Aktuelle Tendenzen bei gesellschaftsrechtlich veranlassten Unternehmensbewertungen und Ausblick auf 2020
Von André Menze, Frederic Werner und Nils Rullkötter
Trotz aufkommender Konjunktursorgen und politischer Risiken zeigten sich die Aktienmärkte in 2019 erstaunlich robust, so dass auf Jahressicht erhebliche Kursgewinne zu verzeichnen sind. Ungeachtet der Handelskonflikte und politischen Risiken, die in einer Abschwächung der Weltwirtschaft und in der Folge in zahlreichen Gewinnwarnungen resultierten, konnten teilweise sogar Rekordkurse erzielt werden. Ein wesentlicher Einflussfaktor für diese Entwicklung dürfte – neben dem niedrigen Ausgangskursniveau zum Jahresbeginn 2019 – die expansive Geldpolitik der Zentralbanken, insbesondere die der Europäischen Zentralbank sein. Damit in engem Zusammenhang stehend, reduzierte sich auch das Zinsniveau im Euroraum bis zum dritten Quartal 2019 weiter deutlich. Langlaufende 30-jährige deutsche Staatsanleihen wiesen zwischenzeitlich sogar negative Renditen auf. Durch den Kapitalmarktbezug wirken diese Entwicklungen über mehrere Wege auf die Unternehmensbewertung. Zwar gehen fallende Renditen auf (quasi-)risikolose Staatsanleihen mit sinkenden Basiszinssätzen nach IDW einher, was sich isoliert betrachtet senkend auf die Eigenkapitalkosten auswirkt. Andererseits zeigten sich die implizit auf Basis von Analystenschätzungen und aktueller Marktkapitalisierung ermittelten Renditeerwartungen tendenziell auf dem Niveau der Vorjahre, was klar für eine erhöhte erwartete Risikoprämie spricht. Tatsächlich wurde, unter anderem darauf gestützt und der Entwicklung des risikolosen Zinses entgegenlaufend, die Marktrisikoprämie für Zwecke der Unternehmensbewertungen leicht angehoben.
Die Themen Aktienkurse und Risikoprämien bzw. -abschläge wurden auch in aktuellen Gerichtsentscheidungen aufgegriffen. Während erstinstanzlich der Börsenkurs als rechtlicher Abfindungsmaßstab vereinzelt eine Aufwertung erfuhr und eine zweitinstanzliche Entscheidung Start-up-Risikoabschläge als angemessen beurteilte, setzte sich die höchstrichterliche Rechtsprechung unter anderem mit der Frage der Risikoprämie in der Entgeltregulierung auseinander. Mit besonderem Interesse und überaus hoher Wertrelevanz werden im Jahr 2020 Entscheidungen erwartet, die den diskontierten Ausgleich als Wertuntergrenze bei vorangehendem Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag und die Relevanz des Börsenkurses für Zwecke der Abfindungs- bzw. Ausgleichsbemessung zum Gegenstand haben.
Risikoloser Basiszinssatz weiter rückläufig
Getrieben durch die wirtschaftlichen Unsicherheiten und die expansive Geldpolitik der EZB, entwickelte sich das quasi-risikolose Renditeniveau deutscher Staatsanleihen in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019 weiter deutlich rückläufig und erreichte für 30-jährige deutsche Staatsanleihen im Herbst 2019 seinen Tiefpunkt. Zu diesem Zeitpunkt ermittelte sich nach der vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) vorgeschlagenen Methode und auf Basis der am Kapitalmarkt beobachtbaren Renditestruktur deutscher Staatsanleihen ein (risikoloser) Basiszinssatz von gerundet 0,0%, wobei der ungerundete Stichtagsbasiszins noch sogar leicht unterhalb von 0,0% lag. Davon ausgehend, entwickelte sich das langfristige risikolose Zinsniveau, wie Abbildung 1 zeigt, zum Jahresende 2019 leicht steigend auf stichtagsgenau rund 0,3%. Mittelfristig ist aufgrund der anhaltenden lockeren Geldpolitik und der sich schwach entwickelnden makroökonomischen Indikatoren (wie Industrieproduktion, BIP und Welthandel) weiterhin von einem sehr geringen risikolosen Euro-Zinsniveau auszugehen.
