In einer rechtlichen Grauzone: das Geschäftsmodell des Taxikonkurrenten
Von Dr. Florian Brem
Dürfen sie nun fahren, oder dürfen sie nicht? Fast täglich liest man derzeit über den Taxikonkurrenten Uber, der in immer mehr deutschen Städten auf den Markt drängt und sich bisher von Behörden- und Gerichtsentscheidungen unbeeindruckt zeigt. Zuletzt erließ das Landgericht Frankfurt am Main am 25.08.2014 in einem Eilverfahren eine einstweilige Verfügung und untersagte Uber die Vermittlung von Fahrgästen (LG Frankfurt am Main, Az. 2-03 O 329/14). Uber erklärte, Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen und weiter seinen Fahrdienst anzubieten. Rechtliche Schritte der Taxikonkurrenz scheinen die Uber B.V. und Uber Germany GmbH kaltzulassen. Warum eigentlich?
Hintergrund
Uber ist eine Onlineplattform zur Vermittlung von Fahrgästen. Zu differenzieren sind zwei Angebote des Unternehmens: „Uber-Black“ greift auf Funkmietwagen zurück, deren Fahrer ihre Aufträge über eine Smartphone-App erhalten. Um schnell auf Fahrtwünsche reagieren zu können, positionieren sich die Fahrer in den Innenstädten und warten auf Kundschaft. Nach § 49 Abs. 4 PBefG dürfen Mietwagen mit Fahrer neue Aufträge aber nur am Betriebssitz oder ausnahmsweise „während der Fahrt fernmündlich“ aufnehmen.
Daneben stellt das Unternehmen die „Uber-Pop“-App zur Verfügung, wonach sich jeder, der ein Auto hat, Kunden zur Fahrgastbeförderung vermitteln lassen kann. Der Unterschied zum etablierten App-Service „myTaxi“ ist, dass die „Uber-Pop“-Fahrer keine Profis sein müssen. Uber verlangt lediglich ein Führungszeugnis und eine Auskunft vom Kraftfahrbundesamt, und schon kann es losgehen.
Der Taximarkt in Deutschland ist aber stark reglementiert. So müssen Taxen beispielsweise eine Ordnungsnummer und auch einen beleuchteten und geeichten Fahrpreisanzeiger aufweisen. Taxifahrer wiederum benötigen einen sogenannten Personenbeförderungsschein („P-Schein“) sowie nach § 48 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Die Reglementierungen sollen Qualitätsstandards sichern und der Sicherheit der beförderten Fahrgäste dienen.
Bereits vor einigen Monaten untersagte das Landgericht Berlin Uber daher per einstweiliger Verfügung, im Bundesland Berlin mittels der Smartphone-App taxenähnlichen Verkehr zu betreiben (LG Berlin, Beschl. v. 17.04.2014, Az. 15 O 43/14). Erreicht hatte diesen Beschluss ein Berliner Taxiunternehmer. Aus Angst vor Schadenersatzforderungen von Uber wollte er die erwirkte einstweilige Verfügung aber nicht vollstrecken.
Auch das Land Berlin ging gegen die Fahrdienstvermittlung vor. Eine vom Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten an Uber erteilte Untersagungsverfügung wurde aber bisher auch nicht vollstreckt. Entgegen anderslautenden Mitteilungen von Uber hat das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten auf gerichtliche Anfrage des Verwaltungsgerichts Berlin lediglich zugesichert, vor einer Entscheidung des Gerichts von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Über die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung selbst hat das VG Berlin noch nicht entschieden (VG Berlin, Az.11 L 353/14).
Ähnlich die Situation in Hamburg: Die Hamburgische Verkehrsgewerbeaufsicht entschied, dass den „Uber-Fahrern“ die erforderliche Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) fehle. Auch hier hat das VG Hamburg mit der Behörde abgestimmt, eine Unterlassungsverfügung bis zur Entscheidung des Gerichts nicht zu vollziehen.
