BFH präzisiert Rechtsprechung zur Minderheitsbeteiligung an einer Komplementär-GmbH
Von Nicole Fröhlich

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Betriebsvermögen und Sonderbetriebsvermögen

Was zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehört, ergibt sich nicht immer aus deren Handelsbilanz. Eine gewerblich tätige oder gewerblich geprägte Personengesellschaft wird steuerlich als sogenannte „Mitunternehmerschaft“ qualifiziert. Das Betriebsvermögen einer solchen Mitunternehmerschaft setzt sich aus deren Gesamthandsvermögen und dem Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter zusammen. Hierin kommt zum Ausdruck, dass bei einer gewerblichen Personengesellschaft die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind und daher auch in bestimmten Konstellationen Wirtschaftsgüter, die vermeintlich zum Privatvermögen des Gesellschafters gehören, dem Betriebsvermögen der Personengesellschaft zuzuordnen sind, wenn sie diesem dienen.

Zum Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft gehören die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum der Personengesellschaft stehen. Das Gesamthandsvermögen ist somit relativ klar und eindeutig zu identifizieren. Beim Sonderbetriebsvermögen unterscheidet man nach Sonderbetriebsvermögen I und Sonderbetriebsvermögen II. Sonderbetriebsvermögen I sind dabei Wirtschaftsgüter der Mitunternehmer, die unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft dienen. Sonderbetriebsvermögen II sind Wirtschaftsgüter, die unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers eingesetzt werden können.

Die korrekte Unterscheidung zwischen Privat- und Betriebsvermögen ist steuerlich sehr wichtig, da nur so eine richtige steuerliche Erfassung des Vermögensgegenstands möglich ist und auch beim Verkauf oder im Rahmen von Restrukturierungen nur so eine vernünftige Planung erfolgen kann. Daher sollte bereits beim Erwerb einer Kommanditbeteiligung die steuerliche Zuordnung von Sonderbetriebsvermögen geklärt werden.

Komplementär-GmbHs

Nach den Richtlinien der Finanzverwaltung und der bisherigen Rechtsprechung des BFH gehören Anteile eines Kommanditisten an einer Komplementär-GmbH, die außer ihrer Geschäftsführungstätigkeit für die KG keine weitere oder nur eine untergeordnete Tätigkeit ausübt, zum Sonderbetriebsvermögen II dieses Kommanditisten. Der Grund hierfür ist, dass solche Komplementäranteile die Stellung des Kommanditisten stärken, weil er durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus der Beteiligung die Möglichkeiten seiner Einflussnahme auf die KG erweitert.

Der Fall

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist das Urteil des BFH vom 16.04.2015 (Az. IV R 1/12 – veröffentlicht am 17.06.2015) besser verständlich: Der Kläger, eine Privatperson, war zu 5% an einer KG und der zugehörigen Komplementär-GmbH beteiligt. Die restlichen 95% der beiden Gesellschaften wurden von einem zweiten Gesellschafter gehalten. Die Komplementär-GmbH war mit 99% und die beiden Kommanditisten waren (im Verhältnis ihrer Kommanditeinlagen) mit 1% am Gewinn der KG beteiligt. Im Jahr 2001 veräußerte der Kläger seine 5%igen Gesellschaftsanteile und qualifizierte den Gewinn aus der Veräußerung der Komplementär-GmbH als privates Veräußerungsgeschäft. Im Jahr 2001 war ein solches privates Veräußerungsgeschäft außerhalb der Spekulationsfrist noch steuerfrei, so dass er lediglich den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung zu versteuern hatte. Das Finanzamt jedoch nahm einen (steuerpflichtigen) gewerblichen Gewinn an, da die Beteiligung an der Komplementär-GmbH als Sonderbetriebsvermögen II zu qualifizieren sei. Das Finanzgericht München teilte die Auffassung des Finanzamts unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung. Die Beteiligung eines Kommanditisten an einer Komplementär-GmbH stelle grundsätzlich ein Mittel dar, um besonderen Einfluss auf die Personengesellschaft auszuüben. Im vorliegenden Fall wäre zudem die Teilhabe des Klägers an den Gewinnen der KG im Wesentlichen über seine Beteiligung an der Komplementär-GmbH erfolgt, weshalb sie als funktional wesentliche Betriebsgrundlage zu qualifizieren sei. Es läge bei wirtschaftlicher Betrachtung in seiner mittelbaren Gesellschafterstellung über die GmbH eine nicht unbedeutende Erweiterung seiner bestehenden Kommanditbeteiligung vor.