Höhere Marktrisikoprämie: nunmehr 6,0% bis 8,0% vor sowie 5,0% bis 6,5% nach persönlichen Steuern
Um eine mit Blick auf die Kapitalmarktsituation und der Höhe nach angemessene Bandbreite für die im Rahmen von Unternehmensbewertungen in Ansatz gebrachte Marktrisikoprämie sicherzustellen, analysiert der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft des IDW (FAUB) kontinuierlich die Entwicklungen an den Kapitalmärkten auf Basis verschiedener Indikatoren (unter anderem Ex-post-Analysen historischer Renditen, implizite (Eigen-)Kapitalkosten, Basiszinssätze, erwartete Inflationsraten). Aufgrund des risikolosen Zinsniveaus von nahe null hätte dies bei unverändertem Festhalten an der bisherigen Bandbreitenempfehlung für Marktrisikoprämien zu Gesamtrenditeerwartungen von 5,5% bis 7,0% geführt. Diese hätten damit die in der Vergangenheit beobachtbaren nominalen Aktienrenditen, die um die erwartete Inflation erhöhten realen Aktienrenditen und die aus den Erwartungen von Analysten abgeleiteten impliziten Aktienrenditen, die in einer Gesamtbetrachtung nominale Renditen in einer Größenordnung von etwa 7% bis 9% nahelegen, erheblich unterschritten. In seiner Sitzung am 22.10.2019 hat der FAUB daher beschlossen, seine Empfehlung für die Bandbreite der Marktrisikoprämie vor persönlichen Steuern auf 6,0% bis 8,0% anzuheben. Ausgehend von diesen Vorsteuergrößen empfiehlt der FAUB nunmehr eine Bandbreite für die Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern von 5,0% bis 6,5%.
Auch wenn diverse und aussagekräftige Indikatoren auf dieses erhöhte Niveau der Risikoprämie hindeuten, bleibt die vollständig gerichtsübergreifende Akzeptanz des Ansatzes der erhöhten Bandbreitenempfehlung für Marktrisikoprämien abzuwarten.
Rechtsprechung zur Marktrisikoprämie
Die Höhe der „richtigen“ Marktrisikoprämie wurde auch in 2019 nicht einheitlich von sämtlichen entscheidungsrelevanten Gerichten beurteilt. Während der Großteil der Landes- und Oberlandesgerichte zu den vergangenen Bewertungsstichtagen die verwendete Marktrisikoprämie von 5,5% nach persönlichen Steuern und damit die Mitte der vom FAUB bisher vorgeschlagenen Bandbreite akzeptiert hat, beurteilte jedoch das OLG München weiterhin eine Marktrisikoprämie am unteren Ende der zu den vergangenen Bewertungsstichtagen verlautbarten Bandbreite von 5,0% als sachgerecht.
Eine gewisse Unsicherheit auf die Marktrisikoprämie strahlte zwischenzeitlich durch die Rechtsprechung des BGH im Rahmen der Strom- und Gasentgeltregulierung (vgl. BGH-Entscheidungen vom 09.07.2019, Az. EnVR 52/18 und EnVR 41/18) auf die Unternehmensbewertung aus. Zwar wurde in den beurteilten Sachverhalten eine geringere Marktrisikoprämie als bei gesellschaftsrechtlich veranlassten Bewertungen üblich angesetzt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Ausgangskonstellation anders gelagert ist sowie die entscheidungserheblichen Rahmenbedingungen verschieden sind. Auch führt der BGH eigens aus, dass es sich bei der Empfehlung des FAUB um eine alternativ in Betracht kommende Berechnungsmethode handele. Es wird weiter dargestellt, dass für die Wahl der Methode ein Spielraum besteht, wobei der BGH keinerlei methodische Vorgaben für die Ermittlung des Eigenkapitalzinssatzes und seiner Parameter macht. Auch einzelne Spruchgerichte haben diese Entscheidungen des BGH für Unternehmensbewertungen in ihren Urteilsbegründungen bereits aufgegriffen. So hat jüngst das LG Dortmund im Falle eines vergangenen Squeeze-outs die Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern von 5,5% (also die Mitte der zum Bewertungsstichtag verlautbarten FAUB-Bandbreite) bekräftigt (vgl. Beschluss vom 30.09.2019, Az. 18 O 34/15). Dabei hat das LG Dortmund explizit dargestellt, dass sich aus den beiden BGH-Entscheidungen nichts gegen die angesetzte Marktrisikoprämie von 5,5% nach persönlichen Steuern ergibt.
