„External Counsel Management – 2.0“: Internationaler Corporate Counsel’s Day in Zürich
Von Dr. iur. Bruno Mascello, LL.M.

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Am 22.05.2014 hat bereits zum siebten Mal der internationale Corporate Counsel’s Day in Zürich stattgefunden. Einmal mehr hat sich eine international breit zusammengesetzte Runde von hochkarätigen Referenten und Teilnehmern zusammengefunden, um aus verschiedenen Blickwinkeln Erfahrungen zu aktuellen Herausforderungen für Rechtsabteilungen auszutauschen und zu diskutieren. Die Konferenz stand dieses Jahr unter dem Titel „External Counsel Management – 2.0!“

Braucht es externe Anwälte überhaupt noch?

Die beruhigende Antwort vorab: ja. Aber das Leben auf beiden Seiten hat sich verändert. Inhouse-Counsels sind permanent mit der Frage beschäftigt, ob sie eine Aufgabe selbst erledigen oder hierfür die Unterstützung Dritter, so auch externer Anwälte, suchen wollen. Diese „Make or Buy“-Entscheidung, die eigentlich vielmehr „Make and Buy“ heißen sollte, hängt von verschiedenen Elementen im Einzelfall ab. In seinem Eröffnungsreferat hat der Verfasser dieses Beitrags die o.g. Kernfrage in einen Gesamtzusammenhang gestellt und die verschiedenen Möglichkeiten der Leistungserstellung analysiert. Auch wenn heute vermehrt eine erhöhte Tendenz zu Insourcing (Make) bemerkbar ist, bestehen immer wieder gute Gründe, die Erledigung gewisser Aufgaben auszulagern und die Leistungen bei Dritten einzukaufen (Buy). Dem Unternehmen ist diese Unterscheidung im Grunde genommen nicht so wichtig, solange das Ergebnis stimmt, also eine passende, schnelle, effiziente und effektive Rechtsdienstleistung geliefert wird. Unnötige Effizienzverluste entstehen vor allem, wenn die Wertschöpfungsketten und Produktionsprozesse des internen Kunden, der Rechtsabteilung und der externen Anwälte nicht optimal aufeinander abgestimmt sind. Die Koordinationsverantwortung hierfür obliegt maßgeblich dem Inhouse-Counsel, der nicht nur für die richtige Instruktion, sondern auch für die gehörige Überwachung zu sorgen hat. Welches aber die richtige Outsourcingquote darstellt, kann nicht allgemeingültig festgesetzt und muss fallbezogen beurteilt werden. Viel wichtiger scheint ohnehin die Frage, an wen Aufgaben ausgelagert werden sollen und können. Denn ein Outsourcing findet heute nicht mehr nur an externe Anwälte statt, sondern es gibt zunehmend alternative Anbieter und Modelle, die miteinander kosteneffizient kombiniert werden können (Multisourcing). Es stellt sich dann etwa die Frage, ob ein Unternehmen direkt oder über eine Anwaltskanzlei einen Legal-Process-Outsourcing-Anbieter berücksichtigen will. Es hat sich gezeigt, dass der Einkauf von Rechtsdienstleistungen heute vor allem bei Großunternehmen auf einem anderen und viel professionelleren Niveau stattfindet als noch vor der Finanzkrise. Wohl aus diesem Grund wurde die Tagung auch vermehrt von verschiedenen externen Anwälten besucht.

Nicht Discounts, sondern das Management externer Anwälte spart Geld!

Eine funktionierende Zusammenarbeit mit externen Anbietern bedingt ein gutes Maß an Organisation und Überwachung. Michael Junge, Executive Vice President und Group General Counsel der SAP AG, hat gezeigt, welche Regeln man beim Kontakt mit externen Anwälten zu beachten hat. Interessant ist, dass SAP die Anzahl der externen Anwaltsfirmen stark reduziert hat und heute mit einem neuen Programm, betreffend die bevorzugten Lieferanten, am Start steht. Was die externen Anwälte betrifft, hilft zur besseren Vergleichbarkeit der Leistungen insbesondere eine vereinheitlichte Struktur der Stundensätze. Dennoch wurde am Ende der Veranstaltung korrekt festgestellt, dass es trotz aller Liebe zur Organisation ohne Vertrauen zwischen den Parteien nicht geht. Und dieses ist oft von Beziehungen zu Personen geprägt.

