Im Blickpunkt: Betriebliche Benefits sind attraktiv für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Von Carsten Brachmann

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Die Gewährung betrieblicher Benefits stellt einen nicht zu unterschätzenden Bestandteil moderner attraktiver Arbeitsbedingungen dar. Bei Bewerbungsgesprächen sehen sich Unternehmen vermehrt mit der Frage nach zusätzlichen Leistungen konfrontiert. Auch bereits beschäftigte Arbeitnehmer erwarten angesichts des Umstands, dass bei einer reinen Lohnerhöhung im Regelfall nur ein geringer Nettozuwachs zu verzeichnen ist, zunehmend differenzierte, auf die persönlichen Lebensumstände abgestimmte Leistungen. Unter dem Begriff „betriebliche Benefits“ werden sämtliche freiwilligen (außer-/übertariflichen) Zusatzleistungen des Arbeitgebers zusammengefasst. Sie reichen von der betrieblichen Altersversorgung über die Gesundheitsförderung bis hin zu weiteren zahlreichen geldwerten betrieblichen Zusatzleistungen.

Interessant für Unternehmen und Mitarbeiter ist vor allem die Nutzung steuer- und sozialabgabenbegünstigter Benefits, die bei den Mitarbeitern zu einem höheren Nettonutzen als bei einer Lohnerhöhung führen und zugleich die Unternehmensliquidität schonen. Als steuerfreie oder pauschalbesteuerte Benefits kommen etwa Personalrabatte, Erholungsbeihilfen, Fahrtkostenzuschüsse, Essenszuschüsse, Internetnutzung, Gutscheine, Gesundheitsförderung, Krankenzusatzversicherung oder Kindergartenzuschüsse in Betracht. Welche wesentlichen rechtlichen Aspekte sind bei der Neueinführung solcher durchaus attraktiven Benefitsmodelle zu beachten?

Konzeption und Rahmenbedingungen

Konzeptioneller Ausgangspunkt zur rechtssicheren und steuerunschädlichen Einführung eines Benefitsmodells ist neben der Analyse bestehender Benefits und der Mitarbeiterbedürfnisse die Ermittlung der unternehmensspezifischen steuer- und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen (Arbeits-, Betriebsvereinbarungs- und Tarifvertragslage). Darauf aufbauend, sind für die Ausgestaltung unter anderem folgende Kernfragen zu beantworten: Sollen verbindliche Kernbenefits (etwa Risikovorsorge) und/oder individuell frei wählbare Benefits (wie Kindergarten-/Fahrtkostenzuschüsse) angeboten werden? Welcher Personenkreis ist teilnahmeberechtigt? Welcher Wahlturnus wird zur Anpassung an einen geänderten Bedarf gewählt? Welches Budget steht zur Verfügung (etwa bestimmter Prozentsatz vom Gehalt), und mit welchen Mitteln wird dieses finanziert (zum Beispiel: anstehende Lohnerhöhung Umstrukturierung/Einbringung bestehender freiwilliger Leistungen)? Insbesondere bei den Einbringungsmitteln ist zu beachten, dass keine steuerschädliche Gehaltsumwandlung oder Anrechnung sowie kein grundsätzlich unzulässiger Verzicht auf tarifliche Entgeltbestandteile (vgl. § 4 Abs. 4 TVG) vorgenommen wird.

Die in der Praxis beliebten Benefits [Kindergartenzuschüsse, (§ 3 Nr. 33 EStG), Gesundheitsförderung (§ 3 Nr. 34 EStG), Internetnutzung (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 EStG) und Fahrtkostenzuschüsse (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG)] setzen voraus, dass diese „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gezahlt werden. Der BFH hat entschieden, dass dieses Zusätzlichkeitsmerkmal nur bei freiwilligen Zusatzleistungen erfüllt sei, auf die also kein Anspruch besteht (BFH, Urteil vom 19.09.2012 – Az. VI R 54/11). Da bei konsequenter Anwendung dieser Rechtsprechung die vorgenannten Normen praktisch leerlaufen würden, hat die Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungsschreiben (BMF vom 22.05.2013 – IV C 5 – S2388/11/10001-02) reagiert.

