Der halbjährliche Praxisüberblick

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Haftung der Partner einer Partnerschaftsgesellschaft nach internem Mandatswechsel
BGH, Urteil vom 12.09.2019 – IX ZR 190/18: Bereits vor zehn Jahren hatte der BGH entschieden (BGH, Urteil vom 19.11.2009 – IX ZR 12/09), dass der mit der Bearbeitung eines Auftrags i.S.d. § 8 Abs. 2 PartGG befasste Partner keinen eigenen Verursachungsbeitrag zu dem entstandenen Schaden beigetragen haben muss. Er haftet neben der Partnerschaftsgesellschaft als Gesamtschuldner auch für schon vor seinem Eintritt begangene Fehler eines anderen Berufsträgers.
Nun hat das höchste Bundesgericht klargestellt, dass die Haftung eines einmal mit dem Mandat befassten Partners nicht endet, wenn er das Mandat innerhalb der Partnerschaftsgesellschaft abgibt. Damit folgt der BGH der in ­§ 160 HGB im Personengesellschaftsrecht zum Ausdruck kommenden Nachhaftung, ohne dass allerdings das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) eine Begrenzung dieser Nachhaftung vorsieht.
Sinn und Zweck des § 8 Abs. 2 PartGG sei gerade nicht die Begründung, sondern die Einschränkung der Haftung des einzelnen Partners, um persönliche Haftungsrisiken kalkulierbar zu machen und Planungssicherheit zu verschaffen. Diese Einschränkung komme jedoch nur demjenigen Partner zugute, der nicht mit der Bearbeitung des Auftrags befasst war oder nur einen Bearbeitungsbeitrag von untergeordneter Bedeutung geleistet hat. Maßgeblich für eine (gesamtschuldnerische) Haftung ist nicht, wer den Fehler tatsächlich verursacht hat, was sich oftmals praktisch auch schwer feststellen lässt, sondern wer sich (irgendwann) mit der Sache befasst hat.

Anwachsung des Abfindungsanspruchs der GbR als Schenkung
BGH, Urteil vom 03.06.2020 – IV ZR 16/19: Der BGH hat sich in der vorliegenden Entscheidung mit der Frage befasst, ob die bei einer zweigliedrigen, vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts für den Fall des Todes eines Gesellschafters vereinbarte Anwachsung seines Gesellschaftsanteils beim überlebenden Gesellschafter unter Ausschluss eines Abfindungsanspruchs eine Schenkung i.S.v. § 2325 Abs. 1 BGB sein kann.
Der BGH hält dabei daran fest, dass der allseitige Abfindungsausschluss für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters für sich allein grundsätzlich nicht als Schenkung zu werten sei. Zum einen hätten gesellschaftsvertragliche Nachfolgevereinbarungen – selbst wenn sie Abfindungsansprüche der Erben völlig ausschließen – im Allgemeinen nicht den Sinn, dem jeweils in Aussicht genommenen Nachfolger in den Gesellschaftsanteil letztwillig etwas zuzuwenden, sondern sollen in erster Linie gewährleisten, dass das Gesellschaftsunternehmen beim Tod eines Gesellschafters erhalten bleibt und seine Fortführung durch die oder den verbliebenen Gesellschafter nicht durch Abfindungsansprüche erschwert wird. Aufgrund der Zwecke einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung passe schon das Begriffspaar „entgeltlich – unentgeltlich“ nicht, sondern vielmehr liege eine gesellschaftsrechtliche Regelung der Mitgliedschaft zur Erhaltung eines gesellschaftlich gebundenen Zweckvermögens vor. Des Weiteren handele es sich in der Regel beim allseitigen Abfindungsausschluss nicht um eine Zuwendung an die Mitgesellschafter, sondern um ein zufallsabhängiges Geschäft. Denn jeder Gesellschafter wendet dem anderen das Gleiche zu, und jeder nimmt das gleiche Risiko auf sich, dass der Vorteil der Nachfolge in den Anteil dem anderen zufällt.
Diese Grundsätze ließen aber für andere Fallgestaltungen hinreichend Raum, um auch die schutzwürdigen Belange der Nachlassbeteiligten wie etwa der Pflichtteilsberechtigten zur Geltung zu bringen. Dabei habe das Gericht den Umständen des jeweils vorliegenden Geschäfts im Einzelnen sorgfältig nachzugehen. Es sei zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die die Annahme einer in dem Abfindungsausschluss liegenden Schenkung rechtfertigen könnten.
Nach Auffassung des BGH hatte das Berufungsgericht im vorliegenden Fall nachvollziehbar entschieden, dass hier die Zuwendung an den Mitgesellschafter im Vordergrund stand, so dass eine Schenkung angenommen werden konnte.

Persönliche Anwendbarkeit des Betriebsrentengesetzes
BGH, Urteile vom 01.10.2019 – II ZR 386/17 und II ZR 387/17: Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist unstreitig mangels Weisungsabhängigkeit kein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne. Eine Anwendbarkeit des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) – die insbesondere den Insolvenzschutz des BetrAVG mit sich bringt – ließe sich also nur dann begründen, wenn er als arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG zu qualifizieren wäre.

