KG Berlin stellt klar: Es ist im Einzelfall zu entscheiden, ob ein Post eine geschäftliche Handlung in Form eines kommerziellen Beitrags darstellt

Von Laura Klein

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Anfang Januar entschied das Kammergericht (KG) Berlin einen weiteren Fall zur Kennzeichnungspflicht von Beiträgen in Social Media. Das KG hob die gegen die Bloggerin Vreni Frost ergangene einstweilige Verfügung wegen drei Instagram-Posts teilweise auf (Urteil vom 08.01.2019, Az. 5 U 83/18).

Kennzeichnungsflut in der Bloggerszene
Der Verband Sozialer Wettbewerb hatte die Bloggerin Vreni Frost wegen Verstößen gegen das wettbewerbsrechtliche Trennungsgebot im Zusammenhang mit drei Posts auf Instagram abgemahnt. Die Bloggerin vertrat den Standpunkt, es handele sich bei ihren Posts trotz Verlinkung auf verschiedene Hersteller nicht um kennzeichnungspflichtige kommerzielle Beiträge (sogenannte Schleichwerbung), da sie die dargestellten Produkte selbst erworben habe. Das Landgericht (LG) Berlin folgte dem Unterlassungsantrag des Verbands und erließ eine einstweilige Verfügung mit dem generellen Verbot, Posts mit Verlinkung auf Instagram-Accounts von Herstellern ohne Werbekennzeichnung zu veröffentlichen (LG Berlin, Urteil vom 24.05.2018 – 52 O 101/18). Diese Entscheidung löste im vergangenen Sommer in der Szene eine regelrechte Kennzeichnungshysterie aus. Aus Angst vor Abmahnungen wurden beinah sämtliche Posts in Deutschland, die eine Verlinkung enthielten, als #Werbung bzw. #Anzeige gekennzeichnet.

Langersehnte Klarstellung durch das Kammergericht Berlin
Das KG Berlin stellt in seiner jüngsten Entscheidung klar, dass nicht jeder Post eines Influencers oder Bloggers als Werbung zu kennzeichnen ist. Das gilt auch dann, wenn der Post Informationen zu einem Produkt oder einen Link zum Instagram-Account eines Herstellers enthält. Es gibt keine Vermutungsregel, wonach Influencer sich stets kommerziell äußern (möchten), wenn sie Produkte in ihren Beiträgen zeigen und auf Marken verweisen. Unklarheit bestand insbesondere in den Fällen, in denen keine finanzielle Gegenleistung an den Influencer gezahlt worden war.
Nach dem KG ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden, ob ein Post eine geschäftliche Handlung in Form eines kommerziellen Beitrags darstellt. Dient ein Beitrag vorrangig kommunikativen Zielen, stellt er keine geschäftliche Handlung zu kommerziellen Zwecken im Sinne des UWG dar – auch wenn die Handlung sich möglicherweise reflexartig auf die Absatzförderung auswirkt.

Eine Verlinkung macht keine Werbung
Das bloße Setzen einer Verlinkung auf ein Unternehmens­profil macht folgerichtig einen Social-Media-Beitrag nicht automatisch zu kennzeichnungspflichtiger Werbung. Eine Verlinkung kann vielmehr auch der Befriedigung des Informationsbedürfnisses der Adressaten dienen, die nachweisbar an den Informationen zu den vom Influencer dargestellten Produkten interessiert sind.
Konsequenterweise verneinte das KG einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen Schleichwerbung mit Blick auf einen Post, auf dem Vreni Frost eine Kombination von (selbstgekauften) Kleidungsstücken präsentierte und auf die jeweiligen Hersteller verlinkte. Das KG Berlin zog damit eine Parallele zu Beiträgen in Modezeitschriften, deren Inhalte trotz Angabe von Marken und Unternehmen regelmäßig ihren redaktionellen Charakter nicht verlieren. Nach Dafürhalten des Gerichts ist eine Differenzierung nach dem Gegenstand der Äußerung nicht mit der Meinungsäußerungsfreiheit vereinbar. Letztlich stellt sich das KG damit auf den Standpunkt, dass ein Beitrag über Mode nicht weniger schützenswert ist als ein Bericht über tagesaktuelle politische Themen.
Im Hinblick auf die zwei weiteren streitgegenständlichen Posts fehlte es dem KG hingegen an dem erforderlichen redaktionellen Zusammenhang zwischen dem Beitrag und der gesetzten Verlinkung: Einer der Posts zeigte die Bloggerin beispielsweise mit Luftballons und enthielt ohne weitere Erklärung einen Link auf einen Shampoohersteller. Nach Ansicht des KG befriedigt das Verlinken eines Herstellers kein Informationsbedürfnis, sofern es ohne erkennbaren redaktionellen Zusammenhang zum sonstigen Post erfolgt. Vielmehr diene es in erster Linie dazu, die Neugier des Betrachters zu wecken, so dass ein solcher Beitrag als Werbung zu qualifizieren sei. Im Übrigen könne der Betrachter gerade in solchen Fällen nicht eindeutig erkennen, ob er mit einem inhaltlichen Beitrag oder Werbung konfrontiert ist und sei umso mehr auf eine Kennzeichnung durch den Influencer oder Blogger angewiesen.

