Die Fach- und Networkingveranstaltung der Produktfamilie Deutscher AnwaltSpiegel ist nicht mehr von der Spitze des Rechtsmarkts wegzudenken

Von Ayfer Ekingen

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Am 02.12.2019 war es wieder so weit, die Frankfurt School of Finance öffnete die Türen für die zum vierten Mal stattfindende und mittlerweile im Rechtsmarkt fest verankerte Veranstaltung Inhouse Matters.
Digitalisierung im Rechtsmarkt – Nichts ist beständiger als der Wandel: Mit diesem Titel luden die Verantwortlichen der Produktfamilie Deutscher AnwaltSpiegel Partner, Unternehmensvertreter und Fachbeiräte wieder zu einem interessanten und spannenden Programm ein, um sich zu verschiedenen Perspektiven und diversen Erfahrungen auszutauschen.
Nach einer herzlichen Begrüßung der über 200 namhaften Teilnehmer und Referenten aus Rechtsabteilungen, Kanzleien und Dienstleistern durch Prof. Dr. Christoph Schalast (als Vertreter der Frankfurt School of Finance & Management), die beiden Hauptsponsoren Christian Kreis (Vice President STP AG) und Behnam Sadough (Managing Director of EU Operations, UnitedLex Germany GmbH) sowie Prof. Dr. Thomas Wegerich begann das Programm mit den Impulsvorträgen und den Panels mit anschließenden Diskussionsrunden, an denen sich das Publikum intensiv beteiligte.

LET’S KICK OFF
Den Auftakt machte Prof. Dr. Philipp Sandner (Leiter Blockchain Center, Frankfurt School of Finance & Management) mit seinem Vortrag zum Thema Blockchaintechnologie: Was kommt auf den Rechtsmarkt zu?
Der Finanzmarkt ändert sich mit der Technologie, und die Unternehmen müssen sich darauf einstellen. Deutschland hinke bei neuen Technologien oft hinterher, aber für die Blockchain gelte das nicht, so Prof. Dr. ­Sandner. Wichtig sei, dass man sich viel mehr mit der Technologie beschäftigen sollte und nicht mehr nur mit BWL. Im Hinblick darauf wurde 2017 das Blockchain Center an der Frankfurt School of Finance & Management initiiert.
Das Frankfurt School Blockchain Center berät Unternehmen hinsichtlich ihrer Blockchainaktivitäten, unter anderem auch den ersten Crypto-Fund Europas, aber auch Start-ups und Konzerne. Es analysiert unter anderem Implikationen der Blockchaintechnologie für Unternehmen und Wirtschaft und sieht sich als Plattform zum Wissensaustausch für Entscheidungsträger, Start-ups, Technologie- und Industrieexperten. Auf Blockchain-Anwälte kommt weiterhin eine Menge Arbeit zu, und Prof. Dr. Sandner ist sich sicher, dass die neue Technologie früher oder später die Basis für Aktien und auch für den Euro bilden wird.

PRACTIONER’S VIEW
Behnam Sadough von UnitedLex widmete sich dem Thema Managed Legal Services als Lösung für immer komplexer werdende Anforderungen.
Der Wandel und die Digitalisierung werden nach wie vor wichtige Themen sein und anhalten. Bestehende Prozesse werden immer mehr digitalisiert, um Effizienz und Effektivität zu erzielen. Es müsse allerdings viel mehr von digitaler Transformation gesprochen werden. Der Trend zur Auslagerung juristischer Tätigkeiten ist schon längst erkannt und erhöht den Druck auf traditionelle Rechtsdienstleister, standardisierte Beratungsprodukte zu einem wettbewerbsfähigen Preis anzubieten. Die Herausforderung für alle bestehe darin, eine Plattform zu schaffen und den Wandel zuzulassen, um voranzuschreiten.