In die gleiche Richtung ging auch das Referat von Maurus Schreyvogel, Head Operational Excellence Group Legal bei der Novartis International AG. Durch das Bilden einer strategischen Partnerschaft mit Anwaltskanzleien wird auf eine Win-win-Situation gezielt, insbesondere zur starken Verbesserung der Kosteneffizienz. Der Erfolg soll sich insbesondere dadurch einstellen, dass auf den drei Ebenen Organisation, Prozesse und Systeme ein koordinierter Abgleich stattfindet. Es hat sich gezeigt, dass die Entwicklung von solchen strategischen Partnerschaften nicht am Reißbrett entstehen kann. Ob und in welchem Ausmaß ein strategisches Ziel erreicht wurde, wird sich erst später zeigen. Dann wird man entscheiden müssen, ob und wie man allenfalls nachkorrigieren muss und kann.

Weshalb Procurement den Platz am Tisch verdient

Eine rege Diskussion hat die Frage ausgelöst, ob und in welchem Ausmaß die unternehmensinterne Beschaffungsabteilung (Procurement) beim Einkauf von externen Rechtsdienstleistungen beteiligt sein kann und soll. Dr. Ute Rajathurai, Head of Global Legal Spend Management bei der Bayer Business Services GmbH, hat die Rolle von Procurement bei Bayer erläutert und überzeugend dargelegt, dass sich ein solches Teamwork für das Unternehmen und die Rechtsabteilung auszahlt, vor allem auch finanziell. Ein organisierter Einkaufsprozess und die große Erfahrung von Procurement bei der Analyse und Aufarbeitung von Informationen leisten einen weiteren wichtigen Beitrag zur Versachlichung des Einkaufsprozesses. Auch anschließend, also nachdem die Entscheidung zur Auswahl der Anwaltskanzleien und deren Mandatierung erfolgte, kann sowohl bei der regelmäßigen Berichterstattung als auch bei den neuen Einkaufsrunden die Stärke von Procurement zielführend eingesetzt werden. Großkanzleien haben diese neue Art des Einkaufs von Großunternehmen mittlerweile akzeptiert, auch wenn das oft nicht auf Begeisterung stößt und das Thema aus verschiedenen Gründen noch immer stark debattiert wird.

Warum Panels vernünftig sind oder eben auch nicht

Ein Evergreen beim Einkauf von Anwaltsdienstleistungen bildet sodann auch die wiederkehrende Frage nach dem Sinn und Unsinn von Panels. Es geht hier darum, ob es für ein Unternehmen vorteilhaft ist, eine ausgewählte Gruppe mit wenigen Dienstleistern zu definieren, die quasi als exklusiver Klub (Panel) den Kunden bedienen darf, nota bene aber, ohne vom Kunden Garantien irgendwelcher Art zu erhalten (etwa in Form von Zusicherungen eines Mindestumsatzes). Sanne Kejser-Overbosch, Legal Services Coordinator bei Shell International B.V., hat erläutert, auf welcher Reise sich Shell diesbezüglich gerade – wieder – befindet. Zunächst wurde klargestellt, dass das Managen von Streitigkeiten als eigenständiges Geschäft zu verstehen ist und jeder Fall einer klaren Strategie bedarf, die nur durch Geschäftszwecke definiert wird. Was die Anzahl der beschäftigten externen Anwaltskanzleien betrifft, so ist gegenwärtig bei Shell ein gegenläufiger Trend zur klassischen Panelgröße zu sehen: Ein neuer Selektionsprozess ist lanciert worden. Heute hat Shell wieder eine hohe Zahl von 233 sogenannten Relationship-Firms in 22 Ländern. Es wird jedoch erwartet, dass sich diese Zahl über die nächsten Jahre kontinuierlich reduzieren wird. Es zeigt sich hier deutlich, dass für eine Anwaltskanzlei auch eine einmal erkämpfte Position in einem Panel schnell wieder verlorengehen kann.

Immer wieder das Gleiche: Kostendruck für alle!