Nun also Frankfurt am Main: Das Gericht untersagte Uber die Fahrdienstvermittlung im Wege der einstweiligen Verfügung (LG Frankfurt am Main, Az. 2-03 O 329/14). Die Funktionsweise der App „Uber-Pop“ sei mit den Markverhaltensregeln des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie dem Personenbeförderungsgesetz unvereinbar.
Juristische Einordnung: Tätigkeit des Fahrdienstvermittlers Uber
Wann immer Behörden oder Gerichte sich mit dem Service von Uber befassen, hört man von Seiten des Unternehmens nur, dass das Personenbeförderungsgesetz keine Anwendung finde. Schließlich vermittele man ja nur einen Fahrer. Kein Uber-Mitarbeiter setze sich je selbst ans Steuer.
Das LG Frankfurt am Main argumentierte nun, dass ein Fahrer erst dann zum „Uber-Fahrer“ werde, wenn er durch die erforderliche Zulassung von Uber freigeschaltet sei. Zumindest sei Uber daher als Teilnehmerin an einem von dem jeweiligen Fahrer begangenen Verstoß anzusehen, zumal § 6 PBefG auch Umgehungen der Bestimmungen des PBefG erfasse und Uber an dem berechneten Fahrpreis beteiligt werde. Bleibt abzuwarten, ob die Verwaltungsgerichte in Berlin und Hamburg dieser Argumentation folgen.
Reicht es also für eine Untersagung aus, dass Uber nur eine entgeltliche Personenbeförderung entgegen § 47 PBefG vermittelt? Der Vermittler kann selbst Verhaltensstörer sein, wenn er andere – die Fahrer – zu einem gesetzlich nicht zulässigen Handeln veranlasst und diesen Verstoß der anderen billigend in Kauf nimmt oder sogar bezweckt. Voraussetzung wäre, dass die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die Fahrer Uber als Vermittler aufgrund der eigenen, für sich betrachtet rechtmäßigen Handlung der Vermittlung zugerechnet wird. Eine Zurechnung scheint daher durchaus möglich. Uber kann als mittelbarer Verursacher, als sogenannter Zweckveranlasser betrachtet werden. Da die Figur des Zweckveranlassers aber umstritten ist, scheint auch dieser Argumentationsweg für die Gerichte nicht unangreifbar.
Taxiunternehmer könnten sich ähnlich wie nun die Taxi Deutschland Servicegesellschaft für Taxizentralen in Frankfurt am Main zivilrechtlich zur Wehr setzen. Nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG kann eine unlautere Handlung auch darin liegen, dass einer gesetzlichen Vorschrift zuwidergehandelt wird, wenn diese Vorschrift dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Das LG Frankfurt am Main stellte hier auf §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 4, 9 Abs. 1 Nr. 5, 46 PBefG ab. Im Kern seien dies Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, denn für eine Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr (§ 46 PBefG) sei eine Genehmigung Pflicht (§ 2 PBefG).
Eine Marktverhaltensregel könnte daneben auch § 47 Abs. 4 Satz 5, 6 PBefG darstellen, wonach die Vermittlung von Beförderungsaufträgen sowie die Werbung für Mietwagenverkehr nicht dafür geeignet sein dürfen, zur Verwechslung mit dem Taxenverkehr zu führen. Uber stellt sich zwar gerade als Konkurrent zu Taxiunternehmen dar. Eine Verwechslung mit dem Taxiverkehr scheint aber dennoch möglich. Dass Uber zudem das Interesse von Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern beeinträchtigt, liegt auf der Hand.
Tätigkeit der privaten Fahrer
Deutlicher scheint die Rechtslage bei den privaten Fahrern der „Uber-Apps“ zu sein. Laut Medienberichten sollen diese 80% des Fahrpreises behalten dürfen. Das klingt erst einmal verlockend für potentielle „Uber-Fahrer“, ist aber mit mehreren rechtlichen Risiken verbunden.