Dadurch, dass der BGH im entschiedenen Fall keine Unternehmensbewertung beurteilt und zudem die Empfehlung des FAUB eigens als alternativ in Betracht kommende Berechnungsmethode klassifiziert hat, sind unseres Erachtens keine Auswirkungen auf die Bemessung der Marktrisikoprämie im Rahmen von Unternehmensbewertungen zu erwarten.
Wachstumsabschlag: Inflationserwartungen auf Niveau des Vorjahres
Neben den Prognosen einzelner Wirtschaftsinstitute weisen die Marktpreise inflationsgeschützter Anleihen sowie der sogenannten Inflation-linked Swaps, wie Abbildung 2 zeigt, eine relativ flache Entwicklung der Inflationsraten in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr auf.
Daher ist auch bei Unternehmensbewertungen zu künftigen Stichtagen durchschnittlich von ähnlichen Wachstumsabschlägen wie in den Vorjahren auszugehen.
Unternehmensplanung: Gewinnwarnungen in 2019 auf hohem Niveau
Auch in 2019 senkten Analysten für zahlreiche Unternehmen ihre Ergebnisschätzungen für 2019 und die Folgejahre. Zudem lag die Anzahl der von den Unternehmen veröffentlichten Gewinnwarnungen deutlich über dem durchschnittlichen Niveau der Vorjahre. In der Folge ist zwar der aus einem niedrigeren prognostizierten Ergebnis abgeleitete finanzielle Überschuss des ersten Planjahres ebenfalls niedriger. Im Gegenzug ist davon auszugehen, dass sich für die darauf folgenden Planjahre jedoch durchschnittlich höhere Ergebnissteigerungen in der Planungsrechnung oder in den Analystenschätzungen zeigen.
Bereits in unserem „Ausblick 2019“ vor einem Jahr (vgl. Deutscher AnwaltSpiegel 3/2019, HIER) wurde auf die zunehmende Bedeutung von Ausfallrisiken im Rahmen von Unternehmensbewertungen und Distressed-Bewertungen hingewiesen. Auch wenn die Anzahl an Insolvenzen in Deutschland auf vergleichbarem Niveau wie in den Vorjahren lag, nahm die Anzahl von Insolvenzen oder Schutzschirmverfahren vergleichsweise großer und umsatzstarker Gesellschaften zu (etwa Gerry Weber, Senvion, Thomas Cook, Condor, Eisenmann, Loewe, Euromicron). Auch wenn die niedrigen Zinsen die Finanzierung tendenziell erleichtern, sind vor allem Firmen mit hohen Verschuldungsgraden und mit Herausforderungen in Hinblick auf die digitale Transformation oder ein geringmargiges Endverbrauchergeschäft betroffen. Somit zeigt sich, dass solche Insolvenzrisiken ökonomisch und bewertungstechnisch unter Berücksichtigung der fallspezifischen Besonderheiten berücksichtigt werden sollten. Welcher methodische Ansatz dabei auf die Akzeptanz der Gerichte stößt, bleibt weiter abzuwarten.
Bei der Bewertung so genannter Start-up-Unternehmen mit jungen Geschäftsmodellen ist die Berücksichtigung von Ausfall- und Überlebenswahrscheinlichkeiten bereits in der Praxis breit etabliert. Ein aktuelles Urteil des OLG München untermauert die Plausibilität solcher Risikoabschläge für Geschäftsmodelle im Start-up-Bereich (vgl. OLG München, Beschluss vom 06.08.2019, Az. 31 Wx 340/17). Im konkreten Fall wurden spezifische Start-up-Abschläge von 65% bzw. 90% (auf die Planung bezogen) angesetzt und aufgrund des deutlich höheren Risikos bei gleichzeitiger Verwendung von einheitlichen Kapitalkosten wie für die übrigen Unternehmensbestandteile seitens des OLG München als sachgerecht beurteilt. Aufgrund der zunehmenden Anzahl von Start-up-Geschäftsmodellen ist von einer steigenden Relevanz dieser Abschläge für einzelne Geschäftseinheiten auszugehen.