Der BFH

Mit der nun ergangenen Entscheidung des BFH ist dieser erstmals auf die Qualifikation von Minderheitsbeteiligungen eingegangen. Nach den Leitsätzen des Urteils ist eine Minderheitsbeteiligung eines Kommanditisten an einer geschäftsführungsbefugten Komplementär-GmbH von weniger als 10% nicht dem Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen, wenn in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Abstimmung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgt, auch dann nicht, wenn die Komplementär-GmbH außergewöhnlich hoch am Gewinn der Kommanditgesellschaft beteiligt sei.

Hierzu führt er aus, dass im Streitfall eine Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen II nur in Betracht kommen könne, wenn durch die Beteiligung an der GmbH die Mintunternehmerstellung des Klägers gestärkt würde. Dies könne entweder dadurch erfolgen, dass die Beteiligung wirtschaftlich vorteilhaft sei, aber auch dadurch, dass durch sie der Einfluss des Gesellschafters in der Personengesellschaft steige oder gestärkt werde. Ein wirtschaftlicher Vorteil läge im Streitfall jedoch nicht vor, weil hierfür die unter anderem erforderliche enge wirtschaftliche Verflechtung des Unternehmens der Kapitalgesellschaft mit dem Unternehmen der Personengesellschaft nicht gegeben sei. Somit wäre das verbleibende Kriterium die Stärkung der Einflussnahme des Gesellschafters der Personengesellschaft über die Komplementär-GmbH. Diesbezüglich wurde aber in der bisherigen Rechtsprechung nie eine Aussage hinsichtlich der Beteiligungsquote getroffen, da dieses Thema in früheren Fällen nicht entscheidungsrelevant war. Im vorliegenden Fall habe jedoch wegen der Minderheitsbeteiligung an der Komplementär-GmbH diese keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der KG vermittelt. Die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten sei somit nicht gestärkt worden. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise wegen der erhöhten Gewinnbeteiligung der Komplementär-GmbH müsse bei der Beurteilung außen vor bleiben, sie könne nicht im Wege einer wirtschaftlichen Betrachtung als eine Erweiterung der bestehenden Kommanditbeteiligung verstanden werden.

Fazit

Die Präzisierung der Rechtsprechung des BFH ist grundsätzlich zu begrüßen. Zumindest bei einer Minderheitsbeteiligung von weniger als 10%, sofern bei dieser der gesetzliche Regelfall der Stimmrechtsmehrheit nach § 47 Abs. 1 GmbHG anwendbar ist, ist die Rechtslage nun klar. Den Gründen des Urteils ist auch zu entnehmen, dass für den atypischen Fall, dass eine Beschlussfassung in der GmbH nur unter Mitwirkung der Minderheitsgesellschafter möglich sei (etwa weil der Gesellschaftsvertrag Einstimmigkeit vorsieht), stets eine Zuordnung dieser Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen erfolgen müsse. Es kann daher nicht allein auf die Beteiligungshöhe abgestellt werden, sondern auch die Möglichkeit der Einflussnahme muss berücksichtigt werden.

Schade ist nur, dass aufgrund des Sachverhalts nicht auch über Minderheitsbeteiligungen zwischen 10% und 25% zu entscheiden war. So beteiligten Minderheitsgesellschaftern stehen die besonderen Minderheitenrechte nach § 50 Abs. 1, § 61 Abs. 2 Satz 2 und § 66 Abs. 2 GmbHG zu. Ob allein diese besonderen Minderheitenrechte eine Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen rechtfertigen, musste im Streitfall nicht entschieden werden. Ausschlaggebend war für die Entscheidung des BFH im vorliegenden Fall letztlich, dass es dem Gesellschafter unter keinem denkbaren Gesichtspunkt möglich war, auf die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH und somit auf die KG Einfluss zu nehmen. Die einem Minderheitsgesellschafter von mindestens 10% zustehenden Rechte sollten daher nach diesem Maßstab geprüft werden.

nicole.froehlich@luther-lawfirm.com

 

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