenstamm aufnehmen und haben ein nachhaltiges Geschäft aufgebaut. Unsere schnelle Entwicklung in Deutschland ist sicherlich auch der Tatsache zu verdanken, dass Axiom fast 20 Jahre Innovationserfahrung und einzigartige globale Möglichkeiten mitbringt. In den USA, Asien und Europa arbeiten mittlerweile mehr als 2.000 Juristen für Axiom. Wir können unsere Kunden daher bei Bedarf viel umfassender und zuverlässiger unterstützen, als lokale Anbieter das können.
Deutscher AnwaltSpiegel: Ihr Vorgänger William McKinnon, der die Startphase in Deutschland begleitet hat, hat seinerzeit im Interview des Deutschen AnwaltSpiegels (siehe dazu HIER): gesagt, er wolle das Unternehmen als „kostengünstige, qualitativ hochwertige Alternative zu traditionellen Großkanzleien“ positionieren. Ist das immer noch das Ziel – und, wenn ja, wie weit sind Sie inzwischen insoweit gekommen?
Dr. Daniel Biene: Das ist noch immer das Ziel. Inzwischen sind wir mit diesem Ansatz fest im deutschen Markt etabliert. Allerdings ist es nicht so, dass unser Angebot austauschbar mit dem von Großkanzleien ist oder wir Kanzleien für überflüssig halten. Kanzleien werden auf absehbare Zeit wesentlicher Partner für Unternehmen bleiben, wenn es um komplexe und strategisch entscheidende Themen geht.
Unser Angebot ist komplementär zu dem von Kanzleien. Wir sehen uns als „dritten Weg“ zwischen der klassischen Inhouse-Arbeit durch festangestellte Mitarbeiter in Rechtsabteilungen einerseits und den Großkanzleien, die hochspezialisierte strategische Arbeit für hohe Stundensätze erbringen, andererseits. Zwischen diesen beiden Polen gibt es sehr viele Aufgaben, die durch zeitweilig in die Rechtsabteilungen integrierte Axiom-Juristen schlicht effizienter erbracht werden können als durch die Schaffung zusätzlicher Planstellen oder die Vergabe an externe Kanzleien. Diese Effizienz lässt sich nicht nur an Kosten pro Stunde festmachen, sondern auch an nahtloser Kommunikation, harmonischer Incentivierung und deutlich größerer Flexibilität angesichts sich schnell wandelnder Themen, Anforderungen und Rahmenbedingungen.
Deutscher AnwaltSpiegel: International sind Großunternehmen die Kernzielgruppe von Axiom. Gilt das auch für Deutschland?
Dr. Daniel Biene: Das ist richtig. International sind vor allem große Unternehmen unsere Kunden, darunter die Mehrzahl der amerikanischen Fortune-100-Unternehmen sowie nahezu alle der weltweit namhaften Banken, Konsumgüterhersteller und Internetunternehmen. In Deutschland konnten wir inzwischen einige der auf ähnlichem Niveau tätigen deutschen Unternehmen für eine Zusammenarbeit gewinnen. Ebenso zählen in Deutschland aber auch einige klassische Mittelständler und Familienunternehmen zu unseren Kunden. Ob eine Zusammenarbeit sinnvoll ist, hängt nicht so sehr von der Unternehmensgröße ab. Vielmehr geht es um die Frage, ob regelmäßig so viel juristische Arbeit anfällt, dass das Unternehmen interne oder externe Kosten im Umfang von ungefähr zwei Justitiarstellen aufwärts hat.
Deutscher AnwaltSpiegel: Auf welche Rechtsgebiete konzentrieren Sie sich im deutschen Markt, und wie groß ist das Team von Anwälten, das für Axiom aktiv ist?
Dr. Daniel Biene: Unsere Juristen sind in einem sehr breiten Spektrum von Rechtsgebieten qualifiziert. Das orientiert sich an der typischen Nachfrage unserer Kunden. Ganz besonders stark sind wir beispielweise im allgemeinen Wirtschafts- und Vertragsrecht, im Gesellschaftsrecht und bei M&A-Transaktionen, im Bereich Datenschutz und in anderen regulierungsintensiven Bereichen wie beispielsweise Banking und Pharma. Auch im Arbeitsrecht haben wir einige erfahrene Juristen an Bord. Es gibt aber natürlich Bereiche, in denen wir bisher nur schmale Kapazitäten haben. Das sind beispielsweise das Baurecht, das öffentliche Wirtschaftsrecht oder Stiftungs- und Nachfolgethemen.
