Im Blickpunkt: Anlegern droht durch die anstehende Reform eine höhere Steuerbelastung
Von Frank Dißmann und Meike Farhan

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Das Bundeskabinett hat mit dem am 24.02.2016 veröffentlichten Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/8045) eine Reform der Investmentbesteuerung gestartet. Erklärtes Ziel ist ein einfacheres Investmentsteuerrecht für Privatanleger und die Vermeidung von unerwünschten Steuergestaltungen und EU-Risiken. Die geplante Reform ist ein zentrales Thema. Die Fondsbranche fürchtet um die Attraktivität ihrer Fondsgestaltungen, und auch der Bundesrat stellt mit seinen Empfehlungen vom 11.04.2016 weitere inhaltliche Wünsche vor. Nachstehend werden Eckpunkte der Reform präsentiert.

Anwendungsbereich

Die bisherige nur steuerlich notwendige Unterscheidung in Investmentfonds und Kapitalinvestitionsgesellschaften entfällt ebenso wie die in der Praxis anzutreffenden „Ein-Anleger-Fonds“ zur Vermeidung der Investmentbesteuerung. Künftig soll es nur noch zwei Besteuerungssysteme nebeneinander geben: als Basis „intransparent“ besteuerte Publikumsinvestmentfonds für private Anleger und ein „semitransparentes“ Besteuerungsregime für Spezialinvestmentfonds mit institutionellen Anlegern, für das das bisherige Transparenzprinzip fortgeführt wird. Freuen dürfen sich Anbieter geschlossener AIFs in der Rechtsform einer in- oder ausländischen Personengesellschaft, für die die Reform nicht anzuwenden ist.

Der neue Anforderungskatalog an Spezialinvestmentfonds sieht Verschärfungen bei der zukünftigen Konzeption vor: Beispielsweise wird der Kreis der erwerbbaren Wertpapiere beschränkt oder das Halten von Beteiligungen an Immobiliengesellschaften an eine Immobilienquote von mindestens 51% gebunden. Unverändert können sich höchstens 100 institutionelle Anleger an einem Spezialinvestmentfonds beteiligen. Die derzeitige Praxis der mittelbaren Beteiligung von Privatanlegern an einem Spezialinvestmentfonds über eine vorgeschaltete Personengesellschaft ist nicht länger zulässig. Zur Vermeidung von Nachteilen für bestehende Spezialfonds mit mittelbar beteiligten Privatanlegern gewährt die Reform eine zeitlich gestaffelte Bestandsschutzregelung bis längstens zum 01.01.2030.

Publikumsinvestmentfonds

Durch die eigene Besteuerung des Publikumsinvestmentfonds entfällt weitgehend die bisherige Steuerbefreiung auf Fondsebene. Inländische Einkünfte (vor allem Dividenden, Mieterträge, Immobilienveräußerungsgewinne) unterliegen einer 15%igen Körperschaftsteuer. Unverändert können ausländische Immobilien und Dividenden, Zinsen oder Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren steuerfrei vereinnahmt werden. Eine Gewerbesteuer wird nicht erhoben, wenn eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vorliegt. Soweit auf der Fondseingangsseite Einnahmen dem Steuerabzug unterliegen, sind eigenständige Regelungen zum Einbehalt beim Entrichtungspflichtigen vorgesehen. Für beteiligte steuerbegünstigte Anleger müssen depotführende Stellen neue Melde- und Steuerbescheinigungsverfahren beachten.

Nachteilig ist, dass Immobilienveräußerungsgewinne unabhängig von einer Haltedauer der Besteuerung unterworfen werden. Zwar können Immobilienveräußerungen aufgrund des Bestandsschutzes beim Fonds zunächst steuerfrei vereinnahmt werden, die steuerfreie Durchleitung dieser Gewinne an den Anleger ist jedoch nicht denkbar. Verglichen mit einem Direktinvestment, ist dies bei Privatanlegern nach Ablauf der zehnjährigen Haltedauer nachteilig und zu beanstanden.

Die Erhebung einer Körperschaftsteuer kann für bestimmte steuerbegünstigte Anleger vermieden werden, was eine mindestens dreimonatige Besitzzeit der Investmentanteile voraussetzt. Auch muss der Fonds betroffene Aktien, auf die Ausschüttungen geleistet werden, als zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer für den Mindestzeitraum von 45 Tagen halten und ein Wertverlustrisiko tragen.