Dass die „Uber-Fahrer“ eine geschäftsmäßige und entgeltliche Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (§ 1 Abs. 1 PBefG) betreiben, kann man wohl kaum abstreiten, denn das Gesamtentgelt von rund 80% des Fahrpreises wird die Betriebskosten der Fahrt wie Kosten für Treibstoff und Abnutzung immer übersteigen. Im Gegensatz zu Fahrern von sogenannten Carsharingplattformen wie mitfahrzentrale.de oder Blabla Car wird bei den Fahrern von Uber der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG daher nicht greifen.
Eine Deklarierung des Fahrpreises als „Trinkgeld“ wie bei WunderCar scheint auch nicht möglich. Denn die „Uber-App“ rechnet die Vergütung des Fahrers bereits mit ein und gibt sogar die Höhe vor.
Die entgeltliche Personenbeförderung der „Uber-Fahrer“ stellt daher Gelegenheitsverkehr im Sinne des § 46 Abs. 1 PBefG dar. Taxifahrern ist der Gelegenheitsverkehr nach § 47 PBefG erlaubt, wenn sie die Vorgaben wie jährliche TÜV-Prüfungen sowie Kontrollen des Fahrers erfüllen. „Uber-Fahrer“ dagegen werden wohl kaum unter § 47 PBefG fallen. In der Folge begehen sie, da sie keine Genehmigung zur Personenbeförderung vorweisen können und dennoch über den Dienst Uber Personen entgeltlich befördern, eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit (§ 61 PBefG).
Steuer- und Versicherungsrecht beachten
Es kann aber noch teurer werden für die „Uber Fahrer“. Denn wer wiederholt oder sogar regelmäßig Personen mittels „Uber-Pop“ befördert, übt eine gewerbliche Tätigkeit aus und ist daher umsatzsteuerpflichtig. Dass in der Praxis ein Fahrer von Fahrgästen die Umsatzsteuer einfordert und abführt, wenn er ohne Genehmigung unterwegs ist, mag bezweifelt werden. Unter den Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG, wonach die Beförderung von Personen im Verkehr mit Taxen nicht der Umsatzsteuer unterliegt, wird man die „Uber-Fahrer“ jedenfalls nicht fassen können. Ein Fahrer wird daher bei den Finanzbehörden nicht auffallen wollen. Das gelingt ihm aber nur, wenn er gleich auch noch die Versteuerung der Einnahmen (vgl. § 2 EStG) unter den Tisch fallen lässt. Und ehe man sich versieht, hat der Fahrer den Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 Abgabenordnung) erfüllt.
Dass der Fahrer daneben einen ausreichenden Haftpflichtschutz hat, mag bezweifelt werden. Eine Kfz-Versicherung kann bei einer entgeltlichen Personenbeförderung und einer damit einhergehenden Gefahrenerhöhung je nach Versicherungsvertrag eine Leistung ablehnen. Ein Haftungsausschluss seitens des Fahrers ist bei einer entgeltlichen Personenbeförderung nach § 8a StVG gerade nicht möglich.
Fazit
Ob Uber eine Zukunft in Deutschland hat, bleibt abzuwarten. Klar scheint, dass private Fahrer, die ihren Dienst über Uber anbieten, sich höheren rechtlichen Risiken aussetzen. Wer entgeltlich Personen befördern will, braucht eine Lizenz. Fahrer, die die Reglementierungen umgehen, geraten damit in einen unzulässigen Bereich mit ordnungs-, haftungs- und mitunter steuerrechtlichen Konsequenzen.
Uber selbst bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone. Die gerichtlichen Entscheidungen aus Berlin und Hamburg sowie eine endgültige Entscheidung aus Frankfurt am Main sollten Klarheit bringen. Für jeden Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Untersagung des LG Frankfurt am Main droht Uber derzeit ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft. Von solchen Ordnungsgeldern und möglichen Schadenersatzforderungen hat sich Uber bisher nicht abschrecken lassen. Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass dem Unternehmen durch finanzstarke Investoren rund 1,2 Milliarden US-Dollar Risikokapital zur Verfügung stehen sollen.
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