Wertauswirkungen von erwarteten Parameteränderungen
In Abhängigkeit von ihrer weiteren künftigen Entwicklung können ausgewählte, oben erläuterte Bewertungsparameter sowohl unternehmenswertsenkend als auch unternehmenswerterhöhend wirken. Ausgehend von den zum Jahresende 2019 vorherrschenden Parameterkonstellationen lassen sich die Erwartungen in Bezug auf einzelne Bewertungsparameter für das Jahr 2020 und daraus resultierende Auswirkungen auf den Unternehmenswert wie in Abbildung 3 skizzieren.
Richtungsweisende und fallübergreifende Urteile zur Relevanz des Börsenkurses
Im Rahmen der langjährigen Börsenkurs-Rechtsprechung der deutschen Spruchverfahrenspraxis gilt der Börsenkurs grundsätzlich als Wertuntergrenze für die Bemessung von Abfindungen. Die alleinige Maßgeblichkeit des Börsenkurses für die Bemessung der Barabfindung und der festen Ausgleichszahlung wurde jedoch überwiegend abgelehnt. Zwar hatte der BGH in 2016 (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2016 – II ZB 25/14) im Falle eines Squeeze-outs ausgeführt, dass das alleinige Abstellen auf den Börsenwert durchaus ausreiche, da auch bei der zum Schutz der Minderheitsaktionäre gebotenen Berücksichtigung des Börsenwerts der Wert eines Anteils nicht unabhängig vom Unternehmenswert ermittelt werde. Jedoch fand der Börsenkurs bis dato gemäß gängiger Praxis und in der Rechtsprechung größtenteils lediglich als Untergrenze für die Bemessung der Abfindung Anwendung.
Auf Basis der aktuellen, in 2019 ergangenen Rechtsprechung zeigt sich für einzelne Landgerichte (etwa LG Frankfurt am Main und LG Stuttgart) eine Tendenz zur ausschließlichen Relevanz des Börsenkurses für Zwecke der Bemessung der Barabfindung. Das LG Frankfurt am Main sieht diese sogar darüber hinausgehend für die Bemessung der jährlichen Ausgleichszahlung im Rahmen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags gegeben und legt für die Bemessung der Barabfindung und des festen Ausgleichs im Fall STADA ausschließlich den Börsenkurs zugrunde (vgl. Beschluss vom 27.06.2019, Az. 3-05 O 38/18). Das LG Frankfurt am Main führt aus, dass auch bei einem gegebenenfalls höheren Ertragswert für die Bemessung der Abfindung nach § 305 AktG und für den festen Ausgleich nach § 304 AktG auf den Börsenkurs abgestellt werden könne, wenn im maßgeblichen Beobachtungszeitraum für den Börsenkurs keine Marktenge oder Verzerrungen des Börsenkurses zu Ungunsten der Minderheitsaktionäre vorliegen. Als Begründung, dass bei Vorliegen aussagekräftiger Börsenkurse der Börsenkurs nicht nur die Untergrenze, sondern die angemessene Abfindung bilde, führt das Landgericht unter anderem an, dass der Verkehrswert des Aktieneigentums vom Gericht im Wege der Schätzung entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln sei und dass als Grundlage für diese Schätzung dem Gericht fundamentalanalytische Wertermittlungsmethoden wie das Ertragswertverfahren ebenso zur Verfügung stehen wie marktorientierte Methoden, etwa eine Orientierung an Börsenkursen.