PANEL I
Law-Firm-Panel: Investitionen in die Digitalisierung
der Prozesse sind unerlässlich. Was ist zu tun? Was wird getan? Wer macht was gut?
Das erste Panel startete Prof. Dr. Wegerich mit der Frage an die Teilnehmer, wo die Sozietäten derzeit in puncto Digitalisierung stehen.
Dr. Sandra Thiel von Clifford Chance führte dazu aus, dass sie noch am Anfang stünden, sich aber über die spezifisch anwaltlichen Anforderungen der Thematik annähern, indem sie untersuchen, wie sie mit bestimmten Tools umgehen. Wichtig sei es hier gewesen, den gesamten Prozess zu digitalisieren und verschiedene Bereiche wie IT und Beratung etc. zusammenzubringen, um Produkte zu entwickeln.
Rolf Hünermann von Reed Smith betonte, dass die Sozietät noch lange nicht dort ist, wo sie sein sollte. Der Fokus liegt hier auf einer effizienten Beratung des Mandanten. Dazu wird mit Zeit und Ruhe in die Zusammensetzung eines Teams, das IT-Expertise hat und die Beratungspraxen kennt, investiert, um herauszufinden, wie exakt der Bedarf des Mandanten aussieht, und die Beratung darauf zuzuschneiden.
Andreas Bong von KPMG Law berichtete, dass ein Team von 18 Personen (Anwälte und Nichtanwälte) für Legal Process & Tech gegründet wurde. Die übergreifende Aufstellung im Unternehmen sei wichtig, erzeuge eine umfassende Wertschöpfung und steigere nachhaltig die Reputation im Unternehmen.
GSK Stockmann befindet sich hinsichtlich der Digitalisierung der Prozesse momentan in der Handlungsphase mit einem interdisziplinären Team, schilderte Dr. Oliver Glück.
Dr. Hubertus Kolster führte aus, dass CMS eine Einheit mit Wirtschaftsjuristen und IT-Support gegründet hat, die sich insbesondere um Due-Diligence-Prozesse kümmert. Dr. Kolster machte deutlich, dass zwar Technologien integriert werden und alles IT-gestützt ist, dass aber CMS eine Anwaltskanzlei bleiben und kein Softwareunternehmen werden will.
Dr. Markus Sengpiel von Luther berichtete, dass internes Ressourcenmanagement betrieben wurde und der Einsatz von Technologien eine Qualitätssteigerung brachte. Fragen, die dabei im Mittelpunkt standen, waren: Was braucht der Mandant? Was können wir uns leisten? Welche Partner brauchen wir? Auf die Nachfrage von Thomas Wegerich, was der Mandant bis jetzt davon habe, antwortete Markus Sengpiel, dass ein reger Austausch mit dem Mandanten besteht, dass es eine dezentral aufgestellte Mandantenabteilung gibt und der Mandant jederzeit Zugriff darauf hat.
Hubertus Kolster bestätigte dies und fügte hinzu, dass auch das Projektmanagement ein wichtiges Thema in Kanzleien ist. Bei großen Projekten muss man viel enger mit den Mandanten zusammenarbeiten. Die Teams sind auch viel enger miteinander verzahnt, so dass Themen wie Plattformen, Austausch und Projektmanagement eine immer wichtigere Rolle einnehmen.
Oliver Glück brachte den Punkt Transparenz mit ein und machte den Anspruch der Mandanten auf Transparenz deutlich.
Andreas Bong schilderte, dass der Mandant bei KPMG Law eine 360-Grad-Beratung erhält, die für Transparenz sorgt. Themen wie Legal Tech etc. werden dabei abgedeckt.
Es sei wichtig zu überlegen, wie man mit Technik eine enge Verzahnung mit den Rechtsabteilungen herstellt. Insgesamt wird die Rechtsberatung effizienter, und man muss sich umstellen. Eine qualifizierte Rechtsberatung wird immer ihren Wert haben, egal wie sehr digitalisiert wird, so Rolf Hünermann.
Abschließend verdeutlichte Sandra Thiel, dass trotz Tools und Technologie ein viel intensiveres Zusammensetzen und ein stärkerer Austausch mit dem Mandanten stattfindet und dieser Abstimmungsprozess letztlich genutzt wird, um dem Mandanten besser helfen zu können.

