In unserer Rubrik Inhouse-Top-5 stellen wir Ihnen im Deutschen AnwaltSpiegel alle wichtigen und praxisrelevanten Themen vor, die bei führenden Unternehmensjuristen in Deutschland ganz oben auf der Agenda stehen. Der Anspruch ist, Unternehmensjuristen praxisnahe Themen zu präsentieren. Und weil der Faktor Zeit Geld (wert) ist, haben wir unsere Berichterstattung bei Inhouse-Top-5 in eine möglichst kompakte Form gebracht – „in a Nutshell“.
Hier die Top 5 aus der Expertensicht von Jan Heiko Köhlbrandt, LL.M., Associate General Counsel, und Dr. Małgorzata Hartwig, Legal Counsel, beide bei Archer Daniels Midland Co.
(1) Kooperation statt Konfrontation?
Insbesondere in Zeiten von Corona und der damit verbundenen Disruption nicht nur der Supply Chain hat sich gezeigt, wie wichtig eine vertrauensvolle und kompromissbereite Zusammenarbeit für eine nachhaltige Geschäftsbeziehung ist. Nicht das starre Beharren auf Vertragsrechten, sondern die Bereitschaft, Zugeständnisse zu machen, zählt dann (in der Regel) mehr und führt zu einem langfristigeren Geschäftserfolg, statt nur einen kurzfristigen Erfolg in einem Rechtsstreit. Zudem kann man dann, wenn man selbst in eine Zwangslage kommt, auch ein Entgegenkommen des Geschäftspartners erwarten.
Ergo: Es muss ja nicht immer ein Rechtsstreit werden.
(2) Lieferkettengesetz
Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen dieses hochaktuelle Thema auf interne Unternehmensrichtlinien und -prozesse hat, aber vor allem auch auf die Vertragsbeziehungen mit Lieferanten und Kunden. Wird dies zu mehr Konflikten führen? Was sind die Rechtsfolgen von Vertragsverstößen? Oder gibt es gar weniger Rechtsstreitigkeiten, weil jedes Unternehmen entlang der Lieferkette solide Prozesse und Überwachungsmaßnahmen einführt, die auch noch weitere (ESG-)Aspekte neben den durch das Lieferkettengesetz geschützten Umwelt- und Menschenrechten sicherstellen?
(3) Höhere Transparenz = höheres Reputationsrisiko
Unternehmen, insbesondere börsennotierte, müssen immer transparenter werden. Shareholder und auch Geschäftspartner fordern immer mehr Informationen über bzw. die Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen hinsichtlich z. B. Sustainability, Green Finance und Diversity, Equity & Inclusion. Die Reputation des Unternehmens wird daher immer wichtiger, aber durch die wachsende Anzahl der Risiken auch immer fragiler. Dies erfordert auch vom Unternehmensjuristen tiefe Kenntnisse in diesen Bereichen, um das Unternehmen adäquat beraten und schützen zu können.
(4) Environment Social Governance (ESG) und Klimawandel = mehr Klagen?
Führt die zunehmende Anzahl an Normen und Regulierungen im ESG-Bereich auch zu mehr Rechtsstreitigkeiten mit anderen Unternehmen, Privaten, NGOs oder Aufsichtsbehörden? In welchem Maße wird in diesem Zusammenhang der unleugbare Klimawandel nicht nur von Aktivisten, sondern auch von Investoren, Prozessfinanzierern, Kommunen, Staaten, Aktionären und öffentlichen Organisationen genutzt? Wie kann und muss sich eine Rechtsabteilung darauf vorbereiten?
(5) Schutz der Reputation = neue Wege notwendig?
Der Reputationsschutz eines Unternehmens ist aus den vorgenannten Gründen von immenser Bedeutung. Neben einer Vielzahl von internen präventiven Prozessen zu dessen Schutz kann dies aber auch eine aktive repressive Sicherung der Reputation notwendig machen. Deswegen sollte sich auch der Unternehmensjurist mit Themen wie dem Presse- und dem Medienrecht und deren Portfolio von Angriffs- und Verteidigungsmitteln vertraut machen. Insbesondere in Zeiten von Social Media und „asymmetrischen Angriffen“ auf die Reputation muss auch die Rechtsabteilung – in Kooperation mit der PR-Abteilung – alle anderen Mittel der heutigen Kommunikation kennen, um auf derartige Angriffe angemessen zu reagieren. Denn heutzutage kann blitzartig aus einem kleinen „Häufchen“ ein ausgewachsener „Fäkal-Sturm“ werden.