In einem ähnlich gelagerten Fall urteilte auch das LG Stuttgart, dass das auszuübende Schätzermessen nach § 287 Abs. 2 ZPO die Freiheit umfasse, anstelle der Ertragswertmethode im geeigneten Einzelfall eine kapitalmarktorientierte Bewertung zum Börsenkurs vorzunehmen (vgl. Beschluss vom 08.05.2019, Az. 31 O 25/13 KfH). Die Anwendung eines „Meistbegünstigungsprinzips“, nach dem ein aussagekräftiger Börsenkurs nur die Untergrenze der (ansonsten nach der Ertragswertmethode zu bestimmenden) Abfindung bilde oder nur zu Plausibilisierungszwecken herangezogen werden dürfe, ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Das Landgericht führt dabei aus, dass eine partielle Informationseffizienz hingegen nicht gegen die Legitimität der Heranziehung real gebildeter (Markt-)Preise spreche.
Ob die genannten Entscheidungen der Landgerichte im Instanzenzug Bestand haben werden, bleibt abzuwarten. Das OLG München hat bereits in einem aktuellen Urteil bekräftigt, dass dem Börsenkurs auch nach der Rechtsprechung des BGH, auf die sich das LG Frankfurt am Main und das LG Stuttgart stützen, keine alleinige Maßgeblichkeit zukommt (vgl. Az. 31 Wx 213/17; vom 12.07.2019).
Ein besonderes Interesse liegt bei der weiteren Rechtsprechung auf der Bestimmung des festen Ausgleichs auf Basis des Börsenkurses, geht doch die bisherige Praxis regelmäßig von der Irrelevanz des Börsenkurses für die Bemessung des festen Ausgleichs aus.
Entscheidung des BGH zur Relevanz des diskontierten Ausgleichs erwartet
In seinem Beschluss von 2016 (Az. II ZB 25/14 vom 12.01.2016) zur Abfindungsbemessung hat der BGH explizit offen gelassen, inwiefern der diskontierte Ausgleich eine Wertuntergrenze darstellt, sofern dieser oberhalb des Ertragswerts liegt. Diese Frage ist aufgrund der divergierenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte weiterhin umstritten. Während sich das OLG Frankfurt a.M. (Az. 21 W 69/14; vom 05.02.2016) seit dem BGH-Beschluss zunächst für eine Heranziehung als (alleinigen) Wertmaßstab ausgesprochen hat, lässt das OLG Frankfurt a.M. (Az. 21 W 37/12; vom 17.01.2017) analog zum OLG Stuttgart (Az. 20 W 2/13; vom 21.08.2018) in jüngeren Entscheidungen die Beantwortung dieser Frage explizit unbeantwortet; in den zu entscheidenden Fällen lag der abfindungsrelevante Börsenwert oberhalb des diskontierten Ausgleichs. Demgegenüber lehnen sowohl das OLG Düsseldorf (Az. I-26 W 2/16; vom 15.11.2016) als auch das LG Hannover (Az. 23 AktE 73/17; vom 01.11.2018) die Bemessung der Wertuntergrenze im Rahmen eines Squeeze-outs auf Grundlage der diskontierten Ausgleichszahlung entschieden ab. Die abschließende Beurteilung des BGH erwarten wir mit großem Interesse.
Ausblick
In 2020 werden die Gerichte sich mit ersten Bewertungsfällen befassen zu haben, bei denen die aktualisierte Empfehlung des FAUB zur Marktrisikoprämie Anwendung findet. Auch künftig ergehende Entscheidungen werden zeigen, wie die Gerichtsbarkeit die Berücksichtigung von Ausfallrisiken und Bonitätsabschlägen bei der Bewertung hochverschuldeter Unternehmen sowie im Falle junger überdurchschnittlich riskanter Geschäftsmodelle rechtlich beurteilt.
Ebenfalls sehr gespannt sind wir auf die weitere Börsenkursrechtsprechung und die höchstrichterliche Würdigung der Frage, ob der diskontierte Ausgleich bei Bemessung der Barabfindung im Rahmen eines Squeeze-outs neben dem Börsenkurs eine weitere Wertuntergrenze darstellt.
Auch wenn die theoretischen Grundlagen der Unternehmensbewertung bereits vor Jahrzehnten gelegt wurden und man sich fragen könnte, was denn noch methodisch unklar sei, steht Folgendes bereits jetzt fest: Die Eingangsparameter einer jeden Bewertung werden auch künftig einem steten Wandel unterliegen – und um (Unternehmens-)Werte wird sich auch künftig vor den Gerichten auseinandergesetzt werden.