Die Finanzierung einer Gesellschaft durch ihre Gesellschafter erfolgt aus guten Gründen häufig nicht nur durch Eigenkapital, sondern zusätzlich auch durch Gesellschafterdarlehen. Ohne die zahlreichen Gründe einzeln aufzuführen, lässt sich festhalten, dass Gesellschafterdarlehen rechtlich und kaufmännisch flexibler als Eigenkapital und in bestimmten Fällen auch steuerlich vorteilhaft sind. Gesellschafterdarlehen werden aber zur Belastung, wenn durch einen negativen Geschäftsverlauf die Eigenkapitalquote der Gesellschaft unter ein vertretbares Maß sinkt und im ungünstigsten Fall sogar eine Überschuldung nach § 19 InsO entsteht. Droht dies, fassen Gesellschafter häufig den Entschluss, ihre Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital umzuwandeln.
Typische Formen der Umwandlung von Gesellschafterdarlehen
Gesellschafterdarlehen werden häufig durch einen schlichten Darlehensverzicht in Eigenkapital umgewandelt. In der Folge wird die Darlehensverbindlichkeit in der Handelsbilanz der Gesellschaft entweder als freiwillige Zuzahlung nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB in die Kapitalrücklage „umgebucht“, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss vorliegt. Oder der Entfall der Verbindlichkeit erhöht als Ertrag in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung das Ergebnis des laufenden Geschäftsjahrs. Alternativ kann der Gesellschafter die Darlehensforderung auch als freiwillige Zuzahlung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB in die Gesellschaft eingelegen, wo sie durch Kollusion erlischt. Beiden Varianten der Darlehensumwandlung gemein ist, dass sie mit keinen oder nur geringen Formerfordernissen verbunden sind und insbesondere keine notarielle Beurkundung und keine Handelsregistereintragung voraussetzen.
Unerwünschte Folgen einer Umwandlung von Gesellschafterdarlehen
Die Umwandlung kann trotz ihres „guten Zwecks“ rechtliche und steuerliche Folgen haben, die für Gesellschafter und Gesellschaft häufig überraschend sind. Diese Folgen können unterschiedlich sein, je nachdem, ob es sich bei der Gesellschaft um eine Kapitalgesellschaft (GmbH, AG etc.) oder eine Personenhandelsgesellschaft handelt (etwa GmbH & Co. KG).
Steuerliche Folgen
Eine Darlehensumwandlung durch den Gesellschafter kann bei Kapitalgesellschaften einen körperschaft- und gewerbesteuerpflichtigen Gewinn auslösen. Das passiert dann, wenn die Forderung des Gesellschafters zuvor durch drohenden Zahlungsausfall wertgemindert war. Bei Unternehmen in der Krise wird dies regelmäßig der Fall sein. Steuerpflichtiger Gewinn ist die Differenz zwischen dem Marktwert der Forderung und dem Nominalwert der Darlehensverbindlichkeit, denn nur der werthaltige Teil gilt als steuerneutrale verdeckte Einlage (BFH vom 09.06.1997, GrS 1/94). Wird der Gewinn nicht durch steuerwirksame Verluste ausgeglichen, kann es in der Krise zu einem bedrohlichen Abfluss von Liquidität für Steuern kommen. Denkbar ist dies zum Beispiel, wenn Verluste steuerlich nicht abzugsfähig waren (etwa Abschreibungen auf Beteiligungen) oder wenn Verlustvorträge wegen der so genannten Mindestbesteuerung nicht voll gegengerechnet werden können. Eine Steuerbefreiung nach § 3a EStG, 7a GewStG als Sanierungsgewinn ist möglich, die Voraussetzungen sollten allerdings vor der Umwandlung geprüft werden.