Anleger unterliegen mit den Ausschüttungen (einschließlich Substanzauskehrungen) und Gewinnen aus der Veräußerung der Fondsanteile der Besteuerung. Zusätzlich erhebt der Fonds eine Vorabpauschale in Höhe von grundsätzlich 70% des Basiszinses, die im Thesaurierungsfall zu einem materiellen Eingriff in das Vermögen des Anlegers führen kann. Der Anleger muss dem Fonds ausreichende Liquidität zur Verfügung stellen, damit der Fonds dem Steuereinbehalt nachkommen kann.

Als Ausgleich für die doppelte Besteuerung der Fondseinkünfte bei Fonds und Anleger sowie den Wegfall der Anrechenbarkeit ausländischer Steuern werden Anlegern auf Ausschüttungen, Vorabpauschalen und Veräußerungsgewinne pauschale Teilfreistellungen gewährt. Diese betragen bei Aktienfonds 30% (bzw. 60%/80% bei institutionellen Anlegern) und bei Immobilienfonds 60% bzw. 80% (bei ausländischen Immobilien). Bei Mischfonds greifen nur 15% (bzw. 30%/40% bei institutionellen Anlegern).

Spezialinvestmentfonds

Institutionelle Anleger von Spezialinvestmentfonds können dagegen durch Option zur Verlagerung der Besteuerung bestimmter Fondseingangserträge ausschließlich auf ihrer Ebene sicherstellen, dass dieselbe steuerliche Situation wie nach der bisherigen Investmentregelung herbeigeführt wird. Durch das weiterhin gewährte Fondsprivileg werden insbesondere Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren zunächst steuerfrei thesauriert. Diese steuerfreie Thesaurierungsmöglichkeit gilt leider nur vorübergehend. Nach Ablauf von 15 Geschäftsjahren werden diese Einnahmen als ausschüttungsgleiche Erträge den Anlegern zugerechnet.

Es bleibt zudem bei der Besteuerung von ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträgen sowie Gewinnen aus der Veräußerung oder Rückgabe von Investmentanteilen. Für ausländische Immobilienerträge besteht unverändert die Möglichkeit, diese aufgrund des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens steuerfrei zu vereinnahmen. Dies ist für ausländische Dividenden regelmäßig nicht länger möglich.

Inkrafttreten der Neuregelungen

Das neue Investmentsteuergesetz soll ab dem 01.01.2018 anwendbar sein. Ein besonderer Bestandsschutz wird für die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen aus vor dem Jahr 2009 angeschafften Wertpapieren gewährt. Sofern diese Anteile seitdem im Privatvermögen gehalten werden, sind Wertveränderungen, die zwischen dem Anschaffungszeitpunkt und dem 31.12.2017 eingetreten sind, steuerfrei. Nach dem 01.01.2018 anfallende Wertveränderungen sind hingegen steuerpflichtig, soweit der Gewinn aus der Veräußerung der Altanteile einen Freibetrag von 100.000 Euro übersteigt. Demgegenüber sollen Regelungen zur Vermeidung unerwünschter Gestaltungen bereits rückwirkend zum 01.01.2016 greifen.

Fazit

Die geplante Reform wird insbesondere für Publikumsinvestmentfonds zu einer deutlichen administrativen Vereinfachung führen. Der Systemwechsel bei der Besteuerung und den Teilpauschalierungen kann jedoch zu höheren Steuerbelastungen bei Anlegern führen, so dass hier Nachbesserungsbedarf besteht. Institutionelle Anleger von Spezialinvestmentfonds müssen zwar keine steuerlichen Mehrbelastungen befürchten, aber die Wirtschaft wird sich auf strengere konzeptionelle Anforderungen an solche Fonds und neue Nachweisdokumentationen einstellen müssen. Weitere Verschärfungen drohen durch den Finanzausschuss, der unter anderem wieder das Thema der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz aufgreift. Am Ende ist zu entscheiden, ob für Anleger eine Anlage in Investmentfonds im Vergleich zu einer Direktanlage oder Beteiligung an einem geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft attraktiv bleibt.

frank.dissmann@roedl.de

meike.farhan@roedl.de

 

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