PANEL II
Provider-Panel: Sind die Alternativen die bessere ­Alternative? Und falls ja: in welchen Bereichen – und warum?
Kanzleien gehen auf Effizienz, Projektmanagement ist ein großes Thema, und sie holen sich interdisziplinäre Teams zur Verstärkung. Besteht hier überhaupt noch Bedarf an Alternativen? Was könnt ihr dem Rechtsmarkt aus der alternativen Ecke bieten? Was ist euer USP? Mit dieser Frage an die Teilnehmer eröffnete Prof. Dr. Bruno Mascello (Universität St. Gallen) das zweite Panel.
Behnam Sadough (UnitedLex) gab als Alleinstellungsmerkmal von UnitedLex die integrierte Technologie an. Sie ermöglicht langfristig gebündelte Prozessabläufe zur Effizienzsteigerung und Effektivität in Unternehmen.
Dr. Daniel Biene (Axiom) berichtete, dass es wichtig sei, das Know-how im Unternehmen zu halten und nicht an externe Kanzleien zu geben. Tech steht zwar im Vordergrund, aber man müsse überlegen, worum es eigentlich geht, wer übernimmt welche Aufgabe? Daraus ergebe sich dann der Rest
Dr. Michael Tal (BusyLamp) merkte an, dass zwar mit Tools geworben werde, dass es aber letztlich den ­Kanzleien noch zu gut gehe und ein ehrliches Umdenken und sich Bewegen noch nicht stattfinde. Dies haben die Alternativen für sich als Geschäftsmodell erkannt und dementsprechend gehandelt.
Laura Hofmann (Clarius Legal) führte an, dass die Mandanten sich nicht mehr von klassischen Kanzleien abgeholt fühlten und der Markt sich wandelt. Als USP von Alternativen nannte Laura Hofmann das mehr an der Praxis orientierte Arbeiten.
Die Alternativen bieten laut Petra Seeburger (STP AG) einen besseren Service für Kanzleien und Mandanten. Der Mandant wünsche sich Effizienz und Transparenz, und darauf gehen die Alternativen besser ein.
Dr. Micha-Manuel Bues (Bryter) erläuterte, dass Standardprobleme wichtiger sind und dass viel mehr mit den Mandanten gesprochen werden muss.
Das Komplexitätsproblem im Rechtssystem mit dem Anwaltsmonopol stammt aus dem 19. Jahrhundert. Es hat sich vieles verändert, und diese Veränderungen haben die Alternativen erkannt und ermöglichen immer mehr flexiblere Rechtsdienstleistungen, wie Dr. Michael Zollner (Lawyers on Demand) berichtete.
Die Teilnehmer waren sich einig, dass der große Bedarf an Alternativen durchaus berechtigt ist und es in allen Fällen eher unwahrscheinlich ist, dass sie irgendwann überflüssig werden.

Präsentation Liquid Legal Institute
Dr. Bernhard Waltl (BMW Group), Mitgründer des Think Tanks Liquid Legal Institute e.V., nutzte die Pause und stellte Liquid Legal genauer vor. Die Erforschung und Förderung von neuem Denken sowie von Technologien und sonstigen Innovationen im „Ökosystem Recht“ (also der sogenannten Legal Transformation) sei Zweck des Vereins. Dieses sogenannte Ökosystem Recht umfasst die Bereiche Rechtsentwicklung, Rechtsanwendung und Rechtsgestaltung.
Infolge von Trends, wie zum Beispiel der Digitalisierung, verändert sich das „Ökosystem Recht“ enorm. Der Verein Liquid Legal Institute findet es nicht ausreichend, diese Veränderungen zu beobachten und einzelne Neuerungen aufzugreifen. Vielmehr ist der Verein davon überzeugt, dass komplexe Probleme nicht von einer Kanzlei allein gelöst werden können und es für alle Interessengruppen (Stakeholder) von Vorteil ist, wenn sie gemeinsam den Veränderungsprozess aktiv vorantreiben. Der Verein soll daher als Plattform dienen, auf der die Mitglieder des Vereins den Veränderungsprozess selbst mitgestalten können.

PANEL III
Erfolgreiche Frauen im Rechtsmarkt treiben die ­Digitalisierung an – Welche Konzepte funktionieren? Was ist zu tun? Wer macht was gut?
Was sind die wichtigsten Merkmale für Digitalisierungsprojekte, und mit welcher Strategie sollten sie umgesetzt werden? Damit begann Astrid Kohlmeier (Liquid Legal Institute) die Moderation des dritten Panels.
Am wichtigsten sei die Kommunikation auf allen Ebenen, laut Dr. Mayte Banzzzatto (Siemens), um Topmanagement und Kollegen zu verbinden und das Digitalisierungsprojekt erfolgreich umzusetzen. Hierbei müsse das Projekt mit einfachen Fragen, wie: Was ist für euch wichtig, und was genau wollt ihr?, und den Antworten darauf fokussiert und umgesetzt werden.
Christina Sontheim-Leven (Postcon) führte aus, dass zunächst den eigenen Juristen die Angst vor der Technik genommen werden muss, um die Standardaufgaben zu reduzieren und das Digitalisierungsprojekt bei Stakeholdern transparent zu machen. Mit allen, die am Projekt beteiligt sind, muss intensiv kommuniziert werden. Zudem muss ein klassisches Projektmanagement in den Prozess eingebaut werden.
Die Projektbeteiligten müssten verstehen, dass es simpel ist, und dann wollten sie es auch und blieben an Bord, ergänzte Dr. Silke Engel (Coca-Cola European Partners). Persönliche Kontakte sowie Kommunikation und Projektmanagement sind die grundlegenden Voraussetzungen für die Umsetzung des Digitalisierungsprojekts.
Auf die Frage von Astrid Kohlmeier, wie es mit dem Einsatz von agilem Management aussieht, antwortete Nina Stoeckel (Merck), dass bei internen Projekten die Scrum-Methode noch nicht eingesetzt wurde. Allerdings wäre das Einsetzen von Design-Thinking hier bei ergebnisorientiertem Arbeiten spannender.
Jede Aufgabenstellung muss vom Problem her klar spezifiziert werden, um eine Lösung zu finden, so Nora Klug (BSH Hausgeräte GmbH). Daher sind agile Methoden ihrer Meinung nach wichtig, zumal dadurch gut Produkte entwickelt werden können, die nicht am Bedarf vorbeigehen.
Die Frage, ob Frauen anders arbeiten als Männer, beantworteten die Teilnehmerinnen mit einem Ja. Alle waren sich einig, dass Frauen anders kommunizieren und sich vernetzen.
Diversity hat zwar an Wichtigkeit gewonnen, aber auch das werde zu kurz gesehen. Menschen arbeiten unterschiedlich, nicht nur Männer und Frauen, so Nora Klug.
Bei den wichtigsten Tipps für Digitalisierungsprojekte war die Runde sich einig und nannte Punkte wie gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten, Mehrwert Business-Case, Prozessanalyse, Integration in die Infrastruktur und die Vision, wie die Rechtsabteilung sein soll.
Das gesamte Team muss bei dem Projekt hinter die Lösungen gebracht werden, wobei auch diejenigen, die dagegen sind, berücksichtigt werden müssen.