Eine Darlehensumwandlung kann auch schenkungsteuerliche Folgen haben. Hat eine Gesellschaft mehrere Gesellschafter und wandelt ein Gesellschafter über seine Beteiligungsquote hinaus ein Gesellschafterdarlehen um, ohne dass sich seine Beteiligung an der Gesellschaft erhöht, kann das eine schenkungsteuerpflichtige freigebige Zuwendung an die übrigen Gesellschafter darstellen. Der Bundesfinanzhof hat das für eine disquotale Einlage in eine Personenhandelsgesellschaft bereits festgestellt (BFH vom 05.02.2020, II R 9/17). Seit Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG kann aber auch die disquotale Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens an eine Kapitalgesellschaft Schenkungsteuer auslösen. Das gilt im Übrigen nicht nur, wenn die begünstigten Mitgesellschafter Familienmitglieder oder sonstige nahestehende Personen sind. Werden anlässlich der Umwandlung die Beteiligungsverhältnisse angepasst, wird in der Regel keine freigebige Zuwendung an die Mitgesellschafter vorliegen. Das gilt allerdings nur dann, wenn sich die Gesellschafter zuvor auf eine Bewertung des Unternehmens einigen und die Beteiligungsquote entsprechend der Wertverschiebung angepasst wird. Versäumen die Gesellschafter, sich auf einen Wert zu einigen, kann es bei der Beteiligungsanpassung zu einer schenkungsteuerpflichtigen Über- oder Unterkompensation kommen. Häufig liegt dies daran, dass der Nennwert des Darlehens dem Geschäfts- oder Kapitalanteil des verzichtenden Gesellschafters zugerechnet wird, ohne stille Reserven oder Lasten zu berücksichtigen.
Rechtliche Folgen
Bei Personenhandelsgesellschaften kann durch die Besonderheit der Kapitalkontenstruktur ein Darlehensverzicht im Fall einer nachfolgenden Insolvenz im ungünstigsten Fall eine Anfechtung auslösen. Dies hat zur Folge, dass der verzichtende Gesellschafter auf Zahlung der Darlehenssumme in Anspruch genommen wird – ohne zuvor eine liquiditätswirksame Rückzahlung erhalten zu haben. Für Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft werden oft Eigenkapitalkonten (feste und variable) sowie Darlehenskonten (oftmals auch als Privat- oder Verrechnungskonten bezeichnet) geführt. Auf Letzteren werden Gesellschafterdarlehen verbucht. Für die Gesellschafter liegt es oftmals nahe, zur Stärkung des Eigenkapitals eine einfache Umbuchung auf ein Eigenkapitalkonto vorzunehmen. Ist diese Umbuchung als Rückzahlung mit anschließender Einlage anzusehen, ist sie unter den entsprechenden Voraussetzungen anfechtbar. Dem Gesellschafter bleibt dann nur, seine Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden, wo sie nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig ist.
Ein weiterer zu berücksichtigender Aspekt sind Verpflichtungen der Gesellschafter aus Vereinbarungen mit Banken. Hat die Gesellschaft neben Gesellschafterdarlehen auch Bankkredite aufgenommen, müssen die Gesellschafter oft einen Rangrücktritt für ihre Darlehensforderung erklären. Diese sehen häufig ein Rückforderungs- und Verfügungsverbot für den Gesellschafter vor. Die Umwandlung der Darlehensforderung des Gesellschafters in Eigenkapital kann einen Verstoß gegen diese Bedingungen des Kreditvertrags und des Rangrücktritts darstellen. Sie führt dann zu Schadensersatzverpflichtungen des Gesellschafters gegenüber den kreditgewährenden Banken. Die Umwandlung des Gesellschafterdarlehens muss deshalb unter Umständen mit den Banken abgestimmt werden.
Gestaltungsmöglichkeiten
Bei sorgfältiger Gestaltung lassen sich rechtliche und steuerliche Risiken bei der Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital oft vermeiden. Eine naheliegende Option ist, statt einer Umwandlung des Darlehens in Eigenkapital einen Rangrücktritt zu erklären. Der Rangrücktritt muss aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit das Gesellschafterdarlehen bei der Ermittlung einer Überschuldung im Sinne des § 19 InsO außer Betracht bleiben kann. Auch ein steuerwirksamer Gewinn bei der Gesellschaft ist vermeidbar. Manchmal kann es aber auch sinnvoll sein, bewusst einen steuerpflichtigen Gewinn auszulösen, um das Entstehen von Verlustvorträgen zu vermeiden, die später nur eingeschränkt nutzbar sind.