Zusammenschluss von Dentons und Dacheng zur weltweit größten Sozietät: fünf Fragen an Andreas Ziegenhagen

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Es geht Schlag auf Schlag. Seit gut zwei Jahren hat der Zusammenschluss von SNR Denton, Fraser Milner Casgrain und Salans die – wie immer wieder betont wird – polyzentrische Kanzlei Dentons hervorgebracht, die sich gut entwickelt hat – 2.600 Berufsträger, 75 Büros weltweit, tätig in 50 Ländern rund um den Globus. Jetzt kommt – Zitat von der Homepage – die „historische Kombination“, der Zusammenschluss mit dem nationalen chinesischen Schwergewicht Dacheng. Das Ergebnis: 6.500 Berufsträger, 120 Büros, tätig in mehr als 50 Ländern, von Accra bis Zhuhai. All das ist Grund genug für einen Blick hinter die strategischen Kulissen. Thomas Wegerich sprach mit Andreas Ziegenhagen.

AnwaltSpiegel: Bitte erklären Sie uns die strategischen Überlegungen hinter dieser Megafusion.

Ziegenhagen: Der Zusammenschluss einer globalen Wirtschaftskanzlei und einer führenden chinesischen Kanzlei ist in dieser Form wirklich etwas Neues. Der große Mehrwert für unsere Mandanten? In China vollumfänglich beraten zu werden, ohne die Kanzlei wechseln zu müssen. Und das gilt natürlich auch für viele andere anspruchsvolle Märkte weltweit, in denen wir nahtlose Beratung anbieten. Mehr Berater, mehr Standorte, mehr gebündelte Erfahrung und damit auch ein Mehr an Qualität. Es geht also nicht darum, die größte Kanzlei der Welt zu werden, sondern dadurch mehr Reichweite mit der geforderten Qualität unserer Beratung zu erreichen.
China ist die größte Handelsnation der Welt, auch unsere Wettbewerber sehen im chinesischen Markt viel Potential. Wir folgen nun dem Wunsch unserer Mandanten und verknüpfen unser Geschäft – nicht nur durch einige Büros in großen Städten, sondern mit einer tief verankerten Präsenz in sämtlichen Provinzen in China. Damit erreichen wir eine Tiefe und Breite, die internationale Mandanten mit Interesse am chinesischen Markt anderswo so nicht finden.

AnwaltSpiegel: Die neue Sozietät ist nach Köpfen die weltweit größte Kanzlei. Organisiert ist sie – wie Dentons schon bisher – in der Rechtsform des Schweizer Vereins. Damit sind und bleiben die Partner finanziell unabhängig. Aber: Wie gehen Sie mit dem Thema einer möglicherweise unterschiedlichen Profitabilität innerhalb der neuen Sozietät um?

Ziegenhagen: Als globale Kanzlei mit unserem polyzentrischen Ansatz kann man Profitabilität nicht durchweg über alle kulturellen und regionalen Grenzen hinweg definieren. Jeder Markt hat seine eigenen Einnahme- und Kostenstrukturen. Unser Ziel ist es daher, in den unterschiedlichen Märkten jeweils im Wettbewerb mit den Besten zu bestehen. Es ergibt dagegen überhaupt keinen Sinn, die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen in der einen Region mit denen in einer anderen Region zu vergleichen. Maßgeblich ist für uns, dass unsere Partner in den jeweiligen Jurisdiktionen lokal zu den Besten gehören und zugleich die globale Vernetzung unserer Kanzlei für die weitere Geschäftsentwicklung nutzen.
Die unterschiedliche Betrachtung unserer Profitabilität von Region zu Region ist insoweit die logische Konsequenz unserer globalen Aufstellung, von der alle Regionen für sich gegenüber ihren lokalen Wettbewerbern profitieren, weil wir unseren Mandanten ein Mehr an Beratungsleistungen aus einer Hand anbieten können.