Nichtarbeitnehmer sollen nur dann unter den Schutz des Betriebsrentengesetzes fallen, wenn ihre Schutzbedürftigkeit der eines Arbeitnehmers gleichsteht. Das ist nach Auffassung des BGH dann der Fall, wenn die Altersvorsorge aus Anlass einer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt ist und keine besondere Möglichkeit besteht, auf die Versorgungsbedingungen Einfluss zu nehmen. Damit einher geht, dass Zusagender und Leistungsempfänger nicht personenidentisch sein dürfen oder – gleich­stehend –, wenn der Person aufgrund ihres (vermögensmäßigen) Einflusses eine so starke Verbundenheit mit dem Unternehmen zuzuschreiben ist, dass es als ihr eigenes angesehen werden könnte. Folglich werden Gesellschafter-Geschäftsführer mit über 50% der Anteile nicht vom Schutzbereich des Betriebsrentengesetzes erfasst. Auch soweit die jeweiligen Beteiligungen nicht unbedeutend sind, sind Personen, die zwar nicht allein die Mehrheit besitzen, diese aber zusammen mit anderen Gesellschafter-Geschäftsführern erreichen, nicht schutzbedürftig.
Der BGH führte die Rechtsprechung dahingehend fort, dass dasselbe auch für GmbH-Geschäftsführer, die einzeln oder bei Zusammenfassung ihrer jeweiligen Beteiligungen exakt 50% der Anteile innehaben, gilt. Die Möglichkeit, Beschlüsse zu blockieren, reiche aus, „um eine hinreichende Leitungsmacht im Unternehmen anzunehmen, so dass der Gesellschafter-Geschäftsführer für das Unternehmen nicht als fremdes, sondern als sein eigenes tätig wird, weil er eine deutlich einflussreichere Stellung im Unternehmen hat als ein Arbeitnehmer“.

Anforderungen an die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats bei einer GmbH
BGH, Urteil vom 02.07.2019 – II ZR 406/17: Der BGH hat mit dieser Entscheidung klargestellt, dass eine die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats gestattende Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag einer GmbH ausreichende Beschlussgrundlage ist und es gerade nicht einer (zusätzlichen) Beschlussfassung unter Einhaltung der für eine Satzungsänderung gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen bedarf.
Auch wenn die Einrichtung eines Aufsichtsrats in einer GmbH wegen der diesem dann regelmäßig übertragenen Kompetenzen in die Binnenstruktur der Gesellschaft erheblich eingreift, ist eine solche nicht als Satzungsänderung anzusehen, soweit sie auf Grundlage einer Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag, die die Ermächtigung ausreichend bestimmt, geschieht. Denn in diesem Fall ist ein drittes Organ neben den Gesellschaftern und Geschäftsführern in der Satzung bereits veranlagt, so dass gerade kein hiervon abweichender Zustand begründet wird. Demzufolge ist der Einrichtungsbeschluss nicht den formellen Anforderungen, die bei einer Satzungsänderung gelten, zu unterstellen. Freilich darf der Beschluss nicht gegen das Gesetz oder die Satzung selbst verstoßen.

Keine Befugnis des Insolvenzverwalters zur Änderung der Firma der AG
BGH, Beschluss vom 26.11.2019 – II ZB 21/17: Veräußert der Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb mit der Berechtigung, die bisherige Firma fortzuführen, stellen sich die Fragen, ob die in Abwicklung befindliche Gesellschaft die bisherige Firma weiterführen darf oder ob eine Firmenänderung notwendig ist und – falls Letzteres der Fall ist – ob der Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Verwertungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO die Befugnis hat, die Firmenänderung zu beschließen und anzumelden.
Der BGH stellt zunächst fest, dass § 80 Abs. 1 InsO dem Insolvenzverwalter die Befugnis gibt, über den Firmenwert – und damit die Mitveräußerung der Firma – zu verfügen. Die umstrittene Frage, ob deswegen die Firma der Abwicklungsgesellschaft geändert werden müsse, beantwortet der BGH in einer Analyse der einschlägigen Vorschriften zum Firmen- und Kennzeichenrecht (insbesondere § 30 HGB und § 18 Abs. 1 Satz 2 HGB) in Fortführung älterer Rechtsprechung dahingehend, dass eine Doppelführung der Firma jedenfalls nicht grundsätzlich unzulässig sei. Im Einzelfall – wenn zum Beispiel der Erwerber die Firma wegen § 30 HGB gar nicht nutzen kann – sei eine Firmenänderung jedoch geboten.
Allerdings gebe § 80 Abs. 1 InsO dem Insolvenzverwalter auch in solchen Fällen nicht das Recht, außerhalb eines Insolvenzplans die Firmenänderung selbst zu beschließen. Die Befugnisse des Insolvenzverwalters erstreckten sich nicht auf den innergesellschaftlichen Bereich, zu dem die Befugnis zur Änderung der Satzung zähle. Die Eintragung der Änderung der Firma der Aktiengesellschaft auf eine Entschließung des Insolvenzverwalters hin sei im Gesetz nicht vorgesehen und wäre mit den Grundsätzen des Registerrechts und dem Verkehrsschutz nicht vereinbar. Das Handelsregister habe die Aufgabe, als technisches Medium für die Verlautbarung der für den Rechtsverkehr wesentlichen Tatsachen und Rechtsverhältnisse der – auch in der Insolvenz noch existenten AG – zu sorgen. Die einzutragenden Angaben müssten deshalb zuverlässig, vollständig und lückenlos beurkundet werden. Mit dem Verweis auf praktische Probleme bei der Annahme einer Zuständigkeit der Hauptversammlung und die Gefahr einer Behinderung der Verwertung der Firma zum Zweck einer bestmöglichen Gläubigerbefriedigung könne angesichts dessen ein hiervon abweichendes Ergebnis nicht begründet werden.
Die Entscheidung ist zwar zur AG gefallen, berührt aber grundsätzliche Fragen der Reichweite der Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO. Es dürfte im Zweifel künftig schwierig werden, außerhalb eines Insolvenzplans eine übertragende Sanierung unter Einschluss des Rechts an der Firma rechtssicher zu vollziehen.

Hinweis der Redaktion: Der Autor dankt Frau Rechtsreferendarin Christin Lang für die wertvolle Unterstützung. (tw)

Sven.Hoffmann@heussen-law.de

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