Eine permanente Herausforderung für Inhouse-Counsels stellen die vom Unternehmen der Rechtsabteilung zur Verfügung gestellten finanziellen Ressourcen dar. Seit der Finanzkrise hat dieser Punkt an Bedeutung gewonnen, und er kommt bei General Counsels nicht mehr von der Agenda. Dr. Jasmin Kölbl-Vogt, Head of Legal Germany, Austria, & Cluster Head Nordics bei der Citigroup Global Markets Deutschland AG, stellte überzeugend dar, dass die Kontrolle des eigenen Budgets zwingend zum kleinen Einmaleins eines General Counsels gehört. Weil es trotz zunehmender Aufgaben für die Rechtsabteilung noch kein Füllhorn gibt, um Ressourcen intern oder extern aufzubauen, sind ein effizienter Einsatz und die Nutzung von alternativen Angeboten zu prüfen. Hierzu gehört es, auch neue Strategien zu prüfen wie etwa, Arbeiten wieder selbst zu machen (Insourcing), zu günstigeren Anwaltsfirmen zu wechseln oder andere Anbieter oder Arbeitsmodelle zu prüfen. Eine klare Regel muss es jedoch sein, dass nur die Rechtsabteilung externe Mandate an Anwälte vergeben darf.

Procurement ist mühsam? – Dann haben Sie die Ingenieure noch nicht erlebt!

Einen Kontrapunkt zu den anderen Referaten setzte Urs Tanner, CEO und Mitglied des Verwaltungsrats der Medela Holding AG. Er widmete seine Zeit der nicht geringen Herausforderung, ob und wie man Gerichtsstreitigkeiten in den USA analysieren und die Chancen des Obsiegens im Prozess mit Zahlen bewerten kann. Allein die Tatsache, welche Informationen zu Gerichtsverfahren öffentlich zugänglich sind, hat die Zuhörer sichtlich überrascht. Eine eindrückliche Erfahrung bildeten zudem die sorgfältige Auswertung der einzelnen Prozessschritte, insbesondere anhand der Analyse des zuständigen Richters und seiner Vorgeschichte in ähnlich gelagerten
Fällen(!), und die Empfehlung zum Führen eines Prozesses im Einzelfall. Wer von den Teilnehmern, die externe Anwälte waren, noch Angst vor Procurement hatte, wurde sich hier bewusst, dass die Fallbewertung eines Ingenieurs die Litigation-Abteilung einer Kanzlei arg ins Schwitzen bringen kann. Sitzt ein solcher Berater mit am Tisch, ist bestimmt mit anderen Verhandlungen zu rechnen, da dieser Berater weder am Sachverhalt noch an der Rechtslage anknüpft und dennoch klare Empfehlungen abgeben kann.

Ausblick – Was hat sich im Management externer Anwälte geändert?

Der Höhepunkt des Tages wurde im Schlusspanel erreicht. Dieses widmete sich in intensiven Diskussionen der Frage, was sich seit der Finanzkrise geändert hat. Am Panel nahmen Diane de Saint Victor, General Counsel and Board Secretary von ABB Ltd, Dr. Roland Maurhofer, General Counsel and Board Secretary der Barry Callebaut AG, und Dr. Jasmin Kölbl-Vogt teil. Das Panel bestätigte den Eindruck des Tages, dass ein großer Diskussionsbedarf zu diesem Thema besteht und weiter bestehen wird. Ferner zeigten die Äußerungen erwartungsgemäß auch, dass es keine universell gültige Antwort auf die Frage gibt, wie man den Einkauf externer Rechtsdienstleistungen richtig durchführt und was – neu – zu beachten wäre. Klar ist, dass das adressierte Thema permanent auf dem Radar der General Counsels bleiben wird, weil es einen massiven Posten in ihren Budgets darstellt und deshalb des aktiven Managements bedarf. Eine große Änderung hat sich jedoch deutlich gezeigt: Der durch die Finanzkrise gebildete Kostendruck wird bleiben und die General Counsels zwingen, effizient und professionell mit ihren Ressourcen umzugehen. Man darf deshalb gespannt sein, wie die General Counsels diese Herausforderung meistern und wie vor allem die externen Anwaltskanzleien als Zulieferer mit den neuen Anforderungen ihrer Kunden umgehen werden.

bruno.mascello@unisg.ch

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