Strafrechtliche Initiativen zur Korruptionsbekämpfung
Von Dr. Matthias Dann, LL.M.

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Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung

Korruptionsbekämpfung ist eine zentrale staatliche Aufgabe. Zuletzt ist mit dem 48. Strafrechtsänderungsgesetz am 01.09.2014 eine Erweiterung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung in Kraft getreten. Der neue Straftatbestand erstreckt sich auf alle Handlungen von Abgeordneten bei der Wahrnehmung des Mandats. Dies ist eine erhebliche Ausweitung der bisherigen Regelung, nach der lediglich der Stimmenkauf und -verkauf bei Abstimmungen oder Wahlen im Plenum und den Ausschüssen erfasst waren. Über verschiedene Legislaturperioden war für die neue Regelung keine Mehrheit zustande gekommen, die UN-Konvention gegen Korruption vom 09.12.2003 hat Deutschland deshalb mehr als zehn Jahre lang nicht ratifiziert.

Hauptgrund für die fehlende Ratifizierung war die Tatsache, dass Gesetzesvorhaben und Entwürfe jeweils nicht hinreichend bestimmt genug waren. Für die von der Vorschrift betroffenen Abgeordneten muss jedoch zweifelsfrei erkennbar sein, wann genau es sich um einen unredlichen Vorteil handelt, dessen Entgegennahme strafrechtlich relevant werden könnte. In den vergangenen Jahren kam es im Hinblick auf dieses Erfordernis oft zu Unstimmigkeiten auf Seiten der Gesetzgebungsorgane. Auf der einen Seite strebte man nach einer zeitnahen Ratifizierung der UN-Konvention. Auf der anderen Seite sollte dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge getan werden – ohne die Abgeordneten in ihrer Abgeordnetentätigkeit übermäßig einzuschränken. Ein Ausgleich dieser Interessen scheint nunmehr gefunden zu sein. Die Ratifizierung der Konvention durch den Bundestag konnte am 25.09.2014 endlich erfolgen.

Entwurf eines Antikorruptionsstrafrechts

Nicht nur die Abgeordneten sollen künftig mit strengeren Regelungen konfrontiert werden: Zur Korruptionsbekämpfung liegt seit Juni 2014 ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vor. Er dient der Umsetzung verschiedener Rechtsinstrumente des Europarats und des EU-Rahmenbeschlusses in deutsches Recht sowie der Überführung mehrerer Korruptionstatbestände aus dem Nebenstrafrecht in das Strafgesetzbuch. Inhaltlich wird der Internationalisierung des Wirtschaftsverkehrs Rechnung getragen, da die Korruption vor nationalen Grenzen nicht haltmacht.

Nach der bisherigen Rechtslage ist nur die unlautere Bevorzugung im Wettbewerb strafbar. § 299 Strafgesetzbuch (StGB) – Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr – setzt voraus, dass der Täter sich entweder einen Vorteil als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb versprechen lässt, diese fordert oder annimmt, oder dass er einen solchen Vorteil verspricht oder gewährt. Künftig sollen zusätzlich auch Vorteile erfasst werden, die einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens als Gegenleistung für eine Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen gewährt werden. Davon sollen sowohl vertragliche als auch gesetzliche Pflichten umfasst sein. Auf die tatsächliche Pflichtverletzung soll es – wie bisher auch – nicht ankommen.