Konkrete Zahlen zu unseren Mitarbeitern in Deutschland kann ich leider nicht nennen. Aber ich kann sagen, dass wir, wenn wir eine Kanzlei wären, inzwischen zu den größeren deutschen Kanzleien zählen würden. Und selbstverständlich können wir auch in Deutschland auf unsere international mehr als 2.000 Juristen zugreifen. Das gibt unseren deutschen Kunden ein Maß an Flexibilität, das kein anderer Anbieter in unserem Segment bietet.
Deutscher AnwaltSpiegel: Lassen Sie uns in die Glaskugel schauen. Wo wird Axiom in weiteren zwei Jahren und in fünf Jahren im deutschen Rechtsmarkt stehen?
Dr. Daniel Biene: Ich komme aus der Digitalindustrie, aber ich glaube nicht daran, dass der vielbeschworene „Roboteranwalt“ in absehbarer Zeit Realität wird. Echte juristische Arbeit jenseits repetitiver Routinetätigkeiten wird weiter von Menschen gemacht werden. Das kommt Axiom natürlich durchaus entgegen, denn im Kern sind wir ein „People-Business“.
Allerdings wird in den kommenden Jahren immer mehr hinterfragt werden, wie und mit welcher Effizienz diese juristische Kopfarbeit geleistet wird. Genau wie in allen anderen Wirtschaftsbereichen werden überlieferte Arbeitsweisen nicht mehr einfach als gegeben akzeptiert werden, sondern es wird in Beratungsprodukten, in Workflows und in Messbarkeit gedacht werden. Diese Überlegungen werden zwangsläufig zu einem Aufbrechen des noch immer recht binären Denkens zwischen „Inhouse-Mitarbeitern“ und „externer Kanzlei“ führen.
Bestimmte Aufgaben werden klassisch inhouse erledigt werden, andere – sehr strategische – werden an Kanzleien vergeben werden. Einfache oder lediglich vorstrukturierende Tätigkeiten wird Software verrichten. Und unsere Axiom-Juristen werden an Themen arbeiten, die eigentlich in die Inhouse-Rechtsabteilung gehören, dort aber aus Kapazitäts- oder Kompetenzgründen nicht von den festen Mitarbeitern erledigt werden können.
In den kommenden zwei Jahren wird sich im deutschen Rechtsmarkt ein breiteres Bewusstsein dafür herausbilden, dass Angebote wie die von Axiom nicht zusätzliche Kosten bedeuten, sondern mit der intelligenten Strukturierung von Workflows und Dienstleistern ganz erheblich Kosten optimiert werden können. Mit anderen Worten: Es werden immer mehr Aufgaben und Abläufe in den Rechtsabteilungen auf den Prüfstand gestellt werden, um Aufwände zu senken und gleichzeitig die Ergebnisqualität zu verbessern oder zumindest beizubehalten. In dieser Entwicklung sind Axiom und andere alternative Anbieter wertvolle Partner, also das Gegenteil von Zusatzkostenfaktoren.
In fünf Jahren wird der deutsche Rechtsmarkt beginnen, sich dem Stadium anzunähern, das im angloamerikanischen Rechtsraum schon seit einigen Jahren besteht. Dort ist der Rechtsmarkt bereits jetzt deutlich vielfältiger und „industrieller“ als hierzulande aufgestellt. Das lässt sich nicht nur an Fachdiskussionen und Konferenzen festmachen, sondern auch an der dort inzwischen typischen internen Aufstellung von Rechtsabteilungen (Stichwort „Legal-Operations“) und vor allem auch an der Zahl und den Umsatzdimensionen alternativer Anbieter. Als erster internationaler Anbieter auf dem deutschen Rechtsmarkt ist es natürlich unser Ziel, bei dieser Entwicklung auch weiterhin ganz vorne dabei zu sein.
Deutscher AnwaltSpiegel: Vielen Dank , lieber Dr. Biene, für die Einblicke, die Sie unseren Lesern gegeben haben. Wir werden die weitere Entwicklung von Axiom im Rechtsmarkt weiter verfolgen.