Hiernach gilt: Kommt die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzu, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet, ist das Zusätzlichkeitsmerkmal auch erfüllt, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeitsrechtlichen Grundlage einen Anspruch auf die zweckbestimmte Leistung hat. Eine steuerschädliche Gestaltung liegt danach vor, wenn die Benefits unter Anrechnung auf den arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohn oder durch dessen Umwandlung gewährt werden. Die vorgenannten wichtigen Benefits können bei entsprechender Gestaltung mithin weiter steuerfrei oder pauschalbesteuert gewährt werden. Zur Vermeidung von unliebsamen steuerlichen Nachteilen ist vor der Einführung von Benefits stets eine Anrufungsauskunft beim Finanzamt empfehlenswert.

Arbeitsrechtliche Einführung

Die in der Praxis anzutreffende Auskehrung freiwilliger Benefits ohne Rechtsgrundlage ist mit Blick auf das Entstehen einer betrieblichen Übung zu vermeiden. In Betrieben ohne Betriebsrat wird das Benefitsmodell in einer individualrechtlichen Vereinbarung fixiert. Zur Anpassung des Vertragsinhalts an Änderungen sollte zudem im Regelfall ein Widerrufsvorbehalt gewählt werden. Bei Betrieben mit Betriebsrat kann die Einführung nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat erfolgen. Je nach Benefit kommen etwa Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG in Betracht: Nr. 2 (Arbeitszeit), Nr. 7 (gegebenenfalls Gesundheitsmaßnahmen), Nr. 8 (Kantine, Betriebskindergarten). Bei den in der Praxis weitverbreiteten Benefits (etwa Fahrtkosten-, Kindergartenzuschuss, Dienstwagen, Erholungsbeihilfen) greift § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein. Der Lohnbegriff i.S.d. Nr. 10 wird weit verstanden und umfasst alle vermögenswerten Arbeitgeberleistungen, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt werden (vgl. BAG, Urteil vom 15.04.2008 – Az. 1 AZR 65/07). Auch die Freiwilligkeit der Benefits schließt die Mitbestimmung nach Nr. 10 nicht aus.

Freiwillig sind solche Leistungen, auf die bei Einführung kein gesetzlicher, tariflicher oder vertraglicher Anspruch besteht. Sofern der Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG z.B. mangels abschließender tariflicher Regelung nicht greift, kann der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei über das „Ob“, den finanziellen Umfang, den Zweck und über den begünstigten Personenkreis unter Beachtung des § 75 BetrVG entscheiden. Im Rahmen dieser mitbestimmungsfreien Vorgaben hat der Betriebsrat über das „Wie“, die Verteilungsgrundsätze, die Berechnung der Benefits und ihre Höhe im Verhältnis zueinander und die Verfahrensmodalitäten mitzubestimmen. Die vollständige Einstellung von freiwilligen Benefits unterliegt grundsätzlich nicht der Mitbestimmung. Hier ist jedoch die Problematik der sogenannten betriebsverfassungsrechtlichen Gesamtvergütung (vgl. BAG, Beschluss vom 05.10.2010 – Az. 1 ABR 20/09) relevant, nach der insbesondere ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber eine in einer Betriebsvereinbarung geregelte freiwillige Leistung ohne Nachwirkung i.S.d. § 77 Abs. 6 BetrVG nur beenden kann, wenn die freiwillige Leistung alleiniger Gegenstand der Betriebsvereinbarung ist, das Unternehmen zur Leistungserbringung nicht aufgrund einer vertraglichen oder gesetzlichen Grundlage verpflichtet ist und dem Betriebsrat und der Belegschaft deutlich mitgeteilt wird, dass für den bisherigen Leistungszweck keine Mittel mehr zur Verfügung gestellt werden. Gerade bei der Gestaltung von Betriebsvereinbarungen zu freiwilligen Benefits ist mithin darauf zu achten, dass diese isoliert, also keinesfalls in einer Betriebsvereinbarung zu einem Gesamtvergütungssystem, geregelt werden und die Nachwirkung explizit ausgeschlossen wird.

Fazit

Da die Einführung von Benefits zumeist dem Wunsch der Belegschaft entspricht, lassen sich mit dem Betriebsrat regelmäßig gut ausbalancierte Betriebsvereinbarungen abschließen, welche die grundlegenden Anforderungen eines kosteneffizienten und attraktiven Benefitsmodells – Ausnutzung steuerlicher Vorteile, Angebot von individuell abgestimmten Benefits, handhabbare Modalitäten, Ausschluss Nachwirkung – enthalten.

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carsten.brachmann@ogletreedeakins.com

 

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