Ausnahmslose Kennzeichnung konterkariert den Zweck der Kennzeichnungsverpflichtung
Erfreulich ist die Feststellung des Kammergerichts, dass eine durchgängige Kennzeichnung jedes Posts als #Werbung oder #Anzeige aus Angst vor Abmahnungen nicht zielführend ist. Die durchgängige Kennzeichnung sämtlicher Beiträge dient nicht den Verbraucherinteressen und führt nicht zu der gesetzlich intendierten Transparenz. Nach der Entscheidung der Vorinstanz im vergangenen Jahr war eine regelrechte Kennzeichnungsflut zu beobachten.
Nur wenn es sich um eine geschäftliche Handlung mit kommerziellem Zweck handelt, greift die im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) normierte Kennzeichnungspflicht, die den Verbraucher vor Irreführung und unbewusster Einflussnahme schützen will. Das UWG bezweckt nicht die Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Positives Echo in den Medien
Die Entscheidung wurde durchweg positiv aufgenommen und bringt in wichtigen Punkten Klarheit. Nach-dem vergangenes Jahr bereits die Medienanstalten als Reaktion auf die jüngsten Gerichtsentscheidungen ihren Leitfaden angepasst hatten, tat die Wettbewerbs­zentrale es ihnen nun gleich. Dennoch sind weiterhin Fragen offen, und es bleibt mangels höchstrichterlicher Entscheidung nur zu hoffen, dass andere Gerichte sich bei künftigen Entscheidungen mit der ausführlichen ­Begründung des Kammergerichts auseinandersetzen werden.
Für Ende April hat das Landgericht München I seine Entscheidung im Verfahren gegen Cathy Hummels angekündigt. Dieses Urteil wird in der Branche, insbesondere nach der kürzlich ergangenen Entscheidung des LG Karlsruhe (Urt. v. 21.03.2019, Az. 13 O 38/18) gegen die Fitness-Influencerin Pamela Reif, mit Spannung erwartet. Die Karlsruher Richter hatten entschieden, dass Influencer in den sozialen Medien stets ihre eigenen geschäftlichen Aktivitäten fördern wollen und nie privat handeln. Ein Post mit Verlinkung auf einen Markenhersteller sei daher stets als Werbung zu kennzeichnen – auch wenn keine Kooperation mit dem Hersteller bestehe oder die Produkte selbst gekauft worden seien. Gegen das Urteil wurde Berufung angekündigt. Insgesamt wird in den nächsten Jahren wohl noch eine Reihe Entscheidungen ergehen (müssen), bis alle in der Praxis auftretenden Probleme hinreichend geklärt sind.

Beauftragende Unternehmen haften mittelbar
Rechtliche Klarheit ist auch für Unternehmen wichtig, die Influencer-Marketing einsetzen. Auch wenn die jüngsten Urteile suggerieren, dass Ansprüche in der Praxis unmittelbar gegenüber Influencern oder Bloggern geltend gemacht werden, sollten sich die beauftragenden Unternehmen nicht in falscher Sicherheit wiegen. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat bereits 2017 klargestellt, dass dem beauftragenden Unternehmen die wettbewerbsverletzende Handlung des Influencers zugerechnet werden kann (OLG Celle, Urt. v. 08.06.2017 – Az. 13 U 53/17).
Neben den rechtlichen Nachteilen sollten Unternehmen immer auch das Risiko eines Imageschadens berücksichtigen und den beauftragten Bloggern und Influencern stets konkrete Vorgaben zur Kennzeichnung von Beiträgen machen.

laura.klein@osborneclarke.com

19 replies on “Neues zu Influencer-Posts: Ist das Werbung? Oder doch nicht?”

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