Strafbarkeit auch für Amtsträger anderer
europäischer Staaten

Die Straftaten im Amt nach §§ 331 ff. StGB sollen sich nach dem Referentenentwurf ausdrücklich auch auf europäische Amtsträger mit Dienststelle im Inland erstrecken. Damit werden die Regelungen des Europäischen Bestechungsgesetzes (EuBestG) zur Gleichstellung von Amtsträgern anderer Mitgliedstaaten der EU im Strafgesetzbuch nicht nur umgesetzt, sie gehen sogar darüber hinaus: Auch das Fordern, das Sichversprechenlassen und die Annahme eines Vorteils für die Dienstausübung werden unter Strafe gestellt. Damit gelten die Grundtatbestände der § 331 StGB Vorteilsannahme und § 333 StGB Vorteilsgewährung auch für europäische Amtsträger. Die Schwelle ist hier deutlich niedriger als bei der Bestechung oder Bestechlichkeit. Damit kann künftig selbst bei Bewirtungen oder kleinen Geschenken eine Strafbarkeit im Raum stehen. In der Praxis wird die schon bestehende Möglichkeit, eine Strafbarkeit durch eine Genehmigung von vorgesetzter Stelle auszuschließen, zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Ausländische und internationale Bedienstete sollen bzgl. Amtsträgerdelikten deutschen Beamten gleichgestellt werden, auch wenn sich die Tat auf eine künftige Diensthandlung bezieht, das regelt der neu eingefügte § 335a StGB. Dies gilt nicht nur für die Bestechung, sondern explizit auch für die Bestechlichkeit nach § 332 StGB und erweitert die Strafbarkeit damit auch auf den Amtsträger als Annehmenden.

Straftatbestände aus dem Nebenstrafrecht sollen zur besseren Übersicht und Vereinheitlichung der Regelungen im Strafgesetzbuch zusammengeführt werden. Der Referentenentwurf sieht auch eine Erweiterung des Strafanwendungsrechts für Korruptionsstraftaten vor. Der Vortatenkatalog der Geldwäsche nach § 261 StGB wird um die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr erweitert. Nicht zuletzt ist eine Anhebung des Strafrahmens des § 202c StGB von einem auf bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe vorgesehen.

Fazit und Ausblick

Mit der Umsetzung verschiedener Rechtsinstrumente des Europarats und des EU-Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rats vom 22.07.2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor sowie der Überführung mehrerer Korruptionstatbestände aus dem Nebenstrafrecht folgt das Justizministerium einem internationalen Trend. In den vergangenen Jahren hat eine Reihe von Ländern ihr Korruptionsstrafrecht verschärft. Entsprechend hat Compliance in Unternehmen deutlich an Bedeutung gewonnen. Die Grenze zwischen zulässigen Einladungen oder Geschenken, die im Rahmen von Geschäftsbeziehungen üblich sind, zu Korruption und Bestechung sind in der Praxis oft fließend und im internationalen Geschäftsverkehr auch von den jeweiligen Gepflogenheiten des Landes abhängig. Darüber hinaus ist Korruptionsbekämpfung nur sinnvoll, wenn mit ihr ein Bewusstsein für die mit der Korruption verbundenen Schäden und Risiken für die Allgemeinheit wie für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung verbunden ist.

Mit der Verschärfung der Abgeordnetenbestechung ist die bisher in der Praxis völlig unbedeutende Vorschrift erheblich aufgewertet worden. Dies war überfällig und ist ein deutliches Zeichen gegen rechtswidrigen Lobbyismus. Im Bereich der Amtsträgerbestechung sind die Änderungen nachvollziehbar, im Wesentlichen jedoch eher deklaratorischer Natur.

Dem Referentenentwurf sind im Bereich der Angestelltenbestechung nach § 299 StGB allerdings erhebliche Bedenken entgegenzuhalten: Die angedachte Strafbarkeitserweiterung des § 299 StGB, wonach die Verbindung zwischen Vorteilsannahme und gleichzeitiger Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen eine Strafbarkeit begründen soll, entfernt sich massiv vom Grundgedanken der Norm in Richtung des Straftatbestands der Untreue nach § 266 StGB. Diese Vermengung weicht den Tatbestand der Angestelltenbestechung auf und hat mit Bestechung im eigentlichen Sinne nichts mehr zu tun. Sie ist im Übrigen schon nach der gegenwärtigen Gesetzeslage als strafbare Untreue zu werten.

dann@strafrecht.de

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