PANEL IV
Rechtsabteilungen – Kassensturz: Wo stehen wir
bei der Digitalisierung unserer Prozesse? Wie geht es erfolgreich weiter?
Das vierte und letzte Panel moderierte Julia Zange (Fresenius Medical Care/Association of Corporate Counsel Europe) und eröffnete es mit der Frage: Welche Prozesse haben Sie digitalisiert?
Martin Clemm (Software AG) berichtete, dass sie in ihrem Unternehmen zwar fast alles digitalisiert haben, aber je mehr digitalisiert wurde, desto mehr war zu spüren, dass noch sehr viel fehlt und man noch am Anfang steht.
Die Rechtsabteilung war nur Paper-based, so dass das gesamte Vertragsmanagement digitalisiert werden muss, so Florian Schäfer (Leica Camera).
Timo Matthias Spitzer (Santander) machte deutlich, dass der Mensch als Entscheidungsträger im Mittelpunkt stehen muss. Santander hält weltweit nach Digitalisierungskonzepten Ausschau, um diese dann einzusetzen.
Bei dem Thema Digitalisierung der Prozesse steht E.ON noch am Anfang, berichtete Bettina Maeding (E.ON). Letztes Jahr wurde das Digitalisierungsprojekt ins Leben gerufen. Kleine abgeschlossene Bereiche wie Datenschutz wurden bereits digitalisiert.
Michael R. Winkler (Daimler AG) merkte an, dass man nicht mehr zurückblickt. Es gibt nicht das Tool, das alle Probleme löst, es hängt vielmehr immer von den Anforderungen und dem Ergebnis ab. Die Technologie ändert sich, so wie die Mitarbeiter auch.
Abschließend stellte Julia Zange noch die Frage, wie es erfolgreich weitergehen kann.
Zusammenzukommen und darüber nachzudenken, wie es möglich ist, die Inhalte zu teilen und zu konfigurieren, ist laut Martin Clemm unerlässlich für das erfolgreiche Fortführen des Digitalisierungsprozesses.
Beim Thema Legal Tech sollten nach Timo ­Matthias Spitzer eventuell Check-Box-Lösungen als Mehrwert eingebracht werden, dies auch im Hinblick auf Do-it-yourself-Lösungen. Wenn Legal Tech und Digitalisierung wirklich Effizienz bringen, dann sollten sie eingebracht werden.
Digitalisierung und Legal Tech bringen die Juristen dazu, sich mehr mit dem Thema zu befassen und praxisorientierter zu arbeiten, so Bettina Maeding .
Für Michael R. Winkler sind die Treiber der Digitalisierung die Inhouse-Rechtsabteilungen. Viele kleine schnelle Erfolge werden erzielt.
Bei Leica soll die Arbeit noch mehr Transparenz bekommen. Es soll klar aufgezeigt werden können, welchen Mehrwert man hat.
Alle Teilnehmer des Panels sind sich einig: Die Digitalisierung geht weiter.

Fazit und Ausblick
Nächstes Jahr geht es in die fünfte Runde. Reservieren Sie schon einmal den Nachmittag und Abend des 30.11.2020 für Ihren Besuch in der Frankfurt School of Finance.

ayfer.ekingen@frankfurt-bm.com

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