AnwaltSpiegel: Und wie habe ich mir das organische Zusammenwachsen von etwa 4.000 chinesischen Anwälten und 2.600 Berufsträgern bei Dentons unter der gemeinsamen neuen Marke vorzustellen? Die Botschaft Ihres Hauses ist ja klar: kein Headquarter, keine dominierende Kultur. Wie füllt man das mit Leben?

Ziegenhagen: Andere mögen das als Herausforderung betrachten, wir sehen kulturelle Vielfalt als einen unserer „Unique Selling Propositions“. Das macht unseren polyzentrischen Ansatz aus. Kein Headquarter und kulturelle Vielfalt sind ja bereits Teil der Kanzleikultur in unseren fünf Regionen. Wir sind überzeugt, genau damit unseren Mandanten, die ja auch mit kulturellen Herausforderungen bei grenzüberschreitenden Transaktionen oder sonstigen Investitionen konfrontiert sind, den Mehrwert bieten zu können, der uns von der Konkurrenz absetzt.

AnwaltSpiegel. Was unterscheidet Dacheng Dentons von dem 2013 vielbeachteten Zusammenschluss zwischen King & Wood Mallesons und SJ Berwin?

Ziegenhagen: Dies ist der erste Zusammenschluss einer globalen Wirtschaftskanzlei und einer chinesischen Großkanzlei. Wir werden nicht nur in einer Auswahl, sondern wirklich in allen größeren Städten Chinas vertreten sein. Der chinesische Markt spielt sich auch in so vielen anderen chinesischen Großstädten ab – dort wollen wir vor Ort Beratung anbieten können. Und das Gesamtergebnis macht den Unterschied: eine polyzentrische Kanzleistruktur ohne Headquarter mit mehr Berufsträgern, die unseren Mandanten mit echter lokaler Erfahrung in mehr als 50 Ländern an 120 Standorten rund um den Globus zur Verfügung stehen.

AnwaltSpiegel: Was bedeutet die Fusion für die deutschen Standorte in Berlin und Frankfurt am Main?

Ziegenhagen: China ist Deutschlands größter Handelspartner in Asien. Viele deutsche Konzerne und Mittelständler haben China auf ihrer strategischen Agenda mit sehr hoher Priorität versehen, und zugleich investieren viele chinesische Unternehmen in Deutschland.
Wir gehen mittelfristig davon aus, dass unsere starke Stellung im chinesischen Markt zusätzlich starke Impulse für unsere Beratungsleistungen in Deutschland setzen wird. Wir müssen diesen Beratungsbedarf mit dem entsprechenden Full-Service Angebot in Deutschland decken und unseren Mandanten die vorausschauende Beratung praxisübergreifend anbieten, die sie von uns erwarten. Wachstum für Deutschland wird daher weiterhin von unseren internationalen Partnern erwartet, um diesem Bedarf an Beratungsleistung gerecht zu werden. Ziel bleibt es, mittelfristig die Anzahl der Berufsträger deutlich zu erhöhen und auch weitere Standorteröffnungen mit neuen lokal vernetzten Kollegen in Betracht zu ziehen.
Wie bereits geschehen durch unseren Zusammenschluss zu Dentons vor zwei Jahren: Wir haben unseren Umsatz in Deutschland deutlich gesteigert (um etwa 18%) und auch unser Beratungsportfolio weiter ausgebaut – um mit unserer verstärkten Compliancepraxis um Dr. Rainer Markfort nur ein Beispiel zu nennen. Auch die Verstärkung bestehender Praxisgruppen, wie durch den kürzlich erfolgten Zugang von Dr. Arne Friel im Restrukturierungsbereich, aber auch in den übrigen Bereichen wie Corporate oder Litigation/Arbitration sowie in diversen Sektoren, werden wir weiterhin anstreben.

AnwaltSpiegel: Wir werden die weitere Entwicklung mit großem Interesse verfolgen. Vielen Dank für Ihre offenen Antworten.

20 replies on “„Lokal führend, global vernetzt“”

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